Die Ernährung des Intensivpatienten

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Enzyklopädie der klinischen
Diätetik
des Hundes
Pascale Pibot
Vincent Biourge
Denise Elliott
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Managerin für
Wissenschaftliche
Publikationen, Royal
Canin Arbeitsgruppe
Kommunikation
Doktor der
Veterinärmedizin,
Leiter des
Forschungsprogramms
Ernährung,
Royal Canin
Forschungszentrum
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Direktorin der
Abteilung für
Wissenschaftliche
Kommunikation,
Royal Canin USA
This book is reproduced in the IVIS website with the permission of Royal Canin. IVIS thanks Royal Canin for their support.
Sean DELANEY
BS, MS, DVM,
Dipl ACVN
Andrea FASCETTI
DVM, PhD, Dipl
ACVIM, Dipl ACVN
Denise ELLIOTT
Die
Ernährung des
Intensivpatienten
BVSc (Hons) PhD
Dipl ACVIM,
Dipl ACVN
- Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
- Indikationen für künstliche Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
- Zusätzliche Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456
- Wahl der geeigneten Ernährungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
- Enterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
- Parenterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
- Mögliche Komplikationen bei enteraler oder parenteraler Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . 472
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476
453
Intensivmedizin
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Die Ernährung des
Intensivpatienten
Sean J. DELANEY
BS, MS, DVM, Dipl ACVN
Dr. Delaney absolvierte ein Bachelor-Studium in Zoologie an der University of California, Santa Barbara, und erlangte seinen Master-Titel
in Ernährung und den Doktortitel der Veterinärmedizin an der University of California, Davis. Nach einer Residency an dieser Universität
wurde er als Diplomate in das American College of Veterinary Nutrition aufgenommen. Derzeit ist Dr. Delaney als Assistent Professor am
Veterinary Medical Teaching Hospital der University of California in Davis tätig. Des Weiteren ist er Begründer des Unternehmens Davis
Veterinary Medical Consulting, das sich auf die Ernährungsberatung für die Futtermittelindustrie spezialisiert hat.
Andrea J. FASCETTI
DVM, PhD, Dipl ACVIM, Dipl ACVN
Dr. Andrea Fascetti absolvierte ihr Studium der Veterinärmedizin an der University of Pennsylvania School of Veterinary Medicine. Danach
absolvierte sie ein Internship und eine Residency in Innerer Medizin am Animal Medical Center in New York City. Ihren Doktortitel erwarb sie
an der University of California, Davis, mit einer Dissertation auf dem Gebiet der Ernährung. Dr. Andrea Fascetti ist Diplomate des American
College of Veterinary Internal Medicine und des American College of Veterinary Nutrition. Derzeit ist sie als Associate Professor für Ernährung
an der University of California, Davis, tätig. Zusätzlich arbeitet sie beim Ernährungsberatungsdienst der University of California, Davis. Der Schwerpunkt
ihrer derzeitigen Forschungstätigkeit liegt auf den Themenkreisen des Spurenelementstoffwechsels von Hunden und Katzen, der Bioverfügbarkeit von
Taurin und dessen Metabolismus beim Hund sowie der ständigen Verbesserung von Rezepturen für Alleinfuttermittel für Hund und Katze.
Denise A. ELLIOTT
BVSc (Hons), PhD, Dipl ACVIM, Dipl ACVN
Denise Elliott schloss ihr Tiermedizinstudium 1991 an der University of Melbourne mit Auszeichnung ab. Nach einem Internship in den
Bereichen Kleintiermedizin und –chirurgie an der University of Pennsylvania ging Dr. Elliot an die University of California in Davis, wo sie die
Residency in Kleintiermedizin, ein Forschungsstipendium für die Thematik Nierenerkrankungen und Hämodialyse sowie eine weitere Residency im
Bereich Klinische Diätetik für Kleintiere absolvierte. Im Jahr 1996 erhielt Dr. Elliott die Board Certification des American College of Veterinary
Internal Medicine und wurde 2001 Mitglied des American College of Veterinary Nutrition. Mit ihrer Dissertation über “Die bioelektrische
Multifrequenzimpedanzanalyse bei gesunden Katzen und Hunden” erwarb sie 2001 an der University of California in Davis ihren Doktorgrad
in Ernährung. Derzeit ist Dr. Elliott Leiterin der Abteilung Scientific Communications bei Royal Canin USA.
D
Intensivmedizin
ie positiven Effekte einer diätetischen Unterstützung
der Behandlung von Intensivpatienten haben sich in
der Humanmedizin wie auch am experimentellen Tiermodell
gezeigt und umfassen eine Stärkung des Immunsystems, bessere
Wundheilung, verbessertes Ansprechen auf die medikamentelle
Therapie sowie eine Förderung der Rekonvaleszenz und bessere
Überlebenschancen. Dennoch stehen die nutritiven Bedürfnisse
von Intensivpatienten meist im Schatten der ausschließlichen
Konzentration auf die Behandlung der lebensbedrohenden
medizinischen und chirurgischen Probleme. Ziel der klinischen
Ernährung von Intensivpatienten ist die Bereitstellung von
Energie- und Nährstoffmengen in der Art und Menge, wie
sie der individuelle Patient für die Bewältigung der Erkrankung
benötigt und wie er sie mit maximaler Effizienz verwerten kann.
454
1 - Pathophysiologie
Eine Mangel- oder Fehlernährung von Patienten kommt in der Tiermedizin wahrscheinlich öfter vor als
man annehmen würde. Unter Malnutrition versteht man eine unausgewogene Zufuhr von Protein
und/oder Energie, in deren Folge es zur mangelnden Unterstützung des Gewebestoffwechsels und damit
zu suboptimalem Ansprechen des Intensivpatienten auf die medikamentelle und chirurgische Therapie
kommt (Remillard et al., 2001). Da die meisten schwerkranken Hunde zu wenig Futter aufnehmen, kann
sich ein solcher Protein- oder Energiemangel rasch entwickeln.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie befasste sich mit dem Anteil der Intensivpatienten mit negativer
Energiebilanz an der Gesamtzahl der hospitalisierten Hunde (Remillard et al., 2001). Vier Überweisungskliniken in unterschiedlichen Bundesstaaten der USA nahmen an der Untersuchung teil und werteten
für einen Zeitraum von 821 Tagen die täglichen Fütterungsdaten und die Behandlungsergebnisse von
insgesamt 276 hospitalisierten Hunden aus. Laut den Ergebnissen dieser Studie lag an 73 % der Tage bei
den Tieren eine negative Energiebilanz vor (< 95 % des Grundumsatzes).
Dies war auf folgende Faktoren zurückzuführen:
- In 22 % der Fälle auf schlechte schriftliche Therapieanweisungen,
- in 34 % der Fälle auf die ausdrückliche Verordnung von Futterentzug,
- in 44 % der Fälle auf die Nahrungsverweigerung durch die Hunde.
Der Grundtenor der Ergebnisse dieser Studie ist, dass eine ausreichende energetische Versorgung von
Intensivpatienten einen signifikanten positiven Effekt auf die Genesung der Hunde hat.
1 - Pathophysiologie
Von einem einfachen Hungerzustand spricht man beim
gesunden Lebewesen, wenn diesem aus irgendeinem
Grund für eine gewisse Zeit die Nahrung entzogen ist.
Im Gegensatz dazu stellt der Hungerzustand eines
Patienten aufgrund des zusätzlichen Stresszustandes und
der krankheitsbedingten Anorexie einen komplizierteren Sachverhalt dar. Die Fähigkeit des Organismus, auf
einen Hungerzustand entsprechend zu reagieren, ist bei
Krankheit oft verändert bzw. eingeschränkt, so dass man
beim kranken anorektischen Hund nicht auf dessen ursprüngliche Adaptationsfähigkeiten vertrauen sollte.
Viele Krankheitszustände bewirken außerdem einen
erhöhten Bedarf an Energie und bestimmten Nährstoffen über den normalen Erhaltungsbedarf hinaus (Tabelle 1).
TABELLE 1 - EINFLUSS VON HUNGERZUSTAND
UND STRESS AUF DEN STOFFWECHSEL
Hungerzustand
Physiologischer Stress
Aktivierung von Mediatoren
Proteinsynthese
Katabolismus
Glukoneogenese
Energieverbrauch
Bei Patienten unter physiologischem Stress kommt es zu
Grad der Mangelernährung
deutlichen Erhöhungen von Katecholaminen, Glukokortikoiden und Glukagon. Obwohl das exakte Ausmaß
der Bedarfssteigerung in den verschiedenen Stadien des
komplizierten Hungerzustandes noch nicht bekannt ist, besteht doch eine signifikante Rechtfertigung
für die diätetische Therapie bzw. künstliche Ernährung dieser Patienten.
Es gibt keine spezifischen Risikofaktoren, die eine nutritive Unterstützung dringender erfordern würden
als andere, sondern es ist allein der Schweregrad einer Krankheit, der bei allen Patienten ausschlaggebend für die Notwendigkeit einer nutritiven Versorgung ist.
Intensivmedizin
Auch was die Hunderasse betrifft, gibt es keine Unterschiede in der Indikation für eine diätetische
Therapie, sofern man davon absieht, dass bei manchen Rassen eine Prädisposition für bestimmte Erkrankungen besteht, die aufgrund ihres schweren Verlaufs eine nutritive Unterstützung erfordern.
2 - Indikationen für künstliche Ernährung
Viele Tierärzte würden es schätzen, könnten sie im gegebenen Fall auf bestimmte klare Richtlinien oder
Vorgaben zurückgreifen, nach denen eindeutig geregelt ist, wann eine künstliche Ernährung eines Patienten einsetzen sollte. Trotz aller bisherigen Forschungsbemühungen konnte diesbezüglich jedoch bislang
455
2 - Indikationen für künstliche Ernährung
kein einziger verlässlicher, spezifischer und sensitiver sowie leicht messbarer Biomarker identifiziert werden (De Bruijne, 1979; Fascetti et al., 1997). Dennoch gibt es in der Literatur klare Empfehlungen hinsichtlich verschiedener Kriterien, nach denen eine Indikation für die nutritive Unterstützung eines
Patienten abgeleitet werden kann (Remillard et al., 2001).
Wichtigstes Kriterium: Vorberichtliche
oder erwartete Dauer der Anorexie
Besteht eine Anorexie bereits seit
drei bis fünf Tagen oder wird eine
mindestens so lange dauernde
Anorexie erwartet, sollte der Patient
künstlich ernährt werden (enterale
oder parenterale Ernährung).
Hunde, die seit drei bis fünf Tagen anorektisch sind, befinden sich bereits in einem Hungerzustand und
decken ihren Energiebedarf aus Muskeln und Fettgewebe; dies haben Untersuchungen auf der Basis des
in der Humanmedizin verwendeten Respirationsquotienten gezeigt (Owen et al., 1979). Da der Organismus über keine Proteinspeicher verfügt, führt der Proteinkatabolismus zu einem Verlust an Funktionsproteinen. Dies ist in jeder Phase einer Krankheit jedoch kontraindiziert, so dass eine Minimierung
bzw. absolute Vermeidung dieser katabolen Prozesse für der erfolgreiche Behandlung von kritisch kranken Patienten von entscheidender Bedeutung ist.
Nicht bei allen Patienten wird sich der Zeitpunkt des Beginns der Anorexie genau bestimmen lassen.
Je nach Haltung des Hundes und jeweiliger Fütterungsstrategie kann es dem Tierbesitzer durchaus entgangen sein, dass der Hund bereits seit einiger Zeit weniger Futter aufnimmt.
- Besonders schwierig ist die Bestimmung der Nahrungsaufnahme des einzelnen Hundes in
Haushalten, in denen mehrere Hunde ad libitum gefüttert werden.
- Manche Tierbesitzer geben rückblickend nur ungern zu, dass die Anorexie doch schon länger bestanden hat und beschönigen die Angaben zur Futteraufnahme ihres Hundes.
Die Autoren empfehlen dem Tierarzt für solche Fälle, durch eingehende Befragung des Tierbesitzers die
tägliche Futtermenge so genau wie möglich zu eruieren, um daraus die Energiezufuhr annähernd zu
berechnen und diese mit dem tatsächlichen Energiebedarf des Hundes vergleichen zu können (siehe
auch die Bedarfsberechnungen in Abschnitt 5B).
