In aller Welt zu Hause

WB
Freitag, 17. Februar 2017, Willisauer Bote, Nr. 13
LESERBRIEFE
In aller Welt zu Hause
Zufriedenes Miteinander statt Sticheleien und Giftpfeile
Was ist in der Controlling-Kommission Reiden los? Jahrelang konnte man
innert Jahresfrist nur einmal einen
Bericht in der Gemeindeabrechnung lesen. Innert Wochenfrist aber zirkulierten Berichte, Schlagzeilen von Mitgliedern der CK in den Medien. Zeit- und
Geldverschwendung, Schlechtmacherei, perfide, fragwürdige, verantwortungslose Machenschaften werden
einzelnen Personen des amtierenden
Gemeinderates an den Kopf geworfen.
Meiner Ansicht nach sind solche Äus­
serungen, ob sie stimmen oder nicht,
gemein und ehrlos. Ist dies die Sprache
und die Art, wie Dorfbewohner miteinander umgehen?
Kritik wäre gut und aufbauend,
aber nicht in diesem Tonfall. Mit Partizipation, mit Vorschlägen für beste (bessere !!!) Lösungen und deren
Ausführungen im gemeinsamen Gespräch könnte viel erreicht werden.
Es ist gut zu wissen, dass auch die
Controlling-Kommission das «Ei des
Kolumbus» noch nicht gefunden hat.
Setzen wir uns alle ein für ein zufriedenes Miteinander. Sticheleien und
Giftpfeile schaden dem Image der ganzen Gemeinde.
Paula Neeser, seit 56 Jahren
Einwohnerin, Steuerzahlerin,
aber nicht Bürgerin von Reiden
Da liegt der wunde Punkt
Einzelne Kommentatoren begründen
das Nein des Volkes mit einer Reaktion gegen die Globalisierung. Dies mag
teilweise zutreffen, nämlich so weit als
sie von der sozialen Marktwirtschaft
abweicht und unsoziale Verhältnisse
schafft. Sobald die Globalisierung neukapitalistische Züge annimmt, dient sie
nicht mehr dem Volk als Ganzem, wie
es die Bundesverfassung vorschreibt.
Das schwindende Vertrauen gegenüber den «da oben» spielte bei dieser
Abstimmung ebenfalls eine Rolle. Kurz
zuvor wurde bekannt, dass der Bund
bei früheren Abstimmungen falsch
über die finanziellen Folgen Aufschluss
gegeben hatte.
Der Hauptgrund, weshalb die Vorlage so wuchtig abgelehnt wurde, liegt in
der Überlegung: Wenn dem Volk wegen
der knapp gewordenen Finanzen ein
Sparpaket um das andere zugemutet
wird (wovon besonders die Schwachen
betroffen sind), so kann man doch
nicht gleichzeitig eine Vorlage beliebt
machen, in der den Firmen und Unternehmen Steuererleichterungen in
Milliardenhöhe gemacht werden. Dieses einseitige Vorgehen der Politiker
empfand die grosse Mehrheit als nicht
akzeptabel, umso mehr die juristischen
Personen schon bisher mit tiefen Steuersätzen begünstigt werden. Dass die
Unternehmenssteuern den internationalen Regeln angepasst werden müssen, bleibt unbestritten, darf aber nicht
gleichzeitig zu verdeckten Steuererleichterungen zulasten der Allgemeinheit missbraucht werden.
Adolf Fuchs,
Luzern
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WB
Standpunkt
2
ZUM TOD VON AL IMFELD
Seine letzten Tage waren gezeichnet
von Krankheit und Schmerzen: «Wahrscheinlich muss ich mich bald von allem zurückziehen», schrieb er uns noch
in der Beilage zu seinem WB-Podium
vom 3. Februar. Es sollte seine letzte
Kolumne sein. Am Dienstagabend ist
der Publizist Al Imfeld im Alter von
82 Jahren nach längerer Krankheit im
Unispital Zürich verstorben.
Al Imfelds Wirken war im wörtlichen
Sinne weltumspannend, seine Lebensgeschichte überaus reichhaltig. Nachzulesen ist sie in einer von der Schweizer Journalistin Lotta Suter verfassten
Biografie: «In aller Welt zu Hause». Er
lebte in den USA, in Vietnam, Japan,
auf den Philippinen, in Rhodesien/
Zimbabwe, Malawi, Tansania und
Kenia. Am meisten geprägt hat ihn
Afrika. Imfeld gehörte zu den besten
Kennern des Kontinents.
Seine Wurzeln im Luzerner Hinterland
blieben aber zeitlebens spürbar. Vor allem bei seinem literarischen Schaffen.
In seinen Geschichten verband Imfeld
oft das Napfgebiet seiner Jugend mit
den Entwicklungsländern seiner
zweiten Heimat, Afrika. Davon zeugen
auch zahlreiche seiner Kolumnen, die
er während vielen Jahren für unsere
Zeitung im «WB-Podium» schrieb. Wir
Al Imfeld, 14. Januar 1935 bis 14. Februar 2017. Foto zvg
werden seine unbändige Fabulierlust
schmerzlich vermissen, die auf seinem
profunden Wissen und seinem flammenden Engagement gegründet hat.
