In dieser Ausgabe der AGRAR-Hinweise werden vor allem Texte zu Entwicklungen in der Bio-Branche dokumentiert. Wir hoffen, dass sich die Bioverbände mit ihrer PR nicht vorrangig und pauschal von der „konventionellen Landwirtschaft“ abgrenzen, sondern die gemeinsamen Interessen von konventionellen und Bio-Bauern bei der Sicherung von Bauernhöfen gegenüber Agrarindustrie und „Bio“-Agrarindustrie erkennen. Die Umstellung auf einen bäuerlichen Öko-Landbau ist und bleibt natürlich eine gute Sache – aber noch wichtiger als vordergründige höhere Marktanteile, Umsätze oder Bioflächen-Prozente sind (zumindest für die Erzeugerstufe in den Bioverbanden) faire Bio-Erzeugerpreise, die mit einer vernünftigen und verkraftbaren Mengenentwicklung verbunden sind. Eine Strategie für mehr Umwelt- und Tierschutz (zu fairen und höheren Erzeugerpreisen für „Klasse statt Masse“) auch im konventionellen Bereich ist keine Konkurrenz-Bedrohung für Biobetriebe, sondern verringert die käuferabschreckende Preisdifferenz zwischen konventionellen und Bioprodukten und gibt dem Biosektor ausreichend Spielraum, die notwendige Verbesserung der Bio-Standards vor allem in der Tierhaltung anzugehen. Ganz abgesehen davon, dass der Hauptweg oder gar alleinige Weg zur Erreichung der gesellschaftlichen Tierschutz-, Umweltschutz- und Klima-Ziele nicht die Umstellung auf „Bio“ sein wird… Insofern ist eine verstärkte Solidarität zwischen Bio- und konventionellen Bauern nicht nur zur gemeinsamen Abwehr der Agrarindustrialisierungs-Verdrängung angesagt – diese Solidarität bei der Sicherung fairer Erzeugerpreise sollte auch die Hauptstrategie der Bioverbände werden. Konventionelle und Bio-Erzeugerpreise hängen – von kurzfristigen Abweichungen abgesehen – eng miteinander zusammen. Allein schon wegen der umstellungsbedingten Bio-Mengen- und Preisentwicklung, wenn die Erzeugerpreise im konventionellen Bereich ruinös sind. Und schließlich und endlich: Wenn die Bioverbände strategisch wirklich weiter auf „Bauernhof-Bio“ statt auf Agrarindustrie-„Bio“ setzen, dann müssten sie den Kampf um den Erhalt auch von konventionellen Bauernhöfen in mittelständisch-bäuerlichen Größenordnungen unbedingt unterstützen: Wer soll denn sonst auf Bio umstellen? Mit freundlichen Grüßen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Landesverband Niedersachsen/Bremen e.V. – Pressesprecher: Eckehard Niemann, Varendorfer Str. 24, 29553 Bienenbüttel 0151-11201634 – [email protected] Newsletter „Agrar-Hinweise“ – 15.01.2017 vorherige Ausgaben auf der Internetseite http://www.abl-niedersachsen.de/ Dokumentation | planet e.: Bis zur letzten Kuh - warum viele Bauern aufgeben müssen In ganz Europa müssen immer mehr Bauern ihre Höfe schließen. Viele Dörfer sind bereits ausgestorben. Kritiker meinen: Viele Landwirte sind selbst daran schuld, dass es ihnen schlecht geht. Sendungsinformationen: ZDF, 15.01.2017, 16:30 - 17:00 Uhr Denn die Krise ist auch hausgemacht. Viele Bauernfunktionäre haben den Landwirten jahrelang empfohlen, ausschließlich auf Wachstum zu setzen: Zukunftsfähigkeit durch Turbo-Kühe und Massenställe, Produkte auch für den Export. BIO-BRANCHE BAUERNHOF-BIO oder AGRARINDUSTRIE-„BIO“? Wirtschaftswoche 3/2017 zur Entwicklung im Handel mit Bioprodukten: „Bio gegen Bio“ Das Geschäft mit Biolebensmitteln ist die große Wachstumshoffnung der Branche. Die Folge: Preiskämpfe, Massenproduktion und ungebremste Expansion, ausgerechnet die Pioniere bleiben auf der Strecke. … … Dabei wird die Kulisse gewaltig sein, wenn sich die Ökoszene des Lebensmittelhandels Mitte Februar in Nürnberg zu ihrer Weltleitmesse Biofach trifft: „Building an Organic Future“ lautet das pompöse Motto. … Wie im Rausch eröffnen Bioketten wie Alnatura und Dennree derzeit neue Läden. Gleichzeitig wildern konventionelle Supermärkte und Discounter im Naturkostrevier. … Nun bereiten sie die neue grüne Welle vor. … Massenproduktion, Preiskämpfe und Filialisierung pflügen das deutsche Ökogeschäft um. In der Branche gilt: Bio gegen Bio. … Im Biorevier sind die beiden Unternehmen (Dennree und Alnatura) Jäger und Gejagte zugleich. … BioMarkt.info – 13.1.2017: BÖLW nimmt konventionelle Handelsunternehmen als Mitglieder auf Die Arbeitsgemeinschaft Ökologisch engagierter Lebensmittelhändler und Drogisten (ÖLD) ist ab sofort Mitglied im Spitzenverband der deutschen Bio-Branche. Das teilte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) gestern mit. In der Ende 2016 gegründeten ÖLD haben sich die konventionellen Handelsunternehmen Budni, dm, Globus, REWE Group und tegut zusammengeschlossen. Die Händler würden dazu beitragen, dass Bio in vielen Super- und Drogeriemärkten boomt, heißt es in einer Verbandsmitteilung. Mit der Mitgliedschaft im BÖLW unterstrichen die Unternehmen ihr nachhaltiges Interesse an Bio und würden den Verband als politische Vertretung der Branche stärken. „Schon immer vereinen wir neben Bio-Bauern und -Herstellern auch den Handel unter unserem Dach. Neben dem Naturkostfachhandel und den Reformhäusern ist mit der ÖLD und ihren Mitgliedern nun ein weiterer wichtiger Vermarktungskanal für Bio-Produkte an Bord“, so BÖLWGeschäftsführer Peter Röhrig. tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet erklärte als Vertreter der ÖLD: „Als Lebensmitteleinzelhändler wollen wir zusammen mit Erzeugern und Verarbeitern über die einzelnen Prozessabschnitte hinweg nachhaltig handeln. Wir freuen uns, dass wir im Bio-Spitzenverband BÖLW die positive Entwicklung von Bio unterstützen können". Das Fuldaer Handelsunternehmen tegut bietet seit den 80er Jahren Bio-Produkte an. Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftet es damit heute rund 25 Prozent des Umsatzes. Zum Ziel habe die ÖLD, „die ganzheitlich ökologische Wirtschaftsweise, den Anbau, die Herstellung und Verbreitung von Bio-Lebensmitteln zu fördern“, heißt es in einer Mitteilung von dm. Die Drogeriekette hat seit rund einem Jahr Naturland zertifizierte Lebensmittel im Sortiment, über 350 Produkte der Eigenmarke dm Bio tragen das Verbandslabel. Das gesamte Bio-Lebensmittelsortiment umfasst laut dm mittlerweile rund 1.000 Artikel. Auch die Nutzung des Demeter-Siegels streben die Karlsruher an. Unter der Eigenmarke haben sie bereits heute Lebensmittel aus biologisch-dynamischen Anbau in den Regalen. Weil sich das Bio-Geschäft sehr dynamisch entwickle, werde man damit in absehbarer Zeit einen Umsatzanteil von 10 Prozent erreichen, sagte Geschäftsführer Erich Harsch auf der dm-Bilanzpressekonferenz im Oktober. Kommentar von Georg Rieck | 13.01.2017 Ja prima, neue Mitglieder sind immer gut und neue Vermarktungskanäle für BIO auch - ! Wenn der Marke BIO damit aber kein Bärendienst geleistet werden soll, halte ich eine "Erziehungsmaßnahme" für unerlässlich: Preismarketing muss für BIO - Produkte tabu sein! Wenn die Herren auf dem Rücken der BIO - Produkte ihre elenden Machtkämpfe austragen, schadet das "BIO" mehr, als der neue Kanal nützen könnte! Fair und nachhaltig (ökologisch) zu Boden, Pflanze , Tier und Mensch geht nur, wenn die dazu notwendige Wertschöpfung errreicht wird! Weil diese Akteure im blinden, egoistischen Kampf um Marktanteile mit Preismunition um sich ballern, entsteht diese fatale Kausalkette, Rossmann, DM, denns, Alnatura. Sie zerstören den Markenkern von "BIO", weil sie genau die Mechanismen einführen, die das ganze Desaster unserer LBM - Wirtschaft angerichtet hat. Wenn BIO 3.0 darin besteht, dass dieser Markt bis auf die Grundsubstanz konventionalisiert werden soll, wird BIO nicht überleben! Eine Marke, die ihren Kern verliert und ihr Profil verwässert ist schneller tot, als der € rollt! Links zu Struktur und Akteuren der