TREUHAND kompakt FEBRUAR 2017 NEWSLETTER 02 AK TUE LLE THEMEN – KOMM E N T IE RT E E N T SC H E ID E – PR A X ISF ÄL L E Liebe Leserin, lieber Leser Eine Kundin einer Schweizer Bank unterzeichnete eine Faustpfandverschreibung, mit welcher sie der Bank ein Pfandrecht an all ihren Wertpapieren, Konten und Depots gewährte. Das Bundesgericht erachtete die Vereinbarung für ungültig. Im kommentierten Bundesgerichtsurteil erfahren Sie mehr darüber. Das Management interessiert es, ob und wie durch bilanzpolitische Massnahmen eine Ergebnisbeeinflussung, ohne Verletzung der gesetzlichen Rechnungslegungsnormen, möglich ist. Wie ist das korrekte Vorgehen und wie lautet der wesentliche Inhalt einer Freistellungsvereinbarung für einen Arbeitnehmer? IN DIESER AUSGABE: Kommentierter Entscheid: Faustpfandvereinbarung Seite 1 Top-Thema: Bilanzpolitik in der Finanzberichterstattung Seite 4 Best Practice: Realisierung stiller Reserven Seite 6 Best Practice: Freistellung eines Arbeitnehmers Seite 11 Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Petra Schmutz, Redaktorin BGer 4A_81/2016 vom 3. Oktober 2016 Das Bundesgericht erklärt eine Faustpfandvereinbarung zwischen einer Bank und ihrer Kundin als ungültig In einem mutmasslich mit dem Madoff-Betrugsskandal im Zusammenhang stehenden Verfahren musste sich das Bundesgericht mit der Verbindlichkeit einer Faustpfandvereinbarung zwischen der Bank und ihrer Kundin befassen. Sie erachtete die Vereinbarung für ungültig. Unklar ist die Reichweite dieses Entscheids. Von Dr. Martin Rauber, LL.M. Ausgangslage Das Verfahren betraf einen Vermögensverwaltungsvertrag zwischen einer Schweizer Bank und einer Gesellschaft aus Panama. Zu BeTREUHAND kompakt NEWSLETTER 02 ginn der Geschäftsbeziehung unterzeichnete die Bankkundin eine mit «general deed of pledge and assignment» bezeichnete Faustpfandverschreibung, mit welcher sie der Bank ein Pfandrecht an all ihren Wertpapieren, Konten und Depots gewährte. Mit diesem Faustpfandrecht wollte die Bank alle ihr gegen die Bankkundin zustehenden gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus diesem Vermögensverwaltungsvertrag sichern. Die Bank tätigte in der Folge in eigenem Namen, aber auf Rechnung der Bankkundin, zwei Fonds-Investitionen bei einer USGesellschaft. Die Bankkundin war in diese Investitionsentscheide nicht involviert. Über die US-Gesellschaft wurde in der Folge der Konkurs eröffnet, woraufhin der Konkursbeamte verschiedene Rückforderungsansprüche («clawbacks») im Zusammenhang mit diesen beiden Fonds geltend machte. Gegen die Bank selber leitet der Konkursbeamte kein gerichtliches Verfahren ein, informierte sie FEBRUAR 2017 1 TOP-THEMA BILANZPOLITIK IN DER FINANZBERICHTERSTATTUNG Bilanzpolitische Massnahmen und ihre Wirkungen in der Finanzberichterstattung Das vierte Quartal eines Jahres ist für viele Unternehmen und deren Entscheidungsträger nicht nur die Zeit des Jahresabschlusses, sondern auch der Zeitraum, in dem der voraussichtliche Jahreserfolg des Unternehmens dank eines im Zeitablauf immer genauer werdenden Vorschauwerts (year-end forecast) bereits weitestgehend abschätzbar ist. Im Management von zahlreichen Unternehmen befasst man sich deshalb in diesem Zeitraum umso intensiver mit Fragen zur Bilanzpolitik. So interessiert vor allem, ob und wie durch bilanzpolitische Massnahmen eine Ergebnisbeeinflussung ohne Verletzung der gesetzlichen Rechnungslegungsnormen möglich ist. Von Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch Unter Bilanzpolitik wird in diesem Zusammenhang die bewusste Gestaltung von Sachverhalten durch die Ausnutzung bzw. Ausübung von expliziten und/oder impliziten Wahlrechten innerhalb der Rechnungslegung verstanden, durch die eine gewünschte und zugleich gesetzes- bzw. normenkonforme Ergebnisbeeinflussung