Bankensystem in Italien, Deutschland und der EU stärken

17. Januar 2017
Bankensystem in Italien, Deutschland und der
EU stärken, Unternehmensfinanzierung sichern
Europäische Bankensysteme vor großen
Herausforderungen – Unternehmen in Sorge
Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone bleibt seit einigen Jahren hinter seinen
Möglichkeiten zurück. Gleichzeitig sinken die Arbeitslosenzahlen nur langsam. In
einigen Ländern, darunter auch Italien, ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch.
Ungenügendes Wachstum, zu geringe Beschäftigung sowie die zunehmende Armut
in vielen Ländern leisten dem Populismus Vorschub, der die Bewältigung dieser
Probleme zusätzlich erschwert.
Ein Grund für das geringe Wachstum einiger EU-Länder sind unzureichende Finanzierungsbedingungen, insbesondere die zurückhaltende Vergabe von Bankkrediten.
Hierdurch werden Investitionen und die Unternehmenstätigkeit eingeschränkt. Zur
Förderung des Wachstums und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze müssen die Probleme des Bankensystems gelöst werden. Dies wird dazu beitragen, die Risikoaversion der Banken zu verringern, so dass Unternehmen wieder mehr Kredite erhalten.
Zwar hat es diesbezüglich bereits einige Verbesserungen in der Eurozone gegeben.
Diese wurden jedoch nicht konsequent von der Wirtschaftspolitik unterstützt. Die
Geldpolitik hat wesentlich zu den Verbesserungen beigetragen, während die nicht
einheitliche Struktur-, Steuer- und Bankenpolitik in der EU in vielen Fällen gegen ein
Wachstum gearbeitet hat. Besonders in den letzten Jahren wurden die expansiven
geldpolitischen Anstrengungen durch regulatorische Verschärfungen des Bankensystems konterkariert.
Das europäische Bankensystem hat seit der großen Wirtschaftskrise 2008/2009
schwere Zeiten durchgemacht. Die Banken werden durch neue Technologien und
veränderte Märkte gezwungen, ihre Geschäftsmodelle an die neuen Gegebenheiten
anzupassen. Ein großes Hindernis sind zum einen die zyklischen Probleme, die mit
dem schwachen Wachstum und dem Schuldenabbau – beides Nachwirkungen der
Wirtschaftskrise – zusammenhängen. Zum anderen behindern anhaltende strukturelle Anpassungsschwierigkeiten die rasche Rückkehr zu einer auskömmlichen Ertragslage der Institute. In einigen Ländern dominieren zyklische Probleme, die Banken müssen ihre Bilanzen sanieren. Zwar konnten die Unternehmen ihren eigenen
Verschuldungsgrad senken, jedoch sind sie gleichzeitig auf Bankkredite zur Finanzierung von Neuinvestitionen angewiesen. In anderen Ländern dominieren strukturelle
Probleme wie z.B. die Überversorgung im Bankensektor, zu geringe Rentabilität und
eine sich wandelnde Wettbewerbslandschaft. Ein wirklich gesundes Bankensystem
bildet innerhalb der EU eher die Ausnahme als die Regel. Die staatliche Bankenpolitik in Deutschland und Italien geht bisher nicht ausreichend auf die Strukturprobleme
ein, die seit der Wirtschaftskrise aufgetreten sind.
Internationale Investoren sind daher in Sorge, ebenso wie Unternehmen der Realwirtschaft, die für eine tragfähige Entwicklung auf ein funktionierendes Finanzierungssystem angewiesen sind. Um für die Zukunft eine florierende Realwirtschaft zu
sichern, bedarf es eines umfassenden und robusten Bankensektors, der den Unternehmen ein breites Angebot an Finanzdienstleistungen bietet. Hierzu zählen die reibungslose Finanzierung von Unternehmen unterschiedlicher Größe, Sektoren und
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Geschäftsmodelle ebenso wie effiziente Maßnahmen zur Risikoabsicherung und
andere Investmentbanking-Aktivitäten sowie der Zahlungsverkehr.
