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Gottesdienst mit Kantorei
am 2. Sonntag nach Epiphanias,
15.1.16 um 11.00 in der Jubilatekirche
mit Einführung des neuen KGR
Jahreslosung: „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in
euch“, Hes 36,26)
Pastorin Dr. Kirstin Faupel-Drevs
Predigttext:
Die Hochzeit zu Kana
21 Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die
Mutter Jesu war da. 2 Jesus aber und seine Jünger waren auch zur
Hochzeit geladen.
3 Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben
keinen Wein mehr. 4 Jesus spricht zu ihr: Was geht´s dich an, Frau, was
ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5 Seine Mutter spricht
zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. 6 Es standen aber dort sechs
steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in
jeden gingen zwei oder drei Maße.
7 Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie
füllten sie bis obenan. 8 Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's
dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. 9 Als aber der
Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht
wusste, woher er kam – die Diener aber wussten's, die das Wasser
geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam 10 und spricht
zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken
sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt
zurückgehalten. 11 Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah
zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine
Jünger glaubten an ihn.
12 Danach zog er hinab nach Kapernaum, er, seine Mutter, seine Brüder
und seine Jünger, und sie blieben nur wenige Tage dort.
1
Liebe Gemeinde
Wir stehen noch am Anfang des neuen Jahres und sind doch schon mitten drin. Die
Weihnachtsbäume sind abgetakelt, die Sterne wieder in ihren Kisten verpackt und
wir fragen doch: Unter welchem Stern wird dieses Jahr stehen? Hoffentlich wird es
ein gutes, ein besseres?! Wir feiern voller Ekstase, mit Lichter- und weltweiter
Presseshow die Eröffnung der Elphi; glückliche Besitzer von Eintrittskarten durften
oder dürfen selig in den allerschönsten Klängen baden, aber dann, wenn wir aus
dieser Wanne der Kultur wieder heraussteigen und uns abgetrocknet haben, schauen
viele von uns wieder beklommen, fast verzagt ins Weite der Welt hinaus, nach
Amerika und in alle möglichen Richtungen, aus denen wir uns bedroht fühlen. So
empfinde ich es gerade stimmungsmäßig: volle Fahrt voraus, und dann Zögern –
statt weitergehen lieber Wiegeschritt.
Und gerade in diese Zeit fällt der Neustart in unserer Gemeinde mit einem neuen
Kirchengemeinderat. Neu, auch wenn viele bekannte Gesichter noch weiter dabei
sind. Neu, weil sich jedes Gremium ganz wesentlich ändert, wenn nur ein neuer
Mensch sich einbringt. Und nun sind es sogar fünf, ein ganzes Drittel, wie aufregend!
Und jedes Gesicht, jede Stimme steht für Interessen und Anliegen in unserer
Gemeinde, für neue Ideen, aber auch für Fragen und Kritik. In welche Gangart
werden wir hineinfinden? Was werden die Kriterien unserer Arbeit sein? Und was
ist unser Leitstern?
Volle Fahrt voraus – und dann Zögern. So höre ich es auch aus der biblischen
Geschichte von heute heraus, dem Evangelium von der der Hochzeit zu Kana. Jesu
Mutter ist schon da, als er und seine neuen Weggefährten kommen. Alles scheint
prächtig zu laufen, aber dann gibt es plötzlich ein unerwartetes Problem: der Wein
ist alle. Wie peinlich für den Bräutigam, wenn das rauskommt. Die Mutter Jesu geht
zu ihrem Sohn und sagt es ihm, er spürt sofort, was sie von ihm erwartet, sie weiß
was in ihm steckt. Auch wenn sie es nicht sagt, hört er doch den Appell: Tu was!
Tut was, Ihr neuen Verantwortlichen in der Gemeinde! Es gibt genug zu tun hier.
Wir brauchen mehr Angebote für Familien und Jugendliche, und bitte die anderen
Altersgruppen nicht vergessen! Das Mehrgenerationenhaus hat eine neue 10-JahresFörderung, darum braucht es erweiterte Angebote, das Nachdenken über die
Zukunft der Kreuzkirche kommt in die heiße Phase, die Kita soll Sprachförderkita
werden, die Schulen der Umgebung drängen nach Zusammenarbeit, die Arbeit mit
Geflüchteten steht sowieso schon im Fokus unserer Gemeinde, es braucht unbedingt
einen Neuanstrich in der Jubilatekirche und gerne auch besseres Licht, sie wird
schließlich dies Jahr 50 Jahre alt, und es soll entsprechend gefeiert werden ... soviel
nur ein erster kleiner Einblick in die Agenda ...
2
Ich hoffe, Ihr springt nicht gleich wieder ab. Ja, es gibt viel zu tun, und dann noch
der Wunsch: Bitte neuen Wein in neue Schläuche! So wie bei der Hochzeit zu Kana
bitte, und gerne ein paar Wunder dazu.