möglich ist. Hierbei sind ausdrückliche (explizite) Bilanzierungs-, Bewertungs- und Darstellungswahlrechte von impliziten Wahlrechten zu unterscheiden, da Letztere die Nutzung von Ermessensspielräumen im Hinblick auf die Höhe der Wertansätze bei Vermögens- und Schuldpositionen betreffen. Die Möglichkeiten zur zielgerichteten Nutzung dieser Wahlrechte werden in der nationalen wie internationalen Rechnungs- 4 legung allerdings durch den Grundsatz der Stetigkeit eingegrenzt. Als Beispiel sei hier auf Art. 958c Abs. 1 Ziff. 6 OR verwiesen, wonach bei der Darstellung und Bewertung stets die gleichen Massstäbe zu verwenden sind. Da Bilanzpolitik im Rahmen der Rechnungslegung stattfindet, unterliegt sie in vielen Unternehmen häufig einem saisonalen Bedeutungsanstieg, je näher der Abschlussstichtag rückt. Eine vorwiegend saisonal praktizierte Bilanzpolitik ist jedoch nicht empfehlenswert, da hierbei die Optimierungspotenziale aus Zeitgründen nicht im vollen Umfang genutzt werden können. Idealerweise sollte eine proaktive Diskussion von Bilanzierungsfragen zwischen Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und den für die Rechnungslegung verantwortlichen Personen bereits unterjährig und anlassbezogen stattfinden. Solche Anlässe sind regelmässig strategiebezogene Managemententscheidungen, wie sie auf Geschäftsleitungs- und VR-Sitzungen diskutiert und verabschiedet werden: Investitionsentscheidungen, Restrukturierungsentscheidungen, Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse oder andere strateger relevante Entscheidungen, deren bilanzpolitische und steuerliche Auswirkungen nicht immer einbezogen werden. Beispiel für bilanzpolitische Entscheidungsfelder Dies soll an einem Beispiel dargestellt werden: Angenommen, ein Unternehmen plant den Einsatz einer neuen Anwendungssoftware (z.B. eine neue CRM-Software im Vertrieb). Diese Entscheidung sei als (Erweiterungs-) Investition strategisch motiviert, weil das Marketing in die Lage versetzt werden soll, eine detaillierte Kundensegmentierung vorzunehmen, um zukünftig die Neukundenakquisition durch einen noch gezielteren Einsatz von Marketingmassnahmen zu unterstützen. Im Zusammenhang mit einer solchen Entscheidung sollten bereits in der Planungsphase die Ergebniswirkungen von den Linien- und Finanzverantwortlichen analysiert werden. Die unten genannten Entscheidungsfelder sind daher im Hinblick auf ihre Wirkungen für das Jahresergebnis und die Besteuerung sowie für relevante Kennzahlen separat zu prüfen. Anlass Entscheidung Mögliche Ergebniswirkungen Bedarf nach einer neuen Anwendungssoftware Eigenentwicklung oder Fremdbezug (Make or Buy) Eigenentwickelte Software ist in Abhängigkeit vom jeweiligen Rechnungslegungsstandard unter bestimmten Voraussetzungen aktivierbar. Kauf einer Software führt zur Aktivierungspflicht (Ersterfassung) und zu erfolgswirksamen Abschreibungen (Folgebewertung). (Wirkung bei Aktivierung von Entwicklungskosten ab EBITDA-Ebene; Wirkung Fremdbezug der Software ab EBIT-Ebene) Anschaffungszeitpunkt (lfd. Jahr oder Folgejahr) Das Verschieben einer Investition in die Folgeperiode führt nicht nur zur Schonung der Liquidität im lfd. Jahr, sondern ebenso zur Verschiebung des Ergebniseffekts durch Aktivierung und Abschreibung ins Folgejahr. (mögliche Auswirkung ab EBIT-Ebene zu erwarten) Zeitpunkt der Inbetriebnahme (Aktivierung und Abschreibung) der neuen Software Abschreibungen (= nichtzahlungswirksame Aufwendungen) auf die aktivierten Anschaffungsoder Herstellungskosten beginnen grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme/ Nutzung und wirken sich somit ab dann auch ergebnismindernd aus. (mögliche Auswirkung ab EBIT-Ebene zu erwarten) Kauf oder Miete bzw. Leasing der neuen Software Der Erwerb der Software kann unterschiedlich