Beispiel 1 - Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Vorsorgender Bodenschutz in Städten und Gemeinden
Konkreter Nutzen und praktische Umsetzung
So kann es gehen - Beispiele für Kommunen und Städte
Dr. Thilo Klein, Stadt Wetzlar
Cornelia Scholz, RP Kassel
Peter Wüstemann, Stadt Kassel
Gliederung
1. Begrenzen und Lenken in der Bauleitplanung
2. Auflagen, Nebenbestimmungen und Festsetzungen
nutzen
3. Ausführung planen, steuern und überwachen
4. Bodenbewusstsein schaffen, Bevölkerung vor Ort
begeistern und mitnehmen
5. Fazit und Ausblick
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1. Begrenzen und Lenken - Bauleitplanung
Grundsätze (1)
Grundlagen für planerische Entscheidungen bereitstellen
- Bodenplanungskarte auf Basis der Bodenfunktionsbewertung
- Priorisierung / Rangfolge der Eignung für
Neuinanspruchnahmen aus Sicht des Bodenschutzes
- Empfindlichkeiten der Böden, insbesondere gegen
Verdichtungen
- geeignete Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen
- bodenbezogene Kompensationsmöglichkeiten
Frühzeitige Beteiligung der Bodenschutzbehörde in
Planungsprozessen (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan).
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1. Begrenzen und Lenken - Bauleitplanung
Grundsätze (2)
Flächennutzungsplan inkl. Umweltbericht, in den
Planungsmöglichkeiten und Alternativen abgewogen werden,
u. a. auf Grundlage von
- Bodenfunktionsbewertungen und
- Priorisierung / Rangfolge der Eignung für
Neuinanspruchnahmen aus Sicht des Bodenschutzes
Bebauungsplanung
Bodenschutzbelange können innerhalb des Geltungsbereiches
des B-Plans zur Stellung der Gebäude, zu frei zuhaltenden
Flächen, zu Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen etc.
vorgetragen werden.
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Beispiel 1: Auswertung von Bebauungsplänen
in Wetzlar 1986 bis 2010
Wurde das Schutzgut Boden berücksichtigt?
„…, dass die Berücksichtigung des Bodens in den
Bauleitplanverfahren der Stadt Wetzlar in den letzten Jahren
besser geworden ist, konkrete Verbesserungen des
Bodenschutzes aber nahezu ausgeblieben sind.
Es sind daher weitere Maßnahmen notwendig, um den
Bodenschutz auf allen Planungsebenen weiter zu verbessern.
In der Nachsorge ist es wesentlich aufwendiger und teurer, die
verloren gegangenen Bodenfunktionen wieder herzustellen als sie
durch richtige Planung vorsorgend zu erhalten.“
(Quelle: Praktikumsarbeit zum Thema „Bodenschutz in der Bauleitplanung“, Fabian Hofmann 2014)
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Beispiel 2: Lenkung der Bauleitplanung mit Hilfe der
Bodenfunktionsbewertung (Stadt Wetzlar)
Ämterübergreifende Abstimmung,
wie neue Siedlungsflächen in eine Rangfolge unterschiedlicher Eignung
gebracht werden können (Siedlungsflächenpotenzial für Wohnbauflächen)
• Verständigung über geeignete Kriterien (insgesamt 16 Kriterien)
wie z. B. Verfügbarkeit der Flächen, äußere verkehrsmäßige Erschließung,
ÖPNV-Anbindung, Schutzwürdigkeit, Topographie etc.
• unter anderem auch die Kriterien Bodenfunktionsbewertung und
Flächenrecycling / Natürlichkeit
• Je Kriterium können 0 bis 10 Punkte vergeben werden.
• Unterschiedliche Gewichtung der Kriterien.
• Aufsummierung der gewichteten Einzelpunkte je Kriterium
Je höher die Punktzahl, desto besser ist die Eignung als Siedlungsfläche.
