12.2.02. Innerkantonale Platzierungen in Kinder

Sicherheitsdirektion Kanton Zürich
Kantonales Sozialamt
12.2.02. Innerkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen
Rechtsgrundlagen
Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge vom 1. April 1962, LS 852.2
Verordnung über die Jugendheime vom 4. Oktober 1962, LS 852.21
Art. 276 ZGB, Art. 285 ZGB
Verfügung der Bildungsdirektion vom 26. Juli 2013 über die Versorgertaxen in beitragsberechtigten Sonderschulen, Schulheimen Kinder- und Jugendheimen sowie Spitalschulen
Richtlinien der Bildungsdirektion vom 31. August 1998 über die Bewilligung von Kinder- und
Jugendheimen
Erläuterungen
1.
Allgemeines
Als Jugendheime gelten Heime, die dazu bestimmt sind, mehr als fünf Kinder, Jugendliche
und junge Erwachsene bis zum vollendeten 22. Altersjahr zur Erziehung und Betreuung aufzunehmen (§ 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge).
Für Einrichtungen, die der staatlichen Aufsicht nach der Gesetzgebung über das Gesundheitswesen und die Sozialhilfe unterstehen, gelten andere Rechtsgrundlagen. Auf solche
Heime und Anstalten kommt das Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge
nicht zur Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge).
Schulen und Kindergärten von Jugendheimen unterstehen der Schulgesetzgebung, insbesondere den Bestimmungen über die Bewilligung, die Aufsicht und die Leistung von Staatsbeiträgen. Einrichtungen für die Erlernung gewerblicher und kaufmännischer Berufe unterstehen den Vorschriften über die berufliche Ausbildung (§ 2 Gesetz über die Jugendheime
und die Pflegekinderfürsorge).
2.
Aufsicht
Die Jugendheime stehen unter der Aufsicht des Amtes für Jugend und Berufsberatung. Dieses kann mit Zustimmung der Bildungsdirektion die unmittelbare Aufsicht Jugendkommissionen, Jugendsekretariaten oder Behörden und Amtsstellen von Gemeinden übertragen und
sich Bericht erstatten lassen (§ 6 Verordnung über die Jugendheime).
Der Betrieb eines Kinder- oder Jugendheims ist bewilligungspflichtig. Die von der Bildungsdi12 Stationäre Massnahmen
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rektion erlassenen Richtlinien über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen legen
fest, an welche Voraussetzungen eine Bewilligung gebunden ist.
3.
Finanzierung
Die Finanzierung von Jugendheimen erfolgt einerseits mittels Staatsbeiträgen des Kantons,
andererseits erheben die Jugendheime Mindestversorgertaxen, die nach einem Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Juli 2014 (VB.2014.00054) von den Eltern
bzw. vom Unterstützungswohnsitz des Kindes getragen werden müssen. Zudem leistet der
Bund an die vom Bundesamt für Justiz anerkannten Heime Betriebsbeiträge.
3.1.
Staatsbeiträge
Der Kanton leistet den Gemeinden nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für die anerkannten, von ihnen geführten Jugendheime Kostenanteile bis zur Hälfte der beitragsberechtigten Ausgaben (§ 7 Abs. 1 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge).
Privaten Trägern leistet der Kanton für von ihnen geführte Jugendheime Kostenanteile bis
zur vollen Höhe der beitragsberechtigten Ausgaben (§ 7 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge).
Die Kostenanteile des Kantons werden für Kinder und Jugendliche mit zivilrechtlichem
Wohnsitz im Kanton Zürich ausgerichtet.
Beiträge werden gewährt an die Ausgaben für

die Einrichtung, Erweiterung oder Erneuerung von Gebäuden und die Anschaffung beweglicher Einrichtungen,

die Besoldung der Leitenden der Jugendheime und ihrer Mitarbeitenden in Erziehung
und Berufsbildung sowie die Arbeitgeberleistungen an Einrichtungen der Alters-, Invaliditäts- und Hinterlassenenfürsorge,

die Ausbildung und Weiterbildung von Leitenden und Erziehenden (§ 8 Abs. 1 Gesetz
über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge).