finanziert sein. Wenn das gebundene Vermögen möglichst gering ausfallen soll, wäre eine Miete bzw. operatives Leasing vorzuziehen und umgekehrt. Anderenfalls sind negative Wirkungen auf Kapitalrendite-Kennzahlen (z.B. Return on Capital Employed – ROCE) zu erwarten. TREUHAND kompakt NEWSLETTER 02 FEBRUAR 2017 BEST PRACTICE REALISIERUNG STILLER RESERVEN Überblick über die Realisierung stiller Reserven Stille Reserven stellen Mehrwerte dar, die in den Aktiven der Bilanz noch nicht berücksichtigt sind, oder Minderwerte, die der Differenz zwischen tatsächlichem Wert der Verbindlichkeiten und deren Buchwert entsprechen. Stille Reserven entstehen, wenn Wertsteigerungen von Vermögenswerten buchmässig nicht berücksichtigt werden, oder bei Abschreibungen, die höher sind als die tatsächliche Entwertung (REICH, Steuerrecht, § 15 Rz. 123). Von Dr. iur. Alain Villard Das Wesen und die Funktionen stiller Reserven Stille Reserven sind Kapitalreserven und bilden Eigenkapital. Im Gegensatz zu den offenen Reserven, die in der Bilanz unter einer eigenen Position geführt werden, werden die stillen Reserven nicht ausgewiesen. Die stillen Reserven sind kein liquides Aktivum, sondern vielmehr eine rechnerische Grösse. Solange die stillen Reserven nicht realisiert und zu offenem Eigenkapital werden, besteht für den am Geschäftsvermögen Beteiligten hierauf nur ein latenter Anspruch. Stille Reserven und deren Bildung und Auflösung haben insbesondere die folgenden Funktionen: • Substanzerhaltung Durch Bildung stiller Reserven kann der insbesondere in Inflationszeiten drohenden Gefahr einer Substanzverzehrung vorgebeugt werden. • Erfolgsregulierung Durch Bildung und Auflösung von stillen Reserven kann der auszuweisende Gewinn so beeinflusst werden, dass sowohl in guten als auch in schlechten Wirtschaftszeiten eine konstante Dividende ausgeschüttet werden kann. Die Erfolgsregulierung über die Bildung und Auflösung von stillen Reserven kann insbesondere für Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an der Börse gehandelt werden, insoweit entscheidend sein, als sich damit allzu starke Schwankungen des Börsenkurses vermeiden lassen. • Selbstfinanzierung Die Reserven stellen als zurückbehaltener Gewinn eine Eigenfinanzierungsquelle dar. 6 TREUHAND kompakt NEWSLETTER 02 Ein höherer Selbstfinanzierungsgrad bedeutet eine gewisse Unabhängigkeit vom Geld- und Kapitalmarkt und erhöht dadurch die finanzielle Stabilität und mindert die Krisenanfälligkeit. Zulässigkeit stiller Reserven Nach OR Die Zulässigkeit der Bildung bzw. der Entstehung stiller Reserven entspricht eigentlich dem gesetzlich verankerten Vorsichtsprinzip (Art. 958c Abs. 1 Ziff. 5 OR). Das Vorsichtsprinzip seinerseits besagt, dass «erkennbare, aber noch nicht eingetretene Verluste und Risiken, soweit deren Ursache auf das Geschäftsjahr oder frühere Jahre zurückgeht, aufwandwirksam zu verbuchen» sind (REICH, Steuerrecht, § 15 Rz. 82), vgl. auch den synonymen Begriff «Imparitätsprinzip» (BÖCKLI, § 8 Rz. 121 ff.). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich um eines der wichtigsten Prinzipien zur Bewertung von Aktiven (BGE 115 Ib 55, 59 E. 5b). Im schweizerischen Rechnungslegungsrecht, das den Gläubigerschutz zum Ziel hat, soll es sicherstellen, dass sich ein Unternehmen im Vergleich zu seinen tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zu positiv darstellt. Das schweizerische Obligationenrecht enthält mit Bezug auf die Bewertung von Aktiven lediglich Höchstbewertungsvorschriften und lässt dadurch die Verbuchung von Aktiven zu einem tieferen Wert als deren Verkehrswert zu. Dieser gesetzgeberische Mechanismus führt schliesslich zur Entstehung von stillen Reserven. Dies gilt sowohl für Zwangs- als auch für Willkürreserven. Nach Steuerrecht Während das Rechnungslegungsrecht