Wir wissen, eine Rückkehr zur Unbeschwertheit der Vorkrisenära wird für das
Bankenwesen nicht in allen Bereichen möglich sein. So erschweren die veränderten
Marktbedingungen und regulatorischen Verschärfungen beispielsweise die langfristige, großvolumige und risikoreiche Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen.
Höhere Kapital- und Liquiditätsanforderungen, ein ungünstiges konjunkturelles
Umfeld sowie der von Nichtbanken ausgehende Druck zur Anpassung traditioneller
Geschäftsmodelle stellen eine hohe Herausforderung dar. Trotz des notwendigen
Strukturwandels bleibt die Unternehmensfinanzierung der Kernbereich des Bankengeschäfts, den es zu sichern gilt. Darüber hinaus sind alternative Finanzierungskanäle insbesondere über die organisierten Kapitalmärkte zu erschließen. Wir erkennen
die Verbesserungen an, die in vielen Bereichen des Banksektors seit 2009 erreicht
wurden. Das europäische Bankensystem ist heute stabiler und resistenter als vor der
Wirtschaftskrise. Die Eigenkapitaldecke wurde verbessert, das Volumen der notleidenden Kredite ist gesunken, und in einigen Ländern nimmt die Vergabe von Privatund Firmenkrediten wieder zu.
Gleichwohl besteht weiterhin hohes Verbesserungspotenzial im europäischen Bankensektor, der unter hausgemachten Strukturproblemen leidet. Für ein zukunftsfestes
und leistungsfähiges Bankensystem sind aus unserer Sicht die nachfolgenden Weichenstellungen unerlässlich:
1. Nationale und europäische Strukturen im Bankensektor effektiv
anpassen
Die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 hat zu einer Neuordnung der europäischen Wirtschaftspolitik und zu schmerzhaften Anpassungen der
Wirtschaft in Europa geführt. Gleichzeitig hat sich eine wachsende Kluft zwischen der
Leistungsfähigkeit europäischer Finanzinstitute, und ihren US-amerikanischen und
chinesischen Konkurrenten herausgebildet. Während in den USA sehr schnell
Maßnahmen zur Sanierung und Konsolidierung ergriffen wurden und das
staatlich gesteuerte Bankenwesen in China von der makroökonomischen Stabilisierung profitierte, driften Rentabilität, Bewertungen und Dynamik der europäischen
Banken und Bankenmärkte weiter stark voneinander ab.
Dieses Problem darf nicht unterschätzt werden. Denn ein gesundes Bankensystem
ist eine wesentliche Voraussetzung für eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung.
Insbesondere gilt dies für bankenbasierte Systeme außerhalb der angelsächsischen
Welt. Obwohl die Regulierung einem gemeinsamen Grundverständnis folgte, wichen
die nationalen Bankenpolitiken und Zentralbankmaßnahmen in den drei globalen
Wirtschaftsregionen zum Teil erheblich voneinander ab. Europäische Banken sehen
sich heute großen wettbewerblichen Herausforderungen und Nachteilen ausgesetzt.
Sie müssen gegen Finanzinstitute antreten, die von einer konsequenteren Sanierung
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sowie von günstigeren wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen und strukturpolitischen Bedingungen profitieren. Oft unterliegen Nicht-EU-Konkurrenten einem
geringeren Wettbewerbsdruck oder werden durch Staatsbeteiligungen und/oder
durch staatliche Eingriffe geschützt. US-amerikanische Banken waren so besser in
der Lage, mit den verschärften Regulierungsvorschriften umzugehen.