Die Gewährung von Beiträgen an Schulen und Kindergärten von Jugendheimen richtet sich
nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Leistungen des Kantons für das Volksschulwesen (§ 8 Abs. 3 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge).
3.2.
Mindestersorgertaxen
Für jedes Angebot eines Kinder- oder Jugendheims legt die Bildungsdirektion eine angebotsbezogene Mindestversorgertaxe in Form einer Pauschale fest (§ 19 Abs. 1 Verordnung
über die Jugendheime).
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in seinem Urteil vom 9. Juli 2014
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(VB.2014.00054) einerseits erwogen, dass bei behördlichen Platzierungen die zivilrechtliche
Wohngemeinde des Kindes gegenüber den Pflegeeltern bzw. dem Heim als (privatrechtliche) Auftraggeberin gelte. Das Gemeinwesen könne seine Auslagen jedoch gestützt auf
Art. 289 Abs. 2 ZGB von den Eltern zurückfordern (E. 6.7). Andererseits hat das Verwaltungsgericht aber auch festgehalten, dass in der Jugendheimgesetzgebung keine genügende gesetzliche Grundlage bestehe für eine Pflicht der Gemeinden, einen (staatsbeitragsrechtlichen) Anteil an die Kosten von Jugendheimen zu leisten (E. 5.4 und 5.5). Zahlungspflichtig für die Platzierungskosten (Mindestversorgertaxen) ihrer Kinder seien die Eltern.
Sollten die Eltern die Mindestversorgertaxen nicht bezahlen können, müsse der Unterstützungswohnsitz des Kindes die Taxen als Sozialhilfeleistung übernehmen (E. 6.7). Dies auch
dann, wenn sich der Unterstützungswohnsitz des Kindes, wie in dem vom Verwaltungsgericht beurteilten Fall, nicht im Kanton Zürich befindet.
Ausgehend von dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung muss beim Unterstützungswohnsitz des Kindes um Kostengutsprache für die Übernahme der Mindestversorgertaxen ersucht werden, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, diese (vollumfänglich)
selbst zu bezahlen. Die Eltern haben sich im Umfang ihrer Leistungsfähigkeit an den Kosten
zu beteiligen (vgl. nachfolgend Ziff. 3.3). Einnahmen des Kindes sind an die Platzierungskosten anzurechnen.
Liegt der Unterstützungswohnsitz des Kindes in einem anderen Kanton, ist dieser für die
Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe zugunsten des Kindes zuständig und das Recht dieses
Kantons ist anwendbar. Lehnt der ausserkantonale Unterstützungswohnsitz des Kindes das
Gesuch um Kostengutsprache ab, weil z.B. nach seinem Recht Platzierungskosten nicht
über die Sozialhilfe finanziert werden, kann dies zu Problemen führen. Für den zürcherischen zivilrechtlichen Wohnsitz des Kindes ist in solchen Fällen zu beachten, dass er mangels Zuständigkeit keine sozialhilferechtliche Kostengutsprache oder Kostenübernahme tätigen kann.
Durch den Zürcher Unterstützungswohnsitz übernommene Mindestversorgertaxen unterstehen als Sozialhilfeauslagen der Weiterverrechnung und sind staatsbeitragsberechtigt.
3.3.
Beiträge der Eltern
Gemäss Art. 276 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Der Unterhalt
wird durch Pflege und Erziehung, oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht,
durch Geldzahlungen geleistet. Die Eltern sind von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit,
als dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder anderen Mitteln (z.B. Renten) zu bestreiten. Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen.
Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht im Umfang der geleisteten Kosten gestützt auf
Art. 289 Abs. 2 ZGB auf die finanzierende Sozialbehörde über. Sie kann die Eltern zur Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages anhalten und, falls keine Einigung zustande
kommt, die Eltern auf Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages einklagen
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(Art. 279 ZGB). Der Elternbeitrag kann nicht hoheitlich verfügt werden. Weigern sich die Eltern, einen Elternbeitrag zu leisten, obwohl sie aus finanzieller Sicht dazu in der Lage wären,
bedarf es einer Unterhaltsklage nach Art. 279 ZGB, welche vor dem zuständigen Zivilgericht
zu erheben ist.
a. Nebenkosten und weitere situationsbedingte Leistungen
Anfallende Nebenkosten (z.B. Taschengeld, Kleider und Schuhe, Telefonkarten, Toilettenartikel) und weitere situationsbedingte Leistungen (z.B. Kosten für Brillen, Musikunterricht etc.)
haben die Eltern zu übernehmen.
Kommen die Eltern nicht für die Nebenkosten und weitere situationsbedingte Leistungen auf,
hat die für das Kind sozialhilferechtlich zuständige Gemeinde (d.h. der Unterstützungswohnsitz des Kindes) hierfür Kostengutsprache zu leisten.
Vgl. dazu auch Kapitel 12.2.08
b. Beitrag an die Mindestversorgertaxen
Wenn die Eltern die Mindestversorgertaxen nicht vollumfänglich selbst bezahlen können, haben sie sich im Umfang ihrer Leistungsfähigkeit an diesen Auslagen zu beteiligen. Die Höhe
des Beitrages hängt also von den finanziellen Verältnissen der jeweiligen Eltern ab.
3.4.
Besonderheit:
Verfügt das Kind nicht über einen eigenen Unterstützungswohnsitz, bildet es zusammen mit
der Familie eine Unterstützungseinheit. Reichen die Mittel der Familie nicht aus, um für die
Nebenkosten aufzukommen, würden in solchen Fällen alle Familienmitglieder sozialhilfeabhängig. Um dies zu vermeiden, rechtfertigt es sich, in Abweichung von den SKOS-Richtlinien
(vgl. § 17 Abs. 1 letzter Satz SHV) die Unterstützungsauslagen für das im Heim platzierte
Kind so zu berechnen, wie wenn es über einen eigenen Unterstützungswohnsitz verfügen
würde und es somit als eigenen Unterstützungsfall zu führen.
Rechtsprechung
VB.2014.00054: Es kann vorliegend nicht von einer durch den Richter zu füllenden Lücke
gesprochen werden (E. 5.5.3). In der Jugendheimegesetzgebung besteht keine (genügende)
gesetzliche Grundlage für die Kostentragungspflicht der Beschwerdegegnerin (E. 5.5.4).
Wenn – wie hier – die zuständige Behörde über die Fremdplatzierung informiert ist und diesen Entscheid trägt, indem der Heimvertrag von den zuständigen Behörden mit oder ohne
Elternbeteiligung eingegangen wird, ist dies als behördliche Fremdplatzierung und folglich
als Kindesschutzmassnahme anzusehen (E. 6.3). Die Versorgertaxen stellen die vom Kanton nicht getragenen Kosten einer Kindesschutzmassnahme dar (E. 6.4). Die Eltern haben
für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten für Erziehung, Ausbildung
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und Kindesschutzmassnahmen (E. 6.5). Als eigener Unterstützungswohnsitz des minderjährigen Kindes gemäss Art. 7 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit Abs. 1 und 2 ZUG gilt der Ort, an
dem es unmittelbar vor der Fremdplatzierung gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil gelebt bzw. Wohnsitz gehabt hat (E. 6.7). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die
Beschwerdegegnerin mangels einer (genügenden) gesetzlichen Regelung nicht zur Übernahme der Versorgertaxe verpflichtet werden kann. Vielmehr greift Art. 276 Abs. 1 ZGB, wonach die Eltern für den Kindesunterhalt, zu welchem die Kosten einer Kindesschutzmassnahme gehören, aufzukommen haben. Da vorliegend das Kind einen eigenen Unterstützungswohnsitz hat, hat die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz die Versorgertaxen zu
begleichen (E. 6.8). Abweisung.
Praxishilfen
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