Sonderausgabe E-world 2017 VON ANALOG ZU DIGITAL DIE DIGITALISIERUNG DER ENERGIEWENDE 06 | VONEINANDER LERNEN 08 | JUNGE GRÜNDER 10 | KLIMASCHUTZ VOR ORT Energieeffizienznetzwerke mit Kommunen – Mehrwert durch Austausch und Beratung Zusammenarbeit mit jungen Gründern in der Ruhr-Region Interview zum Klimaschutz in der Modellkommune Saerbeck © stokkete, jamesteohart – Fotolia.com (Montage) 02 EDITORIAL INHALTSVERZEICHNIS 03 | WINDPROJEKTE Mit Kommunen und Stadtwerken auf neuen Wegen 04 | DIE DIGITALE ENERGIEWENDE EFFIZIENT MANAGEN – ABER WIE? Digitalisierung in einer zunehmend dezentralen und erneuerbaren Energielandschaft 06 | „VONEINANDER LERNEN“ Liebe Leserinnen und Leser, die Energiewende ist in der nächsten Stufe. Wenn die größte Fraktion im Bundestag ernsthaft diskutiert, die Förderung der Erneuerbaren abzuschaffen, dann beweist dies nur, dass mindestens eine der beiden Säulen – die umweltschonende Stromerzeugung – zu einem echten Wirtschaftsfaktor geworden ist. Die zweite Säule „Energieeffizienz“ weist zwar noch nicht dieselben Zuwachsraten auf. Aber nicht nur die Bundesregierung mit ihrem „Grünbuch Effizienz“, sondern auch die Europäische Kommission setzt in ihrem „Winterpaket“ voll auf Energieeffizienz. Auch die Art, wie wir Energie künftig verbrauchen, wird sich also unumkehrbar verändern. Energieeffizienznetzwerke mit Kommunen – Mehrwert durch Austausch und Beratung 08 | JUNGE GRÜNDER UND TRADITIONSREICHE DAME – WARUM PASSEN SIE SO GUT ZUSAMMEN? Zusammenarbeit mit jungen Gründern in der Ruhr-Region 10 | ENERGIEWENDE UND KLIMASCHUTZ VOR ORT Interview zum Klimaschutz in der Modellkommune Saerbeck Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel. Damit dieses deutlich komplexere System funktioniert, müssen die Abläufe in Erzeugung und Verbrauch digitalisiert sein – am Ende weitgehend automatisiert. Eine Vielzahl kleiner Anlagen und Verbraucher muss je nach Wetterlage zu- und abgeschaltet werden können. Mit dem Digitalisierungsgesetz und einem neuen Strommarktdesign ist 2016 zwar der gesetzliche Rahmen zum Teil darauf zugeschnitten worden. Letztendlich werden aber technische Innovationen darüber entscheiden, ob die Menschen Spaß an intelligenter und effizienter Energieversorgung haben. Dann tragen sich Geschäftsmodelle auch ganz ohne Vorgaben. Als Unternehmen mit traditionellem Know-how in der Versorgung mit CO2-armem Erdgas und einem immer weiter wachsenden Stromgeschäft begleitet Gelsenwasser nun die gesamte Kette der Energiewende. Manches, wie die Windenergie, ist dabei fest etabliert. Andere Themen, wie der Messstellenbetrieb oder die gerätescharfe Erfassung von Stromverbrauch, wurden bereits erfolgreich erprobt. Gerade hier bewährt sich unser klassischer Weg, mit innovativen Partnern zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen. Einige dieser Vordenker stellen wir Ihnen im Folgenden vor – und freuen uns, wenn wir uns auf der Leitmesse „E-world“ in Essen kennenlernen! Ihr Dr. Arnt Baer B ES U C H EN ER S IE U N S A U F D E-WO R L D H A LL E 2 S TA N D 5 0 8 IMPRESSUM Herausgeber: GELSENWASSER AG, Willy-Brandt-Allee 26, 45891 Gelsenkirchen, 0209 708-0, www.gelsenwasser.de Redaktion: Dr. Arnt Baer, Heidrun Becker, Felix Wirtz; [email protected] Layout: Seidl PR & Marketing GmbH, Essen 0209 708-450, TRANSPARENT WINDPROJEKTE: ENERGIEWENDE KONKRET MIT KOMMUNEN UND STADTWERKEN AUF NEUEN WEGEN Für die Umsetzung der Energiewende bietet Windenergie an Land das größte Potenzial. Grundvoraussetzung für ihre erfolgreiche Nutzung ist eine sorgfältige Projektplanung im Rahmen rechtlicher und politischer Bedingungen. In enger Zusammenarbeit mit Kommunen und Stadtwerken engagiert sich Gelsenwasser schon seit mehreren Jahren intensiv für den Ausbau dezentraler Energieerzeugung und den Einsatz regenerativer Ressourcen. Projektentwicklung