Die neue BLAU. Diesen Samstag in Ihrer WELT. E I N KU N S T M A G A Z I N MONTAG, 24. APRIL 2017 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 * D 2,50 EURO B Zippert zappt Z Nr. 95 KOMMENTAR K Eine Hoffnung ffür Frankreich rankenhäuser erfreuen sich in der Bevölkerung keiner großen Beliebtheit. Über 98 Prozent der Befragten würden lieber zu Hause bleiben, anstatt ein paar Tage im Krankenhaus zu verbringen. Das liegt am Namen. „Krankenhaus“ klingt nach Krankheit, Keimen und Rauchern mit Infusionsbehältern vor der Tür. Und wer will schon freiwillig in einem Haus mit lauter rauchenden Kranken, gut gelaunten Keimen und überlasteten Ärzten wohnen. Besser wäre, die Betreiber würden positive Aspekte betonen, etwa mit Namen wie „Gesundbrunnen“ oder „Heilungs-Hotspot“. Zur Not ginge auch „KeimabwehrCenter“. Vielleicht sollte man das Ganze auch mal kreativ als „Kurierwerkstatt“ oder gar „Aufschneiderei“ bezeichnen. Die Menschen hätten außerdem viel mehr Spaß, sich ihre Krankenhausbetten über Airbnb oder Booking.com zu buchen, als von einem schlecht gelaunten Proktologen irgendwo in ein Bürgerspital eingewiesen zu werden. Wenn sie dann noch lesen „Nur noch wenige Betten frei“ oder „Schnäppchenpreis“, dann bekommen sie doch gleich viel mehr Lust krankzufeiern. SASCHA LEHNARTZ GETTY IMAGES (3)/ JOSEPH CLARK; AFP/ ERIC FEFERBERG; AFP/ JOEL SAGET; MONTAGE: DIE WELT D Am 7. Mai werden sie gegeneinander antreten: Emmanuel Macron und Marine Le Pen Duell um Europa REUTERS/C. GARCIA RAWLINS THEMEN POLITIK Lilian Tintori ist das Gesicht des Widerstands in Venezuela Seite 7, Kommentar Seite 3 WIRTSCHAFT Der neue Kalte Krieg ist offiziell Seite 9 SPORT Maria Scharapowas Comeback nach der Dopingsperre Seite 18 WISSEN Internetsucht: Warum manche anfälliger sind als andere Emmanuel Macron und Marine Le Pen kämpfen in der Stichwahl um die französische Präsidentschaft. Damit stehen ein Euro-Enthusiast und eine erklärte Feindin der EU in der entscheidenden Runde D ie Stichwahl um Frankreichs Präsidentschaft wird ein Duell um die Zukunft Europas: Emmanuel Macron und Marine Le Pen kämpfen in zwei Wochen in der Stichwahl um den Einzug in den ElyséePalast, wie aus Hochrechnungen hervorging, die die beiden größten französischen Fernsehsender France 2 und TF1 veröffentlichten. VON KLAUS GEIGER Macron, Kandidat der unabhängigen Bewegung „En Marche!“, und Le Pen, die Kandidatin des rechtsextremen Front National, landeten laut allen Hochrechnungen des Sonntagabends auf den ersten beiden Plätzen. Die beiden Kandidaten haben konträre Ansichten zur Zukunft Europas – was die Stichwahl auch für Deutschland zu einem entscheidenden Duell macht. Emmanuel Macron hat einen radikalen Pro-Europa-Wahlkampf geführt. Er will die Krise des Kontinents durch ein deutliches Bekenntnis zu mehr Europa lösen. Macron will dazu auch die EuroZone deutlich enger knüpfen, unter anderem einen gemeinsamen Haushalt einführen. Marine Le Pen wirbt hingegen PANORAMA Seite 23 LOTTO: 1 – 11 – 12 – 19 – 25 – 32 Superzahl: 7 Spiel77: 2 1 5 2 1 6 8 Super6: 4 3 7 6 0 7 ohne Gewähr DAS GROSSE BRAUEN DEUTSCHLAND UND SEINE BIERE HEUTE UM 22.05 UHR Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Geräten – unter edition.welt.de, auf Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle. lande. Ihr Kandidat Benoît Hamon, der mit einem linksradikalen Programm in die Wahl gegangen war, kam laut Hochrechnungen auf rund sechs Prozent. Auch Hamon rief nach der Verkündung der ersten Hochrechnungen zur Wahl von Macron auf. Hamon dürfte viele Stimmen an Jean-Luc Mélenchon verlo- Präsidentschaftswahl in Frankreich Hochrechnung ��.�� Uhr, Ergebnisse in % in die Stichwahl am �.Mai kommen: Emmanuel Macron ��,� Marine Le Pen ��,� scheiden aus: François Fillon ��,� Jean-Luc Mélenchon ��,� Benoît Hamon �,� Nicolas Dupont-Aignan �,� Quelle: France � ren haben, der ebenfalls mit einem extrem linken Programm warb und in den vergangenen Wochen zum Shootingstar dieser Wahl avanciert war. Mélenchon kam laut Hochrechnungen etwa gleichauf mit dem Konservativen Fillon ins Ziel. Marine Le Pen schnitt besser ab als vor fünf Jahren, als sie im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen geholt hatte. Allerdings war ihr Ergebnis auch schlechter, als es über viele Monate in den Umfragen vorhergesagt wurde. Die Umfragen hatten die Rechtsnationalistin teils lange als eindeutige Siegerin der ersten Wahlrunde gesehen. Erst im Endspurt war sie auf den zweiten Platz zurückgefallen, was sich nun bestätigte. Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl aufgerufen. Insgesamt wollten elf Kandidaten den Sozialisten Hollande beerben. Er hatte sich nicht mehr für eine weitere Amtszeit beworben. Der französische Staatschef hat weitreichende Machtbefugnisse und amtiert fünf Jahre. Der Wahlkampf war geprägt von Skandalen und überraschenden Wendungen. Mehr als 50.000 Polizisten und 7000 Soldaten schützten den ersten Wahlgang. Nur drei Tage vorher hatte ein islamistischer Anschlag die Hauptstadt Paris erschüttert. Siehe Kommentar, Seite 4 [email protected] AfD macht ihre Vorsitzende Frauke Petry zur Randfigur A Seite 20 Der wahre König von Mallorca für einen Ausstieg aus der EU – und damit auch aus dem Euro. Ihr Sieg in der zweiten Runde wäre wohl gleichbedeutend mit dem Ende der europäischen Einigung. Bisher zeigten aber die meisten Umfragen, die ein Duell Macron gegen Le Pen in der zweiten Runde unterstellten, dass Macron diese Stichwahl gewinnen wird. Die Bundesregierung hatte sich aus dem französischen Wahlkampf herausgehalten, es gilt aber als offenes Geheimnis, dass sie schon in der ersten Runde Emmanuel Macron favorisierte. Für Frankreich ist das Wahlergebnis jetzt schon ein historisches politisches Erdbeben. Erstmals in der Geschichte des Landes gelangten beide Parteien, die die Geschichte der französischen Republik bestimmt haben, nicht in die Stichwahl. Und erstmals wird der Präsident kein Kandidat einer der beiden Parteien sein. Der konservative Kandidat François Fillon erreichte laut den Hochrechnungen nur den dritten oder vierten Platz. Er räumte am Abend seine Niederlage ein und rief zur Wahl Macrons auf. Fillon war einst als Favorit gestartet, hatte aber durch mehrere Skandale massiv an Rückhalt eingebüßt. Ein historisches Desaster erlebten die Sozialisten, die Partei des amtierenden Präsidenten François Hol- er Ausgang der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl ist auf den ersten Blick beruhigend. Relativ beruhigend. In einem bizarren und nervenaufreibenden Wahlkampf lagen am Ende vier Kandidaten nahezu gleichauf, die sich gegenseitig mit Kritik am „System“ zu überbieten versucht hatten. Nun haben sich mit Emmanuel Macron und Marine Le Pen die beiden Bewerber für die Stichwahl am 7. Mai qualifiziert, welche die Meinungsforscher seit Wochen vorn gesehen hatten. Das W Ergebnis ist also auch ein Achtungserfolg für die durch Brexit-Abstimmung und Trump-Wahl stark in die Kritik geratenen Umfrageinstitute. Vor allem aber wird sich in Berlin V und in Brüssel Erleichterung breit machen, dass zumindest das Vollkatastrophenszenario einer Stichwahl zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon vermieden wurde. Beide haben ihre Stimmen w mit massiver Kritik an der EU und einem angeblich zu dominanten Deutschland gewonnen. Ein Sieg eines dieser beiden Kandidaten wäre ffür Europa eine enorme Herausforderung geworden, die mit großer Wahrscheinlichkeit umgehend zu W einem massiven wirtschaftlichen Einbruch geführt hätte - und mittelffristig auf das Ende der Europäischen Union hinausgelaufen wäre. Diese Gefahr ist noch nicht endgültig gebannt, denn Marine Le Pen hat durchaus noch eine Chance, Präsidentin der Französischen Republik zu werden. Es ist ihr im Vergleich zu 2012 noch einmal gelungen, ihre Wählerbasis zu erweitern. Und in einem Wahlkampf, der viele seltsame Wendungen erlebt hat, kann man nicht auszuschließen, dass Emmanuel Macron auf der Zielgeraden noch einmal in Bedrängnis gerät. Dennoch ist der 39-Jährige ehemalige Wirtschaftsminister unter François Hollande nun in der Favoritenrolle. Alle Umfragen sagen ihm einen Sieg gegen Marine Le Pen voraus. Mit seiner Bewegung „En