Vertragsrecht III Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 1 Vertragsrecht III Tausch (§ 480 BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 2 Vertragsrecht III § 6 Tausch § 480 BGB Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 3 Vertragsrecht III § 6 Tausch keine nähere gesetzliche Regelung (§ 480 BGB verweist auf das Kaufrecht; wird vom BGB vorausgesetzt, nicht geregelt) gegenseitiger Vertrag Austausch von Sachen, Rechten oder sonstigen Vermögenswerten Unterschied zum Kauf: keine Geldleistung gemischte Verträge häufig (Kauf und Tausch) z.B. bei Ausgleich der Wertdifferenz im Rahmen des Austausches unterschiedlich wertvoller Sachen Achtung: Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens beim Kauf eines neuen KFZ ist kein Tausch, sondern Ausübung einer Ersetzungsbefugnis (Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 4 Vertragsrecht III § 6 Tausch Verweisung auf das Kaufrecht: jede Partei ist zugleich Käufer und Verkäufer Gewährleistungsansprüche: §§ 434 ff. BGB P: Minderung keine Herabsetzung der Leistung nach § 441 Abs. 3 BGB möglich, da keine Geldleistung h.M.: Gewährung eines Ausgleichsanspruchs in Geld analog § 441 Abs. 3 BGB Schadensersatz statt der Leistung, § 280 Abs. 1und 2, 281 BGB Gläubiger hat die Wahl zwischen Surrogations- und Differenztheorie Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 5 Vertragsrecht III § 6 Tausch Surrogationstheorie: Gläubiger erbringt seine Leistung und erhält den vollen Wert der mangelhaften Leistung Differenztheorie: Gläubiger behält seine Leistung und erhält Ersatz für die Differenz zwischen mangelhafter und mangelfreier Leistung Beispielfall zur Minderung: Autosammler A tauscht seinen Oldtimer Mercedes-Benz 280 SL (1969) Wert. (30.000 €) gegen den Jaguar Mark VIIM (1956) des B (Wert: 50.000 €). Nach erfolgtem Tausch stellt sich heraus, dass der Jaguar einen Getriebeschaden aufweist und daher lediglich 30.000 € wert ist. Welche Rechte hat A? Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 6 Vertragsrecht III § 6 Tausch I. Anspruch des A auf Minderung gem. §§ 480, 437 Nr. 2, 441, 323 Abs. 1 BGB 1. Tauschvertrag, § 480 iVm. § 433 BGB (+) 2. Sachmangel iSv. § 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB (+) 3. Fristsetzung zur Nacherfüllung, §§ 441 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB erforderlich 4. Minderung gem. § 441 Abs. 3 BGB Wertdifferenz Jaguar mangelfrei – mangelhaft: 40 % Minderung des Wertes der hingegebenen Sache (Mercedes)als Gegenleistung um 40 % = 12.000 € = Ausgleichsanspruch Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 7 Vertragsrecht III Schenkung (§ 516 BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 8 Vertragsrecht III § 6 Tausch § 516 Begriff der Schenkung (1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 9 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Definition: Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert und die Parteien darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. unentgeltliche Bereicherung eines anderen aus eigenem Vermögen einseitig verpflichtender Vertrag einseitige Leistungspflicht aber zweiseitiger Schuldvertrag (Geschenke kann man nicht „aufzwingen“) Besonderheit: Ablehnungsfrist, § 516 Abs. 2 S. 2 BGB Schenkung gilt als angenommen, wenn die Ablehnungsfrist fruchtlos verstreicht Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 10 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Annahme durch Ingebrauchnahme, § 151 BGB Arten der Schenkung Handschenkung (§ 516 BGB) Verfügung mit Rechtsgrundabrede, kein Verpflichtungsgeschäft Schenkungsversprechen (§ 518 BGB) Verpflichtungsgeschäft Notarielle Form (§ 518 Abs. 1 BGB) bei Formmangel Heilung durch Vollzug (§ 518 Abs. 2 BGB) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) formbedürftige letztwillige Verfügung bei Formmangel Heilung bei lebzeitigem Vollzug (§ 2301 Abs. 2) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 11 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Tatbestandsvoraussetzungen Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers (+) Übertragung von Rechten, Übereignung von Sachen (+) Schuldenerlass, Befreiung von Verbindlichkeit (-) unentgeltliche Nutzungsüberlassung (-) Verzicht auf Erwerb eines Vorteils, § 517 BGB Bereicherung auf Seiten des Beschenkten tatsächliche Vermögensmehrung Unentgeltlichkeit keine Gegenleistung Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 12 Vertragsrecht III § 6 Schenkung keine Unentgeltlichkeit bei geringwertiger Gegenleistung (stattdessen Kauf bzw. gemischte Schenkung) „belohnender Schenkung“ Gratifikation (zusätzliche Leistung zu einer geschuldeten Vergütung, etwa aus einem Dienstvertrag) unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten (Leistung um der Ehe willen - matrimonii causa -, ehebezogenes Rechtsgeschäft sui generis) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 13 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Haftung des Schenkers für Sach- und Rechtsmängel eigenständiges, vom allgemeinen Schuldrecht losgelöstes Haftungssystem Grundsatz: Utilitätsprinzip (utilitas: Nutzen) Schenker handelt nicht eigen-, sondern fremdnützig daher soll er besonders geschützt werden und milder haften „dem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 14 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Haftungsprivilegierung des § 521 BGB § 521 BGB: Der Schenker hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. gilt mit Blick auf das Erfüllungsinteresse unstreitig für Haftung wegen Unmöglichkeit und Verzug Haftung für Verletzung des Integritätsinteresses (Begleitschäden) ist umstritten Haftung für Rechtsmängel, § 523 