• Anwendung des Bewertungskonzeptes
Beispiele folgende Seiten
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Bewertungsergebnis Boden (Beispiel Schattenlänge I):
• Bodenfunktionen - hoher Anteil an Flächen mit geringer
Funktionserfüllung
9 Punkte (gute Eignung)
• Flächenrecycling / Natürlichkeit - durch Besiedlung bisher
unbeeinflusste Böden
2 Punkte (geringe Eignung)
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Bewertungsergebnis Boden (Beispiel Blankenfeld II):
• Bodenfunktionen - hoher Anteil an Flächen mit mittlerer bis
hoher Funktionserfüllung
2 Punkte (geringe Eignung)
• Flächenrecycling / Natürlichkeit - durch Besiedlung bisher
unbeeinflusste Böden
2 Punkte (geringe Eignung)
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Beispiel 3: Lenkung der Bauleitplanung mit Hilfe der
Bodenfunktionsbewertung (Stadt Kassel)
Pilotprojekt:
Umfangreiche Ergänzungen zum Schutzgut Boden im Umweltbericht
• Auftrag an externes Büro
• Exemplarische Bearbeitung des Themenkomplexes Bodenschutz für
einen B-Plan
• Ziel: Grundlage für zukünftigen Standard
• Problem: Einbindung erst in fortgeschrittenem Planungsstadium
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• Plangebiet mit sehr hohem
Funktionserfüllungsgrad
• Betrifft auch vorgesehene
Kompensationsflächen (1-7)
• Abwägungsergebnis: Keine Alternative
• Vermeidungs- und
Minderungsmaßnahmen werden benannt
(Reduktion der Versiegelung, u.a.)
• Prozessergebnis: Intensivere
Beschäftigung mit dem Schutzgut Boden
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Landwirtschaft und Verbraucherschutz
2. Auflagen, Nebenbestimmungen und
Festsetzungen nutzen
Grundsätze
Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes können als
Auflagen / Nebenbestimmungen in der Genehmigung festgelegt
werden. (Festsetzungen in vorhabensbezogenen B-Plänen)
Die Auflagen / Festsetzungen sollte möglichst präzise die
erforderlichen, geeigneten und gleichzeitig umsetzbaren
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen beschreiben.
Bestimmte statt allgemeine Formulierungen und kontrollierbare
Anforderungen sind zu bevorzugen.
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Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Beispiel 1: Nebenbestimmungen in einer Baugenehmigung
(Stadt Wetzlar)
Auszug aus einer Baugenehmigung (1):
[…] Bei der gutachterlichen Begleitung der Baumaßnahmen ist
auch darauf zu achten, dass die fachlichen Anforderungen des
vorsorgenden Bodenschutzes berücksichtigt werden. Die
funktionale Leistungsfähigkeit des Bodens ist soweit möglich zu
erhalten und auf den Flächen, die nicht überbaut aber
beansprucht wurden und werden entsprechend den
Anforderungen des Bodenschutzes wiederherzustellen.
Insbesondere Mutterboden ist in nutzbarem Zustand zu erhalten
und vor Vernichtung und Vergeudung zu schützen.
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Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Beispiel 1: Nebenbestimmungen in einer Baugenehmigung
(Stadt Wetzlar)
Auszug aus einer Baugenehmigung (2):
Ober- und Unterboden ist fachgerecht auszubauen,
zwischenzulagern und wieder einzubauen. Eine Vermischung
mit Fremdmaterialien ist zu vermeiden.
Überschüssiges Bodenmaterial ist ordnungsgemäß zu
verwerten.
(siehe z. B. BVB-Merkblatt, Band 2, Bodenkundliche
Baubegleitung BBB, Leitfaden für die Praxis, Erich Schmidt
Verlag 2013)
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Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Beispiel 2: Festsetzungsvorschläge für einen
vorhabenbezogenen B-Plan (Stadt Kassel)
Auszug aus der Stellungnahme der UBB:
Es sollten unbedingt Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen zum Schutz des verbleibenden Bodengefüges
festgesetzt werden.
