8 ÖSTERREICH Kirchenaustritte in Wien leicht rückläufig Das Beitragsvolumen bleibt inflationsbereinigt gleich. Erste Effekte der Reform in der Erzdiözese sind spürbar. Wien. In Kürze sollen, wie immer zu Jahresbeginn, höchst offiziell die Austrittszahlen aus der katholischen Kirche bekannt gegeben werden. Nicht für das vergangene Jahr 2016, sondern das vorvergangene wohlgemerkt, also für 2015. Für den mit Abstand größten Teilbereich, die im Osten und Süden nach Niederösterreich reichende Erzdiözese Wien, zeichnet sich laut Informationen der „Presse“ trotz strenger Geheimhaltung des Zahlenmaterials ein leichter Rückgang ab. Dieser erfolgt aber auf relativ hohem Niveau. Im Jahr 2014 wurden durch Unterschrift auf einem der Magistratischen Bezirksämter immerhin 15.897 Katholiken zu Ex-Katholiken. 2015 wird der niedrigste Wert seit dem Aufbrechen des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 erreicht werden. Damals haben 25.314 Personen, die im Gebiet der Erzdiözese wohnen, die Kirche verlassen. Gleichzeitig bleibt das reale Aufkommen des Kirchenbeitrags annähernd gleich. Das heißt, das Volumen steigt im selben Ausmaß – um ungefähr ein Prozent – wie die Inflation. Und es werden erste finanzielle Erfolge der Pfarrfusionen sichtbar. So müssen anders als früher für 2016 und 2017 keine Rücklagen aufgelöst werden. (d. n.) KLEINE CHRONIK Namenstag. Gregor, Wilhelm. Auszeichnung. Dem Wiener Publizisten Wilhelm Bettelheim wurde das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Todesfälle. Dr. Helga Jánosi ist am 2. Jänner im 85. Lebensjahr verstorben. NACHRICHTEN Leichenfunde in Haus: Besitzer legte Feuer Die Ursache für den Brand eines Hauses im Ortsteil Koglerau in der Gemeinde Gramastetten (ÖO), in dem bei Löscharbeiten zwei verkohlte Leichen entdeckt worden sind, ist geklärt. Der 52-jährige Hausbesitzer hat das Feuer an mehreren Stellen gelegt. Der Mann hatte zuerst seine 46-jährige Ehefrau mit seiner Langfeuerwaffe getötet, anschließend das Haus angezündet und sich dann umgebracht. Sozialbetrug: Drei Asylwerber verurteilt Drei Asylwerber sollen in Salzburg Tausende Euro an Sozialleistungen erschlichen haben, indem sie bei der Antragstellung ein falsches Geburtsdatum genannt und sich als minderjährige Flüchtlinge ausgegeben haben. Zwei Männer erhielten bei einem Prozess sechs Monate (nicht rechtskräftig) bedingte Haft, der dritte fünf Monate bedingt. DIENSTAG, 10. JÄNNER 2017 Länger offen: Kein Zuschlag für Ärzte Spitalsambulanzen. Ordinationen, die länger offen hielten, um Krankenhäuser zu entlasten, blieben auf den Mehrkosten sitzen. VON KÖKSAL BALTACI Wien. Eine Wiener Ordination vor ein paar Tagen: Wegen des – auch durch die Grippewelle bedingten – Ansturms von Patienten überzieht der Arzt kurzerhand seine Öffnungszeiten, arbeitet über 18 Uhr hinaus und behandelt in dieser Zeit vier Patienten. Bei der Abrechnung stellt sich allerdings die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) quer und verweigert den sogenannten S-Zuschlag. Das ist ein Zuschlag in Höhe von 50 Prozent der jeweiligen Leistungen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen sowie in der Nacht bzw. außerhalb der regulären Ordinationszeiten. Dem Arzt zufolge mit der Begründung, es habe kein Behandlungsbedarf bestanden, weil die Patienten eine Spitalsambulanz aufsuchen könnten. Was – aus Sicht der WGKK – nachvollziehbar ist, wird doch die Behandlung in Spitälern im Wesentlichen von den Ländern bezahlt, für jene im niedergelassenen Bereich hingegen müssen die Kassen aufkommen. Kein Aufruf der Kammer Ähnliche Berichte von der Verweigerung des S-Zuschlags gibt es von niedergelassenen Kinderärzten, die im Februar vergangenen Jahres spontan ihre