Wir verneigen uns vor dem Menschen
Al Imfeld und seinem eindrücklichen
Lebenswerk. Seinen Angehörigen
entbieten wir unsere herzliche Anteilnahme.
«Möglichst viele Männer und Frauen, Junge und Alte, sollen kreativ die
existierende Welt oder ihren Alltag
betrachten. Wie die Geschichte zeigt,
kann alles erneuert, verbessert und
menschengerechter werden»: Mit diesen
Worten schloss Al Imfeld sein letztes
«WB-Podium». Nehmen wir sie als sein
hoffnungsvolles Vermächtnis!
Stefan Calivers
Theologe, Soziologe, Agronom und Journalist
Al Imfeld wurde am 14. Januar 1935
als ältestes Kind einer Bergbauern-Grossfamilie mit 13 Kindern geboren. Er wuchs in Buttisholz und
Luthern auf. Er studierte Theologie.
Weil er als Priester beim theologischen Doktoratsstudium in Rom der
Häresie verdächtigt wurde, verwies
man ihn aus der Gregoriana. So doktorierte er in den USA in evangelischer Theologie. In der Folge studierte er auch Soziologie, Journalismus
und schliesslich Tropenwirtschaft.
Imfeld arbeitete zu Beginn der
60er-Jahre in der Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King und
wurde wegen dieser Mitarbeit in New
York als Priester exkommuniziert und
suspendiert. 1966 zog er für die «Washington Post» als Sonderkorrespondent in den Vietnamkrieg. Ein Jahr
später entsandte ihn die Missionsgesellschaft Immensee nach Rhodesien,
ins heutige Zimbabwe, um dort am
Aufbau der Presse mitzuhelfen. Zwei
Jahre darauf wurde er des Landes verwiesen, weil seine Tätigkeit weder der
weissen Minderheitsregierung noch
seinem vorgesetzten Bischof zusagte.
Afrika wurde schliesslich zu Imfelds
zweiter Heimat. Seit den 60er-Jahren
postulierte er eine jahrtausendealte
afrikanische Agrargeschichte, wofür
er teilweise belächelt wurde. Er half
in jener Zeit die bald weltweit werdende Ecofarming Bewegung zu gründen.
Er vertrat die Ansicht, dass Öko-Landbau idealer, breiter und humaner als
Bio-Landwirtschaft ist. Anfang der
70er-Jahre wurde er von drei privaten
Hilfswerken nach Bern geholt, wo er
den Informations-Dienst für die Dritte Welt (i3w) gründete. Er kämpfte
für besseren Journalismus und ein
Bewusstsein für Entwicklungsfragen
in nachkolonialer Zeit. Er reiste und
schrieb, hielt Vorträge im ganzen
deutschsprachigen Raum und nahm
Aufträge für das deutsche Goethe Institut in Afrika und Asien an.
Imfeld setzte sich dafür ein, dass Kultur, Literatur und Kunst als zentrale
Bestandteile jeder Entwicklung begriffen werden. So wurde er einer der
Mitbegründer der Gesellschaft zur
Förderung der Literatur in Afrika,
Asien und Lateinamerika in Frankfurt. 1990 erhielt er den Europäischen
Journalistenpreis und im selben Jahr
auch den Zürcher Journalistenpreis.
2005 folgte der Literaturpreis des
Kantons Zürich. 2014 wurde er für
sein Gesamtwerk mit dem Pro-Litteris-Preis geehrt. Al Imfeld publizierte
über 50 Bücher. Am kommenden Mittwoch soll in der Helferei Grossmünster in Zürich sein letztes Werk «Agrocity – Die Stadt für Afrika» vorgestellt
werden.
sda/WB
DAS
WB-Podium
pierflut, welche die ursprünglich zeitsparende und elegante elektronische
Lösung negiert. Hier ein paar meiner
frustrierenden Erfahrungen der letzten
paar Monate zu diesem Thema.
Mathias Grob
Ich bin kein Fan von Papierformularen
und anderem Papierkram. Wo immer
möglich bevorzuge ich definitiv elektronische Formate für Datenübertragung
oder Kommunikation. Wir sind aber
Formulare und anderer Papierkram
noch sehr weit von den Prognosen aus
den Achtzigerjahren einer papierlosen
Welt entfernt. Ich stelle vor allem im
Umgang mit den Behörden fest, dass
zwar viele Angelegenheiten elektronisch abgehandelt werden können, das
ganze elektronische System aber kollabiert, sobald eine Situation nicht der
Norm entspricht. Die nachfolgenden
Schritte zur Korrektur oder Erklärung
der Situation führen dann zu einer Pa-
Angefangen hat mein Papierkrieg, oder
Krieg gegen das Papier, dieses Jahr mit
einem Versuch, die Registrierungszertifikate unserer Firma bei der lokalen
Umweltbehörde elektronisch zu übermitteln. Wir müssen alle drei Monate
bestätigen, dass von unserer Firma
keine Industrieabwässer in die Kanalisation gelangen. Zusammen mit diesem
Zertifikat muss auch noch ein Labortest
des Wassers mitgeliefert werden. Ich
habe das Zertifikat ausgefüllt, in eine
elektronische Form gebracht, elektronisch unterschrieben und zusammen
mit dem Labortests der Behörde per
E-Mail zugestellt. Nach zirka zwei Wochen kam ein eingeschriebener Brief ins
Büro geflattert mit der Erklärung, dass
wir von der Umweltbehörde gebüsst
werden, da das Zertifikat nicht mit originaler Unterschrift per Post zugestellt
wurde. Da hilft keine Argumentation,
dass nirgends die Anforderung einer
Originalunterschrift aufgeführt ist und
es gab kein Pardon bei der Umweltbehörde, Papier muss es sein.
