Die Kunst des richtigen Zuhörens - Allgeier

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D a s
A k t u e l l e
T h e m a
Nicht nur für Astrologen und Therapeuten wichtig
Die Kunst des richtigen Zuhörens
v o n
F
m i c h a e l
A l l g e i e r
ür Astrologen, die von Berufs wegen Menschen beraten, ist es ein Muss, ihren Klienten richtig zuzuhören.
Man könnte sagen, es ist die Basis ihrer Kunst. Denn
um seriös zu beraten und Antworten im betreffenden Geburtshoroskop auf oftmals sehr wichtige Lebensfragen zu
geben, muss der Astrologe genau wissen, um was es geht.
Er muss so lange nachfragen, bis ihm auch wirklich klar
ist, was Sache ist. Und auch das ist nicht immer einfach.
Manche Klienten holen weit aus, viel zu weit, verstricken
sich dabei in ihrem Eifer in allerlei unwichtigen „Nebenschauplätzen“, so dass der Astrologe am Ende wieder verwirrt dasteht: Auch mit bestem Fachwissen kann er keine
hilfreiche Antwort geben, wenn er die Frage nicht versteht.
Man könnte jetzt weiter schlussfolgern, dass manche Menschen vielleicht auch selbst gar nicht wissen, was sie eigentlich fragen wollen oder eben so viele Fragen auf einmal haben, dass sie alles durcheinander mischen.
Der Fehler liegt jedoch in diesem Falle nicht beim Klienten,
sondern auch beim Astrologen, der immer auch ein wenig
Therapeut sein muss. Das heißt, er sollte nicht nur gut zuhören, sondern muss ebenso auf die Gesprächsführung
achten. Das heißt, er muss bei Unklarheiten sofort einhaken, nachfragen, den unklaren Klienten Farbe bekennen
lassen, ihn auffordern auf den Punkt zu kommen. Ansonsten passiert es, dass eine Stunde Beratung im Flug vorbeirast, ohne dass wirklich etwas gesagt wurde.
Durch eigenes Erzählen Klarheit schaffen
In der Gesprächstherapie ist es sogar eine angewandte und
bewusste Methode, seine Patienten so lange ungehindert
reden zu lassen, bis diese durch das eigene Erzählen selbst
auf Antworten kommen. Natürlich nutzen auch diese
„Technik“ manche erfahrene Astrologen. Durch aktives
Zuhören in Form von Nachfragen, Bestätigung oder einfa-
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chem Wiederholen des Gesagten spürt der Erzähler das
nötige Interesse seines Zuhörers und kann auch unmerklich von diesem in eine positive Richtung gelenkt werden.
Erzählt er z.B. dass er in einer bestimmten Sache feige reagiert hat, kann der Therapeut oder Astrologe das Ganze
etwas freundlicher darstellen, indem er wiederholt: „Sie
haben also Angst gehabt, dass...“
Vorsicht vor den Energiesaugern!
Ganz unabhängig davon, ob wir nun in einem beraterischen Beruf tätig sind oder nicht, sind viele unter uns, die
sich mit astrologischen Inhalten und überhaupt mit inneren Themen beschäftigen, die Seelentröster und Ratgeber
ihrer Umgebung. Um diesen Weg zu gehen, muss er nicht
zwangsläufig professionell ausgeübt werden. Oftmals handelt es sich dabei um sehr empathische Menschen, die sich
gut in andere und deren Probleme hineinversetzen können.
Doch Vorsicht, genau diese Menschen werden auch leicht
Opfer, indem sie energetisch ausgebeutet werden. Kennen
Sie diese Situation? Sie treffen sich mit Freunden, um einen Geburtstag zu feiern oder einfach nur um gemeinsam
zu grillen. Kaum haben Sie den Gastgeber begrüßt und den
Raum betreten, hat schon jemand angedockt bei Ihnen.