Seit den 1980er Jahren ist die Unternehmensfinanzierung wesentlich internationaler
geworden. Doch muss es in einer Welt, die von zunehmenden politischen und
Marktrisiken geprägt ist, auch in den kommenden Jahren ein vorrangiges politisches
und wirtschaftliches Ziel sein, europäischen nicht-finanziellen Unternehmen eine
verlässliche Finanzierung durch europäische Banken zu ermöglichen. Es ist nicht zu
übersehen, dass wichtige Weltmächte ihren finanziellen Einfluss aus kommerziellen
und Sicherheitsüberlegungen heraus einsetzen und so das Wettbewerbsumfeld
verzerren. Europa kann sich in einer zunehmend merkantilistischen Welt nicht mit
einer Nebenrolle zufriedengeben.
Wir sind in großer Sorge über die Folgen der inkohärenten Politik von EU-Mitgliedstaaten und -Institutionen. Mit einem isolierten Fokus etwa auf einzelstaatliche
Performanceprobleme lässt sich die schwierige Situation nicht nachhaltig verbessern.
Wir brauchen vielmehr eine gemeinsame Vision darüber, wie das Bankwesen effektiv
die Realwirtschaft unterstützen und eine reibungslose Finanzierung von Investitionen, Infrastruktur, Wohnungsbau, Privathaushalten und dem öffentlichen Sektor
gewährleisten kann. Wir rufen daher unsere Regierungen und die europäischen
Institutionen dazu auf, ihre Perspektive zu erweitern und einen effektiven, wettbewerbssichernden Ansatz zu entwickeln.
2. Stabiles und rentables Umfeld für das Bankwesen schaffen
Die nachhaltige und tragfähige Finanzierung der Realwirtschaft erfordert einen leistungs- und wettbewerbsfähigen Bankensektor, der auskömmliche Erträge erzielt, um
eine starke Kapitalbasis aufzubauen. Ein angemessenes Kapital- und Liquiditätsniveau erhöht die Krisenresistenz der Banken und senkt ihre Risikoaversion. Im gegenwärtigen überversorgten Marktumfeld in Europa haben Banken Schwierigkeiten, ihr
Kapital zu erhöhen. Der Prozess der Konsolidierung und des Schuldenabbaus ist
noch nicht abgeschlossen. Eine ganzheitliche Bankenpolitik in der Eurozone muss
daher vorrangig geeignete Rahmenbedingungen für wettbewerbsfähige und rentable
Banken schaffen. In vielen Mitgliedstaaten, darunter auch Italien und Deutschland, ist
eine stärkere Konsolidierung des Bankwesens nach wie vor ein wichtiger Weg zu
diesem Ziel. Überdies könnten sich nachhaltige Anpassungen der Geschäftsmodelle,
konsequente Kostensenkungen oder Marktaustritte als notwendig erweisen.
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3. Echten europäischen Governance-Ansatz für das Bankwesen
verfolgen
Eine zentrale Rolle bei der Integration der europäischen Bankenmärkte spielen das
Rechts-, Regulierungs- und Aufsichtssystem. Kapital-, Liquiditäts- und Rechtsstrukturen sind in zu vielen Fällen an einzelstaatlichen Wahlrechten ausgerichtet. Dadurch
wird die Entfaltung eines integrierten Bankenmarkts in der Eurozone bzw. der EU
behindert. Wünschenswert ist ein einheitlicher Regulierungsrahmen, der die Weiterentwicklung gesamteuropäischer Finanzinstitute, die über die ausreichende Größe,
Diversifizierung und Kapitalisierung verfügen, unterstützt. Hierfür müssen möglicherweise einschneidende gesetzliche, regulatorische und Aufsichtsmaßnahmen ergriffen
werden, so etwa die Bildung einer EU-Bankencharta, die Errichtung einer zentralen
Bankenaufsicht auf einer Ebene sowie gemeinsame Regeln und Standards für
solche Institutionen. Von zentraler Bedeutung zur Rückgewinnung des Marktvertrauens und Förderung eines wahrhaft europäischen Bankensektors sind einheitliche
EU-Aufsichtsstrukturen, die die Möglichkeiten und Ermessensspielräume der zuständigen Behörden klar eingrenzen.