Ein noch schwierigeres Thema ist die Abschätzung der voraussichtlich zu erwartenden Anorexiedauer.
Obwohl sich die Entwicklung von Krankheiten generell nicht vorhersagen lässt, kennt man bei manchen Erkrankungen doch relativ gut den möglichen weiteren Verlauf. Lässt sich vorhersehen, dass der
Patient wahrscheinlich über längere Zeit nicht zur freiwilligen Nahrungsaufnahme in der Lage sein wird,
sollten entsprechende Pläne für eine Zwangsernährung gemacht werden. Auch bei bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahren, die einer Narkose bedürfen, sollte bereits im Vorfeld an eine
adäquate klinische Ernährung gedacht werden. Wird bereits während eines unter Anästhesie durchgeführten Eingriffs die Möglichkeit einer notwendigen künstlichen Ernährung berücksichtigt und eine
Fütterungssonde gelegt, so stehen die Chancen bereits deutlich besser dafür, dass ein Patient, der eine
künstliche Ernährung benötigt, diese dann auch tatsächlich erhält.
Weitere Kriterien: Ernährungszustand (Body Condition
Score), Gewichtsveränderungen und Albuminstatus
Intensivmedizin
Bei der Entscheidung über eventuell erforderliche Ernährungsmaßnahmen sind weitere drei Parameter zu beachten.
- Patienten mit einem Body Condition Score von 3 oder weniger (auf der 9-Punkte-BCS-Bewertungsskala; Laflamme et al., 1994) befinden sich in einem schlechten Ernährungzustand und sind Kandidaten
für eine sofortige nutritive Versorgung (Abbildung 1).
- Ein Gewichtsverlust von 5-10 %, der nicht auf Dehydrierung zurückzuführen ist, stellt eine weitere eindeutige Indikation für die sofortige diätetische Therapie bzw. Zwangsernährung dar.
- Eine Hypalbuminämie infolge verminderter Albuminproduktion ist ein klarer Indikator für eine
nutritive Intervention.
3 - Zusätzliche Untersuchungen
Fütterungsanamnese
Eine möglichst genaue und vollständige Fütterungsanamnese dient der Bestimmung von Dauer und Ausmaß der Anorexie des jeweiligen Patienten. Die Tierbesitzer müssen detailliert zu Art und Marke des Futters sowie zur Größe der Ration und der Anzahl der täglichen Mahlzeiten befragt werden. Diese Anga456
3 - Zusätzliche Untersuchungen
ABBILDUNG 1 - FÜNFSTUFIGES BODY CONDITION SCORE (BCS) SYSTEM
BCS 1
Kachektisch: Kein sichtbares Fettgewebe,
Rippen sowie Lendenwirbel
und Beckenknochen deutlich sichtbar,
deutliche Muskelatrophie.
BCS 2
Mager: Rippen mit minimaler Fettschicht,
Lendenwirbel und Rippen leicht zu ertasten,
leichte Muskelatrophie.
Ein Body Condition Score
unter 2 rechtfertigt eine
diätetische Unterstützung.
Weitere Kriterien zur
Entscheidung für eine
künstliche Ernährung sind ein
Gewichtsverlust von mehr
als 10 %, ein mehr als 3 Tage
andauernder Hungerzustand
sowie eine Hypalbuminämie.
BCS 3
Idealgewichtig: Gut proportioniert,
Taille hinter Rippen sichtbar.
BCS 4
Übergewichtig: Sichtbare Fettdepots
an Rippen und Lendenwirbeln,
Taille kaum wahrnehmbar.
BCS 5
Stark fettleibig: Starke Fettdepots
im Bereich von Lendenwirbelsäule,
Rippen und Bauch; keine Taille erkennbar.
ben sollten ausreichen, um die tägliche Energiezufuhr des Patienten zu berechnen und sie mit dem tatsächlichen Bedarf in Beziehung zu setzen. Ein Problem kann dabei manchmal sein, dass die Tierbesitzer im
Bemühen, den Hund zum Fressen anzuregen, vom gewohnten Futter bereits mehrmals auf andere Produkte oder Marken gewechselt haben, die meist einen höheren Feuchtigkeits- oder Fettgehalt haben.
Dies erschwert einen direkten Vergleich und die Interpretation des ungewollten Gewichtsverlustes.
Obwohl man in solchen Situationen geneigt ist, davon auszugehen, dass die Nahrungszufuhr des Patienten adäquat war, was die Prognose verbessern und die Notwendigkeit einer Intervention durch den Tierarzt unnötig machen würde, sollte diese Vermutung doch genau quantitativ überprüft werden.
Intensivmedizin
Glücklicherweise ist es heute dank des Internets einfach geworden, Angaben zur Energiedichte eines bestimmten Produktes herauszufinden, da viele Futtermittelhersteller auf ihren Webseiten z.B. den Energiegehalt pro Kilogramm für die einzelnen Produkte angeben, Daten, die auf den Etiketten meist fehlen.
Zusätzlich stellen die meisten Hersteller den Tierärzten so genannte Produktleitfäden zur Verfügung, aus
denen die nötigen Informationen hervorgehen. Die Energiedichte von Lebensmitteln kann in der
„USDA Nutrient Database for Standard Reference“ nachgelesen werden, die auf der Website
www.nal.usda.gov zu finden ist. Mit all diesen Angaben sollte es möglich sein, eine vollständige Fütterungsanamnese zu erstellen und auf deren Basis die Dauer und das Ausmaß der Anorexie des Patienten
zu ermitteln.
Körpergewicht
Die Bestimmung des Körpergewichts unter Berücksichtigung etwaiger Flüssigkeitsverluste ist eine klinisch wichtige Messung. Bei kritisch kranken Patienten jedoch, die besonderer Ernährungsmaßnahmen
bedürfen, muss ein Vergleich mit vorherigen korrekten Messungen möglich sein. Solche Vergleiche sollten nur zwischen Messwerten erfolgen, die mit ein und derselben Waage ermittelt wurden, da es beträchtliche Abweichungen je nach Waage geben kann, die zu irreführenden Schlussfolgerungen verleiten würden.
457
3 - Zusätzliche Untersuchungen
Alle Patienten sollten bei Aufnahme in die Tierklinik und während des stationären Aufenthalts
einmal täglich gewogen werden. Verliert ein Tier während seines Klinikaufenthalts an Gewicht und
wird erst dann interveniert, so zeugt dies von schlechter tiermedizinischer Praxis. Im Idealfall sollten die hospitalisierten Patienten ihr Gewicht halten oder leicht zunehmen. Diese Gewichtszunahmen sind allerdings meist auf die Flüssigkeitstherapie zurückzuführen. Um also sicherzustellen,
dass die nutritive Versorgung eines Patienten seinem Bedarf entspricht, sind tägliche Gewichtskontrollen unabdingbar. Kommt es bei hospitalisierten Patienten routinemäßig zu Gewichtsverlusten, so ist dies ein klares Anzeichen für eine nicht adäquate Energie- und Nährstoffversorgung der
Tiere bzw. ein zu spät begonnenes Ernährungsprogramm.
Körperzusammensetzung
Die klinische Bestimmung der Körperzusammensetzung sowie die Diagnose einer Adipositas basiert auf
den Befunden von Adspektion und Palpation (Laflamme et al., 1994). Das Bewertungssystem
des Body Condition Score mag zwar seine Grenzen haben und ist z.B. nicht in der Lage, die
fettfreie Körpermasse zu quantifizieren, doch ist dies ein Verfahren, das man sich schnell aneignen kann, das keinerlei technischer Ausrüstung bedarf und das vor allem absolut stressfrei für
die Tiere ist.
© Royal Canin
Präzisere Verfahren zur Bestimmung der Körperzusammensetzung sind unter anderem das
DEXA-Verfahren (Dual energy X-ray absorptiometry), die bioelektrische Impedanzanalyse
oder die Isotopenverdünnung mit doppelt markiertem Wasser, die allerdings alle technisch
und wirtschaftlich sehr viel anspruchsvoller sind, wodurch ihre Anwendung in der Praxis
begrenzt bleibt.
Ein Beauceron auf der Waage - Eine bereits
Jahre oder Monate alte Gewichtsangabe kann
nicht zur Beurteilung eines Gewichtsverlustes
herangezogen werden.
Somit bleibt die Bestimmung des Body Condition Score (BCS) für den Praktiker die geeignetste Methode, um die Körperzusammensetzung des Patienten zu quantifizieren (Abbildung
1; siehe auch Kapitel 1). Der BCS ist außerdem ein hervorragendes Mittel, um Kollegen in
derselben Praxis oder in Überweisungskliniken ein „Bild“ von einem bestimmten Tier zu vermitteln. Obwohl sich geringfügige Gewichtsveränderungen über mehrere Tage meist sogar
dem Auge des erfahrensten Klinikers entziehen können, gibt der BCS doch genaueren Aufschluss über den Ernährungszustand, als dies durch einfaches Wiegen möglich wäre. Somit sollte der Body Condition Score zur Beschreibung des allgemeinen „chronischen“ Ernährungszustandes herangezogen werden, während tägliches Wiegen eher den „akuten“ Gewichtsstatus widerspiegelt.
Körpergewicht und BCS sind in ihrer Entwicklung nicht so dynamisch, dass tägliche Überprüfungen bzw.
Anpassungen der Diät erforderlich wären, doch sind sie in jedem Fall gute Indikatoren für das langfristige Ansprechen des Tieres auf das Ernährungsprogramm.
Albuminstatus
Intensivmedizin
Etwa 50 % der täglichen Proteinsynthese sind der Produktion von Albumin gewidmet. Diese Produktion
ist gestört, wenn unzureichende Mengen an Protein mit der Nahrung zugeführt werden. Da jedoch die
Halbwertzeit von Albumin im Organismus des Hundes ca. acht Tage beträgt, machen sich Veränderungen in der Albuminsynthese nicht sofort bemerkbar (Kaneko et al., 1997). Ein Beispiel für die Diskrepanz zwischen Albuminstatus und Energiezufuhr liefert eine Arbeit von De Bruijne (1979). In seiner Studie zeigten sich bei gesunden Hunden nach 21 Tagen Nahrungsentzug (einfacher Hungerzustand) keine
Veränderungen der Albuminkonzentrationen im Blut. Eine andere Untersuchung wies nach, dass die
Serumalbuminkonzentrationen von 105 hospitalisierten Hunden einen statistisch signifikanten prädiktiven Wert hinsichtlich der weiteren klinischen Entwicklung der Patienten hatten (Michel, 1993). Somit
sind reduzierte Albuminwerte als Hinweis dafür zu interpretieren, dass entweder die Produktion von
Albumin gestört oder für den individuellen Bedarf zu gering ist, oder dass übermäßige Albuminverluste
vorliegen. Eine Normalbuminämie sollte folglich nicht als Rechtfertigung für eine vorangegangene
Ernährungsmaßnahme herangezogen werden.
Andere Biomarker
Die Tiermedizin verfügt derzeit weder über eine spezielle klinische Pathologie noch über spezifische bio458
4 - Wahl der geeigneten
Ernährungsmethode
Die Wahl der für den jeweiligen Patienten geeigneten Nahrungszufuhr sollte nach einem
Entscheidungsbaum (Algorithmus) gefällt werden. Dabei stehen einerseits die enterale und
andererseits die parenterale Ernährung zur Auswahl (Abbildung 2).
Die parenterale Ernährung sollte nur dann eingesetzt werden, wenn eine enterale Ernährung
nicht möglich ist. Die intravenöse künstliche Ernährung ist jedoch komplizierter, kostenintensiver und mit einem höheren Risiko für Infektionen behaftet.
4 - Wahl der geeigneten Ernährungsmethode
© Mercier
chemische Marker, mit Hilfe derer sich der Ernährungszustand von Hunden bestimmen
ließe. Parameter wie Leukopenie oder Kreatinkinasespiegel bei der Katze sowie Proteine
wie C-reaktives Protein, Präalbumin, Transferrin und retinolbindendes Protein beim Menschen wurden auf ihre Eignung als Indikatoren für den Ernährungsstatus untersucht. Alle
diese Biomarker werden jedoch zusätzlich von vielen anderen Faktoren beeinflusst, so dass
ihre Interpretation schwierig ist (Phang & Aeberhardt, 1996; Fascetti et al., 1997).