von A bis Z Die Umsetzung eines Windparks kann viele Jahre in Anspruch nehmen. Am Anfang stehen die Ermittlung der Rahmenbedingungen und die Analyse des Standorts. Für die Ertragsprognose werden unabhängige Windgutachten eingeholt und Daten bestehender Windparks berücksichtigt. Mit Hilfe spezieller Software entwickeln wir ein optimales Windparklayout und planen die Infrastrukturmaßnahmen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei der kosteneffiziente Anschluss an das Stromnetz. Unabhängige Fachbüros untersuchen die Auswirkungen von Schall und Schatten. Die Umwelteinflüsse werden bei einer Artenschutzprüfung und mit weiteren Gutachten erhoben und der Genehmigungsantrag wird nach Bundesimmissionsschutzgesetz gestellt. Alle Bauarbeiten, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und der Transport werden geplant und überwacht, um die Einhaltung von Qualitätsstandards und Kosten zu gewährleisten. Wirtschaftlichkeit im Fokus Um Risiken frühzeitig einschätzen und minimieren zu können, erstellen wir fortlaufend Prognosen hinsichtlich des Ausschreibungsmodells des neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Ermittlung der Vergütungshöhe. Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen sichern darüber hinaus die Entwicklung von Finanzierungskonzepten ab. Sofern für eine Kommune oder ein Stadtwerk die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung besteht, bieten wir Beratungs- und Prüfungsleistungen bis hin zur Erstellung von Due-DiligenceStudien an. 140 Megawatt in der Planung Aktuell wirkt Gelsenwasser über Beteiligungsgesellschaften an zwölf konkreten Windenergieprojekten mit. Dabei werden insgesamt 40 Anlagen mit einer Nennleistung von ca. 140 MW und einem Investitionsvolumen von rd. 220 Mio. € geplant. Das erste Windrad konnte im März 2016 in CastropRauxel in Betrieb genommen werden. Die Einweihung des Windrades in Castrop-Rauxel Bürger vor Ort konnten sich über unsere Internetseite www. buegerbeteiligungsplattform.de an dem Projekt finanziell beteiligen. Elf weitere Windenergieanlagen am Niederrhein, im Münsterland und im Ruhrgebiet haben die Behörden im letzten Jahr genehmigt. Transparenz von Anfang an Die Herausforderung eines erfolgreichen Windprojekts besteht in der Berücksichtigung der Interessen aller Akteure und der Kommunikation mit den Bürgern, Politikern und Genehmigungsbehörden – vor allem in der Planungsphase. Unser Ziel ist, Unsicherheiten und Vorbehalte zur Windenergie abzubauen und konkrete Interessenskollisionen und Akzeptanzprobleme erfolgreich aufzulösen. Die Beteiligung der Bürger bis hin zur Mitgestaltung steigert die Akzeptanz der Projekte und damit auch die Erfolgsaussichten. Ansprechpartner: Stephan Dohe Leiter Projektentwicklung/M&A, GELSENWASSER AG 0209 708-1920 [email protected] … oder wir sprechen uns auf der E-world! 03 04 TRANSPARENT DIE DIGITALE EFFIZIENT MA Das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ ist da – im Zentrum steht die Einführung intelligenter Messsysteme. Über diese soll zukünftig die Kommunikation zwischen Erzeugern (Angebot), intelligenten Energienetzen (Verteilung) und Verbrauchern (Nachfrage) laufen. Damit wird die Umsetzung der Energiewende in einer zunehmend dezentralen und erneuerbaren Energielandschaft überhaupt erst möglich. Eine noch konsequentere Ausrichtung des Gesetzes zur Digitalisierung des Messwesens wäre wünschenswert gewesen. Immerhin ist jedoch ein wichtiger Schritt in Richtung digitale Energiewende gemacht. Energiedaten messen und zählen Kern des Gesetzes ist das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG), es bündelt alle Regelungen zum Messwesen. Danach müssen die Messstellenbetreiber bis 2032 die klassischen Ferraris-Stromzähler durch digitale Zähler ersetzen. Nur diese sind in der Lage, Energieverbräuche