LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/14099 27.01.2017 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zum Antrag der Fraktion der PIRATEN „Das Land NRW muss die Freigabe von Cannabis in lizenzierten kommunalen Abgabestellen unterstützen!“ (Drucksache 16/14003) Kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene – Interessierte Kommunen in NRW bei Modellprojekten unterstützen I. Ausgangslage In Deutschland gehört der Konsum der illegalen Substanz Cannabis für mehrere Millionen Menschen zur Lebensrealität. Die Kriminalisierung fördert aber den Schwarzmarkt. Die Konsumenten sind beim Erwerb auf Drogendealer angewiesen, die sie ggf. an weitere, mit höheren gesundheitlichen Gefahren verbundene Substanzen heranführen. Die Cannabisprodukte auf dem Schwarzmarkt sind häufig verunreinigt, ihr THC-Gehalt kann vom Konsumenten nicht eingeschätzt werden, was zu weiteren Risiken führt. Das Verbot der Substanz Cannabis schafft somit Probleme, die durch die Legalisierung als Genussmittel für volljährige Personen reduziert werden könnten. Allerdings dürfen die Gefahren von Cannabiskonsum nicht verharmlost werden. Cannabiskonsum kann zu psychotischen Symptomen wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen führen. Problematischer Cannabiskonsum gerade junger Menschen führt häufig zum amotivationalen Syndrom (Antriebslosigkeit, etc.), das mit Problemen im sozialen Umfeld und schulischem Misserfolg verbunden ist. Cannabiskonsum im Jugendalter hat Einfluss auf die neuronale Entwicklung und kann den Ausbruch von Psychosen wie Schizophrenie bei vorhandener Veranlagung auslösen oder zumindest beschleunigen. Deshalb muss eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene mit einem strikten Jugendschutz und verstärkter und effektiverer Aufklärung und Prävention verbunden werden. Eine Reihe von Kommunen in Deutschland ist daran interessiert, über Modellprojekte die Chancen und Risiken einer kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene anstelle der bisherigen Verbotsstrukturen zu erproben. Dazu zählt auch die Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Stadtverwaltung arbeitet auf Beschluss des Rates und unter Einbeziehung des Lenkungskreises Suchthilfeplanung, weiterer Drogenexperten und der Polizei an einem Datum des Originals: 25.01.2017/Ausgegeben: 27.01.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14099 Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zum Betrieb von lizenzierten Abgabestellen von Cannabisprodukten für Erwachsene. Am 7. Dezember 2016 hat im Düsseldorfer Rathaus eine Fachtagung Cannabis zum gesundheitspolitischen Spielraum von Kommunen stattgefunden. Dabei wurde mit Experten aus Wissenschaft und Praxis das Pro und Contra einer legalisierten Cannabisabgabe sowie die mögliche Umsetzung eines Pilotprojektes erörtert. Ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene in lizenzierten Abgabestellen sollte zeitlich befristet sein. Der Teilnehmerkreis sollte auf einige hundert volljährige Konsumenten aus der jeweiligen Kommune begrenzt werden. Ein Bezug von qualitätsgesicherten Cannabisprodukten sollte über die einzurichtende Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ermöglicht werden. Unverzichtbar ist eine wissenschaftliche Begleitung mit einem fundierten Studiendesign. Dabei sollten vorrangig die Auswirkungen auf die gesundheitliche Situation der Konsumenten und ihr Konsumverhalten, insbesondere eine mögliche Reduktion problematischer Konsummuster, untersucht werden. Darüber hinaus wären Folgewirkungen bei der Einhaltung des Jugendschutzes, einer Verdrängung illegalen Handels sowie hinsichtlich Verbesserungen der öffentlichen Sicherheit zu überprüfen. Prof. Dr. med. Pongratz hat auf der Fachtagung in Düsseldorf eine Kostenschätzung vorgetragen. Demnach wären für die Erstellung des Studiendesigns, das für einen erfolgversprechenden Antrag auf ein Modellprojekt notwendig wäre, etwa 20.000 Euro zu kalkulieren. Eine zweijährige, wissenschaftliche Begleitstudie mit 500 Teilnehmern würde ca. 800.000 Euro erfordern. Neben der Landeshauptstadt Düsseldorf besteht in weiteren Kommunen in NRW wie Münster Interesse an der Durchführung eines Modellprojektes zur Einrichtung von lizenzierten Abgabestellen für Cannabisprodukte. Der finanzielle Aufwand für die Entwicklung und Durchführung eines Modellprojektes einschließlich der wissenschaftlichen Begleitung lässt sich aber nur durch eine Kooperation mehrerer Kommunen, eine Unterstützung des Landes und ggf. eine Zusammenarbeit mit Hochschulen oder evtl. über Drittmittel tragen. Zudem hat die Ablehnung des Antrages des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg durch das BfArM gezeigt, dass eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes mit hohen Hürden verbunden ist und der Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken als unvereinbar angesehen wird. Daher müsste ein Antrag auf ein Modellprojekt eindeutig auf gesundheitliche Verbesserungen bei den Konsumenten und die Vermeidung problematischen Konsumverhaltens ausgerichtet sein. Allerdings wäre auch bei entsprechender Zielsetzung und wissenschaftlicher Begleitung eine Genehmigung nicht gesichert. Deshalb wäre eine rechtssichere Grundlage für die Durchführung von Modellprojekten anzustreben. II. Beschlussfassung Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 1. eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, die eine rechtssichere Grundlage für die Durchführung von Modellprojekten zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene durch lizensierte Abgabestellen schaffen soll; 2. an einer Beteiligung an derartigen Modellprojekten interessierte Kommunen sowie ggf. für die wissenschaftliche Begleitung in Frage kommende Hochschulen zu koordinieren; 2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/14099 3. die Entwicklung eines Modellprojektes einschließlich des Studiendesigns einer wissenschaftliche Begleitung aus den vorhandenen Haushaltsmitteln zur Bekämpfung der Suchtgefahren zu unterstützen; 4. eine mögliche Landesförderung bei der Durchführung von Modellprojekten sowie mögliche Alternativen einer finanziellen Unterstützung durch Dritte zu prüfen. Christian Lindner Christof Rasche Susanne Schneider und Fraktion 3
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