Zurzeit stehen dem Kliniker folgende Untersuchungen bzw. Parameter zur Bestimmung des Ernährungsstatus seiner Patienten zur Verfügung:
- vollständiger klinischer Vorbericht und genaue Fütterungsanamnese,
- klinische Allgemeinuntersuchung,
- Gewichtskontrollen,
- BCS-Bestimmung vor und während Hospitalisierung,
- Routineblutbild.
Wiegen eines West Highland
White Terrier-Welpen
Eine frühzeitige künstliche Ernährung
verhindert weitere Gewichtsverluste und minimiert
die katabolen Prozesse bei Erkrankungen
wie der parvovirosebedingten Gastroenteritis.
5 - Enterale Ernährung
Die enterale Ernährung sollte immer die erste Option darstellen, es sei denn, der Zustand des Patienten
lässt dies nicht zu. Da diese Art der Ernährung als physiologischer erachtet wird als die intravenöse Ernährung, wurde der Ausspruch geprägt „Wenn der Darm funktioniert, nutze ihn.“ Dabei bleibt vor allem die
Gesundheit des Darms erhalten, und eine Translokation von intraluminalen Bakterien in den Blutkreislauf wird vermieden. Eine randomisierte, kontrollierte, klinische Studie hat kürzlich die Auswirkungen einer frühzeitigen enteralen Ernährung von Hunden mit parvovirosebedingter Enteritis im Vergleich zu nihil per os untersucht (Mohr et al., 2003).
Dabei zeigten sich in der Gruppe der enteral ernährten Tiere eine kürzere Rekonvaleszenz, bessere
Gewichtszunahmen und eine verbesserte Funktion der Schleimhautbarriere. Diese Studie lässt den
Schluss zu, dass die frühzeitige enterale Ernährung in direktem Zusammenhang mit einer rascheren klinischen Besserung steht. Die enterale Ernährung erfolgt mittels Nasenschlundsonde oder Ösophagostomie-, Gastrostomie- oder Jejunostomiesonde.
> Nasenschlundsonden
Die Nasoösophagealsonden bieten sich für die kurzfristige künstliche Ernährung hospitalisierter Patienten an (<7 Tagen). Sie sind nicht teuer und erfordern keine besondere Ausrüstung.
Üblicherweise kommen bei Hunden die Durchmesser 3-8 F (1 French = 1/3 mm) zum Einsatz.
Die optimale Länge für den Hund bemisst sich an der Distanz von der Nasenspitze bis zur siebten Rippe.
Nasenschlundsonden sind kontraindiziert bei Patienten mit schwerem Gesichtsschädeltrauma
Die meisten schwer kranken Patienten tolerieren
unter Beteiligung der Nasenlöcher, bei Vomitus und/oder Regurgitation, Bewusstseinsverlust
das Legen der Nasoösophagealsonde ohne Problem.
sowie bei all jenen Tieren, bei denen eine mechanische oder funktionelle Störung von Larynx, Nur wenige benötigen dafür eine Sedierung.
Pharynx oder Ösophagus vorliegt.
459
Intensivmedizin
Der Appetit hospitalisierter Tiere schwankt meist zwischen normal und schlecht; oft besteht
Anorexie. Die Ration wird daher zuerst zur oralen Aufnahme angeboten und erst bei nachhaltiger Verweigerung gemischt und verdünnt und über eine Sonde verabreicht.
© SIAMU, École Nationale Vétérinaire de Lyon
Verschiedene Sondentypen zur enteralen
Ernährung
4 - Wahl der geeigneten Ernährungsmethode
ABBILDUNG 2 - ALGORITHMUS ZUR ENTSCHEIDUNG FÜR DIE ART DER KÜNSTLICHEN ERNÄHRUNG
1. Deckt der Patient seinen Ruheenergiebedarf
(RER (kcal) = 70 x Körpergewicht in kg0,75) durch freiwillige Nahrungsaufnahme ?
Nein. Künstliche Ernährung indiziert.
Ja. Künstliche Ernährung wahrscheinlich
nicht erforderlich. Weiterhin oral füttern.
2. Leidet der Patient an Erbrechen, schwerer Diarrhoe, schwerer Pankreatitis ? Ist er sediert oder
anästhesiert ? Befindet er sich in der Rekonvaleszenz nach einer größeren Operation an Magen oder Darm ?
Ist das Legen einer Ernährungssonde wie z.B. Jejunostomiesonde aus anderen Gründen nicht möglich ?
Ja. Die parenterale Ernährung
erscheint angezeigt.
Nein. Die enterale Ernährung
ist wahrscheinlich möglich.
3. Ist bereits ein zentraler Venenzugang geschaffen
(Jugularvene, V. saphena medialis, etc.) oder
kann ein solcher gelegt werden ?
7. Ist der Patient narkosefähig ?
Ja
Ja. Parenterale Ernährung
sollte über zentralen
Zugang erfolgen.
4. Besteht eine Urämie bzw. die
Gefahr einer Urämie oder einer
hepatischen Enzephalopathie,
wenn mehr als 15 % des
Energiegehalts der Diät aus
Protein stammen ?
Intensivmedizin
Ja. Verwenden
Sie eine
proteinarme
Lösung zur
zentralen
parenteralen
Ernährung.
Siehe Tabelle 1
Nein.
Verwenden
Sie eine normal
proteinhaltige
Lösung zur
zentralen
parenteralen
Ernährung.
Nein
Nein. Parenterale Ernährung
sollte über peripheren
Zugang erfolgen.
5. Muss der
Ruheenergiebedarf (RER)
des Patienten ausschließlich über die periphere
parenterale Ernährung
gedeckt werden ?
Nein. Verwenden
Sie eine normal
fetthaltige Lösung
zur peripheren
parenteralen
Ernährung.
8. Leidet der Patient unter einer
Pankreatitis und/oder muss der
Magen bzw. das Duodenum
umgangen werden ?
Ja
Ja. Erwägen Sie
die Platzierung einer
Jejunalsonde
der Größe 5-8 F.
9. Wiegt der Hund
mehr als 15 kg ?
Nein
10. Ist absehbar, dass der Patient länger
als ein paar Monate künstlich ernährt
werden muss und/oder besteht eine
Funktionsstörung des Ösophagus ?
Ja. Legen
Sie eine
Nasenschlundsonde der
Größe 8 F.
Nein. Legen
Sie eine
Nasenschlundsonde der
Größe 5 F.
6. Ist der Patient
hyperlipidämisch ?
Ja. Verwenden Sie eine parenterale Lösung mit
geringem Fettgehalt, die den RER nicht vollständig
deckt, und überprüfen Sie die Möglichkeit einer –
wenn auch geringfügigen – enteralen Ernährung.
Nein. Erwägen Sie den
Einsatz einer fettreichen
Lösung zur peripheren
parenteralen
Verabreichung.
Ja. Legen Sie eine
Gastrostomiesonde
der Größe 18-24 F,
entweder chirurgisch
oder endoskopisch.
Nein. Legen Sie eine
Ösophagostomiesonde
der Größe 12-18 F.
Ösophagostomiesonden können
auf dreierlei Arten gelegt werden:
- perkutan (Nadeltechnik)
- chirurgisch (Inzisionstechnik)
- mit Hilfe eines perkutanen
Sondenapplikators
> Ösophagostomiesonden
5 - Enterale Ernährung
Der relativ geringe Durchmesser der Sonden bedingt allerdings die Verabreichung flüssiger bzw.
verdünnter Nahrung. Ein Risiko der Nasenschlundsonden ist die Aspirationspneumonie, zu der
es kommen kann, wenn entweder die Sonde schlecht platziert ist oder das Tier in die Sonde
regurgitiert und das Material dann in die Trachea gerät. Um das Risiko für diese Komplikation
zu minimieren, sollte man sich vor der Verabreichung der Flüssignahrung des korrekten Sitzes
der Sonde vergewissern.
Ösophagostomiesonden eignen sich für die mittelfristige enterale Ernährung. Sie werden im Allgemeinen gut toleriert und sind unter leichter Anästhesie einfach und unter minimalen Anforderungen
an die Ausstattung zu legen. Die einzige größere Komplikation besteht in einer möglichen Infektion
an der Eintrittsstelle der Sonde, weshalb diese chirurgische Wunde besonders sorgfältig und regelmäßig
versorgt werden muss. Ösophagostomiesonden sind indiziert bei Patienten mit Erkrankungen bzw. Verletzung von Mandibula, Maxilla, Nasenlöchern und Nasopharynx sowie bei all jenen Tieren, die nicht
in der Lage sind zu kauen.
Der Patient wird leicht anästhesiert, in Seitenlage verbracht und für
den aseptischen Eingriff im Bereich der linken Zervikalregion vorbereitet. Je nach Größe des Hundes wählt man eine Sonde der Größe 512 F, die entweder aus Weichgummi, Kunststoff oder Silikon bestehen
kann.
ABBILDUNG 3 - VERSCHIEDENE TYPEN
VON GASTROSTOMIESONDEN
Gastrostomiesonden sind in verschiedenen
Größen und Ausführungen erhältlich
und bestehen entweder aus Latex oder
Silikon. Am häufigsten wird ein
Latexkatheter mit pilzförmiger Spitze
(Pezzar) eingesetzt. Silikonsonden
sind haltbarer (durchschnittlich 6-12
Monate) und verursachen weniger
Irritationen an der Durchtrittsöffnung.
Auch die Gastrostomiesonden sind in verschiedenen Größen erhältlich: 18-20 F sind für kleine Hunde geeignet, 24 F für größere Hunde.
Sie bestehen aus Latex oder Silikon und sind in unterschiedlicher
Ausführung über den Fachhandel zu beziehen (Abbildung 3). An diesen Sonden lassen sich verschiedene Adapter anschließen, wobei ein
Y-Port häufig bevorzugt wird, weil er zwei Zugänge hat:
- einen Katheter-Zugang, über den 24 h nach Platzierung das erste
Futter verabreicht werden kann.
- einen Injektionszugang mit Luer-Ansatz für die orale Medikation.
Erst vor kurzem wurden in den USA neue Sonden entwickelt und sind
dort auch bereits im Einsatz. Es handelt sich hierbei um so genannte
„low-profile“ Gastrostomiesonden (LPGS), die so angebracht werden,
dass sie praktisch flach mit der Körperwand abschließen (Abbildung
4). Diese LPGS bestehen aus Silikon und scheinen weniger Irritationen und Entzündungen an der Stomastelle zu verursachen als andere
Sonden. Auf das mit einem Rückschlagventil ausgestattete Endstück,
das außen der Körperwand anliegt, wird zur Fütterung ein Adapter aufgesetzt.
ABBILDUNG 4 - ANSICHT EINER SO GENANNTEN LPG-SONDE
(LOW PROFILE GASTROSTOMY TUBE) NACH IHRER PLATZIERUNG
Die Akzeptanz dieser Ernährungssonde durch Tier und
Hundebesitzer ist deutlich höher als bei herkömmlichen
Sonden, da keine langen Schläuche außen an der
Körperwand zu sehen sind und keine aufwändige
Abdeckung durch einen Verband bzw. ein Netz
notwendig ist. Außerdem ist die pilzförmige Spitze
mit einem Anti-Reflux-Ventil ausgestattet,
das den Austritt von Mageninhalt verhindert.
Intensivmedizin
> Gastrostomiesonden
© DA Elliott
Sobald der Patient vollständig aus der Narkose erwacht ist, kann mit
der Fütterung begonnen werden. Die Nahrung ist entweder flüssig
(Fertignährsubstrate) oder wird als dünnflüssiger Brei gegeben. Dazu
kann man Trocken- oder Nassfutter mit Wasser verdünnen, bis die
entsprechende Konsistenz erreicht ist. Die Ösophagostomiewunde
heilt binnen zwei Wochen nach Entfernung der Sonde durch Bildung
von Granulationsgewebe.
© DA Elliott
Die Spitze der Ösophagostomiesonde sollte auf halber Höhe der Speiseröhre zu liegen kommen. Die Sonde wird außen entweder am Hals
oder an der Thoraxwand fixiert.
Silikonsonden haben eine durchschnittliche Haltbarkeit von 6-12
Monaten und wirken nur gering irritierend auf das Gewebe der Stomastelle (Abbildung 5).