4. Wettbewerbsfähigkeit europäischer Banken auf dem
internationalen Markt sichern
Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Banken auf den internationalen Finanzmärkten darf nicht durch überzogene Regulierung und ein einseitiges Finanzstabilitätsprimat eingeschränkt werden. Die notwendige Bilanzkonsolidierung der Banken
darf nicht zulasten ihrer Fähigkeit gehen, Unternehmensfinanzierungen bereitzustellen. Die Banken der Eurozone müssen weiterhin in der Lage sein, großvolumige
Kredite zu vergeben, Unternehmen – insbesondere des Mittelstands – langfristige
Finanzierung anzubieten und Zusammenschlüsse europäischer Unternehmen finanziell zu begleiten. Die politischen, regulatorischen und ökonomischen Prioritäten sind
international sehr unterschiedlich. Vor diesem Hintergrund sollte die Nachkrisenagenda des G20-Regulierungsrahmens bald ohne weitere regulatorische Diskrepanzen abgeschlossen und umgesetzt werden. Regeln zu Kapital, Höchstverschuldung
und Liquidität sollten hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung und das Risikomanagement in Europa bewertet werden. Dies gilt
auch für die aktuellen Beratungen der zuständigen internationalen Regulierungsbehörden wie des Baseler Ausschusses (Stichwort „Basel IV“).
5. Notleidende Kredite abbauen
Der riesige Bestand uneinbringlicher Kredite in den Bilanzen zahlreicher europäischer Banken muss innerhalb einer vertretbar kurzen Frist auf ein tragfähiges Maß
reduziert werden. Dass sich ein solcher Bestand überhaupt anhäufen konnte, lag in
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einigen Ländern nicht zuletzt an der lange anhaltenden und schweren Rezession und
der anschließend nur schleppenden Wachstumserholung. Europäische Banken
sollten dem kürzlich veröffentlichten Leitfaden der Europäischen Zentralbank zur
Behebung des NPL-Problems folgen. Dieser sieht unter anderem vor, dass jede
Bank eine spezielle Einheit für notleidende Kredite einrichtet, um den Gesundungsprozess effektiver zu gestalten. Eine stringente Lösung des Problems müsste auch
die Kapitalmärkte, angemessene Insolvenz- und Bail-in-Regeln sowie einen wettbewerbspolitischen Rahmen umfassen, der die Bereinigung der Bankbilanzen ermöglicht.
Italien hat 2015 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Bewältigung des NPL-Problems umgesetzt (GACS-Plan, Bankenfonds Atlas, neue Regelungen zur Vereinfachung und Verkürzung des Eintreibungsverfahrens). Damit konnte zwar ein weiterer
Anstieg notleidender Kredite gestoppt, nicht jedoch der Bestand an faulen Krediten
reduziert werden. Die Umsetzung weiterer wichtiger Maßnahmen wie etwa die Schaffung einer nationalen Abwicklungsbank hat sich in der Praxis als schwierig erwiesen.