Bio-Handelsszene: http://www.biohandel-online.de/HTML/hintergrund/hg20120304_top25.pdf https://de.wikipedia.org/wiki/Biosupermarkt https://www.handelsdaten.de/lebensmittelhandel/zahl-der-filialen-der-groessten-biosupermaerkte-deutschland-jahresvergleich https://www.welt.de/wirtschaft/article137574570/Der-fast-aussichtslose-Kampfgegen-die-Bioketten.html https://www.torial.com/leo.fruehschuetz/portfolio/25739 http://biohandel-online.de/bio-hersteller.html https://schrotundkorn.de/lebenumwelt/lesen/201211b06.html http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/denns-alnatura-bio-company-die-fuenfkaempfe-um-die-zukunft-des-biohandels/11353566.html http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/dm-versusalnatura-104.html Bio-Landbau – viel mehr als „nur“ Produktionstechnik: Bio-Landbau sollte/soll agrarpolitisch der Unabhängigkeit und der Sicherung von Bauernhöfen dienen… Internetseite Bioland: Bioland-Geschichte Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründete der Agrarpolitiker Dr. Hans Müller die Bauernheimatbewegung in der Schweiz. Die heimische Landwirtschaft befand sich zu jenem Zeitpunkt im Umbruch: Weg von der traditionellen hin zu einer intensiven chemisch-technischen, von der Industrie abhängigen Wirtschaftsweise, lautete die Devise. Mit möglichst geschlossenen Betriebskreisläufen wollte Dr. Müller die Existenz der Bauern sichern: Unabhängigkeit vom Zukauf von Betriebsmitteln und eine unabhängige Vermarktung hatten höchste Priorität. Aus dieser Idee heraus entwickelte er zusammen mit seiner Frau Maria und dem deutschen Arzt Hans Peter Rusch in den folgenden Jahren die Grundlagen des organisch-biologischen Landbaus. Unabhängige Bauernstimme Oktober 2012: Der Ökolandbau als Zielscheibe heftiger Medien-Kritik AbL fordert Verbände zu Abgrenzung „Bauernhof-Bio“ gegen „Agrarindustrie-Bio“ auf Derzeit schwappt eine massive Welle der Kritik am Biolandbau durch die Medien. Dabei geht es einerseits um die Gesundheitseffekte von Bio-Lebensmitteln, um Betrug bei Soja-Futtermittel-Importen und vor allem um Misstände in der ÖkoTierhaltung: Gezeigt wurden Bilder von vernachlässigten Schweinebeständen mit hohen Gülleschichten und ohne Einstreu oder von „Freilandhühner-Ausläufen“, die angesichts zu großer Bestände und fehlender Strukturen lediglich auf dem Papier stehen. Stanford-Studie und FAKT-Reportage Die aktuelle „Stanford-Studie“ kommt nach Auswertung vieler Untersuchungen zu dem Ergebnis, Bio sei nicht viel gesünder sei als konventionell erzeugte Lebensmittel. Die Bio-Verbände haben daraufhin zu Recht nicht nur auf Unterschiede bei den Pestizid-Rückständen und die Gentechnikfreiheit hingewiesen, sondern vor allem auch auf die Vorzüge des Ökologischen Landbaus hinsichtlich Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz, Fruchtfolgen und Vielfalt. Man hätte sich vielleicht noch deutlichere Hinweise gewünscht, dass dies eine besonders bäuerliche Produktionsweise ist, die auf den Betriebsorganismus und die Unabhängigkeit von Chemiekonzernen zielt. Aber trotz unübersehbarer Tendenzen einer „Konventionalisierung“ in bestimmten Bereichen des Ökolandbaus und des noch notwendigen (restriktiven) Einsatzes von Kupfer-Spritzmitteln im Obst-, Weinund Kartoffelanbau hat die Branche hier eigentlich ein gutes argumentatives Fundament. Das gilt eigentlich auch für den Bereich der Tierhaltung, wie es ja Tausende von Ökobetrieben mit ihren artgerechten und vorzeigbaren Ställen und Auslaufflächen Tag für Tag beweisen. Trotz notwendiger Weiterentwicklungen im professionelleren Management oder der Zucht geeigneter Zweinutzungsrassen trauen die Verbraucher gerade dem Ökolandbau eine artgerechte Tierhaltung zu und erwarten gerade diese von ihm. Umso verheereder die aktuellen Berichte der ARD-Sendung FAKT über schlechte und schlimme Zustände in Hühner- und Schweineställen. Den meisten Verbrauchern könnte man vermutlich noch erklären, dass auch Biobetriebe keine Bullerbü-Idylle sein können und dass es dort eben auch (noch) Probleme mit dem art-typischen Federverlust der Hühner in der Mauser oder der Fütterung mit bestimmten essentiellen Aminosäuren geben kann. Und dass man bemüht ist, die Fälle von Vernachlässigung auch in der Öko-Tierhaltung (infolge Überarbeitung oder fehlendem Know-How) aktiv durch Beratung und Kontrolle anzugehen. All dies ist lösbar und erklärbar, weil es sich nicht um systembedingte oder strukturelle Probleme handelt. Was wirklich zu großer Besorgnis und offensiver Kritik Anlass gibt, das ist die zunehmende Übernahme und Agrarindustrialisierung immer größerer Bereiche der Bio-Tierhaltung durch große Player und Konzerne der klassischen Agrarindustrie: Bio-Geflügelbarone Allen voran das Firmengeflecht um Heinrich Tiemann (siehe September-Ausgabe der Bauernstimme). Sein Unternehmen „Wiesengold“ ist längst vom Konzern „Deutsche Frühstücksei GmbH“ übernommen worden. Enge Verbindungen bestehen zum „GS agri“-Futtermittelkonzern („Grüne Wiesen Biohöfe GmbH“, „Biofono“, „Bio Eichenmühle GmbH & Co.KG“, „Bio-Geflügelhof Müritz GmbH“), der auch bei der agrarindustriellen Haltung Tausender konventioneller Sauen aktiv ist. Aus agrarindustriellem Umfeld stammt auch Friedrich Behrens, der unter dem Namen „Fürstenhof“ ein Netz von biozertifizierten Legehennen-Firmen in Ostdeutschland aufbaut. Ein Teil der Bilder von Hühnern ohne Federkleid stammt laut FAKT aus seinen Stallanlagen. Tiemann gehört dem „Naturland“-Verband an, Behrens dem „Biopark“-Verband. Beide Konzerne zusammen dürften nach Schätzung von Branchenexperten mittlerweile etwa die Hälfte aller „Bio-Eier“ im klassischen Lebensmittelhandel liefern. Weitere Akteure in diesem Öko-Bereich: Eskildsen (konventionell: „Landkost-Ei“), Hennenberg oder Werner Hofreiter – allesamt mit Wurzeln, Aktivitäten oder Verbindungen zur klassischen Agrarindustrie. Nicht zu vergessen die Gruppe um Martin Bohm als Gründer der „Freiland Puten Fahrenzhausen GmbH“, an der laut Firmenregister auch der Brite Paul Kelly und die niederländische Coolen International B.V. maßgeblich beteiligt sind. Mit der „Haltung von Bio-Hähnchen auf bäuerlichem Boden“ sind offenbar 6 Aufzucht- und 39 Mastbetriebe für Puten und Hähnchen gemeint. Kooperiert wird mit der „Mecklenburger Landpute GmbH“, die auch konventionelle Puten schlachtet. Die große Fahrenzhausen-Gruppe ist wichtiges Mitglied des eher kleineren Bioverbands „Biokreis“. Rodo Schneider und Sohn Bisher wenig im Blickpunkt der Öffentlichkeit sind die Aktivitäten von Rodo Schneider und Sohn Ralf. Schneider war schon früher als Top-Manager des süddeutschen Schlachtkonzerns Moksel (heute Teil des VION-Schlachtkonzerns) höchst umstritten, was sein Geschäftsgebahren und die engen Kontakte und Geschäfte mit DDR-Vertretern betraf. Nach der Wende kaufte Sohn Ralf die zweitgrößte DDR-Bullenmast-Anlage im mecklenburgischen Hohen Wangelin, wo dann Firmen wie „Agrargesellschaft Tempke und Partner GmbH & Co.KG“, „Agrargesellschaft Hohen Wangelin mbH & Co.KG“, “Gut Schweinezucht Alt-Gaarz / Blücherhof GmbH“ oder „Müritz Fleischproduktions- und Verwaltungsgesellschaft mbH“ entstanden. Rodo Schneider erwarb auch das ehemalige VEG Borken, auf dem heute auf 5.000 Hektar 6.000 Rinder gehalten werden, im 300 ha großen konventionellen Betriebsteil zudem 2.000 Mastschweine (Fleischrinder Journal 1/2011). Im Internet findet man Hinweise, dass das Gut Darß mit seinen 4.700 Rindern auf 4.700 Hektar mittlerweile der Speditionsfamilie Fiege gehört, dass aber die Familie Schneider auch daran beteiligt sein könnte. Brancheninsidern zufolge sollen die Schneiders u.a. über die Vermarktungsorganisation „Weidehof“ maßgebliche Verbindungen innerhalb