Ordinationen an den Wochenenden aufsperrten, um die maßlos überforderte Kinderambulanz im Donauspital zu entlasten, in der es wegen der langen Wartezeiten sogar zu Tumulten kam. Was auch der Grund dafür ist, dass sich viele niedergelassene Ärzte weigern, trotz der aktuellen Überforderung der Spitalsambulanzen mit Dutzenden Gangbetten („Die Presse“ berichtete), ihre Praxen zu öffnen – obwohl sie dazu grundsätzlich bereit wären. Selbst die Ärztekammer hat in diesem Winter zum ersten Mal die niedergelassenen Mediziner nicht dazu aufgerufen, ihre Ordinationen außerhalb der Öffnungszeiten offen zu halten, weil die Ärzte immer wieder beklagt hätten, den S-Zu- Während Spitalsambulanzen an den Wochenenden oft überlastet sind, bleiben Ordinationen aus Kostengründen geschlossen. schlag nicht zu bekommen und so- ten bei der Abrechnung von Leismit ihre Ordinationsangestellten tungen, die am Wochenende ernicht bezahlen zu können. Denn bracht wurden, sind nicht bediese bekommen an einem Sonn- kannt.“ Es könne „natürlich in Einund Feiertag einen Zuschlag von zelfällen ein Problem technischer 100 Prozent – plus Zeitausgleich in Art bestanden haben, aber man der Woche darauf. Zudem müssen kann davon ausgehen, dass diese in sie nur dann außerhalb der Ordi- den etwaigen Einzelfällen auch ausnationszeiten arbeiten, wenn in ih- geräumt wurden“. Sollte sich ein ren Verträgen Überstunden festge- Arzt „nicht korrekt abgerechnet schrieben sind. Die fühlen“, könne er sich Gewerkschaft der Prigern an die WGKK vatangestellten (GPA) wenden. Was die weGangbetten sind ein nigsten Mediziner masieht jedenfalls „keine Notwendig“, dass Orchen, die meisten haunerträglicher dinationsangestellte ben es dabei belassen Zustand, und es an Wochenenden, und die Mehrkosten werden MaßFeiertagen und außerfür ihre Ordinationsasnahmen gesetzt, halb der Ordinationssistenten aus der eigediesen zu beenden. nen Tasche bezahlt – zeiten arbeiten. In dieser Zeit gebe es ja und verzichten künftig Sonja Wehsely die Ambulanzen und auf Überstunden. den Ärztefunkdienst. „Nicht zu leugnen“ Mit den Vorwürfen konfrontiert, teilt eine Sprecherin der Unterdessen kündigte GesundWGKK mit, dass „den Ärzten im heitsstadträtin Sonja Wehsely Rahmen ihrer medizinischen Be- (SPÖ) am Montag eine Überprühandlungskompetenz überlassen fung an, warum in den Spitälern so bleibt, ob ein besonderer Behand- viele Patienten in Gangbetten lielungsbedarf außerhalb seiner regel- gen müssen. Die angespannte Simäßigen Ordinationszeiten besteht. tuation sei jedenfalls „nicht zu verGenerelle Probleme von Kinderärz- leugnen“. Das Bettenmanagement [ Fabry ] werde in den einzelnen Häusern vorgenommen. „Ich habe die Generaldirektion veranlasst, die Berichte aus jedem Haus anzufordern, die sorgfältig geprüft werden“, sagt Wehsely. Warum die entwickelten Prozedere in einigen Bereichen besser und in anderen schlechter funktionieren, werde „analysiert und bereinigt“. Gangbetten seien „ein unerträglicher Zustand, und es werden vielfältige Maßnahmen gesetzt, diesen zu beenden“. Wie dramatisch die Situation in Spitälern ist, zeigt sich auch an einem E-Mail, das der „Presse“ vorliegt. Darin fordert ein Pflegedirektor die Stationsleiter auf, „alle personellen Maßnahmen zu ergreifen, die eine unmittelbare Aufhebung der Sperre ermöglichen“. Dies umfasse „die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten wie etwa die Anordnung von Mehrdienstleistungen, die Prüfung, ob bereits genehmigte Urlaube verschiebbar sind bzw. die Genehmigung zurückzunehmen ist, sowie die Prüfung, ob Mitarbeiter vorzeitig aus dem Urlaub zurückkehren können“. Dabei seien der Kreativität der Stationsleiter „keine Grenzen gesetzt“. Silvester-Übergriffe: Sechs Verdächtige