Die Europäische Kommission folgt bei der Beurteilung der staatlichen Unterstützung
für Finanzinstitute und der Umsetzung neuer Regelungen zur Bankenkrise einem zu
restriktiven Ansatz. Die neuen Beihilfevorschriften für Banken (mit denen 2013 das
Prinzip der Lastenteilung eingeführt wurde, das die klassische Bankenrettung
ersetzte) und die Abwicklungsrichtlinie BRRD (mit der in Europa neue Regeln zur
Sanierung und Abwicklung notleidender Banken eingeführt wurden, darunter auch
das so genannte Bail-in) schaffen zwar die Voraussetzungen für eine bessere
Governance und den Schutz der Steuerzahler. Sie berücksichtigen jedoch nicht im
erforderlichen Maße die spezifischen Probleme, mit denen der Finanzsektor in den
betroffenen Mitgliedstaaten zu kämpfen hat. Ist nur eine Bank von der Krise betroffen, so bietet der neue Regulierungsrahmen möglicherweise noch ein akzeptables
Abwicklungsinstrument. Bei einer systemischen Bankenkrise können die Regeln
jedoch die Finanzstabilität bedrohen und die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen, was zu einer schweren Belastung auch der Steuerzahler führt. Diese Unzulänglichkeiten werden in der entsprechenden Richtlinie auch explizit eingeräumt. In einem
integrierten System wie der EU können sich Negativfolgen über Vertrauenskanäle
sowie Handels- und Finanzverbindungen verbreiten und auf andere Länder der Eurozone übertragen.
Das italienische Bankenwesen stand zu Beginn der Krise, in den Jahren 2007/2008,
relativ gut da. Die Bilanzen italienischer Banken waren, anders als in vielen anderen
europäischen Ländern, frei von toxischen Aktiva. Deshalb bestand in Italien auch
keine zwingende Notwendigkeit, die Banken mit staatlichen Hilfen zu stützen. Erst als
Folge der zweiten Rezession, die in den Jahren 2011-2013 der Krise von 2008/2009
folgte, kam es in Italien zu dem großen Volumen an notleidenden Krediten. Zu
diesem Zeitpunkt waren staatliche Eingriffe zur Unterstützung der Banken, wie sie in
anderen Ländern bereits zuvor stattgefunden hatten, jedoch sehr viel schwieriger
und teurer geworden. Erschwerend kommt hinzu, dass ein wesentlicher Anteil der
umlaufenden italienischen Bankschuldverschreibungen in den Händen von Privatanlegern liegt. Dadurch wird ein Bail-in nicht nur komplizierter in der Durchführung,
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sondern ist auch politisch schwerer durchzusetzen. Die jüngsten Maßnahmen, die
bankenseitig und von der italienischen Regierung ergriffen wurden, um die Probleme
der angeschlagenen Institute zu lösen – darunter die Ausschöpfung der von den
Beihilferegeln gestatteten Flexibilität – sind wichtige Instrumente zur Verringerung
der Risiken für die italienische und die gesamteuropäische Wirtschaft.
6. Bankbilanzen durch ein verbessertes Rahmenwerk für
Verbriefungen entlasten
Hochwertige Verbriefungen von Unternehmens-, Immobilien- und Privatkundenkrediten können die Kreditrisiken für Banken verringern und attraktive Anlagemöglichkeiten für Kapitalmärkte und institutionelle Investoren schaffen. Der STS-Vorschlag im
Rahmen der Kapitalmarktunion ist daher sehr begrüßenswert. Wie die Europäische
Kommission ausführt, könnte ein effizientes Rahmenwerk für Verbriefungen zusätzliche Unternehmenskredite in Höhe von 100 Milliarden Euro ermöglichen. Daher muss
das STS-Dossier unbedingt auf Schiene gebracht werden.
7. Weitere regulatorische Verschärfungen vermeiden
Angemessene aufsichtsrechtliche Vorschriften und Finanzmarktstabilität sind von
höchster Bedeutung und als Grundlage der europäischen Wirtschaft unentbehrlich.
Viele der regulatorischen Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren eingeführt
wurden oder derzeit im Gespräch sind, haben jedoch gravierende Konsequenzen für
die Finanzierung und das Risikomanagement von Unternehmen. Der Regulierungsrahmen muss Finanzstabilität und Finanzierung der Realwirtschaft in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Die Regulierungsbemühungen in der Krise haben dies nicht
vollständig erreicht. Die Banken haben ihr Kapital bereits um über 300 Milliarden
Euro erhöht, die durchschnittliche Kernkapitalquote stieg 2015 auf 13,2 Prozent.