Eine weitere Episode spielte sich
Mitte Januar ab. Ich stellte eine neue
Mitarbeitende für unserer Schweisserei
ein, direkt aus der High School, der
erste Job für die neue Angestellte. Neue
Mitarbeiter bringen natürlich immer
Arbeit in der Administration mit sich:
Versicherungen, Lohnbuchhaltung und
Registration bei der Steuerbehörde.
Das alles läuft normalerweise elektronisch ab, aber nur wenn alles rund
läuft. Bei der Registration mit der Arbeitslosenversicherung haben wir dann
aber das Ende der Online-Registrierungen erreicht. Es stellte sich heraus, dass
die neue Mitarbeiterin keinen zweiten
Vornamen oder Mittelnamen hat und
das wurde auf dem Online-Formular
nicht akzeptiert: Kein Weiterkommen,
ohne das Feld auszufüllen. Nach
Rücksprache mit der neuen Angestellten haben wir herausgefunden, dass sie
normalerweise einfach ein «X» ins Feld
einfügt, wenn eine Initiale verlangt
wird. Gesagt, getan, das Formular akzeptierte das «X» und konnte problemlos übermittelt werden.
Es wäre ja viel zu einfach, wenn das
das Ende der Geschichte wäre. Ein
paar Tage später bekomme ich einen
Brief von der Arbeitslosenversiche-
rung: Der Name der Mitarbeiterin
stimme nicht mit dem registrierten Namen unter ihrer Social-Security Nummer (die amerikanische AHV-Nummer)
überein. Wenn ein zweiter Vorname
hinzugefügt werden will, muss eine
Namensänderung beantragt werden.
Lange Geschichte, kurzer Sinn: Nach
vielen Papierformularen und notariell
beglaubigten Briefen konnte das «X»
schlussendlich wieder bei der Arbeitsversicherung im System gelöscht
werden.
Nun denken Sie sicher, dass diese
Ereignisse nichts Besonderes darstellen
und solche Sachen und Vorfälle immer
und überall passieren. Der absolute
Höhepunkt in meinem Papierkrieg
ereignete sich dann aber vor zwei Wochen, als wir zu Hause einen Brief von
der Stadtbehörde bekamen, genauer
gesagt, einen Brief von der Steuerbehörde. Das Schreiben informierte, dass
die Steuerbehörde unsere Haustier-Lizenz entzieht mit der Erklärung, dass
die Tollwut-Impfungen für unsere
zwei Katzen abgelaufen seien. Mit dem
Schreiben wurden ebenfalls unsere
Zahlungen von je $5 (!) pro Katze für
die Lizenz für 2017 retourniert. Die Situation kann nur mit eingeschriebenem
Brief mit den Original-Impfdokumenten bereinigt werden.
Ein kurzes Telefon mit unserem Tierarzt bestätigte, dass die Impfungen
aktuell sind und dass wahrscheinlich
bei der Eintragung in die Online-Datenbank der Stadt ein Fehler mit
den Impfdaten unterlaufen ist. Am
nächsten Tag haben wir die aktuellen
Impfungsformulare beim Tierarzt
abgeholt, neue Zahlungen für unsere
delinquenten Katzen ausgestellt und
alles per Post der Steuerbehörde zugestellt. Unsere Frustration war gross,
als wir am letzten Montag den Brief
retourniert bekamen mit einem Kleber
auf dem Umschlag, dass der Empfang
des Briefes von der Behörde verweigert wurde: Unsere Vornamen und
Nachnamen waren in der Retouradresse auf dem Briefumschlag nicht
aufgeführt…
* Mathias Grob, geboren am 25. August 1970, aufgewachsen in Schötz und Willisau. Seit 1998 wohnhaft
in Newport News im Bundesstaat Virginia an der
Ostküste in den USA. Verheiratet mit Robin Grob,
US-Amerikanerin. Ausbildung: Maschineningenieur an
der FH Luzern, MBA vom College of William & Mary,
Mason School of Business. Inhaber und Präsident der
Maschinenfabrik Rex Companies Inc., in Newport
News, VA. Rex ist im allgemeinen Maschinenbau und
im Vertrieb von Hebezeugen und Kransystemen tätig.
www.rexcompanies.com.