461
5 - Enterale Ernährung
ABBILDUNG 5 - DARSTELLUNG EINER HERKÖMMLICHEN
GASTROSTOMIESONDE NACH IHRER PLATZIERUNG
> Jejunalsonden
Der Einsatz von Jejunostomiesonden ist nur dann gerechtfertigt, wenn der
Magen oder das Duodenum erkrankungsbedingt umgangen werden muss. Diese
Sonden werden nach Laparotomie und Enteropexie gelegt. Die verwendete Sondennahrung muss dünnflüssig sein und die Nährstoffe in elementarer Form
enthalten, da diese Sonden nur einen Durchmesser von 5-8 F haben und direkt
im Jejunum platziert werden.
Enterale Sondenernährung:
Praktische Aspekte
© JY. Deschamps
Etwa 12-18 Stunden nach Legen der Fütterungssonde wird zunächst Wasser verabreicht (nicht erforderlich, wenn direkt über den Ösophagus gefüttert wird; hier
kann sofort mit der Ernährung begonnen werden), und die Gabe der Sondendiät beginnt erst 24-36 Stunden danach. Am ersten Tag verabreicht man etwa
1/2 bis 1/3 des täglichen Energiebedarfs (typischerweise des Ruhebedarfs/RER).
Latexsonden sind kostengünstiger, müssen jedoch nach
8-12 Wochen wegen Abnutzung ausgetauscht werden.
*RER = 70 x (Körpergewicht in kg)0,75 = Kilokalorien/Tag
Kommt es nicht zu Komplikationen, wird die Energiezufuhr schrittweise gesteigert, so dass der gesamte Ruhebedarf an umsetzbarer Energie etwa ab dem dritten oder vierten Tag zugeführt wird; hat der vorberichtliche Hungerzustand sehr lange angedauert, erfolgt
die Steigerung der Energiezufuhr langsamer über etwa sieben Tage.
© DA Elliott
Die Gesamtmenge der täglichen Futterration wird in 4-6 gleich große Portionen aufgeteilt, wobei darauf
zu achten ist, die Magenkapazität des Patienten nicht zu überlschreiten (anfangs 5 ml/kg, danach bis zu
15 ml/kg pro Mahlzeit). Die Nahrung sollte auf Zimmertemperatur angewärmt sein und wird langsam
über 5-15 Minuten verabreicht (Abbildung 6). Danach wird die Sonde mit 5-10 ml lauwarmen Wassers
gespült.
Die korrekte Lage der
Gastrostomiesonde muss
endoskopisch überprüft werden.
ABBILDUNG 6 ENTERALE ERNÄHRUNG
In jedem Fall werden häufige kleine Mahlzeiten besser vertragen als wenige größere Portionen. Wenn
sich der Hundebesitzer in der Lage sieht, nach Entlassung dieses Fütterungsregime beizubehalten, sollte
das Fütterungsprotokoll der Klinik fortgeführt werden. Hat der Besitzer jedoch nicht so häufig die Möglichkeit zur enteralen Fütterung, sollte der Patient bereits in der Klinik auf wenigere größere Mahlzeiten
umgestellt werden. Mit der Zeit kann sich das Fütterungsregime auf zwei bis drei Mahlzeiten pro Tag einpendeln.
Vor jeder Mahlzeit muss der Mageninhalt mit einer Spritze aspiriert werden. Ist noch mehr als die Hälfte der vorangegangenen Mahlzeit vorhanden, wird der Inhalt zurückgespritzt und die geplante Mahlzeit
entfällt. Kommt dies häufiger vor, entleert sich der Magen offenbar nur verzögert, und eine medikamentelle Beeinflussung ist angezeigt (z.B. Metoclopramid, 20-30 Minuten vor der Fütterung).
© JY. Deschamps
Intensivmedizin
Untersuchungen konnten bei gesunden Hunden bezüglich Gewichtszunahmen oder Stickstoffbilanz
keinen Vorteil einer kontinuierlichen intragastrischen Fütterung gegenüber der intermittierenden enteralen Ernährung feststellen (Chandler et al., 1996). Wenn ein Patient allerdings die Zufuhr mehrerer Einzelportionen über den Tag verteilt nicht toleriert, kann auch eine kontinuierliche Nahrungszufuhr erfolgen.
Das Futter wird mit einer
möglichst geringen Wassermenge
zu einem dünnflüssigen Brei so
vermischt, dass dessen Konsistenz
die Verabreichung per Spritze
ermöglicht. Auf eine entsprechend
weite Öffnung der Spritze ist
zu achten, um Verstopfungen
vorzubeugen.
462
Jede orale Medikation wird vor der Fütterung verabreicht; eine Ausnahme stellen nur die Phosphatbinder dar, die direkt in die Nahrung gemischt werden.
Die korrekte Lage der Sonde muss täglich überprüft werden, und die Stomastelle ist regelmäßig auf
Schmerz, Rötungen, Ausfluss oder üblen Geruch hin zu untersuchen (Abbildung 7). Das Stoma muss
täglich mit antiseptischer Lösung gereinigt und mit einer antimikrobiellen Salbe eingecremt werden.
Nahrungsreste sind entsprechend zu entfernen.
> Energiedichte der Diät
Die meisten Ernährungsspezialisten der Tiermedizin sind sich dahingehend einig, dass der Energiebedarf hospitalisierter Tiere dem Ruhebedarf
(RER) sehr ähnlich ist, der nach oben angeführter Formel berechnet wird
(Remillard et al., 2001).
ABBILDUNG 7 - MIGRATION EINES GASTROSTOMIETUBUS
IN DAS SUBKUTANE GEWEBE
5 - Enterale Ernährung
> Wasser
Wasser ist einer der vier wichtigsten Makronährstoffe, und ein Flüssigkeitsmangel hat eine sofortige schädliche Auswirkung. Daher besteht die
klinische Ernährung in ihrer Minimalversion in der ad libitum-Versorgung mit Wasser bzw. in der parenteralen Flüssigkeitstherapie. Leider ist
die Tendenz zu beobachten, dass immer nur im Minimalbereich substituiert wird und keine zusätzlichen Nährstoffe gegeben werden. Die Flüssigkeitstherapie sollte jedoch nur eine Komponente der nutritiven
Unterstützung darstellen und nicht allein als ausreichende diätetische
Versorgung betrachtet werden.
Die Abbildung zeigt eine aus
dem Magen in das subkutane
Gewebe ausgewanderte
Gastrostomiesonde. Diese
Situation stellt einen Notfall
dar und kann eine septische
Peritonitis verursachen.
© DA Elliott
Klinische Ernährung
Obwohl diese Gleichung nicht immer exakt dem Bedarf des einzelnen
Patienten entsprechen wird, dient sie doch als Anhaltspunkt, um eine Über- oder Unterversorgung relativ sicher auszuschließen. Nach der Erfahrung des Autors halten die meisten Hunde bei der Energiezufuhr auf der Basis des Ruhebedarfs während einiger Wochen Hospitalisierung ihr Gewicht und ihren
BCS.
Um das Volumen jeder einzelnen Bolusverabreichung so gering wie möglich zu halten, muss die Energiedichte der Diät möglichst groß sein. Um dies zu erreichen, ist die Menge und die Art der Flüssigkeit,
die zur Verringerung der Viskosität des Nassfutters verwendet wird, sorgfältig zu wählen. Auf die Wichtigkeit der entsprechenden Balance zwischen Energiedichte des Flüssigbreis und dessen Viskosität kann
nicht oft genug hingewiesen werden. Schon geringe Änderungen des Energiegehaltes jeder Fütterungseinheit können große Auswirkungen auf Häufigkeit und Umfang der enteralen Fütterung haben und
sind in der Lage, den Erfolg des Ernährungsprogramms zu gefährden.
Öle liefern ein Maximum an Energie, haben aber auch den größten verdünnenden Effekt auf die Nährstoffe. So kann es zur ungewollten signifikanten Reduzierung des Gehalts an essenziellen Nährstoffen
kommen. Wasser ändert zwar nicht das Verhältnis des Nährstoffgehalts zum Energiegehalt, verringert
aber die pro Fütterungseinheit zugeführte Energiemenge. Als Alternative kann man dem Flüssigbrei
Mais- oder Ahornsirup beimengen, um den Energiegehalt zu erhöhen, aber dennoch eine geringe Viskosität zu erreichen. In den meisten Fällen ist jedoch das Vermischen von Fertigfutter mit Wasser ausreichend, um einen flüssigen Nahrungsbrei zu erhalten, der mit einer Sonde der Stärke 12 F oder größer
verabreicht werden kann. Generell kann man sagen, dass das Erhöhen des Feuchtigkeitsgehaltes eines
Dosenfutters auf 80 % bereits einen dünnflüssigen Brei ergibt, der noch ausreichend energiedicht ist (je
nach Energiegehalt der Diät) und gleichzeitig leicht verabreicht werden kann (Abbildung 8).
> Ausgewogenheit der Energiequellen
Intensivmedizin
Die Grundnährstoffe, die Energie liefern, sind Protein, Fett und Kohlenhydrate. Wird der Ruheenergiebedarf des Patienten nicht durch Verabreichung eines einzigen Energielieferanten gedeckt, so ist zu diskutieren, wie jeder einzelne Makronährstoff genau verwertet wird. Manche Experten sind der Auffassung, dass alle Makronährstoffe so lange ausschließlich als Energielieferanten verwertet werden, bis der
Energiebedarf des Tieres gedeckt ist. Andere sind wieder der Ansicht, dass manche Substrate einen
begrenzten proteinsparenden Effekt haben, auch wenn der Energiebedarf des Patienten noch nicht vollständig gedeckt wurde.
• Fette
Fettreiche Nahrung wird in der Regel gut akzeptiert und vertragen. Da Fett pro Volumeneinheit mindestens doppelt so viel Energie liefert wie Protein oder Kohlenhydrate, ist eine erhöhte Energiezufuhr
463
5 - Enterale Ernährung
ABBILDUNG 8 - ALGORITHMUS ZUR WAHL DER DIÄT FÜR DIE ENTERALE SONDENERNÄHRUNG
1. Ist das Lumen der Fütterungssonde kleiner als 12 F ?
Ja
2.Besteht eine Fettintoleranz (verzögerte
Magenentleerung, Pankreatitisrisiko) ?
Ja. Erwägen Sie die
Fütterung einer geringer
fetthaltigen Diät
( 20 % oder weniger),
die eine Energiedichte
von mindestens 0,75
kcal/ml aufweist.
Nein. Die Fütterung
einer flüssigen enteralen
Lösung mit einer
Energiedichte von
mindestens 0,8 kcal/ml
ist möglich.
Nein
3. Ist der Patient urämisch oder besteht ein Risiko für eine Urämie oder
eine hepatische Enzephalopathie, wenn eine Diät mit mehr als 15 %
Protein gefüttert wird (Patient verträgt aber Fett) ?
Ja. Eine gering proteinhaltige
Dosendiät, die zu einem
dünnflüssigen Brei zubereitet
wird, kann gefüttert werden.
Nein
4. Besteht eine Fettintoleranz ?
Ja. Füttern Sie eine gering fetthaltige
Dosendiät, die zu einem dünnflüssigen
Brei zubereitet wird.
Nein. Eine energiedichte Diät mit hohem
Proteingehalt und möglicherweise auch
hohem Fettgehalt kann gefüttert werden.
auch bei jenen Patienten möglich, die nur begrenzte Mengen an Nahrung aufnehmen. Obwohl Fett die
Schmackhaftigkeit und Akzeptanz verbessert, ist nach der Erfahrung des Autors eine plötzliche Erhöhung des Fettgehalts der Diät doch eine der immer wieder zu beobachtenden Ursachen von Gastrointestinalstörungen, insbesondere von Pankreatitis.
Viele der handelsüblichen hochverdaulichen Diätfuttermittel sind nicht fettreduziert und liefern
bis zu 30 % der Energie aus dem Fett. Der Einsatz solcher Produkte sollte auf jene Patienten beschränkt bleiben, bei denen keinerlei Bedenken hinsichtlich einer Fettintoleranz bestehen.