von „Biopark“, zum Bauernverband und zum Tönnies-Schlachtkonzern unterhalten. Im Internet finde man Register-Auszüge über gemeinsame Firmen von Tönnies und Moksel in Rumänien. Es gebe sogar Hinweise, dass Rodo Schneider beteiligt sei am Aufbau von konventionellen Tönnies-Schweinefabriken in Russland mit Hunderttausenden von Stallplätzen In Verbindung damit steht offenbar der Aufbau riesiger Biogas-Anlagen in Russland durch Siegfried Hofreiters „KTG Agrar AG“, die wiederum die Hälfte ihres 30.000-Hektar-Agrarkonzerns ökologisch unter der Bezeichnung „Biofarmers“ bewirtschaftet. Agrarindustrie-Bio-Lobby? Mit deutlichem Hinweis auf die Großstrukuren im Biobereich haben kürzlich die BioVerbände Biokreis, Biopark und Verbund Ökohöfe die „Bundesvereinigung Ökologischer Landbau“ (BVÖL) gegründet. Die Teilnahme von Ariane Müller von den Hofreiterschen „Biofarmers“ deutet an, dass „Agrarindustrie-Bio“ hier eine Interessenvertretung finden könnte. Mit dabei war auch Heinrich Graf von Bassewitz (Gut Dalwitz), Ökolandbau-Beauftragter des Deutschen Bauernverbands und Teilnehmer an Behrens´ „Fürstenhof“-Verbund. Die Sorge, dass eine agrarindustrielle Bio-Lobby mit ihrer Anpassung an ein „Billig-Bio“ der Handelskonzerne zunehmend die Öko-Richtlinien bestimmen und in Richtung der laschen EU-Bio-Verordnung mit ihren Möglichkeiten einer Öko-Konventionell-Betriebsteilung lenken könnte, scheint mehr als begründet. Die AbL hat die Bioverbände aufgefordert, sich nicht wegzuducken und kritischen Medienberichten künftig keine Anhaltspunkte mehr zu liefern - indem man sich rasch und klar von „Agrarindustrie-Bio-Konzernen“ trennt: „Bauernhof-Bio“ anstelle von „Agrarfabriken-Bio“ sei angesagt. –en Jauchs „Großer Bioschwindel“ Eine Flut von empörten Leserbriefen gab es wegen der ARD-Sendung „Günter Jauch“ mit dem Titel „Der Große Bioschwindel“. Einen ehrlichen und sachkundigen Bio-Bauern hatte Jauch offenbar ganz bewusst nicht dabei haben wollen: Der AbL lagen Informationen vor, wonach das Jauch-Team zunächst einen Demeter-Bauern eingeladen habe, der dann aber kurzfristig als nicht genügend „skandalträchtig“ wieder ausgeladen worden sei. Stattdessen war nun als Vertreter der agrarindustriellen Bio-Schiene Graf von Bassewitz dabei, der demgemäss viele Grundsätze des Biolandbaus nicht überzeugend vertreten konnte. Auch die Bio-Köchin Sarah Wiener sagte zwar viel Richtiges über Esskultur und die Rettung unseres Planeten, kannte sich aber in der landwirtschaftlichen Praxis offensichtlich wenig aus: Bei ihren berechtigten Vorwürfen gegen AgrarindustrieKonzerne und Massentierhaltung warf sie fälschlicherweise konventionell arbeitende Bauernhöfe pauschal in einen Topf mit Agrarfabriken. Abstrus auch die Auswahl weiterer Talkshow-Gäste: Dass Heiner Kamps als ehemaliger Brot-Industrieller und heutiger Vertreter des umstrittenen MüllerMilchkonzerns von einer angeblich engen Zusammarbeit mit den Milchbauern redete, empfanden viele Bauern als Hohn. Erinnerten sie sich doch nur zu gut an Müllers juristische Verfolgung protestierender Bauern, die vor der Molkerei für faire Milchpreise demonstriert hatten. Auch Kamps Behauptung, der Biolandbau könne zum Verhungern der halben Menschheit führen, entbehrte jeglicher Sachkunde oder Ernsthaftigkeit. Der Chemiker Udo Pollmer konnte bei Jauch ähnliche Absurditäten wie bei seinen Auftritten bei Agrarindustrie-Kongressen zum Besten geben: dass von 3000 Biohühnern etwa 1000 „krepieren“ würden, dass Bio-Tiere im Durchschnitt alle „ein wenig kranker als konventionelle“ seien und dass Bio-Bauern die Tiere trotzdem nicht mit Medikamenten behandeln würden, um ihren Bio-Status zu behalten. Die gleiche Qualität hatten auch Pollmers schlimme Verharmlosungen des Antibiotika-Einsatzes in der Massentierhaltung oder seine falsche Behauptung, im Ökolandbau würden Pestizide wie im konventionellen Landbau eingesetzt, die „nur anders heißen“ würden. Jauchs Sendung, so die AbL in einer Presseerklärung, habe die Tatsache unterschlagen, dass der Biolandbau immer noch von vielen Tausenden bäuerlicher Betriebe geprägt sei - mit Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft und artgerechter Tierhaltung. Deren klare Abgrenzung von den schlimmen Bildern aus einem wachsenden „Agrarindustrie-Biobereich“ sei aber nicht gewollt gewesen. Der Vertreter des Lebensmittelhandels habe sogar noch die Ferntransporte bei BioImporten schön reden können. –en AbL: Bei US-Freihandelsabkommen droht Import von Agrarfabrik-„Bio“ Das geplante US-Freihandelsabkommen der EU würde auch hiesige Biobetriebe massiv gefährden, weil in den USA mittlerweile Milch, Fleisch und Eier mit „Biosiegel“ in riesigen Tierfabriken erzeugt werden. Diese deutliche Warnung veröffentlicht der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) mit Hinweis auf aktuelle Informationen des amerikanischen Cornucopia-Forschungsinstituts über „Bio“-Agrarfabriken in den USA, die riesige Anlagen mit bis zu 20.000 Rindern und Milchkühen oder einer Million Masthühnern bzw. Legehennen betreiben und dies ohne den vorgeschriebenen Weidegang oder Auslauf der Tiere (http://www.cornucopia.org/newsletter/investigation-factory-farmsproducing-massive-quantities-organic-milk-eggs/). Im Dezember veröffentlichte das Cornucopia-Institut jetzt zum Beweis Luftbilder von 14 Agrarfabriken - darunter die Milchvieh- und Rinder-Großbetriebe Aurora Coldwater, Aurora Dublin, Hilltop LLC und Natural Prairie oder RiesenGeflügelanlagen von Herbruck´s , Delta Egg Farms, Idalou Egg Farms, Kreher´s oder Smart Chicken. Das Institut forderte das US-Agrarministerium auf, diese Zustände endlich abzustellen, nachdem unter den Präsidenten Bush und Obama derartige Missstände seit langem geduldet würden. Dies führe zur Verdrängung bäuerlicher Biostrukturen, zur Täuschung von Verbrauchern und gefährde die Glaubwürdigkeit der Biosiegel. Der AbL-Vertreter im bundesweiten Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“, Eckehard Niemann, verwies darauf, dass auch in Deutschland der Bio-Geflügelmarkt bereits weitgehend von „Agrarindustrie-Bio“-Strukturen dominiert werde. Bäuerliche Bioverbände wie Demeter oder Bioland seien gefordert, sich im Interesse von echtem „Bauernhof-Bio“ von solchen „Bio“-Konzernstrukturen abzugrenzen und sich in der laufenden Debatte um eine Reform der EU-Öko-Verordnung für betriebliche Tierbestands-Obergrenzen einzusetzen. Das Engagement gegen das drohende USFreihandelsabkommen werde dadurch umso zielführender und glaubwürdiger. 2.107 Zeichen – 28.12.2014 Aus: Kritischer Agrarbericht 2015: Tierfabriken-Stopp - vor Ort und per Gesetz. Das Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken" weiter auf Erfolgskurs | Eckehard Niemann … bäuerlich geprägte Bioverbände wie Demeter oder Bioland sind gefordert … … Im Biobereich haben große Konzerne bereits die Dominanz ihres „Agrarindustrie-Bio“ bei Eiern und Geflügel durchgesetzt - auf Kosten des von den Verbrauchern eigentlich erwarteten „Bauernhof-Bio“. Wenn nun eine beantragte Groß-Biobrüterei (in der die Legehennen-Bruderküken genauso wie in anderen Brütereien vernichtet werden) nicht verhindert wird, entsteht hier eine weitere agrarindustrielle Schaltstelle in Konzernhand, von der die Bio-Legehennenbetriebe dann ihre Küken kaufen müssten. Auch im Schweinebereich beginnt bei einigen Handelsketten der Bezug von Fleisch aus „Bio“Agrarkonzernen. Bürgerinitiativen des Netzwerks wehren sich mittlerweile auch gegen „Bio“- Agrarfabriken. Gerade bäuerlich geprägte Bioverbände wie Demeter oder Bioland sind gefordert, sich noch stärker am anti-agrarindustriellen Widerstand zu beteiligen und die Debatte um die Novellierung der EU-Ökoverordnung