zu erfassen, zu speichern, zu summieren und die Informationen in ein Kommunikationssystem einzuspeisen. © stokkete – Fotolia.com INTELLIGENTE TECHNIK FÜR SMART METERING Steckbrief „eBZ Basiszähler DD3“ Steckbrief „niceBox“ »» Zugelassener Energiezähler nach europäischer Zählerrichtlinie (MID) »» Eintarif- oder Doppeltarifzähler »» Erweiterbar zum intelligenten Messsystem (iMSys) »» Anzeige der Speichertiefe 730d »» Einhaltung der Datenschutzbestimmungen »» Einplatinenlösung komplett in Gießharz eingeschlossen »» Made in Germany »» Aufnahme von bis zu 50 Messwerten pro Sekunde am Zähler »» Messung von echten Leistungsdaten an allen drei Phasen »» Identifikation von elektrischen Verbrauchern oder Verbrauchergruppen »» Visualisierung der Ergebnisse in Kunden-Interface »» Automatisierter Energiebericht »» Stromspitzenalarm »» Zusatzfunktionen in Entwicklung (Meldung defekter Geräte etc.) TRANSPARENT ENERGIEWENDE NAGEN – ABER WIE? Der Markt für digitale Stromzähler ist in Bewegung, entsprechende Zählersysteme sind in der Entwicklung. Ein Beispiel ist die eBZ GmbH aus Bielefeld, an der sich Gelsenwasser beteiligt hat. Dabei steht eBZ für „elektronischer BasisZähler“. Das eBZ-Messwerk arbeitet hochpräzise, ist extrem robust und erfüllt alle Anforderungen des MsbG. Insbesondere erfüllt der „BasisZähler“ als einer der ersten Zähler überhaupt die geforderte Speichertiefe von 730 Tageswerten. Energiedaten verwalten und übertragen Der Messstellenbetrieb – d. h. alle Tätigkeiten rund um den Zähler vom Einbau über Wartung und Betrieb bis zur Ablesung und Datenverarbeitung – ist künftig der neuen Marktrolle des Messstellenbetreibers (MSB) zugeordnet. Geborener MSB ist der jeweilige Netzbetreiber. Er kann seine Grundzuständigkeit für den Betrieb der modernen Messstellen entweder selbst erfüllen – ggf. durch das Einbinden von Dienstleistern – oder mit befreiender Wirkung auf ein anderes Unternehmen übertragen. Die größte Herausforderung für Netzbetreiber stellt die Verpflichtung des MsbG dar, bei Stromkunden mit einem Jahresverbrauch > 6.000 kWh/a intelligente Messsysteme – bestehend aus digitalem Zähler und einer Kommunikationseinheit (Gateway) – einzubauen und zu betreiben. Der Gesetzgeber schreibt hier strenge Datenschutzanforderungen und Preisobergrenzen vor. Gemeinsam mit den Partnerunternehmen Stadtwerke Bochum, DEW21 sowie dem IT-Dienstleister rku.it testet Gelsenwasser in zahlreichen Labor- und FNN-Feldtests Hard- und Softwarelösungen. Ziel ist, sämtliche Leistungen um den modernen Messstellenbetrieb künftig sowohl für grundzuständige MSB als auch als wettbewerblicher MSB für private und gewerbliche Endkunden anzubieten. ew en de „D ie di gi ta le En er gi – e ffi zie nt m an ag en 20 17 rld ab er wi e? “, E- wo 17, 20 Di en st ag , 7. Fe br ua r 14:0 0 –15:45 Uh r M eld en Si e sic h an : -p lu s. de w w w. ge ls en wa ss er und dort sichtbar zu machen. Durch den Zugriff auf das persönliche Energiecockpit können Verbräuche und Lastgänge vom Kunden selbst verfolgt und z. B. die Umsetzung von Einsparmaßnahmen überwacht werden. Gemeinsam mit einer jungen IT-Firma aus Bochum hat Gelsenwasser die niceTaget GmbH gegründet und eine Technologie aus Hard- und Softwarekomponenten entwickelt, mit deren Hilfe die Zählerdaten weiter aufgeschlüsselt und einzelnen Stromverbrauchern bzw. Aggregaten zugeordnet werden können. Die „niceBox“ wird in der Nähe des Stromzählers eingebaut und liefert sekundenscharf die Ausgangsdaten des elektrischen Verbrauchs. Auf dieser Datenbasis können typische Einzelverbraucher wie Kühltruhen, Backöfen und Beleuchtung aus dem Gesamtlastgang des Stromzählers differenziert werden. Und das ohne aufwändige Messverkabelung. Typische Anwendungsfälle sind z. B. kommunale Liegenschaften, Bäckereien oder Lebensmittelfilialen. Gas, Wasser und