Wird ein Hund nach einem längeren Klinikaufenthalt und künstlicher Ernährung wieder vorsichtig angefüttert, ist eine Zubereitung von Rationen auf der Basis von Hüttenkäse oder Hühnerfleisch
ohne Haut in Kombination mit Reis zu empfehlen. Dies ergibt ein schmackhaftes und hochverdauliches Futter und stellt eine sehr gute Alternative zu den meist fettreichen Fertigdiäten dar.
• Aminosäuren
Enteral verabreichte Aminosäuren haben Vermutungen zufolge einen proteinsparenden Effekt. Eine
Studie postuliert den potenziellen Nutzen von enteral verabreichtem Glutamin basierend auf der
Kinetik der Aufnahme und des Einbaus von Leucin im Gesamtorganismus (Humbert et al., 2002).
Intensivmedizin
Leider liegt kein klinischer Nachweis dafür vor, dass Patienten, die eine komplette Fertigdiät nicht
tolerieren, eine enteral verabreichte Aminosäurenlösung in zur Deckung des Energiebedarfs erforderlichen Mengen tolerieren würden. Eine kontinuierliche Infusion mit einem enteralen Produkt,
das nicht bedarfsdeckend ist, könnte aber mit der parenteralen Verabreichung der restlichen,
fehlenden Energiezufuhr kombiniert werden; dadurch wird der Ruheenergiebedarf gedeckt und
gleichzeitig das Risiko einer Atrophie der Villi bzw. einer Translokation der intraluminalen Bakterien in den Blutkreislauf reduziert (Qin et al., 2002; Kotani et al., 1999).
464
5 - Enterale Ernährung
Komplikationen der enteralen Ernährung
Bei kritisch kranken Patienten muss das Hauptaugenmerk der Überwachung auf der Vermeidung von
Komplikationen bei der künstlichen Ernährung liegen.
> Chirurgische Komplikationen
Zu den seltenen Komplikationen, die im Zusammenhang mit der chirurgischen Platzierung der Sonde
auftreten können, zählen Milzlazeration, Magenblutungen, Pneumoperitoneum und Verlagerung der
Sonde in die Peritonealhöhle mit nachfolgender Peritonitis.
Auch die Toleranz des Patienten gegenüber der Sonde muss überprüft werden. Anzeichen einer Unverträglichkeit sind je nach Art der Sonde Niesen, Cellulitis im Bereich des Stomas, Würgen und/oder
Erbrechen. Die schwerste Komplikation ist jedoch die Infektion der Eintrittsstelle der Sonde.
Aus diesem Grund ist eine peinlich genaue und regelmäßige Pflege der chirurgischen Wunde Grundvoraussetzung für die Ernährung per Sonde. Des Weiteren muss sichergestellt sein, dass der Hund nicht im
Stomabereich leckt. Nur so lassen sich Entzündungen mit den typischen Symptomen wie Ausfluss,
Schmerz, Schwellungen, Rötungen, Abszess- und Geschwürbildung vermeiden. Bei den ersten Anzeichen können warme, mit antiseptischer Lösung getränkte Packungen auf das Stoma verbracht werden,
um Probleme zu minimieren bzw. die Besserung zu beschleunigen.
ABBILDUNG 9 - FIXIERUNG
DER FÜTTERUNGSSONDE
Eine schwierige Problematik ergibt sich, wenn die Patienten sich die Sonde selbst ziehen, was einer
Untersuchung zufolge bei etwa 20 % der Gastrostomiesonden der Fall war. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer entsprechenden schützenden Abdeckung des Stomabereichs sowie die Notwendigkeit einer
Halskrause (Abbildung 9) (Elliott et al., 2000).
© DA Elliott
Die Entfernung der Gastrostomiesonde durch den Patienten stellt einen Notfall dar. Meist ist es
möglich, mittels eines Führungskatheters eine neue Sonde durch das bestehende Stoma zu legen. Die
korrekte Lage der Sonde sollte im Röntgen mit Hilfe einer Kontrastmittelinjektion überprüft werden.
Hatte die Sonde kürzer als eine Woche gelegen oder gibt es Anzeichen für eine Peritonitis oder ein im
Röntgen sichtbares Leck, aus dem Kontrastmittel austritt, muss eine explorative Laparotomie die Lage
klären. Durch den Einsatz der neuartigen LPG-Sonden lässt sich die Inzidenz derartiger Vorfälle verringern.
> Verstopfung der Sonde
Ernährungssonden verstopfen immer wieder einmal durch das Futter. Zur Entfernung der Obstruktion
stehen mehrere Techniken zur Verfügung: Manuelles Ausstreifen der Sonde bei gleichzeitigem Spülen
bzw. Aspirieren von Wasser; Instillieren von kohlensäurehaltigen Getränken (z.B. Cola, Sodawasser),
Fleischweichmachern oder Pankreasenzymlösungen während 15 bis 20 Minuten; vorsichtiges Vorschieben eines Polyurethankatheters, um die Obstruktion zu durchstoßen und/oder weiterzuschieben. Bleiben
diese Maßnahmen ohne Erfolg, muss die Sonde gegen eine neue ausgetauscht werden.
> Aspirationspneumonie
Herkömmliche Gastrostomiesonden
müssen gegen ein Herausziehen
durch den Hund gesichert werden.
Der Tubus wird an der Körperwand
befestigt und danach mit einem
Netzverband abgedeckt.
Eine Halskrause verhindert
Manipulationen des Hundes
an Sonde und Stoma.
Intensivmedizin
Die Befürchtung, dass bei enteraler Ernährung das Risiko einer Aspirationspneumonie beim schwerkranken Patienten ein besonderes Risiko darstellt, ist dann gerechtfertigt, wenn bei einem Patienten mit
Erbrechen gerechnet werden muss, wenn sich das Tier in Seitelage befindet oder noch sediert bzw. anästhesiert ist. Eine Aspirationspneumonie entsteht auch nach falscher Platzierung von Nasoösophagealsonden, wenn die Nahrung anstatt in die Speiseröhre in die Trachea gelangt.
Bei der enteralen Ernährung stellt der Mageninhalt aufgrund der Azidität und der hohen Keimzahlen ein
exzellentes Reservoir für Pneumonie-auslösende Agenzien dar. An dieser Stelle sollte erwähnt werden,
dass der Mensch z.B. pro Stunde bis zu 63 ml bakterienhaltigen Speichel produziert (McClave & Snider,
2002). Somit ist es wahrscheinlich nicht wirklich korrekt anzunehmen, dass alles aspirierte Material aus
dem Magen kommt. In der Humanmedizin wird die Rolle der enteralen Ernährung bei der Entwicklung
der Aspirationspneumonie kontrovers diskutiert (McClave & Snider, 2002). Dennoch mag die Situation
beim Hund doch anders sein, da die horizontalen Lageverhältnisse (im Gegensatz zur vertikalen Position
des Menschen) unter Umständen eine signifikante Rolle spielen.
465
5 - Enterale Ernährung
> Überfütterung
Wird die enterale Ernährung nicht
vertragen, liegt die Ursache meist in
einer Volumenüberladung, die die
Kapazität des Magens übersteigt.
Die Häufigkeit, mit der Tierbesitzer
ihren Hund per Sonde ernähren
können, ist meist begrenzt. Für den
Patienten lässt sich die künstliche
Ernährung angenehmer gestalten
(bei gleichzeitig geringerem Risiko
für Vomitus und Diarrhoe), wenn
- das Gesamtvolumen reduziert wird
(bei gleichzeitiger Steigerung der
Frequenz oder der Energiedichte),
- die Infusionsrate gesenkt wird,
- der Futterbrei vorher auf
Zimmertemperatur
angewärmt wurde ,
- die Osmolarität des Futterbreis
reduziert wird,
- gleichzeitig für einen ausgeglichenen
Flüssigkeits-, Elektrolyt- und
Säure-Basen-Haushalt gesorgt wird.
Eine Volumenüberladung ist bei der enteralen Ernährung von Menschen eine häufige Komplikation
(Davies et al., 2002), die zu Übelkeit und Erbrechen führt.
Das individuelle Bolusvolumen wird von der täglich zuzuführenden Gesamtmenge an Energie bestimmt.
Ein zu hoch kalkulierter Energiebedarf bedeutet zu große Futtermengen und birgt das Risiko einer Volumenintoleranz in sich. In der Humanmedizin hat sich gezeigt, dass bei anfangs zu hoch geschätztem Energiebedarf und damit zu hohen zugeführten Nahrungsmengen der Verdauungstrakt so überladen war, dass
nach jeder Mahlzeit noch beträchtliche Mengen im Magen vorhanden waren. Dies führte zum Überspringen mancher Mahlzeiten, was wiederum zur Folge hatte, dass manche Patienten letztendlich mit
Energie und Nährstoffen unterversorgt waren (McClave & Snider, 2002).
Die Frage, inwieweit die Restmengen im Magen (bestimmt durch Aspiration des Magens vor der nächsten Mahlzeit) eine Aussagekraft hinsichtlich der Volumenüberladung haben und als Grundlage für die
Vermeidung einer Aspirationspneumonie dienen können, wird auch in der Humanmedizin diskutiert
(McClave & Snider, 2002). Dabei ist jedoch zu bedenken, dass das Volumen jeder einzelnen enteralen
Mahlzeit wahrscheinlich nicht ausschließlich für das Residualvolumen im Magen verantwortlich ist, sondern dass hier vielmehr auch die individuelle Magenentleerungsgeschwindigkeit eine Rolle spielt. Dennoch lässt sich an Fütterungsvolumen und Restvolumen doch in etwa abschätzen, ob eine Volumenintoleranz vorliegt oder nicht.
Diarrhoe kann bei jeder Art von enteraler Ernährung auftreten, wenn z.B. unverdaute Nährstoffe oder
nicht-elementare Diäten zu rasch in das Jejunum verabreicht werden (aufgrund der osmotischen Wirkung) oder wenn die enterale Nahrung zu kalt gegeben wird.
> Refeeding-Syndrom
Das Refeeding-Syndrom kann auch bei der enteralen Ernährung auftreten, wie Untersuchungen an Katzen und Humanpatienten gezeigt haben (Solomon & Kirby, 1990; Justin & Hohenhaus, 1995).
Um ein Refeeding-Syndrom
zu vermeiden, sollte Folgendes
beachtet werden:
(1) Langsames Anfüttern von
Tieren nach lang andauernder
Nahrungskarenz (mehr als 5 Tage);
(2) Adäquate Substitution von Kalium,
Phosphor und eventuell
Magnesium;
(3) Genaue Überwachung
der Elektrolytwerte während
der ersten 24 Stunden
der Anfütterung.
Im Hungerzustand ist der Organismus bestrebt, die extrazellulären Konzentrationen vieler Elektrolyte
aufrechtzuerhalten, was auf Kosten der intrazellulären Konzentrationen geht. Diese Verschiebung kann
in dem Moment, wo Glukose zugeführt wird und damit auch Insulin wieder verfügbar ist, zu einer zelleinwärts gerichteten korrigierenden Flutwelle an Nährstoffen führen, wodurch es zu einem akuten Abfall
der Serumkonzentrationen lebenswichtiger Elektrolyte kommt. Diese schwere Störung des Elektrolyt-,
Vitamin- und Flüssigkeitshaushaltes stellt eine lebensbedrohende Situation dar. So wird z.B. die Serumkaliumkonzentration aufrechterhalten, während die intrazellulären Kaliumspeicher erschöpft sind. Steigt
der Blutzuckerspiegel infolge der Anfütterung (Refeeding), setzt der Körper Insulin frei, das Glukose und
Kalium in die Zellen pumpt. Das Ergebnis ist eine akute schwere Hypokaliämie (Abbildung 10). Auch
von Hypomagnesiämie und Hypophosphatämie ist berichtet worden (Justin & Hohenhaus, 1995; Macintire, 1997). Letztere kann eine Hämolyse bewirken und zu weiteren Komplikationen im Sinne von kardiologischen und neurologischen Funktionsstörungen führen (Justin & Hohenhaus, 1995).
6 - Parenterale Ernährung
Die parenterale Ernährung ist kostenintensiv und wird mit einem erhöhten Infektionsrisiko in Zusammenhang gebracht. Sie sollte jenen Fällen vorbehalten bleiben, in denen aus medizinischen oder chirurgischen Gründen eine Indikation für die absolute Ruhigstellung des Darms besteht.