für die Installierung auch von Bestandsobergrenzen zu nutzen. … Frankenpost - Manfred Nürnberger - zuletzt bearbeitet: 27.08.2016 Dennree geht neue Wege Töpen - Die Dennree-Gruppe mit Sitz in Töpen im Landkreis Hof ist gut für die Zukunft aufgestellt. Mit rund 4600 Mitarbeitern in der gesamten Gruppe und einem Umsatz von 820 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2015 zählt die Firma laut eigenen Angaben zu den Marktführern in Deutschland und dem angrenzenden Ausland. Doch Dennree vertreibt die Lebensmittel mittlerweile nicht nur, sondern will sich mit der Produktion ökologischer Produkte einen neuen Markt erschließen. In Sachsen in der Ortschaft Süßebach nahe Oelsnitz hat das Unternehmen die Agrofarm Eichigt mit 4000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, 100 Mitarbeitern, 1400 Milchkühen, 1100 Jungrindern und Färsen sowie 350 Kälbern und 90 reinrassigen Charolais-Mutterkühen mit Nachzucht übernommen. "Die Agrofarm Eichigt befindet sich seit dem 1. April 2016 im Prozess der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft", heißt es dazu von Dennree. BioHandel-online - 06.01.2017 EU-Studie: Bio-Produkte gesundheitlich vorteilhafter Bio-Erzeugnisse sind teils gesünder als konventionelle. Das legt zumindest eine im Dezember veröffentlichte EU-Studie nahe, die weltagrarbericht.de zusammenfasst. Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments hatte dafür eine Reihe anderer Studien ausgewertet, die sich mit den Auswirkungen von Bioprodukten auf die menschliche Gesundheit befassen. Die Vorteile von Bio reichen demnach von einem gesenkten Allergierisiko bis zur verringerten Aussetzung gegenüber Pestiziden, schreibt das Online-Portal, hinter dem die Zukunftsstiftung Landwirtschaft steht. Den Wissenschaftlern zufolge legten einige der untersuchten Studien zudem nahe, dass Bioprodukte das Risiko für Allergien bei Kindern, für Übergewicht und Fettleibigkeit sowie für einige Erkrankungen des Lymphsystems verringerten. Es sei jedoch noch nicht klar, ob dies eindeutig auf den Verzehr von Bioprodukten zurückzuführen sei, da sich die meisten Biokunden zugleich gesünder ernährten, zitiert weltagrarbericht.de die Forscher. Weiter heißt es, dass sich Werte für Vitamine und Mineralien in konventionell und ökologisch erzeugten Lebensmitteln zwar ähnelten. Doch aufgrund anderer Düngemethoden im Ökolandbau verbuchten Bioprodukte einen geringeren Cadmiumgehalt. Zudem wiesen Biofleisch und -milch mehr gesundheitsfördernde Omega-3-Fettsäuren auf. Daneben zitiere der EU-Bericht zahlreiche Studien, die einen höheren Gehalt sekundärer Pflanzenstoffe wie Phenole in Bioprodukten belegten, so weltagrarbericht.de. Auch auf ein geringeres Risiko von Antibiotikaresistenzen bei Tieren in Biobetrieben gingen die Forscher ein. Während sich viele Studien mit Erträgen im Ökolandbau oder Umweltfragen befassten, gebe es bislang leider nur wenige Langezeit-Untersuchungen zu den direkten Gesundheitseffekten von Bioprodukten, bemängelten die EUWissenschaftler. Die komplette Studie (englisch) finden Sie hier. 25. November 2015 - Stiftung Warentest: Sind Bio-Lebensmittel wirklich besser? In 50 Tests hat Stiftung Warentest Bio-Lebensmittel konventionellen gegenüber gestellt. Aber sind Biolebensmittel wirklich besser, schmackhafter und gesünder? Eine Bilanz. Bio-Lebensmittel haben einen deutlich besseren Ruf als herkömmliche - das ist Fakt. Denn ökologische Landwirtschaft steht für einen respektvollen Umgang mit Natur und Lebewesen. Aber was steckt eigentlich dahinter? Wie schneiden die biologisch angebauten Lebensmittel gegenüber konventionellen im Aussehen, Geruch und Geschmack ab? Welche sind stärker mit Schadstoffen belastet? Die Qualität von Bio- sowie von konventionellen Lebensmitteln hat sich nach Angaben der Stiftung Warentest insgesamt verbessert. Bio sei aber nicht automatisch besser, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Vorabbericht aus der Dezember-Ausgabe des neuen "Test"-Magazins. Bei der Qualität sowie bei Aussehen, Geruch und Geschmack steht es demnach zwischen Bio- und herkömmlicher Kost unentschieden. Bei blinden Verkostungen hätten Biowaren nicht besser abgeschnitten als andere. Die Stiftung Warentest verglich 1020 herkömmliche Lebensmittel mit 217 Bioprodukten. In beiden Gruppen bekamen die getesteten Produkte laut "Test" häufiger "gute" und "befriedigende" Gesamturteile und weniger "ausreichende" oder "mangelhafte". Was die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln angehe, sei Bioobst und -gemüse allerdings "mit Abstand am saubersten", erklären die Tester. Vor Schadstoffen gefeit seien sie jedoch nicht. In schwarzem und grünem Tee und in Leinöl aus dem Bioladen seien sogar potenziell krebserregende Substanzen gefunden worden. Bei getesteten Bio-Nudeln sei der Höchstgehalt für ein Schimmelpilzgift überschritten worden und in Bio-Sonnenblumenöl seien kritische Mineralöle nachgewiesen worden. Die Stärke von Bioprodukten liegt den Testern zufolge bei der Transparenz. So würden Bioanbieter ihre Lieferanten gut kennen und sich mehr für das Tierwohl einsetzen, auch wenn im Biosektor industrielle Großbetriebe entstanden seien, wie zum Beispiel für Legehennen. Insgesamt sei Biofleisch für Tierfreunde die bessere Wahl. Dafür müssten sie aber auch mehr bezahlen. Den ganzen Test finden Sie auf www.test.de! dsw/AFP http://www.stern.de/genuss/essen/biolebensmittel--sind-sie-wirklich-besser-6573980.html STERN - 26. November 2016 - Kristina Läsker: Das Märchen vom guten Bio-Essen Über Biolebensmittel gibt es viele Illusionen: Gesünder, besser für die Umwelt, von Höfen aus der Heimat, mit glücklichen Tieren. Die Wahrheit sieht anders aus. Almería, Spanien. … gleitet der Blick über die Ebene: Gewächshäuser, fast überall, mehr als 40.000 sollen es sein. Die Spanier nennen diesen Landschaftshorror Mar de plástico – Plastikmeer. Die Gewächshäuser in Andalusien sind Europas ganzjähriger Gemüsegarten – und der stillt inzwischen auch einen besonderen Hunger. Den Hunger nach bio. … Doch was dem klammen Süden fette Profite bringt, sei ökologischer Wahnsinn, sagt Diéguez. … Plastik erstickt den Naturpark, Wasser wird verschwendet und die Versalzung des Grundwassers geduldet. … Solche Wahrheiten gibt es viele. Sie widersprechen den Idealen, die den Konsum von Ökonahrung oft begleiten. Den Bildern von blühenden Landschaften im Gleichgewicht, von glücklichen Tieren und gesunden Pflanzen. Sie enttarnen Etiketten mit urwüchsigen Höfen als Folklore. Sie widerlegen die Annahme, dass Bionahrung durch faire Arbeit entsteht und das Klima schont. Sie zerstören sogar das Heilsversprechen, dass bio besser sei für den Körper. Denn Ökonahrung ist vieles – aber per se gesünder ist sie nicht. Bio, das war einst der Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft. Gute Nahrung aus ökologisch kontrolliertem Anbau, ohne chemischen Pflanzenschutz, ohne Kunstdünger, aus artgerechter Tierhaltung. Klasse statt Masse. Jetzt verschwimmen die Grenzen. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen 8,62 Milliarden Euro für Biolebensmittel ausgegeben. Binnen eines Jahrzehnts hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt. Und die Verbraucher akzeptieren satte Aufschläge für die 75 347 zertifizierten Ökoprodukte in deutschen Läden. Als wäre es ein Ablasshandel: Aufpreis gegen gutes Gefühl. … Die Suche nach Antworten führt zu den Profiteuren des Booms. Níjar, Spanien. In der Ebene von Níjar thront ein Klotz mit verspiegelter Fassade. Er gehört Europas größtem Anbauer von Biotomaten, der Firma Biosabor. Sie karrt 40 Prozent ihrer Ernte per Lkw ins gut 2000 Kilometer entfernte Alemania, nach Deutschland. … Die Arbeit in Europas Gemüsegarten ist hart, und sie ist unsicher. Unter den Folien verdingen sich Zehntausende Migranten aus Marokko, Schwarzafrika und Osteuropa bei fast unerträglicher Hitze. Kaum einer hat einen festen Vertrag. Biosabor beschäftigt Tagelöhner und Saisonarbeiter für 6,50 Euro pro Stunde. … Der Profit der Tomatenfabrik ist auch so riesig, weil Biosabor billiges Grundwasser für die Pflanzen nutzt, die sommers wie winters unter der Folie gedeihen. … Deutsche Ökos, so könnte man es ausdrücken, essen den Spaniern das Wasser weg. … Jede zweite Möhre werde importiert, jeder dritte Apfel, jeder dritte Liter Milch und jedes vierte Schweinesteak, schätzt die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. Biotomaten stammen sogar zu knapp 90 Prozent aus dem Ausland. Eine Flotte aus Fliegern, Lastwagen und Containerschiffen schafft die Ware herbei. … Biosabor liefert ohne Zwischenhändler. In der Halle in Níjar türmen sich Rollen mit Aufklebern: Edeka Bio von Edeka. Biotrend von Lidl. Rewe Bio von Rewe. Bio-Smiley von Aldi Süd. Auf der gleichen Ernte kleben verschiedene Sticker. Auf der gleichen Ernte kleben später auch ziemlich verschiedene Preise. Freimütig behauptet Fabrikant Belmonte, seine Tomaten seien in Alemania unterschiedlich teuer. Lidl verlange das Zweifache vom Einkaufspreis, Rewe und Edeka gar das Dreifache. Teurer muss nicht besser sein. Das Limit ist die Schmerzgrenze der Käufer. Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen. Philipp Skorning … Der 38-jährige Diplom-Kaufmann ist stellvertretender Geschäftsführer des Zentraleinkaufs von Aldi Süd in Deutschland. Er bezieht Bioware von einigen Hundert Lieferanten weltweit. … Etwa 150 der 1200 Aldi-Süd-Produkte tragen den Bio-Smiley. Keine andere Kette habe einen größeren Anteil an Biolebensmitteln, sagt Skorning. Aldi Süd ist der heimliche Biokönig der Republik. Bio ist nicht gleich bio, das wird beim Zuhören schnell klar. Skorning klappt einen Leitz-Ordner auf und zeigt eine mehrseitige Tabelle mit kleiner Schrift. Links die Bioprodukte, oben die Anbauländer. Alles ist mit Ampelfarben markiert: Biokartoffeln aus Ägypten sind mit Rot bewertet, wegen der möglichen Belastung mit Pestiziden. Italienische Biokarotten mit Gelb, wegen der Korruptionsgefahr im öffentlichen Sektor. Biotomaten aus Spanien sind grün, alles okay. … Bio heißt bei Aldi Süd ansonsten, dass die Waren den Standards der Europäischen Union entsprechen, der Öko-Verordnung 834/2007. … Für Käufer ist es ohnehin kaum zu überblicken. Neun Anbauverbände werben mit eigenen Biosiegeln. Label wie die von Demeter, Bioland oder Naturland gelten als premiumbio. Sie verlangen größere Ställe, mehr Auslauf für Tiere, weniger Zusatzstoffe, Kreislaufwirtschaft. Also mehr Schutz für Böden und Tiere. Das ist gut gemeint, doch es verwirrt extrem. … Zur Strategie von Aldi Süd passt das günstige EU-Bio. Der Discounter will immer billiger anbieten als die Konkurrenz, die Kunden sollen sich öko leisten können. "Wir haben den Biosektor demokratisiert" , sagt Manager Skorning stolz. Aus Sicht der Verbraucher klingt das gut. Ökopioniere halten genau das jedoch für Horror. Weil bio bloß nicht zu billig sein sollte. Das ließe die Leute glauben, dass bio problemlos günstig zu erzeugen sei. Und das sei eben falsch. Irgendeine Pflanze oder irgendein Vieh bezahle immer den Preis. … Einige Käufer sind irritiert, viele greifen trotzdem zu. "Der Vorschuss an Vertrauen ist nirgendwo so hoch wie bei Biolebensmitteln", sagt Matthias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Die Leute akzeptierten zwischen 30 und 40 Prozent höhere Preise. Das wird verstärkt durch die Mythen, die sich um bio ranken. Wie der Glaube, dass biogesünder sei. Hochwertiger. Natürlicher. Aromatischer. Reiner. Bio, das Allheilmittel. Im Internet wirbt Aldi Süd mit dem "unverfälscht guten Geschmack". Aber was den Verkauf ankurbeln und höhere Preise rechtfertigen soll, ist wissenschaftlich kaum haltbar. Biologisch hergestellte Lebensmittel seien für die Gesundheit nicht besser als konventionelle, urteilten die Tester von Stiftung Warentest jüngst. "Ihre Qualität liegt mit der herkömmlichen Ware etwa gleichauf." Ähnlich schätzen das Wissenschaftler der amerikanischen Elite-Universität Stanford ein. Sie haben mehr als 220 Lebensmittelstudien zur Qualität ausgewertet, ihr Fazit ist ernüchternd: Es fehle "der überzeugende Beweis", dass Ökoprodukte nahrhafter seien. Auch Foodwatch hält das für einen Irrglauben. "Unseres Wissens gibt es keine belastbaren Beweise, dass Bionahrung per se vorteilhafter für die Gesundheit ist", sagt Wolfschmidt. Tatsächlich soll bio vorrangig Böden und Gewässer – etwa vor Nitrat – schützen und Tiere schonen. Prozesse stehen im Fokus, nicht Produkte. … Wuyuan, China. In der Inneren Mongolei in China beschert der Bioboom auch den Menschen Gutes. Qi Xuan ist ein Mann mit militärischem Kurzhaarschnitt und Louis-Vuitton-Gürtel. In seinem Büro hängt ein Mao-Porträt über dem Schreibtisch, gern verteilt er goldene Visitenkarten. Qi ist Gründer der Xuanda Food Company. Seine Fabrik könnte auch Klopapier oder Kugelschreiber herstellen, nichts erinnert an glückliche Kühe oder knorrige Apfelbäume. Früher handelte er mit normalen Sonnenblumenkernen, 300.000 Tonnen davon wachsen pro Jahr rund um Wuyuan, im Marschland nahe der Wüste Gobi. … Qis Kerne haben sensationell gute Preise. Weil seine Personalkosten sensationell niedrig sind. Ein Arbeiter verdient 1,40 Euro pro Stunde, gut elf Euro am Tag. Davon könnte man beim Biosupermarkt Alnatura keinen Einkaufskorb füllen. Produzenten in Europa kommen bei diesen Lohnkosten nicht mit. Die Folge: Wer Brötchen mit ÖkoSonnenblumenkernen isst, kriegt fast nur Ware aus China. Längst gibt es dort Tausende Biofarmen. Auch Knoblauch, Spinat, Nüsse, Sesam, Tee, Ingwer und Sojabohnen in Ökoqualität sind meist made in China. Händler verschweigen das gern. Denn in kaum einem anderen Land ist die Umweltverschmutzung so dramatisch, kein anderes Land hatte so eklige Lebensmittelskandale. Mindestens 60 Prozent des Grundwassers gelten als hochgradig verschmutzt. Fast 20 Prozent der Nutzfläche sollen nach einer Studie des chinesischen Umweltministeriums vergiftet sein mit Nickel, Kadmium und Arsen – eine Folge des zügellosen Wirtschaftswachstums. In China tuscheln die Kaufleute, dass nur ein kleiner Teil der Ware tatsächlich den EU-Öko-Standards entspreche. Die Produkte von Herrn Qi betrifft das nicht: Der stern hat Sonnenblumenkerne von dessen Feldern im Labor auf mehr als 600 chemische Wirkstoffe testen lassen, das Ergebnis war tadellos. … Generell bleibt die Qualität der Importe jedoch eine Schwäche der Biowelt. Das belegen die vielen Skandale: vermeintliche Öko-Sonnenblumenkuchen aus Rumänien, künstliches Antipilzmittel in Kartoffeln aus Ägypten, falsch deklariertes Getreide aus Italien. Bei frischem Obst, Gemüse oder Fleisch fallen solche Mängel leichter auf. Schwierig wird es bei verarbeiteter Ware wie Tomatenmark oder Erdbeerpüree. Mit jeder Zutat sinkt die Transparenz. Innerhalb der EU vertrauen sich die Staaten untereinander – zumindest offiziell. Die Ökokontrollen in Spanien und in Deutschland gelten als gleich. Für Drittstaaten hält die EU-Kommission dagegen eine Liste mit anerkannten Kontrollstellen vor. Deutsche Händler müssen ihre Importe, also etwa Sonnenblumenkerne aus China, von so einer Stelle einmal im Jahr prüfen lassen. Außerdem gibt es eine Extra-Liste mit zwölf anerkannten Staaten wie Indien oder Argentinien, aus denen Importe leichter möglich sind. Doch was gut klingt, hat Schwächen. So sei die Kontrolle in den Drittstaaten häufig weniger