Tierhaltung Foto: Lincke Bei bis zu 1,20 m Milchförderhöhe entstehen auch in hochverlegten Leitungen sehr gute Vakuumbedingungen. Wie das Melken flotter geht Mit ein paar schlauen Ideen melken Sie deutlich besser und schneller. Tipps von Melkberaterin Kathrin Lincke. S chwankt das Vakuum der Melkanlage, kann das für Kühe unangenehm werden. Sie lassen sich nur sehr schlecht ausmelken oder schlagen öfter die Melkzeuge ab. Deshalb sollten Vakuumleitungen im Gegensatz zu Milchleitungen möglichst groß sein. Enge 90°-Bögen, T-Stücke und Reduzierungen sind auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Zwischen Pulsatoren und Sensor des Vakuumregelventils sollte ein größeres Puffervolumen – entweder als längere oder dickere Leitung oder als Puffertank liegen. Die Anforderungen an die Vakuumreglung steigen mit zunehmender Anzahl der Melkzeuge. Aber auch in kleineren Melkständen kann es zu großen Regelschwankungen kommen, wenn die Leistung der Vakuumpumpe viel höher ist als der Verbrauch der Melkanlage. Ein mit mehreren Hundert Litern Lufteinlass überfordertes Regelventil ist nicht nur laut, sondern kann auch das Vakuum nicht mehr genau re- 38 top agrar südplus geln. Es verursacht Vakuumschwingungen, die sich durch ungünstige Leitungsführung noch verstärken können. Leistung anpassen: Ü bergroße Vaku- umpumpen verursachen höhere Anschaffungskosten und verbrauchen auch noch mehr Strom. Deshalb sollten sie nicht größer sein als nach ISO-Norm erforderlich. Zur groben Orientierung ist je Melkzeug nicht mehr als eine Vakuumleistung von 100 l pro min erforderlich. Abhängig von der Größe der Milchleitung, der zu reinigenden Melkanlage und der Höhe über dem Meeresspiegel kann die erforderliche Vakuumleistung für die Reinigung um einige hundert Liter höher sein. Um diesen Unterschied gering zu halten, sind übergroße Milchleitungen zu vermeiden. Es muss nur gewährleistet werden, dass die Milchleitungen beim Melken nicht voll werden. Werden zu große Vakuumpumpen mit Frequenzre- gelung eingesetzt, führt das oft sehr zu geringen Drehzahlen der Pumpe. Bei Unterschreiten der Mindestdrehzahl muss ein pneumatisches Regelventil öffnen. Das kann mit enormen Regelschwankungen verbunden sein. Der größte Vorteil eines Melkstandes ist nicht die tiefverlegte Milchleitung, sondern die leichtere Melkarbeit und kürzere Melkzeiten. Gegenüber sehr hohen Milchleitungen verursachen tiefverlegte Milchleitungen weniger Vakuumverluste. Doch „fällt“ die Milch in sehr weit unten liegende Milchleitungen, entstehen zitzenschädigende Vakuumbedingungen. Denn das Vakuum ist in der Entlastungsphase am höchsten. Milchleitung unten oder oben?Zitzen- schonende Vakuumbedingungen entstehen, wenn der Milchschlauch nach dem Sammelstück ca. 20 bis 80 cm ansteigt. Beim Melken von hinten sollten die Schläuche so aufgehängt werden, dass Fotos: Lincke Eine solche Schwenkbrücke ermöglicht einen ebenerdigen Zugang in den Melkstand. ein Schlauchanstieg entsteht, ohne dabei die hinteren Melkbecher zu sehr zu entlasten. Zu vermeiden ist ein Aufliegen der Schläuche auf der Grubenkante. Die Milchleitung oben zu verlegen ist nicht nachteilig, solange eine Milchförderhöhe von 1,20 m (max. 1,30 m) eingehalten werden kann. In Verbindung mit Gleichtaktpulsation entstehen hier sogar sehr zitzenschonende gute Melkbedingungen. Eine weitere Möglichkeit, Melktechnik gut auszulasten, bekommt man daher durch