Ich komme zur Geschichte zurück. „Meine Zeit ist noch nicht gekommen!“ – So
antwortet Jesus seiner Mutter, ziemlich barsch, fast ärgerlich, das ist deutlich zu
hören. „Was geht´s dich an, Frau, was ich tue?“
Unhöflich? Und dann noch der Mutter gegenüber! Heute höre ich die Geschichte
einmal anders. Jesus grenzt sich ab. Dräng mich nicht! Ich brauche noch Zeit vor
meinem Auftritt. „Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden“ (1. Joh 3,2)) Auch
Jesus brauchte seine Zeit. Knapp 30 Jahre hat er ein ganz einfaches Leben als
Handwerker in einem galiläischen Dorf geführt. Auch nach seiner Taufe, immerhin
recht spektakulär am Jordan mit Himmelsstimme unter Zeugen, hat er sich erst
einmal für eine längere Zeit in die Wüste zurückgezogen und mit sich selbst
gerungen, seinen Fragen und Abgründen, hat mit dem Teufel gekämpft und
vielleicht langsam herausgefunden, wer er ist, was für Gaben er hat und in welche
Richtung seine Berufung gehen könnte. Und auch dann ist er noch nicht los, sondern
suchte sich erst einmal die passenden Weggefährten.
So zögerlich war sein Anfang. Warum sollte es bei uns sehr viel anders sein? Ich
möchte Sie, liebe Gemeinde und gerade auch Euch, liebe neugewählte
Kirchengemeinderäte, heute daran erinnern. Auch mich selbst möchte ich an diese
Gangart Jesu erinnern und an sein besonnenes Schauen vor aller Aktivität, vor allem
Pläne-Schmieden. Also nach der Sendung ins neue Amt erst einmal die Sammlung.
Sammeln und schauen, was anliegt, was schon da ist, wozu ich Lust habe, was ich
einbringen möchte mit meiner Gabe, hier vor Ort.
Wenn wir das nicht tun, geht es uns womöglich so, wie vom Dichter Blaise Pascal
einmal kurz beschrieben: „Weißt du, wie du Gott zum Lachen bringen kannst?
Erzähl ihm deine Pläne“.
Liebe Gemeinde, lieber neuer Kirchengemeinderat, wir können uns alles Mögliche
ausdenken. Wenn es nicht aus Gott kommt, laufen wir ins Leere und verpuffen
wertvolle Kraft und Energie. Anders als in einem politischen Gremium geht es bei
uns nicht um schnelle Erfolge, sondern um Nachhaltigkeit. Wir können und sollen
uns Zeit nehmen, auf unseren Herzschlag zu hören, um Gottes Weisung zu finden.
Aber wie bekommen wir heraus, was von Gott kommt und was wirklich „dran“ ist
für uns? Vielleicht braucht es – jetzt zu Beginn – etwas ganz Einfaches: Anschauen,
was ist, um die Bedürfnisse vor Ort besser zu verstehen, und natürlich auch
Ausschau halten nach dem Stern, der auch nach Weihnachten noch leuchtet, denn
sonst hätten die Könige ihn nicht gefunden. Es ist unser Morgenstern, der uns
vorausgeht. Das, was uns aufleuchtet, oder „einleuchtet“, das kann zu einer
wichtigen Inspiration Denken und Handeln werden.
3
Bei mir ist es gerade dieser Vers:
„Gib mir, mein Kind, dein Herz, und lass dir meine Wege wohl gefallen“ (Spr 23,26) spricht
Gott. Dies biblische Wort aus dem Buch der Sprüche stand auf der Rückseite eines
Bildes, das jede und jeder von uns von Gerhard Bothe während unserer ersten MASitzung bekommen hatte, als Neujahrsgabe sozusagen eine Variante der
Jahreslosung, in der es um die Gabe eines neuen Herzens geht, wir haben sie zu
Beginn des Gottesdienstes gehört.
Ich bin manchmal etwas naiv fromm. Ich stelle mir bildlich vor, was in diesem Vers
beschrieben ist. Gott spricht direkt zu mir: Gib mir, mein Kind, dein Herz, und lass dir
meine Wege wohl gefallen ... Ich gebe Gott mein Herz und Gott gibt mir seine
Wegweisung.
Das erinnert mich an das Bild vom „fröhlichen Wechsel“, das Martin Luther in seiner
bekannten Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ beschrieben hat. Da
geht es um die Verbindung zwischen Gott und Mensch, die so innig ist wie die
Beziehung zwischen Braut und Bräutigam. Der Bräutigam Christus gibt der Seele,
was sie braucht: Gutes und Seligkeit, und die Seele überlässt ihm alle Sorge, Angst
und Schuld und wird frei zum Leben aus Gott.
Ich mag diese Vorstellung, denn sie zeigt: Wir müssen niemals nur aus uns selbst
schöpfen, wie entlastend! Wir müssen auch keine Wunder tun, so wie Jesus es in der
Geschichte doch getan hat. Wasser in Wein verwandeln wie er, das können wir wohl
nicht. Aber wir können wie offene Gefäße sein, in all unserer Zerbrechlichkeit, um
den guten neuen Wein zu empfangen und ihn zu schmecken und zu teilen.
Das ist – so finde ich – die gute Nachricht zum Neuen Jahr: Wir bekommen alles, was
wir brauchen, von Gott und auch voneinander, das Wesentliche ist schon da: Gute
Wegweisung aus der Schrift, die Gaben und Fähigkeiten, die wir jeweils mitbringen
und – nicht zuletzt - die heiligen Gaben der Gemeinschaft unseres christlichen
Glaubens, die wir teilen, so wie gleich das Abendmahl. Von diesen Gaben erzählt
unser christlicher Glaube und davon lebt er auch.
Heute und weit über diesen Tag und auch dieses Jahr hinaus. Amen.
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