Intensivmedizin
Praktische Aspekte
> Vorbereitungen
Alle wichtigen Nährstoffe werden sorgfältig in einem sterilen Beutel gemischt, wobei folgende Reihenfolge eingehalten werden sollte: Zuerst Glukose, dann Aminosäuren, dann Lipide. Das Hinzufügen der
Fette zum Schluss verhindert eine Destabilisierung der Emulsion. Der Beutel wird gekühlt aufbewahrt
und muss binnen maximal 48 Stunden verbraucht werden (intravenöse Infusion).
466
6 - Parenterale Ernährung
ABBILDUNG 10 - PHYSIOLOGISCHE MECHANISMEN, DIE BEIM REFEEDING-SYNDROM
ZU HYPOPHOSPHATÄMIE FÜHREN KÖNNEN
Anfütterung
nach Hungerzustand
Glukose
Anflutung der verfügbaren Glukose
Insulin
Energie
Steigerung der Insulinsekretion
ADP
Zelle
Phosphor
ATP
Aktivierung der Glykolyse und des Energiestoffwechsels
Massiver Einstrom des Phosphors in die Zellen hinein
Risiko einer
Hypophosphatämie
> Platzieren des zentralen Venenkatheters
Der Hund wird anästhesiert oder, falls er schon sehr schwach ist, nur sediert. Die Injektionsstelle wird
chirurgisch vorbereitet (Abbildung 11).
Aufgrund ihres hohen Glukose- und Aminosäurengehalts sind Lösungen für die parenterale Ernährung
meist stark hyperton. Ihre Verabreichung muss daher über einen zentralen Venenkatheter erfolgen, der
entweder in die kraniale Vena cava (Zugang über die V. jugularis) (Abbildung 12) oder die kaudale Vena
cava (Zugang über die V. saphena) gelegt wird. Der kräftige Blutfluss in diesen Gefäßen ermöglicht eine
rasche Verteilung des Substrats.
Nur selten ist das Flüssigkeitsvolumen
ein besonderes Problem, es sei denn, es
Abbildung 11 - Platzierung eines
zentralen Jugularkatheters.
Abbildung 12 - Die hohe Durchflussrate in
der kranialen V. cava ermöglicht die rasche
Verdünnung der parenteral zugeführten Lösung.
467
Intensivmedizin
> Flüssigkeitsvolumen
© UCD VMTH ICU Service
Die Geschwindigkeitsrate für die
Zufuhr parenteraler Lösungen wird
von drei limitierenden Faktoren beschränkt: Flüssigkeitsvolumen, Osmolarität und etwaige Stoffwechselstörungen. Heutzutage ist eine entsprechende Software verfügbar, die die
Infusionsrate exakt an den individuellen Patienten anpasst (Abbildung
13).
© UCD VMTH ICU Service
> Applikationsgeschwindigkeit
6 - Parenterale Ernährung
handelt sich um Patienten, bei denen bereits eine Flüssigkeitsüberladung oder Oligurie/Anurie besteht,
wie dies bei Tieren mit kongestiver Herzinsuffizienz, akuten Nierenerkrankungen oder einer terminalen
Nierenkrankheit der Fall sein kann. Bei diesen Patienten sollte die Energiedichte der Lösung durch Vergrößerung des Lipidanteils erhöht werden.
> Elektrolytzusammensetzung
Die Elektrolytzusammensetzung der parenteralen Lösung kann zusammen mit dem Gehalt an freiem Wasser auch so angepasst werden, dass die Lösung auch für die Erhaltung der Hydratation bei geringerem
Gesamtflüssigkeitsvolumen eingesetzt werden kann. Die Verwendung von Lösungen mit hoher Osmolarität kann das Risiko einer Thrombophlebitis erhöhen (Roongpisuthipong et al., 1994). Eine Lösung mit
einer Osmolarität von 650 mosmol/l, über einen peripheren Katheter verabreicht, wird bei Erhaltung-
ABBILDUNG 13 - ANPASSUNG DER INFUSIONSRATE
(GILT NUR FÜR KRISTALLOIDE LÖSUNGEN)
Maus-Klick
Schritt 1: Körpergewicht des Patienten
Ergebnis-Klick
35,9 kg
Schritt 2: Infusionsvolumen
500 ml
10 ml/kg/h
30 Tropfen/15 Sekunden
359,0 ml/h
© La Semaine Vétérinaire and JY. Deschamps
Schritt 3: Gewünschte Infusionsrate
(empfohlen: 100 ml/kg/h)
Schritt 4: Geschätzte Infusionszeit
1 h 23 min
Zur Regulierung der Infusionsrate (Anzahl der Tropfen pro 15 Sekunden) kann eine spezielle
Software eingesetzt werden; diese dient auch zur Kontrolle der Infusionszeit in Übereinstimmung
mit dem Körpergewicht des Hundes, dem gesamten Infusionsvolumen und der gewünschten
Infusionsrate pro Stunde (ml/kg/h).
Intensivmedizin
sflussraten z.B. gut toleriert (Chan et al., 2002; Chandler et al., 2000a). Humanmedizinische Studien
haben allerdings gezeigt, dass doppelt so hohe Applikationsraten bei gleicher parenteraler Lösung nicht
mehr gut vertragen werden (Kuwahara et al., 1998). Andererseits kann theoretisch eine Lösung mit einer
Osmolarität von 1300 mosmol/l bei einer nur halb so raschen Erhaltungsflussrate auch gut toleriert werden.
> Metabolische Komplikationen
Zu den häufigsten Stoffwechselstörungen, die im Zusammenhang mit der parenteralen Ernährung auftreten können, zählen:
468
6 - Parenterale Ernährung
- Hyperglykämie,
- Hyperlipidämie,
- Refeeding-Syndrom.
Eine Hyperglykämie kann durch rasche Verabreichung dextrosehaltiger Lösungen entstehen, wenn
dabei die Kapazität des Pankreas überfordert wird und es nicht mehr in der Lage ist, auf die Hyperglykämie entsprechend zu reagieren und adäquate Insulinmengen zu sezernieren. Um dies zu vermeiden, kann
die Infusionsrate gesenkt werden und/oder Insulin exogen zugeführt werden (Tabelle 2).
In ähnlicher Weise kommt es zur Hyperlipidämie, wenn die Möglichkeiten des Organismus, das zugeführte Fett zu verstoffwechseln, überstiegen werden.
TABELLE 2 - PROTOKOLL ZUR REGULIERUNG DER BLUTZUCKERKONZENTRATION
Protokoll Blutzuckerkonzentration
Beginn der Infusion mit 1/4 bis 1/3 der Zielinfusionsrate und danach Steigerung um ein Drittel bis ein Viertel
gemäß nachstehendem Protokoll. Zum Ausschleichen gelten die Empfehlungen in umgekehrter Reihenfolge.
Die Applikationsrate ist alle 4 Stunden zu kontrollieren, bis die endgültige Infusionsrate erreicht ist.
Blutglukose
(mg/dl)
Vorgehensweise
< 70 mg/dl
oder 4 mmol/l
Mögliche Probleme mit Messung, Verabreichung, Rezeptur und/oder Patient.
Sicherstellen, dass die richtige Lösung verabreicht wird und dass beim Patienten
keine anderen Grundkrankheiten bestehen, die mit einer Hypoglykämie einhergehen.
Gegebenenfalls Infusionsrate und/oder Dextrosegehalt der Lösung erhöhen.
< 250 mg/dl
oder 14 mmol/l
Infusionsrate schrittweise auf 100 % der Zielapplikationsrate erhöhen. Ist diese
bereits erreicht, Applikationsrate beibehalten.
250-300 mg/dl
oder 14-17 mmol/l
> 300 mg/dl
oder 17 mmol/l
Infusionsrate wie geplant schrittweise auf 100 % der Zielapplikationsrate erhöhen.
Ist diese bereits erreicht, Applikationsrate beibehalten. Bleibt der Glukosespiegel während
der nächsten drei bis vier Messungen (im Abstand von je 4 Stunden) gleich bzw. liegt
der Glukosegehalt im Harn über 1+ im Dipstick-Test, wird die Infusionsrate verringert.
Reduzieren der Infusionsrate. Kann die Zielrate nicht erreicht werden, ohne dass
der Glukosespiegel auf über >300 mg/dl steigt, bestehen folgende Optionen:
1.Die höchstmögliche Infusionsrate, die der Patient verträgt, beibehalten.
2.Regelmäßiger Insulinzusatz zur Nährlösung (1 Einheit/10 g Dextrose).
3. Reduzierung des Dextrosegehalts der Lösung.
Intensivmedizin
Das Refeeding-Syndrom bezieht sich hauptsächlich auf Imbalanzen im Elektrolythaushalt bei hyperglykämischen Zuständen nach Wiederaufnahme einer adäquaten Nährstoffzufuhr bei schwer mangelernährten Patienten. Um diese Komplikationen so gering wie möglich zu halten, ist ein engmaschiges
metabolisches Monitoring und eine genaue Protokollierung der zugeführten Nahrungsmengen erforderlich. Sollte es dennoch zum Refeeding-Syndrom kommen, so empfehlen die Autoren eine schrittweise
Reduzierung (eventuell auch Aussetzen) der parenteralen Ernährung und die gleichzeitige Korrektur der
vorliegenden Elektrolytimbalanzen. Erst wenn der Elektrolythaushalt wieder ausgeglichen ist, kann mit
der parenteralen Ernährung in bedarfsdeckenden Mengen fortgefahren werden.
469
6 - Parenterale Ernährung
Deckung des Nährstoffbedarfs
(Tabelle 3)
TABELLE 3 - ARBEITSBLATT ZUR PARENTERALEN ERNÄHRUNG VON HUNDEN
1 - ENTSCHEIDUNG FÜR PERIPHEREN ODER
ZENTRALEN VENENKATHETER
Bei Verabreichung über einen peripheren Venenkatheter wird eine 5 %ige Dextroselösung verwendet;
bei Applikation über einen zentralen Venenkatheter (z.B. Jugularvene) eine 50 %ige Dextroselösung.
2 - WÄHLEN SIE DIE AUFTEILUNG DER ENERGIEZUFUHR NACH ENERGIELIEFERANTEN
IN PROZENT DER UMSETZBAREN ENERGIE (%ME)*
Protein (%ME)
Fett (%ME)
Kohlenhydrate (%ME)
Niedrig
8-10
20
0-18
Normal
16-18
30-58
20-50
Hoch
20-22
60-80
Kontraindiziert
* Nur ein einziger Makronährstoff kann jeweils niedrig oder hoch sein. D.h. zwei der drei Makronährstoffe müssen im Normalbereich
liegen und der dritte entweder niedrig oder hoch. Eine Ausnahme bildet nur der Fall, wenn eine fettreiche Lösung erzielt werden soll.
Gewählte % ME aus Protein
…%
Gewählte % ME aus Fett
…%
Gewählte % ME aus Kohlenhydraten
…%
GESAMT (MUSS 100 % SEIN)
…%
3 - BERECHNUNG DES TÄGLICHEN ENERGIEBEDARFS DES HOSPITALISIERTEN PATIENTEN
Bei peripherer Administration (keine fettreiche Lösung)
Bei peripherer Applikation (fettreiche Lösung)
und bei zentraler Applikation
1/2 Ruhebedarf = 35 x (Körpergewicht in Kilogramm)0,75 = … kcal/Tag
Ruhebedarf = 70 x (Körpergewicht in Kilogramm)0,75 = … kcal/Tag
Intensivmedizin
4 - BERECHNUNG DER TÄGLICHEN ZUFUHR PRO MAKRONÄHRSTOFF
… % ME Protein
x … kcal/Tag = … ÷ … kcal/ml für Aminosäurenlösung
= … ml
… % ME Fett
x … kcal/Tag = … ÷ … kcal/ml für Lipidemulsion
= … ml
… % ME Kohlenhydrate
x … kcal/Tag = … ÷ … kcal/ml für Dextroselösung
= … ml
GESAMT ml
470
= … ml
6 - Parenterale Ernährung
5 - ÜBERPRÜFEN DER OSMOLARITÄT
… ml Aminosäurenlösung
x … mosmol/ml Aminosäurenlösung
= … mosmol
… ml Fettemulsion
x … mosmol/ml Fettemulsion
= … mosmol
… ml Dextroselösung
x … mosmol/ml Dextroselösung
= … mosmol
GESAMT mosmol = … mosmol
(… Gesamt mosmol ÷ … Gesamt ml) x 1000 = … mosmol/l)
Wenn mosmol/l > 750 mosmol/l & periphere parenterale Ernährung, Erhöhung von %ME Fett
Wenn mosmol/l > 1400 mosmol/l & zentrale parenterale Ernährung, Erhöhung von %ME Fett
7 - BERECHNUNG DER HÖHE
DES KALIUMUND PHOSPHORZUSATZES
ZUR LÖSUNG
6 - BERECHNUNG DER ENERGIEDICHTE DER LÖSUNG
… ml Aminosäurenlösung
x … kcal/ml Aminosäurenlösung
= … kcal
… ml Fettemulsion
x … kcal/ml Fettemulsion
= … kcal
… ml Dextroselösung
x … kcal/ml Dextroselösung
= … kcal
Gewünschte Kaliumkonzentration … mEq/l
x (… Gesamt ml ÷ 1000)
= … mEq K-Zusatz
Gewünschte Phosphorkonzentration …
mEq/l x (… Gesamt ml ÷ 1000)
= … mEq P-Zusatz
GESAMT kcal = … kcal
(… Gesamt kcal ÷ … Gesamt ml) x 1000 = … kcal/l)
Wenn kcal/ml < 0,4 kcal/ml & periphere parenterale Ernährung (keine fettreiche Lösung), Erhöhung der %ME
Fett und/oder Berechnung überprüfen.