intensiv und werde seltener von Behörden begleitet, bemängelt Jochen Neuendorff, Gründer der Gesellschaft für Ressourcenschutz (GfRS), die in Deutschland Biobetriebe kontrolliert. Er sagt: "Die Wahrscheinlichkeit, schlechte Bioprodukte zu bekommen, ist bei einem Erzeuger aus China höher als bei einem Erzeuger aus Deutschland." Großenrode, Niedersachsen. … Volker Elsenhans, er ist einer von 550 Ökokontrolleuren in Deutschland. An diesem Tag prüft er den Betrieb von Jörge Penk. Der Biolandwirt baut rund um das Dorf Großenrode Getreide und Gemüse an, er hält Schweine und Legehennen, zertifiziert nach Bioland. … Elsenhans prüft jedes Jahr etwa 180 Biobetriebe für die GfRS aus Göttingen. Der deutsche Staat hat die Hauptkontrollen an private Firmen übertragen, die Behörden selbst testen nur stichprobenartig. In der Praxis bedeutet das: Die Biobauern suchen sich die private Kontrollstelle aus und zahlen Gebühren. Bauer Penk muss etwa 600 Euro pro Jahr überweisen. Einmal im Jahr kommt ein Kontrolleur zur Inspektion, manchmal taucht er unangekündigt wieder auf. Wenn dem Bauern die GfRS nicht passt, kann er andere Prüfer engagieren. Kritiker halten dieses System der privaten Kontrolle für grundlegend falsch. Es führe zu einer "fatalen Abhängigkeit" der Inspekteure von den Höfen, sagt Veterinär Wolfschmidt von Foodwatch. Weil Unternehmen auf Folgeaufträge angewiesen sind, seien sie weniger kritisch. "Die Kontrolleure haben ein wirtschaftliches Interesse daran, sich mit den Betrieben gut zu stellen, um Aufträge zu generieren." Übersehen die privaten Prüfer also Missstände? Sind sie zu harmlos oder gar blind? Ketten wie Aldi Süd jedenfalls führen zusätzliche Biokontrollen durch – deutlicher kann man Misstrauen nicht zeigen, auch wenn das niemand laut sagen will. Prüfer Elsenhans hält die Kritik für falsch. Gerade weil private Firmen viele Spezialisten wie Agrarwirte oder Metzger beschäftigten, seien ihre Kontrollen besser als staatliche, sagt er. Zudem fehle dem Staat das Personal. "Behörden wären nicht in der Lage, die Betriebe mit der gleichen Intensität zu überprüfen. Und sie wären teurer." Verden, Niedersachsen. Wie Kontrolle großflächig versagt, erfährt man am Landgericht Verden. In einem Raum lagern gut 60 Umzugskartons. Darin befindet sich das Beweismaterial zu einem der größten Skandalfälle der Szene. Nicht nur bio boomt, der Betrug boomt mit. In dem Verfahren, über dessen Eröffnung das Gericht bald entscheiden will, wird einer der einst größten Produzenten von Bioeiern beschuldigt: Heinrich Tiemann aus Twistringen in Niedersachsen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmäßigen Betrug in 2542 Fällen vor. Knapp 500-mal soll der Ex-Chef des Vermarkters Wiesengold auch gegen die EU-Öko-Verordnungen und gegen das Lebensmittelund Futtergesetzbuch verstoßen haben. Es geht um angebliche Bioeier. Zwischen 2007 und 2011 soll der 58-Jährige falsch deklarierte Eier für 21,2 Millionen Euro verkauft haben – die nur 7,7 Millionen Euro wert gewesen seien, glauben die Fahnder. Grund: Die Ware sei gar nicht bio gewesen, Tiemann soll seine Ställe systematisch überbelegt haben. Im Schnitt umfasst ein deutscher Ökoeierbetrieb etwa 13 500 Hennen – was viele Kunden für tierfreundliches Bio halten, ist ohnehin Massentierhaltung. Tiemann aber soll es noch weiter getrieben haben. Den Kontrolleuren scheint das entgangen zu sein. Dabei waren die meisten Eier nach Naturland zertifiziert, premium-bio also. Tiemann selbst weist alle Vorwürfe über seinen Anwalt zurück, er will sich nicht zu Details äußern. … Der Unternehmer ist nicht der einzige Beschuldigte: Staatsanwälte hatten mehr als 300 Erzeuger von Bioeiern aus Niedersachsen im Visier. Sie alle sollen ihre Ställe hemmungslos vollgestopft haben mit Hennen. Und das ist lange niemandem aufgefallen. Die Menge der Tiere sei schwer zu überprüfen, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Oldenburg, wo die Biofälle gebündelt sind. "In den großen Hühnerställen können Sie die Hühner nicht genau zählen." Ein Insider berichtete nach der Begehung eines betroffenen Biostalls von "gruseligen Zuständen". Von dunklen Hallen. Von panischen, kahlen Hühnern. Von Haufen mit Kadavern. Von entsetzlichem Gestank. Wie konnte es so weit kommen? Warum ist das ideologische Projekt Bio so anfällig für Abzockerei? Eine Antwort kommt aus der spanischen Provinz Almería. Dort, wo Umweltschützer Marcos Diéguez fassungslos zuschaut, wie ein einzigartiger Naturpark nach und nach unter Plastik verschwindet. Letztlich, sagt er, liege vieles an der Gesinnung der neuen Bioland wirte. Diese Patrones seien nun mal keine Idealisten, für sie sei Biogemüse vor allem eines: eine profitable Nische. "Die Bauern glauben nicht an Ökolandbau, sie wollen damit bloß Geld verdienen." http://www.stern.de/wirtschaft/news/bio-essen-wahrheit-lebensmittel-7209494.html Leo Frühschütz - Fachjournalist, Seehausen Bio-Eier ohne Baugenehmigung? Bürgerinitiativen in Mecklenburg-Vorpommern kritisieren die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof. Der zweitgrößte Bio-Eiervermarkter Deutschlands soll sich neue Ställe jeweils für 15.000 Legehennen genehmigen lassen, dann aber Ställe für 24.000 Tiere bauen. Zumindest ein Fall ist aktenkundig – die verhängte Strafe fünfstellig. Volkenshagen ist ein Ortsteil der Gemeinde Klein Kussewitz im Landkreis Rostock. 700 Einwohner, eine bekannte Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert und die BioHeidehof GmbH – jüngstes Mitglied des Erzeugerzusammenschlusses (EZG) Fürstenhof, deren Geschäftsführer Friedrich Behrens ist. Die im Juni 2011 gegründete GmbH wollte im Ortsteil Volkenshagen Bio-Eier produzieren und stieß damit bei den Anliegern auf wenig Gegenliebe. „Wir hatten schon zur Planung Unterschriften gesammelt, fast das ganze Dorf hatte unterschrieben. Doch dann hat sich die Gemeinde mit der Bio-Heidehof GmbH und Herrn Behrens auf den Standort und eine Größe von 14.800 Tieren geeinigt.“ Das berichtet Peter Jeworutzki, einer der Nachbarn, die sich gegen die Anlage wehren. Sie warnten schon während des Baus im Jahr 2012, dass das Vorhaben überdimensioniert sei. Tatsächlich entstanden dort vier Gebäude mit je zwei 3.000er-Ställen für insgesamt 24.000 Hennen. So viele wurden Ende 2012 auch eingestallt. Das ergab eine Nachkontrolle des Veterinäramtes, nachdem die Anwohner im April 2013 wegen der Überbelegung Alarm geschlagen hatten. Anwohner sprechen von „Betrug“ Der rechtliche Hintergrund: Ein Betrieb mit mehr als 15.000 Legehennenplätzen ist nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig. Die Behörde kann zudem nach Lage des Einzelfalls entscheiden, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Unter 15.000 Hennen genügt eine einfache Baugenehmigung. Wer mehr Tiere hält, verstößt dagegen. Der für die Baugenehmigung zuständige Landkreis Rostock sah deshalb in dem Vorgehen der Bio-Heidehof GmbH eine Ordnungswidrigkeit und verhängte ein Bußgeld. Gegenüber der Ostseezeitungbestätigte EZG-Geschäftsführer Friedrich Behrens ein Bußgeld in fünfstelliger Höhe und rechtfertigte die Überbelegung mit einer Notlage. In einem anderen EZG-Betrieb habe sich die Erweiterung verzögert, die Junghennen seien aber schon bestellt gewesen und hätten irgendwo untergebracht werden müssen. Gleichzeitig zitiert jedoch die Schweriner SVZ Behrens mit dem Satz: „Es ist so gewesen, dass in der Endstufe hier 24.000 Tiere eingestallt werden sollten.“ Man sei in zwei Schritten vorgegangen, weil das Genehmigungsverfahren kleinerer Anlagen durch den Kreis ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und damit schneller erfolgt als das Verfahren für größere Anlagen bei der Immissionsschutzbehörde. „Vorsätzlich getäuscht“ fühlte sich der Bürgermeister von Volkenshagen laut OZ, die Anwohner nannten es „eindeutig Betrug.