Wärme nicht vergessen! So wichtig die Diskussion um den Wert von Stromverbrauchsdaten auch ist: Häufig wird dabei vergessen, dass die Kunden an einer Gesamtlösung für alle Verbrauchsarten interessiert sind. Neben Gas- und Wärmedaten kann auch eine ständige Übersicht über den Wasserverbrauch von großem Interesse sein, z. B. für wasserintensive Betriebe. Die Tools sind dazu geeignet, sämtliche Verbräuche zu erfassen, zu visualisieren und auszuwerten. Auf den Mehrwert kommt es an Doch warum sollten sich Nutzer eines Stromanschlusses überhaupt mit dem Gedanken beschäftigen, zu einem wettbewerblichen MSB zu wechseln? Ganz einfach: Mit dem Betrieb der Messstelle können künftig zusätzliche Dienstleistungen verbunden werden, um Energieverbräuche zu reduzieren, Betriebsabläufe zu optimieren und Kosten einzusparen. Gelsenwasser bietet seinen Kunden zukünftig an, die Zählerdaten automatisch in ein gesichertes Webportal zu übertragen Ansprechpartner: Oliver Thieme Leiter Dienstleistungsmanagement, GELSENWASSER AG 0209 708-253 [email protected] … oder wir sprechen uns auf der E-world! 05 06 TRANSPARENT „Voneinander lernen“ Lara Ahls im Interview zum Thema Kommunale Energieeffizienz-Netzwerke transparent: Frau Ahls, Sie organisieren die Kommunalen EnergieeffizienzNetzwerke (KEEN) bei Gelsenwasser. Lässt sich nach wenigen Monaten bereits ein Fazit ziehen? Lara Ahls: Bislang kann ich sagen, dass sich unsere beiden am Niederrhein und im Münsterland gegründeten Netzwerke in mehreren Punkten recht stark unterscheiden. Beim KEEN Niederrhein mit fünf Teilnehmern wird im Januar bereits das vierte Netzwerktreffen stattfinden, beim KEEN Münsterland mit zehn Teilnehmern fand Anfang Dezember erst das zweite Treffen statt. Daher ist das Netzwerk am Niederrhein schon etwas weiter, der nächste Schritt ist hier die Vereinbarung der Energieeinsparziele für jede Kommune. Im Münsterland finden aktuell die Bestandsanalysen in den Kommunen statt, um anschließend geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zu identifizieren. Beide Netzwerke haben gemein, dass die Treffen von einem offenen, regen Austausch untereinander geprägt sind. Jedoch unterscheiden sich die Interessen der Teilnehmer: Während sich die niederrheinischen Kommunen eher für Themen wie Gebäudeautomation, Speichertechnologien sowie Energiedatenmanagement interessieren, sind im Münsterland eher Projekte zum Verbraucherverhalten, zur „Im Netzwerk profitieren die Teilnehmer durch den Erfahrungsaustausch, sodass mehr Dynamik in die Umsetzung der Maßnahmen kommt.“ TRANSPARENT Bildung und Mobilität gefragt. Genau diese Unterschiede machen die Netzwerkarbeit für uns so interessant. Über konkrete Maßnahmen lässt sich sagen, dass die Teilnehmer meist die Schwachstellen, also „Energiesenken“ ihrer Kommunen kennen und bereits Ideen haben, welche Maßnahmen sinnvoll wären. Die Bundesregierung hat sich im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) das Ziel von 500 Netzwerken gesetzt, gegründet sind etwa 100. Gibt es keinen Bedarf für solche Plattformen? Die Zahl 500 bezieht sich auf Energieeffizienznetzwerke in Industrie, Handwerk, Handel und Gewerbe, die bis 2020 gegründet werden sollen. Hier gibt es offensichtlich Probleme. Gelsenwasser geht bewusst einen anderen Weg mit den Effizienznetzwerken für Kommunen, von denen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) etwa 20 Netzwerke fördert. Diese Zahl müsste meines Wissens bald erreicht sein. Wir haben bei vielen wichtigen Partnerkommunen Bedarf angenommen. Dies scheint sich bislang zu bewahrheiten, denn wir stoßen auf großes Interesse. Viele Kommunen haben bereits Klimaschutzmanager und -konzepte. Welchen Mehrwert bringen die Netzwerke? Das ist richtig, viele unserer Teilnehmer haben bereits entsprechende Konzepte und Manager, die sich um die