Wenn kcal/ml < 0,7 kcal/ml & periphere parenterale Ernährung (fettreiche Lösung), Erhöhung der % ME Fett
und/oder der % ME Protein und/oder Berechnung überprüfen.
Wenn kcal/ml < 0,9 kcal/ml & zentrale parenterale Ernährung, Erhöhung der %ME Fett und/oder Berechnung
überprüfen.
Vorsicht mit Phosphorsupplementierung
bei Patienten mit Niereninsuffizienz.
Die Kaliumsupplementierung erfolgt auf
der Basis des K-Status des Patienten.
8 - BERECHNUNG DER HÖHE DES ZUSATZES VON VITAMINEN DES B-KOMPLEXES
a. Der Vitamin-B-Gehalt handelsüblicher
Produkte variiert stark. Die Vitamin-B-Zufuhr
sollte folgenden Bedarf decken:
0,29 mg/1000 kcal Lösung
Riboflavin
0,63 mg/1000 kcal Lösung
8,5% Aminosäurenlösung ohne Elektrolyte
mosmol/ml
kcal/ml
g Protein/ml
0,78-0,88
0,34
0,085
Pantothensäure
2,9 mg/1000 kcal Lösung
20% Lipidemulsionslösung
0,27
2,0
Niacin
3,3 mg/1000 kcal Lösung
5% Dextroselösung
0,25
0,17
0,29 mg/1000 kcal Lösung
50% Dextroselösung
2,52
1,7
Pyridoxin
Vitamin B12
0,006 mg/1000 kcal Lösung
Der Supplementierung mit fettlöslichen Vitaminen oder
Spurenelementen scheint keine besondere Bedeutung
zuzukommen. Sofern nicht bereits ein augenscheinlicher
Mangel vorliegt, ist die Entwicklung von klinisch signifikanten
Mangelerscheinungen während zwei bis drei Wochen
der Hospitalisierung höchst unwahrscheinlich.
c. Standardempfehlungen auf
der Basis g Protein/100 kcal
Niedrig
< 4,0 g/100 kcal
Normal
4,0-8,0 g/100 kcal
Hoch
> 8,0 g/100 kcal
ANMERKUNG: Es besteht Uneinigkeit über die für die Proteinsynthese zur Verfügung stehende Menge
an Aminosäuren, wenn der entsprechende Ruheenergiebedarf (RER) des Patienten nicht gedeckt
wird. Manche Kliniker decken den RER des Patienten ausschließlich über Fett und Kohlenhydrate
und berechnen den Proteinbedarf separat. Die Autoren haben den Energiebeitrag des Proteins
in die Berechnung des Energiegehalts der parenteralen Lösung miteinbezogen, um eine konsistente
Darstellung mit den allgemein gültigen Berechnungsmethoden bei oralen und enteralen Diäten zu erzielen. Zur Berechnung der Gramm Protein pro 100 kcal kann folgende Kalkulation verwendet werden:
…ml Aminosäurenlösung
x … g Protein pro ml Aminosäurenlösung
= … g Protein
Intensivmedizin
Thiamin
b. Empfohlene Konzentrationen
und Charakteristika der Makronährstoffe
(… g Protein ÷ … Gesamt kcal)
x
100
= … g Protein/100 kcal
471
7 - Mögliche Komplikationen bei enteraler oder parenteraler Ernährung
> Dextrose
Fallstudie: Ein 20-kg-Hund hat
einen Ruheenergiebedarf (RER)
von 70 x (20)0,75 = 660 kcal.
Ein Liter einer 5 %igen Dextroselösung
liefert 200 kcal. Zur Bedarfsdeckung
dieses Hundes sind daher 3,3l nötig,
was das für einen adäquaten
Hydratationsstatus erforderliche
Flüssigkeitsvolumen übersteigt
> Aminosäuren
Eine Studie an drei gesunden Hunden hat gezeigt, dass die Infusion einer 5 %igen Aminosäurenlösung
durchschnittlich zu einer positiven Stickstoffbilanz führte (Chandler et al., 2000b). Dennoch muss sich
der Erfolg dieses neuen therapeutischen Ansatzes erst bei einer größeren Population von Hunden in katabolem Zustand bewähren, bevor diese Art der nutritiven Unterstützung in breiterem Rahmen Anwendung finden kann.
> Fette
FOLGENDE PARAMETER SIND
WÄHREND DES MONITORING
DER PARENTERALEN
ERNÄHRUNG TÄGLICH
ZU BEURTEILEN:
- Körpergewicht
- Temperatur
- Puls
- Atem - und Herzfrequenz
- Thoraxauskultation
- Lage und Durchgängigkeit der
Sonde
- Glukosekonzentration in Blut
und/oder Harn, alle 4 Stunden
während der ersten Phase
- Hämatokrit, Untersuchung
des Serums auf Hinweise
für Lipämie oder Gelbsucht
- Kalium und Phosphat während
12-24 Stunden nach der ersten
Verabreichung
- Blutharnstoffstickstoff- und
Albuminkonzentration während
er ersten 24 Stunden, danach
alle 2-3 Tage
Intensivmedizin
Es ist eine übliche klinische Praxis, die zur Flüssigkeitstherapie verwendeten kristalloiden Lösungen mit
Dextrose zu versetzen, um die Infusion etwas nahrhafter zu gestalten. Wird diese Flüssigkeit mit Erhaltungsflussraten verabreicht, erhalten die Patienten nur rund ein Drittel ihres Ruhebedarfs, weil Langzeitinfusionen wegen der Gefahr der Thrombophlebitis nur mit max. 5 % Dextrose gegeben werden. Über
den proteinsparenden Effekt einer 5 %igen Dextroselösung wird noch diskutiert, doch die wenigen
Untersuchungsergebnisse zeigen, dass dies nicht ausreicht, um eine negative Stickstoffbilanz zu verhindern (Chandler et al,. 2000b).
Eine Bestimmung der Konzentration
an ionisiertem Magnesium während
der ersten 24 Stunden ist ebenfalls
empfehlenswert (wann immer
möglich). Ein komplettes Blutbild
und eine biochemische Untersuchung
sollten alle 2-3 Tage durchgeführt
werden. Je nach Lage des Falls
empfehlen sich auch ein
Thoraxröntgen und eine Analyse
der Serumtriglyzeride.
472
Die ideale Lösung für die parenterale Ernährung wäre eine energiedichte Lösung mit niedriger Osmolarität. Unter diesem Aspekt würden sich die Fettemulsionen anbieten. Eine 20 %ige Fettemulsion liefert
z.B. 2 kcal/ml bei einer Osmolarität von 268 mosmol/l. Obwohl das Verhältnis zwischen Energiegehalt
und Osmolarität ideal ist, bestehen Bedenken hinsichtlich einer exzessiven Fettzufuhr. So wurden in der
Humanmedizin z.B. bei frühgeborenen Kindern mit Leberfunktionsstörungen nach der Verabreichung
von Lipidemulsionen intravasale Ansammlungen von Fett beobachtet (Levene et al., 1980; Puntis &
Rushton, 1991; Toce & Keenan, 1995).
In den wenigen Fällen, wo dieser Therapieansatz untersucht wurde, tolerierten die Patienten Lösungen,
bei denen bis zu 80 % des Ruheenergiebedarfs aus Fett stammten. Obwohl auch parenterale Lösungen
mit Fett als alleinigem Energielieferanten zur Deckung des Ruhebedarfs vertragen werden, muss dies
Gegenstand weiterer Untersuchungen sein und kann derzeit nicht empfohlen werden.
7 - Mögliche Komplikationen bei enteraler
oder parenteraler Ernährung
Thrombophlebitis
Hyperosmolare Lösungen erhöhen das Risiko für eine Thrombophlebitis. Für die peripheren Gefäße wird
eine maximale Osmolarität der eingesetzten Lösungen von 600 bis 750 mosmol/l empfohlen (Chan et al.,
2002; Chandler et al., 2000a). Allerdings ist die Flussrate, mit der die osmotisch wirksamen Teilchen
infundiert werden, genau so entscheidend wie die Osmolarität als solche. Aus diesem Grund darf eine
Lösung mit 650 mosmol/l niemals mit der doppelten Infusionsrate gegeben werden, nur um mehr Energie pro Zeiteinheit zuzuführen. Somit bedarf es der Verwendung von parenteralen Lösungen, die eine
hohe Fettkonzentration und ein hohes Verhältnis von Energie zu mosmol/l aufweisen; alternativ kann
man sich auch dafür entscheiden, nur einen Teil des Energiebedarfs mit diesen Lösungen zu decken. Ein
Autor berichtet im Zusammenhang mit der peripheren parenteralen Ernährung auch vom erfolgreichen
Einsatz und guter Toleranz von Polyurethankathetern in noch nicht für Infusionen herangezogenen
Gefäßen (Chan et al., 2002).
Septikämie
Parenterale Nährlösungen sind ein idealer Nährboden für Bakterien. Zur Minimierung des Infektionsrisikos müssen die Lösungen unter vollständig aseptischen Verhältnissen zubereitet und verabreicht werden. Sobald der Ernährungskatheter bzw. die Sonde gelegt ist, muss der Bereich gegen jedes Infektionsrisiko geschützt werden. Der für die parenterale Ernährung gesetzte Katheter darf ausschließlich zu diesem Zweck verwendet werden; Medikamente dürfen nicht darüber verabreicht werden und auch Blutproben dürfen nicht daraus entnommen werden.
Die Wirkung des Insulin-Glukose-Clamping scheint aber mehr auf der Aufrechterhaltung der Euglykämie zu beruhen und nicht auf dem positiven Effekt des Insulins, da generell beim Menschen eine erhöhte Insulinzufuhr positiv mit Todesfolge korreliert ist (Finney et al., 2003). Schon lange weiß man, dass
eine Hyperglykämie die Immunabwehr schwächt; dies ist auf die schädliche Wirkung auf die Phagozytose durch polymorphkernige Granulozyten und die gestörten zytotoxischen Abwehrmechanismen sowie
eine beeinträchtige Chemotaxis zurückzuführen, wie dies bei Diabetikern der Fall ist (Watters, 2001).
Dies erklärt möglicherweise auch die geringere Inzidenz von Sepsis bei Patienten, die nur eine 50 %ige
Bedarfsdeckung (Ruhebedarf) durch die periphere parenterale Ernährung (PPN) erhielten (Chan, 2002);
dies ist vor allem im Vergleich mit der Sepsishäufigkeit in zwei retrospektiven Studien mit totaler parenteraler Ernährung (TPN) auffällig (Reuter et al., 1998 und Lippert et al., 1993). Obwohl die Auswahl der
Kandidaten für die Wahrscheinlichkeit einer Septikämie sicherlich von entscheidender Bedeutung ist,
ist es möglich, dass auch die bei der peripheren parenteralen Ernährung beobachtete niedrigere Inzidenz
der Hyperglykämie eine Rolle spielt.