Außerdem stärkten die Banken ihre Liquidität. Weitere Regulierungsbemühungen
müssen darauf abzielen, eine angemessene Umsetzung des Regelwerks sicherzustellen, die bestehenden Regeln zu optimieren und Unstimmigkeiten zwischen diesen
auszuräumen. Z.B. sollten bewährte Instrumente wie die internen Ratingmodelle
erhalten oder sogar ausgebaut werden. Dies trifft insbesondere auf den KMU-Unterstützungsfaktor zu. Dieser muss nicht nur beibehalten, sondern auch verstärkt und
dessen Anwendungsbereich über den derzeitigen Grenzwert von 1,5 Millionen Euro
hinaus erweitert werden.
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8. Bankenunion vollenden
Die Bankenunion muss vollendet werden, denn sie trägt entscheidend dazu bei, den
Teufelskreis zwischen Banken und Staatsschulden zu durchbrechen und so den
EU-Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu sichern. Zum einen sollte ein effizientes Zusammenspiel zwischen der ersten und der zweiten Säule (dem einheitlichen
Bankenaufsichtsmechanismus und dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus) sichergestellt werden. Zum anderen sollte die dritte Säule umgesetzt werden:
die Schaffung eines Europäischen Einlagensicherungssystems zur Sicherung von
Einlagen in Höhe von bis zu 100.000 Euro. Ein einheitliches europäisches Einlagensicherungssystems für alle Banken in der Eurozone ist der nächste logische Schritt
nach der Umsetzung der BRRD. Wie der Vorschlag der Europäischen Kommission
betont, erfordert dies unter anderem eine weitere Reduzierung von Bilanzrisiken der
Banken. Die Einführung eines gemeinsamen Systems könnte über die stabilisierende
Wirkung bereits in der Anfangsphase für mehr Vertrauen in den Bankensektor
sorgen. Voraussetzung eines gemeinsamen Systems zur Einlagensicherung ist jedoch die Einrichtung entsprechender Systeme auf nationaler Ebene. Darüber hinaus
sollte die regulatorische Behandlung von Staatsschulden in Bankenbilanzen auf
G20-Ebene geklärt werden. Positionen einzelner Banken lassen sich ebenfalls im
Rahmen des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus behandeln.
9. Geschäftsmodelle neu ausrichten
Die gegenwärtigen Entwicklungen mit zunehmender Finanzregulierung, niedrigen
Zinsen und sukzessiver Digitalisierung erfordern von den Banken eine umfangreiche
Anpassung ihrer Geschäftsmodelle. Angesichts der Heterogenität des europäischen
Bankenwesens gibt es keine einheitliche Lösung. Die meisten Banken müssen
weiterhin an ihren Kostenstrukturen arbeiten und das Verhältnis von Kosten zu
Erträgen verbessern. Eine Reihe von Banken wird außerdem ihre Geschäftsmodelle
weiter anpassen müssen. Die konsequente Weiterentwicklung des Onlinebankings
birgt in vielen Fällen noch Potentiale für neue Erlösquellen, besonders im Privatkundensegment. Manche Banken können ihre Preispolitik weiter optimieren. Andere
Möglichkeiten bestehen in der Anpassung von Vertriebskanälen oder der Fokussierung des angebotenen Produktportfolios. Die Einsparungen aus diesen Maßnahmen
können eingesetzt werden, um das Angebot an Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung auszubauen, das sich insbesondere an Unternehmen im Bereich Innovations- und Internalisierungsprozesse richtet. Qualitative Indikatoren in den Ratingsystemen sollten verstärkt genutzt werden, um die Einschätzung der Kreditwürdigkeit
von Unternehmen, und insbesondere von KMU, zu verbessern. Darüber hinaus
müssen mehr Fortschritte in der Konsolidierung des Bankensystems hin zu einer
Landschaft mit weniger, dafür aber effizienteren Banken erzielt werden. Die jüngsten
Reformen der Volks- und Genossenschaftsbanken in Italien sind hier ein Schritt in
die richtige Richtung. Eine weitere Strukturanpassung des gesamten Sektors ist daher wahrscheinlich und auch notwendig. Die Konsolidierung des übersättigten deutschen Bankenmarkts schreitet ebenfalls nur langsam voran.