“ Die Bio-Heidehof GmbH beantragte im Mai bei der zuständigen Immissionsschutzbehörde, die bestehende Legehennenanlage auf 24.000 Tierplätze „ohne bauliche Veränderungen“ erweitern zu dürfen. Die Genehmigung dafür erteilte diese Behörde im Dezember 2013. Die Anwohner haben dagegen Widerspruch eingelegt. Nach ihren Angaben werden derzeit in Volkenshagen weiterhin 24.000 Tiere gehalten. Taktik mit System? Diese Taktik habe System, sagen die Volkenshagener und nennen Initiativen, die mit EZG-Betrieben die gleichen Erfahrungen gemacht haben. Etwa in Groß Markow in der Gemeinde Lelkendorf, ganz im Osten des Landkreises Rostock. Dort will Friedrich Behrens mit der Ökofarm Groß Markow GmbHebenfalls einen Betrieb für 15.000 Legehennen errichten. Auch dort sollen vier Gebäude mit je zwei Ställen entstehen. Diese sollen laut Bauantrag teilweise nur mit 1.480 oder 2.500 Legehennen belegt werden, so dass unter dem Strich 14.960 Tierplätze „vorgesehen sind“. Drei Seiten weiter heißt es jedoch, es würden „acht Einzelställe geschaffen, so dass immer 3.000 Tiere zusammen gehalten werden.“ Die Gemeinde habe zweimal ihr Einvernehmen für den Bauantrag verweigert, berichtet der Anwohner Bert Burchett. Das Landratsamt habe im Juni 2012 dennoch die Baugenehmigung erteilt. Jetzt klagt er gegen die Genehmigung. Er hat, wie viele in der Region, auf den Öko-Tourismus gesetzt und viel Geld in eine Ferienwohnung investiert. Direkt daneben soll jetzt die Stallanlage entstehen. Behrens sieht kein Problem Friedrich Behrens erklärte gegenüber BioHandel, dass es gut sei, wenn er in einem großen Stall weniger Hennen als möglich einstalle und die Tiere dadurch mehr Platz hätten als die EU-Öko-Verordnung vorschreibe. Bereits funktioniert hat die Umwidmung im Falle des EZG-Betriebs Farm Walkendorf, ebenfalls im Landkreis Rostock. Für die dortige Legehennenanlage beantragte der Betreiber schon 2011 die Aufstockung von 14.960 auf 24.000 Tiere, ebenfalls „ohne bauliche Veränderung“. Das heißt, dass der bestehende Stall von vorneherein für so viele Tiere gebaut worden war. Vorläufig gescheitert ist die EZG mit ihren Plänen im brandenburgischen Löpten, Gemeinde Groß-Köris, südlich von Berlin. Dort wollte das Unternehmen in zwei alten Ställen einer ehemaligen LPG von Anfang an 36.400 Legehennen halten. Nach drei Jahren Diskussion lehnte die zuständige brandenburgische Immissionsschutzbehörde Anfang Februar 2014 den Antrag ab, nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen. In Löpten setzte sich allerdings auch die Gemeinde mit planungsrechtlichen Mitteln gegen die neuen Ställe zur Wehr. Bio und Baugenehmigung Bio-Kontrolleure sind keine Bau-Inspektoren. Allerdings verlangt die EU-ÖkoVerordnung in Artikel 74 bei der Aufnahme eines Tierhalters in das Öko- Kontrollverfahren „eine vollständige Beschreibung der Haltungsgebäude“. Darunter könnte auch die Baugenehmigung fallen. Auf Nachfrage bestätigte eine andere große Kontrollstelle BioHandel, dass das Vorhandensein baurechtlicher oder immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen von Bio-Kontrolleuren nicht nachgeprüft wird. Da gehe man davon aus, dass sich darum die dafür zuständigen Behörden kümmern. Eng verflochten – die EZG Fürstenhof Der Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof (EZG) „besteht aus zwölf biologisch produzierenden Ökobetrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg“ heißt es auf der Webseite der EZG. Die Betriebe sind zumeist als GmbHs strukturiert, an denen Friedrich Behrens und Elke Lembcke sowie deren Familienmitglieder zusammen meist 50 Prozent oder mehr der Anteile halten und die Geschäfte mit führen. Friedrich Behrens war früher Gesellschafter des konventionellen Eierkonzerns Heidegold. Er verkaufte seine Anteile 2002 und begann, in Mecklenburg-Vorpommern in den Ökolandbau zu investieren, insbesondere in die Erzeugung von Bio-Eiern. Als Geschäftspartnerin begleitete ihn von Anfang an die Agraringenieurin Elke Lembcke, die zuvor für Heidegold gearbeitet hatte. Erschienen auf www. biohandel-online am 24. 03. 2014 https://www.taz.de/Vorschriften-zur-oekologischen-Tierhaltung/!5369353/ http://www.bioland.de/fileadmin/dateien/HP_Dokumente/Allgemeine_Informationen/B riefing_Haeusling_OekoVo_nach_Abstimmung.pdf herd-und-hof.de zur Revision der EU-Öko-Verordnung: … Wann ist Bio Bio? Zumindest in Deutschland ist die Biobranche alles andere als einheitlich. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft kritisiert die großen Ökobetriebe in Ostdeutschland als „Agro-Bio-Industrie“; der filialisierte Handel macht den ursprünglichen Bio-Ladnern schwer zu schaffen [4]. Martin Häusling möchte daher die „Konventionalisierung“ der Biobranche korrigieren. Für den Bereich der Tierhaltung schlägt er Bestandsobergrenzen von 200 Sauen, 1.500 Mastschweinen und 12.000 Legehennen vor. Bei den Legehennen zeigt sich ein Problem: So soll ein Stall mit nicht mehr als 3.000 Hennen belegt werden. … https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wie-weiter-mit-der-eu-oeko-verordnung.html TAZ - Jost Maurin - 10.10.2016: Gesundheit von Kühen - Bio ist kein Allheilmittel Entzündete Euter, kaputte Beine – eine Studie zeigt, wie schlecht es auch ÖkoTieren geht. Forscher fordern konkrete Vorgaben für Krankheitsfälle. BERLIN taz | Die durchschnittliche Biokuh ist nicht gesünder als ihre Artgenossen auf herkömmlichen Höfen. „Trotz der deutlich besseren Haltungsstandards unterscheiden sich die Erkrankungsraten auf ökologischen Milchviehbetrieben nicht von den hohen Erkrankungsraten in der konventionellen Milchviehhaltung“, teilte Professor Albert Sundrum von der Universität Kassel zum Abschluss eines internationalen Forschungsprojekts unter seiner Führung mit. So hätten in den untersuchten deutschen Betrieben 23 bis 74 Prozent der Kühe kranke Euter gehabt. Die Wissenschaftler prüften, wie häufig die Kühe auf mehr als 200 Ökobetrieben in Deutschland, Frankreich, Schweden und Spanien in einem Jahr zum Beispiel an Euterproblemen oder Lahmheiten litten. „Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd“, so die Forscher. Zu ähnlichen Schlüssen waren zuvor auch Untersuchungen zu anderen Tierarten gekommen. Wer Bio kauft, will damit aber meist eine „artgerechte Tierhaltung“ unterstützen, die er bei der konventionellen Landwirtschaft nicht vermutet. Das belegt etwa die Umfrage Ökobarometer 2016. Dazu passen keine entzündeten Euter und Kühe, die humpeln, weil sich ihre Klauen schmerzhaft verändert haben. In der Studie variierten die Erkrankungsraten zwischen den Betrieben enorm. Die Bandbreite „lasse sich weder durch regionale Gegebenheiten noch durch die Betriebsgröße erklären“, so die Wissenschaftler. Kein Anreiz zur Pflege Wenn das Futter nicht die nötigen Nährstoffdosen enthält, könne das das Immunsystem belasten und Euterentzündungen begünstigen, sagt Forscherin Susanne Hoischen-Taubner, die an der Studie beteiligt war. Schlechte Stallhygiene könne Lahmheiten verursachen. Vielen Milchviehhaltern fehlt laut den Forschern aber der Anreiz, in die Gesundheit ihrer Tiere zu investieren. Denn die Molkereien zahlen den höheren Biopreis weitgehend unabhängig davon, wie es den Tieren geht. Zwar geben kranke Kühe oft auch weniger Milch und müssen früher geschlachtet werden. Doch ist es oft immer noch teurer, in die Gesundheit der Tiere zu investieren. Also sind Bauern im Vorteil, die billiger produzieren, indem sie ihre Kühe schlechter behandeln. Die Forscher kritisieren das als „eine unfaire Wettbewerbssituation“. Um Landwirte zu motivieren, Krankheiten vorzubeugen, haben die Wissenschaftler ein Computerprogramm entwickelt. Damit können die Bauern ausrechnen, welche Maßnahmen sich in ihrem Betrieb am ehesten rentieren. Dabei geht es um häufigere Klauenpflege, trockeneres Stroh für die Liegeboxen oder mehr Gruppen, in denen die Kühe individueller gefüttert werden können. Nicht ohne Antibiotika Nicht viel halten die Wissenschaftler von homöopathischen und pflanzlichen Medikamenten. „In wissenschaftlichen Studien mangelt es weiterhin an belastbaren Nachweisen der Wirksamkeit“. Zudem fehle vielen Landwirten die Kompetenz, um solche Mittel effizient einzusetzen. „Ganz ohne Antibiotika wird auch die ökologische Landwirtschaft künftig nicht auskommen“, so Forschungsleiter Sundrum. Die Wissenschaftler verlangen deshalb konkrete Vorgaben für die Landwirte, wie häufig die wichtigsten Krankheiten vorkommen dürfen. „Die Bioverbände könnten das in ihre Richtlinien aufnehmen oder die EU in die Ökoverordnung“, sagte HoischenTaubner der taz. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft ist bereit, darüber zu diskutieren. Es sei aber schwierig, „eine genaue und nachvollziehbare Grenze“ zu ziehen, ab der Bauern sanktioniert werden sollen. Die EU-Kommission ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme zunächst unbeantwortet. Trotz der Mängel hält Forscherin Hoischen-Taubner Bio-Viehhaltung für sinnvoll: „Die Lebensbedingungen der Tiere sind von den Voraussetzungen her erheblich besser.“ Ein Ökoschwein habe mehr Möglichkeiten, sein normales Verhalten auszuleben. http://www.taz.de/!5343397/ Unabhängige Bauernstimme - 29.08.2016 - cs Nicht in Biomilch ertrinken Zukünftig wird mehr Biomilch gemolken – und wie vermarktet? Wie eine Insel der Glückseligen erschien bislang der Biomilchmarkt im tosenden Strudel des nachquotigen konventionellen Milchmeeres. Nun gibt es die ersten Stimmen, die zwar nicht vor dem Untergang, aber zumindest vor hochschlagenden Wellen auf dem Eiland warnen. In einem Bericht zweier Berater im NaturlandMagazin beschreiben diese ein Szenario, das bestenfalls bei fast einer Verdoppelung des Absatzes von Biomilch in Deutschland in zwei Jahren zu einer ausgeglichenen Versorgungslage führen könnte. Allerdings könnten bis dahin aber auch die bislang 150 Mio. Liter im Jahr nach Deutschland exportierenden Nachbarn Österreich und Dänemark ihre potentiellen Exportmengen verdoppeln. Viele konventionelle Bauern und Bäuerinnen hier wie da haben ihren individuellen Ausweg aus der existenzbedrohenden Milchpreiskrise in der Umstellung auf ökologischen Landbau gesucht. Und das, obwohl fast alle Biomolkereien schon seit Monaten keine Betriebe mehr aufnehmen. Sie stellten einfach trotzdem um und hofften in zwei Jahren auf einen Händler, den Spotmarkt, irgendwen, der ihre Milch schon kaufe, so Frank Wetternich von der Gläsernen Molkerei, einer reinen Biomolkerei in MecklenburgVorpommern. Auch Matthias Stührwoldt, Biomilchbauer in Schleswig-Holstein und Lieferant der relativ jungen Hamfelder Hofmolkerei, sieht die Anspannung unter den Kollegen. Häufig seien es die größeren Betriebe, die keinem Bioverband beiträten, den konventionellen Ackerbau und die Biogasanlagen von der Milchviehhaltung abspalteten, diese dann umstellten und auf den besseren Preis spekulierten. Ihm sei jetzt schon geraten worden, Verträge für Ökokraftfutter zu machen, weil das entsprechend knapp und teuer würde. Auch Molkereimann Wetternich fürchtet die Welle, die 2017, wenn die jetzigen Umsteller biozertifiziert liefern können, auf den Markt schwappt. Dabei gab es jetzt schon eine Delle. „Wir mussten im Frühjahr schon mit dem Auszahlungspreis runter gehen, sind aber optimistisch für den Herbst.“ Der Abstand zwischen konventionellen und Biopreisen sei einfach zu groß gewesen, doppelt so hoch, das funktioniere nicht, so Wetternich. Auf der Milchgeldabrechnung standen dann im Juni 41 Cent für den Liter statt 43 Cent wie im Mai. Aldi senkte schon im März den Ladenpreis um 8 Cent. Zwar steigt der Absatz von Biomilch in Deutschland nach wie vor, aber es sei schließlich auch nach wie vor ein kleiner Markt, der nun komplexer und unübersichtlicher werde, so Wetternich. Was, wenn die konventionelle Molkerei Ammerland tatsächlich wie angekündigt mit 30 Mio. Liter auf den Markt komme? Und was machen Dänemark und Österreich, in denen durchaus mit Blick auf den Exportmarkt nicht zu knapp umgestellt wird? Arla hat schon angekündigt, seinen Bioabsatz verdoppeln zu vollen. Perspektive wird auch der anonyme Teil des deutschen Marktes sein. Profilierung könnte Halt im Meer bieten: „Wir haben das Ziel, unsere Kunden zu binden, Kühe zu zeigen, die draußen sind“, sagt Matthias Stührwoldt, „für eine Wertschätzung der Bäuerinnen und Bauern vor Ort.“ In Verbindung stehende News: Nicht gerade gläsern - 29-09-16 10:28 Bauern verklagen Molkereien - 29-09-16 10:16 Französische Milchbauern erreichen höheren Milchpreis - 02-09-16 08:45 Größte Molkerei DMK zahlt am schlechtesten - 11-08-16 11:21 BDM-Bauern stellen Bleser zur Rede - 11-08-16 11:18 Gedanken zur Milchkrise - 28-06-16 09:01 SPIEGEL Online – 14.1.2017 - Benjamin Schulz, Kiel; Sicherungsverfahren gegen Landwirt Nichts zu verlieren Peter F. steht vor dem Landgericht Kiel, weil er mit seinem Trecker Polizeifahrzeuge demolierte. Im Sicherungsverfahren gegen den renitenten Bauern haben alle Beteiligten Mühe, die Fassung zu wahren. … Das war am 4. Mai 2016. F. war an dem Tag an seinem Hof bei Ascheberg in Schleswig-Holstein mit dem Traktor umhergefahren und hatte mehrere Polizeiwagen und andere Autos demoliert. Es war seine Reaktion auf eine Maßnahme des Kreisveterinäramts. F. hatte sich geweigert, seinen Kühen Blut abzunehmen und Ohrmarken setzen zu lassen; der Landwirt hält das für Tierquälerei. Seit mehr als zehn Jahren lag er deswegen mit den Behörden im Clinch, Festnahmen, Strafzahlungen und Papierkrieg inklusive. Angesichts dieser Vorgeschichte waren die Tierärzte mit Verstärkung angerückt, insgesamt neun Beamte der örtlichen Polizei und zwei Bundespolizisten. Die Beamten setzten F.s Fahrt ein Ende, indem sie den Traktor durch Schüsse auf die Reifen stoppten. Im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Kiel kämpft F. nun um seine Freiheit. Die Staatsanwaltschaft will ihn in der geschlossenen Psychiatrie sehen - F. habe damals im Mai im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt. Aber für gefährlich hält ihn die Staatsanwaltschaft noch immer. Die Auseinandersetzung vor Gericht bestimmt F.s Leben. Er wehrt sich mit der verzweifelten Entschlossenheit eines Menschen, der nichts mehr zu verlieren hat, sich nicht kampflos ergeben will. Seine Rinder sind verkauft; er muss befürchten, dass die vorläufige Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie dauerhaft wird. Das macht begreiflich, warum er immer wieder die Grenzen dessen übertritt, was vor Gericht üblich und vielleicht auch angemessen ist. Gegen eine ihm feindselig gesinnte Justiz und Behördenwillkür darf man nicht leise und zurückhaltend bleiben so sieht er es. … Mehr dazu: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/prozess-gegen-peter-f-in-kiel-nichts-zuverlieren-a-1129912.html ______________________________________________________________ Die AbL Niedersachsen/Bremen e.V. übernimmt weder eine Freistellung von Rechten Dritter noch eine Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen die AbL Niedersachsen/Bremen e.V.., die sich auf Schäden materieller Art beziehen, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Abbestellungen des Newsletter über: [email protected]
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