© UCD VMTH ICU Service
In der humanmedizinischen Fachliteratur finden sich immer mehr Hinweise darauf, dass durch Vermeiden einer Hyperglykämie mittels exogener Gabe von Insulin („Insulin-Glukose-Clamping“) die Mortalitätsraten bei Intensivpatienten gesenkt werden können. Dies basiert vorwiegend auf einer Reduzierung
des sekundären Multiorgansversagens nach einer Sepsis (van den Berghe, 2002).
Sobald der Katheter und die intravenöse
Sonde gelegt sind, ist auf größtmöglichen
Schutz gegen jede Art von
Kontamination zu achten.
Atrophie der Darmzotten
und Translokation von Darmbakterien
7 - Mögliche Komplikationen bei enteraler oder parenteraler Ernährung
Hyperglykämie
Die Enterozyten sind für ihre Energieversorgung in hohem Maße auf die aus dem Darmlumen stammenden Nährstoffe angewiesen (Ziegler & Young, 1997). Insofern verringert sich bei der parenteralen Ernährung die für die Enterozyten verfügbare Energie drastisch. Dies führt zur Villus-Atrophie mit Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Enterozyten und daraus resultierender erhöhter Permeabilität der
Darmwand.
Dieser Integritätsverlust erhöht das Risiko einer Translokation von intraluminalen Bakterien in den Blutkreislauf (Steinberg, 2003). Die Frage, ob und wann genau es zu diesen Veränderungen kommt, wird noch
kontrovers diskutiert. In der Humanmedizin ergibt sich dieses Phänomen normalerweise nach langfristiger parenteraler Ernährung; es scheint jedenfalls nicht so signifikant zu sein, wie es sich am Nagermodell
dargestellt hat (Alpers, 2002).
Uneinigkeit besteht auch darüber, welche Methode am besten zur Vermeidung der Villus-Atrophie und
der bakteriellen Translokation geeignet ist. Während manche Studien der Human- und Tiermedizin von
einer erfolgreichen Vermeidung dieser Komplikationen durch Infusion von Glutamin als Energiesubstrat
für die Enterozyten berichten, konnte dieser positive Effekt in anderen Untersuchungen nicht beobachtet werden (Buchman, 1999; Marks et al., 1999). Daneben bestehen auch mögliche Kontraindikationen
wie z.B. Lebererkrankungen (insbesondere die hepatische Enzephalopathie) oder möglicherweise auch
Nierenerkrankungen.
Paralytischer Ileus
Intensivmedizin
Der paralytische Ileus ist eine häufige Folge der Anorexie und wird besonders bei Patienten nach parenteraler künstlicher Ernährung beobachtet. Die Wiederaufnahme der enteralen Ernährung verringert das
Risiko, da alle hormonellen und neurologischen Signale sofort wiederhergestellt sind, sobald Nährstoffe
im Darmlumen anwesend sind. Zum paralytischen Ileus kommt es allerdings nicht immer, und bei vielen Patienten bleiben die normalen peristaltischen Reflexe erhalten, wobei häufig sogar hohe Drücke
während Hungerzuständen erzeugt werden (Heddle et al., 1993). Dieser Punkt ist vor allem für jene
Patienten von Bedeutung, die einer Darmoperation unterzogen wurden.
Die Überzeugung, dass nach einer Darmoperation die Ruhigstellung des Darms ein Durchsickern von
Darminhalt an den Enterotomiestellen verhindern kann, lässt sich heute nicht mehr aufrechterhalten.
Manche Untersuchungen sprechen sogar dafür, dass eine frühzeitige enterale Ernährung nach großen
Bauchoperationen der parenteralen Ernährung möglicherweise vorzuziehen ist (Braga et al., 1998 &
2002).
473
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
- Die künstliche Ernährung ist beim caninen Patienten immer dann indiziert, wenn eine lange vorberichtliche Anorexie bekannt ist, wenn das Tier unabhängig vom Hydratationsstatus an Gewicht verliert und in schlechtem Ernährungszustand ist und wenn eine Hypalbuminämie besteht, die nicht auf
korrigierbaren Verlusten beruht.
- Die klinische Ernährung kann die Immunabwehr stärken, die Wundheilung beschleunigen sowie das
Ansprechen auf die Therapie und die Rekonvaleszenz- und Überlebenszeiten verbessern.
- Die Wahl der geeigneten Diät bzw. Nährlösung sowie des Applikationsweges orientiert sich an der
Toleranz des Patienten und der Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen.
- Die Verabreichung einzelner Makronährstoffe kann nicht ausreichen, um den Energie- und Nährstoffbedarf des Patienten zu decken, und kann einen nur begrenzten proteinsparenden Effekt haben.
- Die Applikationsrate sollte so gewählt werden, dass der Patient mit ausreichend Energie versorgt wird,
um seinen Ruhebedarf zu decken, dass aber gleichzeitig das Risiko einer Volumenintoleranz oder von
Stoffwechselkomplikationen wie Hyperglykämie, Hyperlipidämie oder Refeeding-Syndrom minimiert
wird.
Intensivmedizin
- Eine sorgfältige Überwachung der Patienten während der künstlichen Ernährung ist unverzichtbar, um
schädlichen Komplikationen vorzubeugen und den Therapieerfolg sicherzustellen.
474
Literatur
Literatur
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Intensivmedizin
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© Lanceau
Diätetische Informationen von Royal Canin
Die nutritive Versorgung ist ein wichtiger Bestandteil der
Behandlung hospitalisierter Tiere. Jede Mangelernährung
behindert die Genesung nach schwerer Krankheit.
Zusammenfassung
der wichtigsten Fakten:
Die Ernährung
von Intensivpatienten
Intensivmedizin
• Im Idealfall sollten Hunde während
ihres stationären Aufenthalts ihr
Gewicht beibehalten (oder gegebenenfalls sogar erhöhen). Tägliches
Wiegen sollte zur Routine zählen.
Hat der Patient seit drei oder mehr
Tagen nicht gefressen oder ist eine
längere Nahrungskarenz vorherzusehen,
muss
die
künstliche
Ernährung erwogen werden.
• Die enterale Ernährung stellt die
bei weitem beste Methode dar. Sie
beschleunigt den Rekonvaleszenzprozess und verhindert, dass die
Darmzotten atrophieren. Ist eine
enterale Ernährung nicht möglich,
sollte der Zeitraum, in dem der
Darmtrakt umgangen wird, so kurz
wie möglich gehalten werden.
476
• Der Energiebedarf eines hospitalisierten Hundes entspricht in etwa
dem Ruheenergiebedarf. Dieser wird
auf der Basis von 70 kcal/kg KM0,75
berechnet. Dabei ist jedoch zu
bedenken, dass der Energiebedarf
im Einzelfall um bis zu 30 % höher
sein kann.
• Die Energiedichte der Diät sollte so
hoch wie möglich sein, um das
Volumen der einzelnen Mahlzeiten
gering zu halten. Je höher der
Fettgehalt, desto größer die
Energiedichte. Ziel sollte sein, dass
30-50 % des Energiegehalts vom Fett
bereitgestellt werden. Die ideale
Diät
kombiniert
eine
hohe
Energiedichte mit einer leichten
Mischbarkeit mit Wasser.
• Der Proteingehalt sollte ausreichend hoch sein, um eine positive
Stickstoffbilanz aufrechtzuerhalten.
Ein Proteinanteil von 30-50% des
Energiegehalts verhindert den
Verlust von fettfreier Körpermasse.
• Bedenken Sie, dass eine stark glukosehaltige Lösung die Entwicklung
einer
Hyperinsulinämie
oder
Hyperglykämie fördern kann. Nicht
mehr als 10-25 % der Energie sollten
von der Glukose stammen.
• Der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt muss bei kritisch kranken
Hunden sehr engmaschig überwacht
werden. Besonderes Augenmerk ist
dabei auf die Blutwerte von Kalium,
Phosphor und Magnesium zu legen.
Eventuelle Elektrolytdefizite sind im
Rahmen der Flüssigkeitssubstitution
auszugleichen.
Diätetische
Informations
Informationen
nutritionnelles
von Royal Canin
VOR- UND NACHTEILE DER VERSCHIEDENEN METHODEN DER ENTERALEN ODER PARENTERALEN ERNÄHRUNG
VORTEILE
NACHTEILE
INDIKATION
Handfütterung
- Einfach
- Stressfrei für den Hund
- Zeitaufwändig
- Nur in manchen Fällen möglich
Zur kurzfristigen Fütterung
Appetitfördernde
Mittel
Wenige verfügbar
Mögliche Hepatotoxizität
Kurzzeitfütterung (2-3 Tage)
Nasenschlundsonde
- Leicht zu legen
- Nicht-invasiv
- Minimale Sedierung erforderlich
- Komplikationen selten
- Tubus wird nicht immer toleriert
- Halskrause ist Pflicht
- Flüssigdiät
Ernährung bis zu 2 Wochen
Ösophagealsonde
- Leicht und rasch zu legen
- Keine Halskrause erforderlich
- Keine Irritation der
Nasenlöcher
- Behindert nicht bei der
freiwilligen Futteraufnahme
- Spezielle Ausstattung erforderlich
- Nur unter Vollnarkose zu legen
Ernährung über mehrere
Wochen möglich
Gastrostomiesonde
- Gute Sondenlage
- Wenige Komplikationen
- Infektionsrisiko an der Eintrittspforte
Ernährung über mehrere
Monate möglich
Jejunostomiesonden
Umgehung des Pankreas
- Vollnarkose erforderlich
- Schwierige Sondenplatzierung
- Intensivpflege erforderlich
- Gereinigte Elementardiäten
notwendig
Bei pathologischen Prozessen
an Magen, Duodenum und
Pankreas
Parenterale Ernährung
Ermöglicht die klinische
Ernährung nach Operationen
am Darm und bei schweren
Erkrankungen des
Verdauungstraktes
- Kostenintensiv
- Ständige Überwachung nötig
- Hauptrisiken: Stoffwechselstörungen,
Thrombophlebitis, Septikämie,
Atrophie der Darmzotten,
paralytischer Ileus
Alle Indikationen, die eine
Ruhigstellung des Darms
erfordern
Pflege
Intensivmedizin
intensitfs
ART DER ERNÄHRUNG
477
Diätetische Informationen von Royal Canin
Im Brennpunkt:
GLUTAMIN
Die gesteigerte Glukoneogenese
beschleunigt beim unter Stress
stehenden Tier den Glutaminkatabolismus. Angesichts dieses
erhöhten Bedarfs ist die Glutaminsynthese im Muskel oft unzureichend
und
die
Glutaminkonzentration im Blut sinkt. Obwohl
Glutamin keine essentielle Amino-
säure darstellt, kann ihre Zufuhr in
bestimmten Situationen essentiell
werden.
Glutamin hat im Organismus vielerlei Funktionen: Es trägt zur
Aufrechterhaltung des Säure-BasenHaushalts bei, ist Vorläufer der
Purin- und Pyrimidinbasen, reguliert
einige Synthesevorgänge in der
Leber und ist an den Entgiftungsprozessen des Körpers beteiligt.
Glutamin ist ein besonders wichtiges Substrat für sich rasch teilende
Zellen wie die Zellen des Verdauungstraktes oder des Immunsystems.
CHEMISCHE FORMEL DES GLUTAMINS
H
O
C
N
Intensivmedizin
Glutamin wird von den Zellen der
Darmschleimhaut zur Synthese der
Immunglobulin- A-produzierenden
Zellen benötigt. Eine zu geringe
Zufuhr mit der Nahrung führt beim
erhöhten Bedarf schwer kranker
Tiere zur Beeinträchtigung der
Integrität der Darmschleihaut-
Literatur
Elliott D - Parenteral nutrition. Scientific
Proceedings WSAVA - FECAVA 2004;
HVMS World Congress, Rhodes (Greece).
478
barriere. Dies erhöht das Risiko für
eine Translokation der intraluminalen Bakterien in den Blutkreislauf
und für systemische Infektionen.
Obwohl
Glutamingaben
(250500 mg/kg/Tag) zur Prävention einer
Atrophie der intestinalen Villi emp-
fohlen werden, wird diese Aminosäure
nicht automatisch den parenteralen
Nährsubstraten
zugesetzt
und
Zubereitungen für die intravenöse
Applikation sind schwer erhältlich
(Elliott, 2004).