Umsetzung kümmern sollen – genau hier setzen wir an. Jede Kommune stellt dem Netzwerk einen so genannten kommunalen Netzwerkbeauftragten zur Verfügung, der oder die seine bzw. ihre Kommune bei den Treffen vertritt. Hierfür kann der Klimaschutzmanager der Gemeinde bzw. der Stadt eingesetzt werden. Diese Beauftragten unterstützen auch den Energieberater im Rahmen der Netzwerkarbeit durch die Bereitstellung der benötigten Daten sowie die Planung der Vor-Ort-Begehungen. Die Klimaschutzmanager stoßen in den Kommunen allein oft auf Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung einzelner Maßnahmen. Im Netzwerk profitieren die Teilnehmer durch V. l. n. r.: Luuk Masselink, Gemeinde Alpen; Philip Salomon, Gemeinde Hünxe; Dr. Dirk Waider, GELSENWASSER AG; Corinna Arndt, Stadt Kalkar; Bürgermeister Thomas Ahls, Gemeinde Alpen; Harald Purath, Stadt Straelen; Bürgermeisterin Dr. Britta Schulz, Stadt Kalkar; Frank Sundermann, Stadt Kalkar; Gerda Biecker, Stadt Kalkar; Uwe Herion, Stadt Straelen; Ralf Schumacher, Stadt Kaarst; Bernhard Albers, GELSENWASSER AG; Bürgermeister Dirk Buschmann, Gemeinde Hünxe den Erfahrungsaustausch voneinander, sodass mehr Dynamik in die Umsetzung der Maßnahmen kommt. Der Austausch macht neben der Energieberatung etwa die Hälfte des Mehrwerts aus. Oft hat einer eine Lösung, die andere übernehmen können. Bestes Beispiel: Förderanträge. Wenn jemand hierbei gute oder vielleicht auch schlechte Erfahrungen gesammelt hat, kann dies von den anderen Kommunen genutzt werden. Es ist uns wichtig, dass im Rahmen unserer Netzwerke kein Papier erzeugt wird, das in der Schublade verschwindet und zu nichts führt. Der Fokus liegt also auf der Umsetzung. Wenn Austausch der Vorteil ist – welche Rolle nimmt Gelsenwasser dabei ein? Nicht nur der Austausch ist ein Vorteil. Jedes Netzwerk beauftragt einen energietechnischen Berater, der das Netzwerk fachlich begleitet und unabhängig berät. Dieser Berater wird durch das BAFA zu 70 % im ersten Jahr und 50 % in den beiden folgenden Jahren gefördert. Hierdurch profitieren die Kommunen also ebenfalls. Gelsenwasser ist Netzwerkmanager sowie Moderator und kümmert sich unter anderem um die gesamte Organisation der Beratung, der Netzwerktreffen und um die Beantragung der Fördermittel. Wir steuern den Energieberater im Projektmanagement so, dass wir eine umfassende Beratung in den Kommunen gewährleisten. Denn jeder Berater hat seine eigenen Schwerpunkte und kann nicht alles wissen. Wir wollen nicht nur die klassischen Beratungsschwerpunkte wie Gebäudehülle/Gebäudetechnik betrachten, sondern auch z. B. die großen Verbraucher wie Wasser- und Abwasseranlagen und können durch eigenes Know-how zu Spezialthemen sehr gut unterstützen und Kontakte herstellen. Vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Dr. Arnt Baer. 07 08 TRANSPARENT Junge Gründer und traditionsreiche Dame Warum passen sie so gut zusammen? In der Ruhr-Region gibt es viele ambitionierte junge Gründer, mit denen Gelsenwasser schon einige gute Kontakte entwickeln konnte. Im Optimalfall ist eine Kooperation zwischen Gründern und einem etablierten Unternehmen eine Win-win-Situation, die man aber zuvor identifizieren und anschließend entwickeln muss. Um diese Kontakte weiter zu vertiefen, richtete Gelsenwasser als Traditionsunternehmen aus Gelsenkirchen im Herbst den ersten eigenen Gründerwettbewerb aus. Gründer – die Trendaufspürer In der Versorgungswelt bewegt sich aktuell einiges. Gelsenwasser will diese Entwicklungen aktiv mitgestalten. Es ist ein großer Mehrwert, wenn junge Unternehmen früh wichtige Trends erkennen, weil sie in der Gründerszene bestens vernetzt sind, sich auf ihrem Gebiet genau auskennen und auf dem aktuellsten Stand der Dinge sind. Ein junges Unternehmen kann besondere Einblicke in die Szene verschaffen und ein