Marche“ ist ihm Historisches geglückt: Er hat aus dem Stand das verkrustete französische Parteienspektrum aufgebrochen und eine Alternative zu den personell und programmatisch erschöpften Sozialisten und Konservativen aufgezeigt. Darauf hatten die Franzosen gewartet. Macron ist mit einem dezidiert pro-europäischen, wirtschaftsfreundlichen Reformprogramm angetreten. Und er ist der Einzige, der Begeisterung und Aufbruchstimmung verbreitet. Für Frankreich und für Europa ist er die einzige Hoffnung. Rechtsnationaler Flügel geht gestärkt aus Parteitag hervor. Gauland und Weidel bilden das Duo für die Bundestagswahl D ie AfD zieht mit dem Vize-Parteichef Alexander Gauland und Vorstandsmitglied Alice Weidel an der Spitze in den BundestagswahlW kampf. Mit zwei Drittel der Stimmen wählte der Parteitag in Köln das Führungsduo. Gauland rief die AfD zur Geschlossenheit auf: „Von heute an sollten alle weiteren Auseinandersetzungen in dieser Partei aufhören.“ Mit großer Mehrheit verabschiedete der Parteitag ein Wahlprogramm, in dem der Anti-IslamKurs bekräftigt wurde. K Die rund 600 Delegierten hatten Parteichefin Frauke Petry eine schwere Niederlage bereitet, indem sie eine von ihr gewünschte Richtungsentscheidung nicht zur Abstimmung zuließen. Gefeiert wurde dagegen ihr Kontrahent und Co-Vorsitzender Jörg Meuthen, der sich für einen scharfen Oppositionskurs und gegen die Einwanderung von Ausländern starkmachte. Tausende Demonstranten protestier- ten weitgehend friedlich gegen die AfD. Die befürchteten Ausschreitungen blieben aus. Gauland, 76, wandte sich nach seiner Wahl direkt an Petry, mit der er sich zuletzt teils scharfe Auseinandersetzungen geliefert hatte: „Wir brauchen Sie in der Partei.“ Der Bundestagswahlkampf könne nur erfolgreich sein, wenn alle dem Spitzenduo helfen würden. Die 38-jährige Ökonomin Weidel kündigte w an: „Wir ziehen im Mai in die Landtage von Schleswig-Holstein und NRW ein, und dann rocken wir Deutschland.“ In den Bundestag werde eine „echte Oppositionspartei“ einziehen. „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“ Die SPD prophezeit dagegen ein Scheitern der AfD bei der Bundestagswahl. „Ergebnis des Parteitags ist ein Rechtsruck in der AfD“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann der „Welt“. Er sieht „nach dem Parteitag eine echte Chance, dass die AfD es nicht in den Bundestag schafft“. Das sei „ein gutes Signal“, für das es sich zu kämpfen lohne. Petrys Isolation war nicht zu übersehen. Kaum jemand nahm von ihr Notiz, als sie den Saal betrat, ihre Eröffnungsrede wurde mit deutlich weniger Applaus honoriert als Meuthens Rede. Beim emotionalsten Moment, als das Podium und der Saal das neue Spitzenduo feierten, war die Vorsitzende nur eine Randffigur. Sie warnte nach ihrer Niederlage: „Ich glaube, dass die Partei hier einen Fehler macht.“ Aus ihrer Sicht kämpfen in der AfD ein realpolitischer und ein ffundamentaloppositioneller Flügel um Vorherrschaft. Vor Journalisten betonte sie, sie wolle der AfD vorerst nicht den Rücken kehren. Auf die Frage, ob es noch ihre Partei sei, sagte sie: „Ich werde mir bis zum Herbst ansehen, wie sich das weiterentwickelt.“ Als wäre das Scheitern ihres Zukunftsantrags nicht A genug, trat ihr Co-Vorsitzender Meuthen noch ein- DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. 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Er warf den Mitgliedern der Bundesregierung, aber auch den Grünen vor, wegen einer ungezügelten Zuwanderung „komplett verantwortungslose Deutschland-Abschaffer“ zu sein. „Und nein, um daran keinen Zweiffel zu lassen, mit diesen Figuren werden wir keine Koalitionen eingehen“, sagte Meuthen. Begleitet wurde der Parteitag von Protesten, an denen nach Polizeiangaben aber deutlich weniger Menschen teilnahmen als die angemeldeten 50.000. Ein Polizeisprecher schätzte die Teilnehmerzahl auf 10.000 bis 15.000. Zwei Beamte wurden am Samstag leicht verletzt. Die Polizei hatte 4000 Einsatzkräfte a aufgeboten. Kommentar Seite 3 und Seite 5 ISSN 0173-8437 95-17 ZKZ 7109
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