Zukünftige Grünflächen können durch folgende Maßnahmen
(…) geschützt werden:
Ausweisen von Tabuflächen (Baustelleneinrichtungsplan mit
Baubedarfs- und Tabuflächen)
Ausführung der Baumaßnahme
- soweit möglich bei trockener Witterung und
- mit bodenschonender Technik
Bodenkundliche Baubegleitung
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3. Ausführung planen, steuern und überwachen
Grundsätze
Baustelleneinrichtung planen.
Flächige Befahrung und Verdichtung der Böden vermeiden.
Getrennter Aushub und getrennte Lagerung unterschiedlicher Bodenschichten (A-, B- und C-Boden)
Eigenbetriebe oder beauftragte Bauunternehmen in Belange
des Bodenschutzes einweisen.
Festlegen geeigneter und erforderlicher Vermeidungs- und
Minderungsmaßnahmen.
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©Katasteramt Städteregion Aachen & GEO basis.nrw
Beispiel 1: Ungeregelte Befahrung bei der Erschließung
schädigt den Boden flächenhaft.
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Beispiel 2: Gewässerrenaturierung (Stadt Wetzlar)
Biotopentwicklungsmaßnahme in der Aue im Zuge einer
Ökokontomaßnahme bestehend aus:
Anlage/Vergrößerung Feuchtbiotop
Anlage Auwald mit Waldrandstruktur (Pflanzung: vor allem
Stieleiche, Hainbuche, Wildbirne und einheimische Sträucher)
Anlage Grünland mit Wildblumen und -gräsern (Einsaat mit
regionalem Wildpflanzensaatgut)
Ausführungsplanung:
Im Winter bei Frost (Vermeidungsmaßnahme).
Jedoch Tauwetter bei der Ausführung, so dass Baustraße
nachträglich angelegt werden musste.
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Foto: Andreas Guth,
Büro für Landschaftsanalyse, Wetzlar
Zustand vor Bauausführung bei Frost.
Bestehendes Kleingewässer in der Aue sollte aufgeweitet und mit flach
auslaufenden Ufern versehen werden.
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Tauwetter bei der Bauausführung führte zu Befahrungsschäden.
Anlage einer Baustraße wurde als ad-hoc-Maßnahme vereinbart.
Foto: Andreas Guth,
Büro für Landschaftsanalyse, Wetzlar
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Foto: Andreas Guth,
Büro für Landschaftsanalyse, Wetzlar
Foto: Klara Schubert,
Amt für Umwelt und
Naturschutz,
Stadtverwaltung Wetzlar
Baustraße in Benutzung.
Befahrungsschäden aus der Auftauphase sind noch zu erkennen.
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Baustraße nach Rückbau.
Weitere Verdichtungsschäden konnte vermieden werden.
Foto: Andreas Guth,
Büro für Landschaftsanalyse, Wetzlar
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4. Bodenbewusstsein schaffen, Bevölkerung vor Ort
begeistern und mitnehmen
Grundsätze
Lokale Mitbestimmung und bürgerschaftliches Engagement sind
bedeutsam bei kommunalen Entscheidungen.
Die Verbundenheit mit der Kommune und dem Wohnumfeld
kann u. a. mit gut kommunizierten Maßnahmen zum Schutz der
Böden gefördert werden.
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Beispiel: Bodenerlebnispfad (Stadt Wetzlar)
Beispiel:
Böden und Bodenschutz ansprechend und leicht verständlich erklären.
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5. Fazit und Ausblick
Bodenschutz ist (noch) kein Selbstläufer.
Frühzeitige Beteiligung mit qualifizierten Fachbeiträgen/gutachten Bodenschutz erfolgt nicht immer.
Lenkungs- und Vermeidungsmöglichkeiten werden noch nicht
ausgeschöpft.
Gleichwohl gibt es positive Beispiele zur Berücksichtigung des
Bodenschutzes in der Planung und bei der Bauausführung.
Das Rad muss nicht in jeder Kommune neu erfunden werden.
Lassen Sie sich durch positive Ansätze anderer zur
Nachahmung anregen.
Zukünftig sollte die Praxis des Bodenschutzes in den
Kommunen weiterentwickelt werden.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und
auf eine rege Diskussion!
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