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Diese Konsolidierung wird die Anzahl der Akteure im High-End-Bereich der Unternehmensfinanzierung voraussichtlich weiter verringern. Angebotsengpässe bei der
Langfristfinanzierung und bei Großkrediten, wie sie bei Handelsfinanzierungen und
bei komplexen M&A-Geschäften üblich sind, könnten sich jedoch als Problem erweisen, sobald die Nachfrage nach Krediten und Dienstleistungen im Investmentbanking
wieder ansteigt. Es wird sich zeigen, ob die Strukturanpassungen des europäischen
Bankensektors, wie sie in Deutschland und Italien stattfinden, weiterhin eine lückenlose Unternehmensfinanzierung ermöglichen.
10. Kredit- und Kapitalmärkte als makroökonomische Risikopuffer
stärken
Integrierte, intelligent regulierte und robuste Finanzmärkte haben eine wichtige
gesamtwirtschaftliche Pufferfunktion. Wie der Fünf-Präsidenten-Bericht darlegt, lässt
sich die Krisenresistenz der Eurozone durch eine Vertiefung der Kredit- und Kapitalmärkte erheblich verbessern. Die grenzüberschreitende Risikoreduzierung und -teilung durch integrierte Kredit- und Kapitalmärkte hat in den USA Konjunkturschwankungen erheblich reduziert und könnte auch in der EU funktionieren. Bankenunion
und Kapitalmarktunion sind daher notwendige Ergänzungen einer funktionierenden
europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.
Grenzüberschreitenden Banken- und Finanzmärkte in der EU bilden eine wichtige
Voraussetzung dafür, die oben genannten Funktionen zu erfüllen. Eine effiziente
Risikoreduzierung durch integrierte Kredit- und Kapitalmärkte ist außerdem notwendig, um die Steuerzahler – sowohl Haushalte als auch Unternehmen – vor den Kosten von Finanzkrisen zu schützen.
11. Neue Finanzierungswege im Nichtbanken-Sektor
weiterentwickeln
Parallel zur klassischen Kreditvergabe durch Banken sollten auch alternative Kanäle
zur Unternehmensfinanzierung weiterentwickelt werden. Instrumente von Nichtbanken und Finanzintermediären, darunter Mittelstandsanleihen, Mezzaninefinanzierungen, Leasing, Kreditfonds, Private-Equity und Risikokapitalfonds können die Finanzierungsbasis erheblich verbreitern. Um Unternehmen weitere Finanzierungsquellen
zu eröffnen und KMU vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt zu sichern, sollten
außerdem geeignete Börsenstrukturen geschaffen werden. In Italien wurden bereits
Schritte in diese Richtung unternommen: So wurden Mini-Bonds und ein Alternative
Investment Market (AIM) eingeführt, Steueranreize für Privatanleger und Rentenfonds geschaffen, die in KMU investieren, und es gibt Vereinfachungen beim Börsengang von Midcaps sowie für die Anrechnung von Eigenkapital (allowance for corporate equity, ACE). Die bisherigen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, reichen
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jedoch noch nicht aus, um die bestehenden Engpässe auf dem Bankkreditmarkt
auszugleichen. Wir müssen diesen Weg daher konsequent fortzusetzen und insbesondere Instrumente zur Stärkung des Eigenkapitals von Unternehmen und zur
Erleichterung des Kapitalmarktzugangs fördern. Die Deutsche Börse fasst bereits
ähnliche Schritte ins Auge, die unter anderem Unterstützung durch geeignete steuerliche Instrumente benötigen.
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