BGB Haftung nur bei arglistigem Verschweigen des Rechtsmangels Ausnahme: Gegenstand soll erst erworben werden, dann auch Haftung für grobe Fahrlässigkeit, § 523 Abs. 2 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 15 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Haftung für Sachmängel (§ 524 BGB) Mangelschäden wie bei Haftung für Rechtsmängel (§ 523 BGB) Haftung nur bei arglistigem Verschweigen des Rechtsmangels Ausnahme: gattungsmäßig bestimmte Sache soll erst erworben werden, dann auch Haftung für grobe Fahrlässigkeit, § 524 Abs. 2 BGB Rechtsfolge des § 524 Abs. 2 BGB 1. Grundsätzlich: Nachlieferung 2. bei Arglist: zusätzlich Schadensersatz statt der Leistung Anwendung des Kaufrechts, § 524 Abs. 2 S. 3 BGB Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 16 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Mangelfolgeschäden P: umfasst § 524 BGB auch Mangelfolgeschäden (Verletzungen des Integritätsinteresses des Beschenkten)? BGH, Lit. (+): § 524 BGB § 524 BGB umfasst auch Mangelfolgeschäden Verdrängung der Haftung wegen Nebenpflichtverletzung nach den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB Rechtsfolge: Schenker haftet nur bei Vorsatz a.A. (-): §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ohne § 521 BGB § 524 BGB Fremdkörper im Haftungssystem Haftungsprivilegierung des § 521 BGB nicht anwendbar Schenker haftet bereits für leichte Fahrlässigkeit Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 17 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Looschelders: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mit § 521 BGB § 524 BGB passt mit Begrenzung auf Arglist erkennbar nicht aber Schutz des Schenkers über § 521 BGB erforderlich Lorenz: Differenzierender Ansatz Mangelfolgeschaden unmittelbar auf Mangel zurückzuführen es gilt § 524 BGB, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wird verdrängt Mangelfolgeschaden steht in Sachzusammenhang mit Eigenschaften des geschenkten Gegenstandes es gelten die §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aber § 521 BGB ist anwendbar Erstreckung des § 521 BGB auf deliktische Ansprüche Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 18 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Beispielfall: A schenkt B sein altes Moped. Dabei übersieht er leicht fahrlässig, dass die Bremsen nicht ordnungsgemäß funktionieren. Infolgedessen kommt es zum Unfall, wobei B verletzt wird. Kann B von A Ersatz der Heilungskosten verlangen? Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 19 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Abwandlung Beispielfall: A vergisst, den B darauf hinzuweisen, dass es sich um ein „getuntes“ Modell handelt, das sehr stark beschleunigt, so dass daher nur sehr vorsichtig Gas gegeben werden darf. Als der ahnungslose B beim Gas geben von der starken Beschleunigung überrascht wird, verliert er die Kontrolle über das Moped und stürzt. Kann B von A Ersatz der Heilungskosten verlangen? Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 20 Vertragsrecht III § 6 Schenkung eA: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ohne § 521 BGB, SEA (+) A haftet auch für leichte Fahrlässigkeit, SEA ist gegeben Looschelders: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mit § 521 BGB, SEA(-) A haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, kein SEA Lorenz: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mit § 521 BGB, SEA(-) Begleitschaden des B steht im Sachzusammenhang mit geschenktem Gegenstand A haftet gem. § 521 BGB allerdings nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, kein SEA Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 21 Vertragsrecht III § 6 Schenkung eA: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ohne § 521 BGB, SEA (+) A haftet auch für leichte Fahrlässigkeit, SEA ist gegeben Looschelders: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mit § 521 BGB, SEA(-) A haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, kein SEA Lorenz: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mit § 521 BGB, SEA(-) Begleitschaden des B steht im Sachzusammenhang mit geschenktem Gegenstand A haftet gem. § 521 BGB allerdings nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, kein SEA Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 22 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Schutz des Schenkers / erleichterte Lösbarkeit der Schenkung Schenker soll für sein atruistisches Handeln nicht bestraft werden Sonderfälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) lex specialis derogat legi generali: keine subsidiärer Rückgriff auf § 313 BGB möglich, wenn die Voraussetzungen der Sondertatbestände nicht eingreifen Einrede des Notbedarfs (§ 519 BGB) bezieht sich auf noch nicht erfülltes Schenkungsversprechen Rückforderung wegen Verarmung (§ 528 BGB) bezieht sich auf bereits ausgeführte Schenkung Rückforderungsmöglichkeit nach Bereicherungsrecht (Rechtsfolgenverweisung) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 23 Vertragsrecht III § 6 Schenkung Widerruf der Schenkung (§ 530 ff. BGB) Unterschied zu §§ 519, 528 BGB: knüpfen nicht an Bedürftigkeit des Schenkers, sondern an Verhalten des Beschenkten an Widerrufsrechte der §§ 530 ff. BGB sind höchstpersönliche Gestaltungsrechte (Ausnahme § 530 Abs. 2 BGB) kein Vorausverzicht möglich (§ 533 BGB) Voraussetzungen: schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen oder grober Undank Rechtsfolge: Widerruf beseitigt Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, Rückforderung nach Bereicherungsrecht Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 24
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