Schlüssel für weitere Geschäftsideen in unterschiedlichen Bereichen sein. Belebende Innovationsspritze Starre Prozesse und lange Entscheidungswege findet man bei dynamischen Gründern nicht. Kleine Gründer-Teams führen zu kurzen Entscheidungswegen, agilem Handeln und dies wiederum zu Kreativität. PHYSEC Green City Solutions TRANSPARENT UNTERNEHMEN IM PORTRÄT PHYSEC Der Gewinner des Gründerwettbewerbs war PHYSEC aus Bochum. Mit sehr knappem Vorsprung konnte sich das Unternehmen durchsetzen, das innovative Sicherheitsprodukte und Lösungen für das Internet der Dinge anbietet. CEO Christian Zenger hat mit seiner Forschung und Dissertation im Bereich „physical layer security“ die Basis der Gründungsidee gelegt. Gemeinsam mit Dr. Heiko Koepke, der sich um die betriebswirtschaftlichen Belange kümmert, hat er PHYSEC mit dem Ziel gegründet, kritische Infrastrukturen im IT-Bereich sicherer Lilian Labs zu machen. Denn im Rahmen des globalen Wettbewerbs ist jedes Unternehmen professionellen Hackern ausgesetzt, die darauf zielen, Businessmodelle zu zerstören und Wettbewerbsvorteile zu minimieren. Gemeinsam mit dem Kunden werden Probleme entdeckt und die passenden Lösungen entsprechend den spezifischen Herausforderungen entwickelt: mit kurzen Entwicklungszyklen, günstiger Hardware und hoher Benutzbarkeit. Spezialisiert hat sich PHYSEC auf die Entwicklung und das Implementieren sicherer und authentischer Verbindungen zwischen Geräten und Serveranwendungen. Ihre Flexibilität und Mobilität sind die besten Voraussetzungen für Innovationen. Davon können etablierte Unternehmen profitieren und neuen Schwung und Ideen in gestandene Abläufe bringen. Gründermentalität wecken Green City Solutions Auf dem Silbertreppchen sind Green City Solutions gelandet – die Gründer mit der wohl außergewöhnlichsten Idee innerhalb des Wettbewerbs. Mit einer einzigartigen Kombination aus dem Internet der Dinge und Pflanzen ist der „CityTree“ eine vertikale Grünfläche, gut vier Meter hoch, beidseitig mit Moos bewachsen und voller Technologie. Das Team um den Architekten und Geschäftsführer Denes Honus hat ihn entwickelt, um die belastete Luft in Städten zu säubern. Das gelingt dem „CityTree“: Der künstliche Baum kann so viel Feinstaub absorbieren wie 275 „echte“ Bäume. Das heißt, dass jede einzelne Anlage den Feinstaub von bis zu 417 Pkw binden und den jährlichen CO2-Footprint um bis zu 240 Tonnen senken kann. Ausgestattet mit hochmoderner Technologie sammelt der „CityTree“ mit seinen Sensoren Klima- und Umweltdaten, um den bestmöglichen Klimaeffekt zu erzielen. Durch den Einsatz von Solarenergie und einen Wassertank ist er zudem völlig autark. Die intelligenten Pflanzenfilter sind bereits in Berlin, Dresden, Paris, Oslo und Hongkong zu sehen. Lilian Labs Das Herzstück des jungen Unternehmens ist das Lilian, ein kompaktes Messgerät zur Bestimmung der Wasserqualität auf Knopfdruck. Schnell, präzise und günstig – das sind die Argumente gewesen, die dem Team die Bronzemedaille bescherten. Die Entwickler des Geräts sind der Überzeugung, dass sich die Messtechnik im Bereich Wasseranalyse in den nächsten Jahrzehnten deutlich verändern wird. Vernetzt, integriert und für jedermann zugänglich, auf diese Zukunftsvorstellung zutreffend wurde das Lilian-Gerät konzipiert. Ein weiterer Vorteil ist die leichte Bedienbarkeit und Handhabung des Messgeräts. Innerhalb von Sekunden erhält man alle wichtigen Wasserwerte direkt auf sein Smartphone – übersichtlich dargestellt. Es sind keine Vor- und Nachbereitung und auch keine Vorkenntnisse nötig, Messdatenspeicherung findet automatisch in der App statt. Neben dem Einsatz in Pools und in der Aquaristik ist auch der Trinkwassermarkt für Lilian Labs sehr interessant. Dort könnte das Lilian für alle wichtigen Trink- und Abwasserwerte, als Schnelltest für