vom Gläubigerschutz ausgeht und eine eher pessimistische Darstellung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens anstrebt, stellt das Steuerrecht auf den «tatsächlich erwirtschafteten Periodengewinn» des Steuerpflichtigen ab. Um dieses Spannungsfeld zwischen handelsrechtlicher Darstellung und steuerrechtlich geforderter Gewinnermittlung zu überwinden, enthält das Steuerrecht eine Reihe von Korrekturvorschriften (Art. 59 DBG geschäftsmässig begründeter Aufwand), Abschreibungen (Art. 62 BDG) und Rückstellungen (Art. 63 DBG, Aufzählung nicht abschliessend), bei deren Anwendung durch die Veranlagungsbehörde – nebst der mit der Steuererklärung eingereichten Handelsbilanz – eine Steuerbilanz erstellt wird. Diese weist die Differenzen zwischen handels- und steuerrechtlicher Gewinnermittlung aus und führt in der Regel zu einem höheren, steuerbaren Ergebnis, indem z.B. vorgenommene Abschreibungen oder verbuchte Spesen von der Steuerverwaltung nicht akzeptiert werden. Entstehung stiller Reserven Stille Reserven entstehen mittels: • Unterbewertung der Aktiven • Überbewertung der Verbindlichkeiten Unterbewertung der Aktiven Zu einer Unterbewertung der Aktiven führen die folgenden Vorgänge: • übermässige Abschreibungen Auf der Aktivseite können stille Reserven durch übermässige Abschreibungen gebildet werden. Sie entstehen im Umfang, in dem die Abschreibung die tatsächliche Wertverminderung des Aktivums übersteigt. Die Abschreibung einer Maschine beispielsweise, deren tatsächliche Nutzungsdauer acht Jahre beträgt, um 25% pro Jahr, führt in den ersten vier Jahren zur Bildung von stillen Reserven im Umfang von 12,5% pro Jahr. • keine Aktivierung Stille Reserven können auch durch Nichtaktivierung von Wirtschaftsgütern gebildet werden. Solche stillen Reserven entstehen vor allem im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wirtschaftsgütern, die, obwohl sie zu aktivieren wären, als Aufwand verbucht werden. FEBRUAR 2017 BEST PRACTICE FREISTELLUNG EINES ARBEITNEHMERS Die Freistellung – Auf welche Punkte der Arbeitgeber unbedingt achten sollte Eine Freistellung, d.h. der Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist, ist jederzeit und formlos möglich. Allerdings empfiehlt es sich, die wichtigen Punkte schriftlich festzuhalten, damit später keine Meinungsverschiedenheiten entstehen können. Von Marina Graber, MLaw Rechtsanwältin Es gibt immer wieder Gründe, die dafür sprechen, den Arbeitnehmer per sofort von seiner Arbeitspflicht zu befreien. In der Regel wird ein solcher Verzicht an bestimmte Bedingungen geknüpft sein. Für den Arbeitnehmer wichtig zu wissen: Es besteht kein Anspruch auf Freistellung! Nachfolgend sollen das korrekte Vorgehen sowie der wesentliche Inhalt einer Freistellungsvereinbarung aufgezeigt werden. Gründe für eine Freistellung Die Gründe, welche einen Arbeitgeber zur Freistellung eines Arbeitnehmers bewegen, sind vielschichtig. In der Praxis sind folgende drei Hauptgründe auszumachen: • Der Arbeitgeber möchte dem Arbeitnehmer fristlos kündigen, ist sich jedoch nicht sicher, ob ein wichtiger Grund vorliegt. Um das Risiko von Schadenersatzansprüchen zu vermeiden, wird das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt und der Arbeitnehmer per sofort freigestellt. • Der Arbeitgeber befürchtet, dass sich der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht mehr loyal verhält, und/oder möchte verhindern, dass der Arbeitnehmer weiter Kontakt zu Kunden hat. • Allenfalls hat der Arbeitgeber bereits einen Nachfolger gefunden, und der Arbeitsplatz wird per sofort für diesen neuen Mitarbeiter benötigt. Während in einigen Branchen Freistellungen schon beinahe üblich sind (Bankenwesen, Beratungsbranche, Kadermitarbeiter), kommen diese in anderen Bereichen eher selten vor. Es gibt jedoch