einen Swing-Over-Melkstand. Die Milchleitung liegt hier mittig über der Grube und die Melkzeuge können, an Schwenkarme montiert, jeweils die gegenüberliegenden Kühe melken. Mithilfe quer zur Kuh stehender Schwenk Die richtige Grubentiefe Eine Stiefeldusche mit Abfluss ist am Übergang vom Stall zum Melkstand sinnvoll, um möglichst wenig Schmutz hereinzutragen. arme lässt sich der Schlauchdurchhang verändern. Um an jedem Melkplatz die gleiche Milchförderhöhe zu haben, sollten Milchleitung, Standfläche der Kühe und Grube das gleiche Gefälle (1,5 bis 2 %) haben. Wegen der günstigeren Schlauchführung sollten die Kühe im Swing-Over immer in einer steilen FischgrätenAufstellung von hinten gemolken werden. Da im Swing-Over sechs bis sieben Kühe je Stunde und Platz gemolken werden können, ist das vor allem bei möglicher Herdenerweiterung eine sehr gute Lösung. Ein Schnellaustrieb lohnt sich für einen Swing-Over nicht. Denn die Kühe haben genügend Zeit für den Gruppenwechsel. Dagegen ist eine mechanische Vorstimulation sehr sinnvoll. Um ebenerdig von der Milchkammer in die Melkgrube zu gelangen, haben sich Schwenkbrücken bewährt (siehe Foto). Körpergröße Grubentiefe Grafik: Thiemeyer Euterhöhe Grubentiefen ab 85 cm: Je höher das Die optimale Grubentiefe richtet sich nach der Größe des Melkers und der durchschnittlichen Euterhöhe. Melkzeug über Schulterhöhe angehoben werden muss, desto mehr beansprucht das Muskulatur und Gelenke. Für kleinere Melkstände und wenn zwei unterschiedlich große Menschen gemeinsam melken, sind seitliche Auftritte wie Treppenstufen möglich. So stehen die oft kleinen Frauen höher und die Stiefel der größeren Männer passen unter den Auftritt. In der Praxis haben sich bei Melkern mit Körpergrößen von 1,60 m bis 1,75 m Grubentiefen ab 85 bis 95 cm bewährt. Ab 1,80 m sind 95 bis 105 cm optimal, um auch die Zitzen anschauen zu können. Zieht man von der Körpergröße die mittlere Euterhöhe seiner Kühe ab, hat man einen Richtwert für die passende Grubentiefe (Übersicht). Gummimatten sind sehr gut für die Gelenke und leichter sauber zu halten als Kunststoffspalten. Voraussetzung ist, dass das Gefälle der Melkergrube (1 bis 2 %) von der Mitte nach außen verläuft. Auf abfallendem Untergrund steht man generell bequemer als auf ansteigendem. Begrenzungsstangen im Kopfbereich, die die Sicht zum Euter behindern oder zu flache Gruben zwingen den Melker, den Kopf zur Seite zu legen. Das belastet langfristig die Halswirbelsäule. Auch abstehende Leitungen, Spülaufnahmen oder Messgeräte sollten ein aufrechtes, nahes Stehen an der Grubenkante nicht erschweren. Hände waschen: D enken Sie auch da- ran, sich im Melkstand die Hände waschen zu können. Aber hängen Sie Euterbrausen und Schläuche nicht in den Laufbereich. Vor dem Melkstand ist ein Abfluss für die Stiefelreinigung sinnvoll, um mit sauberen Stiefeln aus dem Stall in Melkstand, Milchkammer etc. zu kommen. Ein unten gebogenes und am Ende flachgedrücktes Rohr mit Hahn (siehe Foto) und ein seitlich befestiger Besen sind hier praktisch. Schnell gelesen • Vakuumleitungen sollten im Gegensatz zu Milchleitungen möglichst groß sein. • Je Melkzeug ist eine Vakuumleistung von 100 l/min erforderlich. • Wenn der Milchschlauch nach dem Sammelstück 20 bis 80 cm ansteigt, schont man die Zitzen. • Eine vorteilhafte Schlauchführung bieten Swing-Over-Melkstände. top agrar südplus 39
© Copyright 2024 ExpyDoc