Laboraufgaben, für unkomplizierte Vor-Ort-Messungen und als Notfalltest für Außeneinsätze genutzt werden. Dynamisch, intrinsisch motiviert und häufig idealistisch – Gründer wollen die Welt bewegen und sich selbst verwirklichen. Wer mit solchen Menschen zusammenarbeitet, gewinnt daher nicht nur neue Talente. Er kann sich auch von deren Spirit und Kultur anstecken lassen und neue Impulse setzen. No Risk, No Fun – junge Unternehmen sind risikobereit! Als wahre Stehaufmännchen lassen sie sich von einer Niederlage nicht aus dem Konzept bringen und beweisen Durchhaltevermögen. Wenn die Umsetzung einer Idee nicht gleich gelingt, versuchen sie es eben so lange, bis das Ziel erreicht ist. Umgekehrt hat aber auch Gelsenwasser jungen Unternehmen einiges zu bieten: Zugang zu Netzwerken, Vertriebskanälen, Ressourcen, Erfahrung, fachliches Knowhow und letztendlich auch finanzielle Unterstützung sind Gründe dafür, dass zahlreiche junge Unternehmen im Rahmen des Wettbewerbs ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet haben. Ansprechpartnerin: Rebecca Tost Projektentwicklung/M&A, GELSENWASSER AG 0209 708-609 rebecca.tost@ gelsenwasser.de … oder wir sprechen uns auf der E-world! 09 10 TRANSPARENT Bürgermeister Wilfried Roos (rechts) und Klimaschutz manager Guido Wallraven (Mitte) im Interview mit Daniel Nienhaus (links) ENERGIEWENDE UND KLIMA Bürgermeister Wilfried Roos und Klimaschutzmanager Guido Wallraven erläutern im transparent-Interview Im Jahr 2008 hat das Bundesland NRW einen Wettbewerb um den Titel „Klimakommune der Zukunft“ ausgerufen, um Konzepte zum Klimaschutz zu entwickeln und zu fördern. Diesen Wettbewerb hat Saerbeck 2014 mit einem eigens dafür entwickelten integrierten Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept gewonnen und ist seitdem als Modellkommune bekannt. transparent: Der sogenannte „Klimaschutzplan“ war wochenlang ein zentrales Thema der Bundesregierung. Ist ein so abstraktes Thema wie Klimaschutz überhaupt für eine Kommune vor Ort relevant? Wilfried Roos: Sinnvoll ist es, die Pläne zu konkretisieren und auf Einzelprojekte herunterzubrechen, damit sie durchführbar sind. Wichtig sind nicht die langfristigen Ziele bis 2050, sondern echte, konkrete Fortschritte. Das Ziel unseres Konzepts ist, bis zum Jahr 2030 unseren Energiebedarf bilanziell mit erneuerbaren Energien zu decken. Gleichzeitig sollen Gesamtenergiebedarf und CO2Emissionen reduziert werden. Guido Wallraven: Zusätzlich implementiert das Projekt auch die Umweltbildung, Bürgerbeteiligung und lokale Wertschöpfung. Das führt mit einem umfangreichen Gesamtkonzept zur lokalen Energiewende. Es findet also nicht nur ein Wechsel der Energieträger statt, sondern ein Umdenken in der Bevölkerung beim Umgang mit Energie. Gibt es denn bei der angespannten Haushaltslage vieler Kommunen überhaupt Spielräume für Aktivitäten? Roos: Spielräume sind in den Projekten definitiv gegeben. So haben wir bei unseren drei Leitprojekten während der Planung immer wie- der Anpassungen vorgenommen, da neben allem Klimaschutz auch die Wirtschaftlichkeit zählt und diese durch effizientere Maßnahmen erhöht werden konnte. Eine Säule der Energiewende ist die Erzeugung von Strom und Wärme mit kleineren, dezentralen Anlagen auf Basis der Erneuerbaren oder auch der Kraft-Wärme-Kopplung. Haben Sie den Eindruck, dass der Rahmen aus Berlin noch richtig gesetzt ist? Roos: Für uns spielte erst einmal nicht der Rahmen aus Berlin, sondern der ausgeschriebene Wettbewerb „KWK-Modellkommune NRW“ des Landes NRW eine große Rolle. Bei uns sollte Biogas dezentral zu Strom und Wärme umgewandelt und diese dann an die Haushalte abgegeben werden. Zusätzlich wollten wir die überschüssige Wärme in einem innovativen unterirdischen Speicher zwischenspeichern. Mit diesem Konzept gewannen wir 2014 den Wettbewerb. Wallraven: Mit EEG 2014 jedoch war die Wirtschaftlichkeit des Projekts nicht mehr gegeben. Mit diesem Problem sahen sich nicht nur Saerbeck, sondern auch andere Kommunen mit KWKKonzepten konfrontiert. TRANSPARENT Saerbeck hat im Jahr 2008 den Wettbewerb „NRW Modell kommune der Zukunft“ des Landes NRW gewonnen. Der ErneuerbareEnergien-Mix deckt mehr als 200 % des Strombedarfs in Saerbeck ab. SCHUTZ VOR ORT ihre Erfahrungen zum Thema Energiewende und Klimaschutz. Hat Ihnen die Auszeichnung zur Klimaschutzkommune durch das Landesumweltministerium dennoch geholfen? Roos: Trotz der langen Vorlaufzeit bei behördlichen Genehmigungsverfahren konnten wir uns durch die Auszeichnung mit dem Ministerium und der Bezirksregierung enger austauschen. Zudem sind wir in den Fokus von Bund und Land gerückt und hatten die Möglichkeit, die höchstmögliche Förderung zu erhalten. Eventuell war das Konzept in Saerbeck Grund dafür, dass die Fördermittelbestimmung nachträglich angepasst und eine erhöhte Förderung von Klimaschutzkonzepten möglich wurde. Wallraven: Mit dem Preisgeld konnte Saerbeck Erstprojekte umsetzen und die Anlaufkosten tragen. Es ist spürbar, dass in Saerbeck die lokalen Projekte durch die Auszeichnung an Ernsthaftigkeit gewonnen haben. Die Bevölkerung hat „Klimaschutz vor Ort“ wahrgenommen und merkt, dass es funktioniert. Aktuell haben wir den Zuwendungsbescheid auf den Fördermittelantrag zur E-Mobilität erhalten. Auch sind weitere Windräder geplant. Zudem gibt es Überlegungen zur klimafreundlicheren Straßenbeleuchtung. Auf die zweite Säule „Energieeffizienz“ legt die Bundesregierung ihre Hoffnungen. Hier wird noch erhebliches Wachstumspotenzial gesehen. Gilt das auch für Saerbeck? Wallraven: Das erste Potenzial für Energieeffizienz bei kommunalen Liegenschaften wurde mit unserem Leitprojekt „Gläserne Heizzentrale“ verbunden. Dabei versorgt eine Heizzentrale öffentliche Gebäude mit klimaneutraler Wärme. Über ein Nahwärmenetz gelangt die Wärme zu Schulen, Kindergärten und Sportanlagen. Roos: Mit dem Betrieb des Nahwärmenetzes konnte die Gemeinde die Energiekosten für die angeschlossenen Gebäude um 16 % reduzieren. Durch den Brennstoff Holz haben wir die CO2-Emissionen sogar um 42 % gesenkt! Hieran zeigt sich, dass sich der Betrieb eines solchen Netzes auch für eine kleine Kommune wie Saerbeck lohnen kann. Wenn Sie die Zurückhaltung vieler unserer europäischen Nachbarn bei der Umstellung auf Erneuerbare sehen, glauben Sie, dass es einen ernsthaften globalen Konsens für Klimaschutz gibt? Roos: Da Saerbeck grenzübergreifend als Klimakommune wahrgenommen wird, werden wir auch als Know-how-Träger für die „richtige erneuerbare Energie ohne fossile Brennstoffe“ gesehen. Wir konnten dazu beitragen, dass die Gasgewinnung durch Fracking nicht als erneuerbare Energie angesehen wird. Zusätzlich erkennt man weltweit, dass sich nicht nur große Energieversorgungskonzerne dem Thema Klimaschutz und Energiewende annehmen, sondern auch Bürger und Kommunen. Wir sind stolz darauf, dass eine kleine Gemeinde wie Saerbeck mit rd. 7.000 Einwohnern mit den umgesetzten Klimaschutzprojekten eine Vorbildfunktion auch außerhalb von NRW hat. Das Interview führte Daniel Nienhaus. 11 GE TR ÄN KE GU TS CH EIN FÜ R EIN EN (FR UC HT-) COCK TA IL LSENLassen Sie sich von GE tanken d un WASSER erfrischen Sie neue Energie. BESUCHEN SIE UNS AUF DER E-WORLD! 7. bis 9. Februar 2017 Messe Essen, Halle 2, Stand 508 Unter dem Motto „Ein starkes Netzwerk – dezentral, effizient, digital“ präsentieren sich der Unternehmensverbund des Gelsenwasser-Netzwerks, unsere neuen Mitglieder – die eBZ GmbH und die niceTaget GmbH – sowie das Dienstleistungsangebot „GELSENWASSER+“. Kommen Sie mit uns ins Gespräch oder entspannen Sie bei einem „blau-grünen“ Cocktail!
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