immer wieder Situationen, in denen ein Mitarbeiter vom Arbeitgeber freigestellt wird. Die Gründe, welche den Arbeitgeber zu einer Freistellung veranlassen, sind für deren Zulässigkeit nicht massgebend. Es liegt in der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von seiner Arbeitsleistung freizustellen. In der Art und Weise, wie eine Freistellung ausgesprochen wird, hat der Arbeitgeber jedoch gewisse Pflichten zu beachten, welche sich aus seiner Fürsorgepflicht ergeben. So darf er den Arbeitnehmer nicht schikanieren. Ausser in Ausnahmefällen dürfte eine sofortige Räumung des Arbeitsplatzes, ohne die Möglichkeit sich von seinen Arbeitskollegen verabschieden zu können, die Integrität des Arbeitnehmers verletzen. Zudem besteht in einem solchen Fall die Gefahr, dass die Bedingungen der Freistellung nicht klar festgehalten werden. Eine Freistellung sollte somit immer mit Bedacht ausgesprochen werden. Fehlende rechtliche Grundlage – Freistellungsvereinbarung Die Freistellung ist im Gesetz nicht geregelt. Das Gesetz kennt daher auch keine Formvorschriften. Bei der Freistellung handelt es sich um einen einseitigen Verzicht auf Arbeitsleistung vonseiten des Arbeitgebers, in der Regel während der Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber verzichtet dauernd oder temporär auf die Dienste des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis bleibt jedoch weiterhin be- TREUHAND kompakt NEWSLETTER 02 stehen, und die übrigen Rechte und Pflichten werden durch diese Freistellung nicht berührt. Dies betrifft insbesondere den Anspruch auf Lohnzahlung. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beschäftigung. Ein solcher Anspruch kann im Arbeitsvertrag zwar vereinbart werden, kommt in der Praxis jedoch selten vor. Wie weit eine Beschäftigungspflicht für gewisse Berufe besteht, ist in der Lehre umstritten und betrifft nur wenige Berufsgruppen wie z.B. Berufssportler. Aufgrund der fehlenden Regelung im Gesetz sollte der Arbeitgeber im Falle einer Freistellung die damit verknüpften Bedingungen schriftlich festhalten oder – besser – gemeinsam mit dem Arbeitnehmer eine Freistellungsvereinbarung unterzeichnen. Definitionen: Freistellungserklärung – Freistellungsvereinbarung – Aufhebungsvereinbarung Bei der Freistellungserklärung werden die Bedingungen der Freistellung einseitig vom Arbeitgeber angeordnet. Seine Anordnungen dürfen nicht über sein Weisungsrecht hinausgehen und den geltenden Arbeitsvertrag nicht verletzen. In einer Freistellungsvereinbarung hingegen einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich über die Bedingungen der Freistellung. Es lassen sich auch vom Arbeitsvertrag abweichende Regelungen treffen. Um ein allfälliges Prozessrisiko zu vermeiden, sollte wenn immer möglich eine einvernehmliche Lösung gesucht werden. Mit einer Aufhebungsvereinbarung wird das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen vor dem Ablauf der gesetzlichen oder vertraglich festgelegten Frist aufgelöst. Die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ist nicht gleichzusetzen mit einer Freistellung, bei der es sich bloss um einen einseitigen Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers handelt. Lohnanspruch während der Freistellung Die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers dauert bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Während dieser Zeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Lohn. Der Arbeitnehmer ist so zu behandeln, wie wenn er weiterhin arbeiten würde. So sind ihm beispielsweise sämtliche Zulagen, der Anteil 13. Monatslohn und Provisionen weiterhin zu bezahlen. Keinen Anspruch hat der Arbeitnehmer hingegen auf Spesen, sofern diese die effektiven Auslagen decken. Ohne Arbeit keine Spesen. FEBRUAR 2017 11
© Copyright 2024 ExpyDoc