Eine nette Freundin, zugegeben, aber doch irgendwie auch
unangenehm. Da sie ein höflicher Zuhörer sind, lassen Sie
den Redeschwall über sich ergehen. Die Freundin hat ein
en richtig großen Seelendruck, redet ohne Punkt und Komma auf sie ein und fixiert Sie dabei so stark, dass Sie keine
Chance haben mit irgendeinem anderen Freund in der
Umgebung ins Gespräch zu kommen. Ihre Freundin oder
vielleicht auch nur bessere Bekannte kommt vom Einsten
ins Tausende und Sie bleiben höflich, hören weiter zu, weil
Sie sozial sind und niemanden vor den Kopf stoßen wollen.
Dabei geht es Ihnen wirklich nicht gut und Sie würden am
liebsten flüchten. Wissen Sie, was jetzt gerade passiert?
Man saugt Sie gnadenlos aus, schüttet seinen Seelenmüll
auf Ihnen aus. Und wenn dieses Gespräch irgendwann
einmal beendet sein sollte, fühlen Sie sich seltsam kaputt
und würden am liebsten gleich nach Hause gehen, während es Ihrem Erzähler so gut geht, dass er jetzt erst
richtig aufdreht und sich des Lebens freut.
Gespräche lenken
Professionelle Berater werden permanent mit
diesem „Problem“ konfrontiert. Man könnte sagen, sie werden wenigstens bezahlt
dafür. Aber darum geht es nicht. Um
nicht Opfer als Zuhörer zu werden,
müssen wir erst recht hier in den Monolog eingreifen, müssen durch Nachfragen dafür sorgen, dass der Erzähler nicht einfach nur ungehindert
rauslässt und sich „auskotzt“. Durch
geschicktes Nachfragen können wir
unseren Erzähler etwa dazu anhalten, selbst über das nachzudenken,
was er gerade von sich gibt. Kein Zuhörer muss auf „Blabla“ eingehen.
Jeder kann letztlich selbst bestimmen,
was er hören möchte und was nicht.
Aber, es gehören auch eine gewisse Stärke
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und Erfahrung dazu, um „Energiesauger“ richtig zu handeln. Junge, empathische Menschen werden da noch sehr
viel häufiger Opfer.
Mit dem Inneren hören
Gut zuhören können heißt also nicht unbedingt nur den
anderen reden lassen. Gut zuhören bedeutet aber auch
nicht, sein Gegenüber ständig zu unterbrechen, um ihn mit
gut gemeinten Ratschlägen zu überschütten. Diese haben
oft mehr mit dem eigenen Ego zu tun und sind oft knapp,
aber deutlich daneben, weil man ja seinem Gegenüber
nicht richtig zugehört bzw. verstanden hat, was dieser
wirklich meint. Ratschläge sind gut, wenn sie gemeinsam
erarbeitet werden, wenn sie im richtigen Moment fallen.
Viele Menschen wünschen sich eben, wie gesagt, oft nur
einen guten Zuhörer, wollen ihre Entscheidungen aber alleine treffen und brauchen deshalb auch nicht die „guten
Ratschläge“, die oft oberflächlich und lästig sind.
Ein guter Zuhörer muss seinen Übereifer bremsen zum
Wohle seines Erzählers. Und er muss auch, jetzt kommt die
Empathie wieder zum Zuge, „zwischen den Zeilen lesen“
können. Natürlich gilt es dem Erzähler mit größtem Respekt und mit Achtung gegenüberzutreten und deshalb
auch das, was dieser sagt, wörtlich zu nehmen. Für seine
Worte trägt der Erzähler die Verantwortung. Allerdings
handelt es sich in Beratungen und menschlichen Gesprächen nicht um geschäftliche Gespräche. Es geht vielmehr
um Seele und Inhalt. Deshalb sollten wir auch mit dem
Inneren hören und versuchen zu ergründen, was unser
Gegenüber in seiner tiefsten Seele wirklich bewegt und was
dieser über Worte oft nicht ausdrücken kann. Das wäre
dann wohl die höchste Kunst des Zuhörens, die uns das
Leben lehren kann. Richtig zukören können öffnet uns
letztlich den Zugang zu Menschen.
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