ermittelt Tirol. Eine Gruppe junger Flüchtlinge aus Afghanistan soll während der Neujahrsfeiern in Innsbruck 18 Frauen sexuell belästigt haben. Der Polizeichef stellt für ähnliche Veranstaltungen nun Videoerfassung aller Besucher in Aussicht. VON ANDREAS WETZ Innsbruck. Nahezu im Stundentakt meldeten sich am Neujahrsmorgen bei der Innsbrucker Polizei Frauen, die in der Silvesternacht Opfer von sexuellen Belästigungen geworden waren. Etwas mehr als eine Woche später scheinen die Geschehnisse von damals – zumindest großteils – geklärt: Als dringend tatverdächtig gelten für die Exekutive sechs Afghanen im Alter zwischen 18 und 22 Jahren. Nach zwei weiteren bisher unbekannten Männern wird gefahndet. Die Ereignisse zum Jahreswechsel hatten landesweit für Aufsehen gesorgt, weil die Feiern nach den Massenübergriffen des Vorjahres in Köln unter besonderer Beobachtung standen. „Und aus diesem Grund werden wir aus den Geschehnissen auch unsere Schlüsse für die Zukunft ziehen“, sagt Innsbrucks Stadtpolizeikommandant, Martin Kirchler, zur „Presse“. Nach Angaben des Ermittlungsteams waren es von den Opfern und ihren Begleitern angefertigte Fotos und Videos, die zur Ausforschung der Männer führten. Ein Mitarbeiter einer Flüchtlingsunterkunft habe so einen der mutmaßlichen Täter wiedererkannt. Mittels Befragungen und Umfeldrecherchen stießen die Polizisten auf die weiteren Männer. Es sei jedoch möglich, dass noch zwei bisher nicht identifizierte Personen zur Gruppe gehören. In Innsbruck verabredet Nach Angaben der Innsbrucker Behörden haben alle Tatverdächtigen im weitesten Sinn mit Asylverfahren zu tun. Präzisere Angaben dazu wollte die Polizei nicht machen. Nach „Presse“-Recherchen befinden sich vier der sechs Männer in laufenden Verfahren, einer dürfte sich illegal in Österreich aufhalten. Ein weiterer genießt subsidiären Schutz, das bedeutet, dass ihm kein Asyl im Sinne der Flüchtlingskon- vention zusteht, er aber auch nicht abgeschoben werden kann. Bis auf ein Mitglied der Gruppe bestreiten alle, an den zur Last gelegten Taten beteiligt gewesen zu sein. Weil die Schwere der angezeigten Delikte (sexuelle Belästigung, geschlechtliche Nötigung) für die Verhängung der Untersuchungshaft nicht ausreicht, wurden alle Verdächtigen auf freiem Fuß angezeigt. Derzeit sieht es laut Ermittlungsstand so aus, als ob sich die Männer, die in unterschiedlichen Bezirken Tirols untergebracht sind, für die Silvesternacht in Innsbruck verabredet hätten. Sie reisten individuell an, trafen sich in der Stadt und mischen sich anschließend unter die zahlreichen Leute. Zu den Übergriffen kam es im dichten Gedränge vor der Bühne auf dem Marktplatz und am Herzog-Otto-Ufer. Dabei dürften die Männer gleichzeitig auf kleinere Gruppen von Frauen losgegangen sein. „Wir haben jedoch keine Hin- weise darauf, dass die Taten im Vorfeld geplant wurden oder die Männer vor Ort so vorgingen, dass die einen die Opfer festhielten, während die anderen sie unsittlich berührten“, so Kirchler. Künftig alle Besucher auf Video Innsbrucks Polizeichef will die Vorfälle der Silvesternacht zum Anlass nehmen, um für künftige Großveranstaltungen über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nachzudenken. „Darunter sind auch schwerwiegende Eingriffe wie Videoaufzeichnungen an sämtlichen Zugängen zu einem Veranstaltungsort“, präzisiert Kirchler. Gemeinsam mit verstärkten Identitätskontrollen könnten so „alle Besucher dokumentiert werden, die ein Event wie eine Silvesterfeier besuchen“. In Berlin wurde das dieses Jahr bereits ganz ähnlich organisiert. Auf dem Wiener Silvesterpfad, der kein geschlossenes System darstellt, waren 19 Kameras montiert.
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