Richtlinien und Beihilfen

Richtlinien
des Kreisjugendamtes des Oberbergischen Kreises
über Pflegegeld, Nebenleistungen zum Pflegegeld und sonstige Vergütungen für
die in Familien außerhalb des Elternhauses untergebrachten Hilfeempfänger
1. Geltungsbereich
Die nachfolgende Regelung gilt für alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene,
die im Oberbergischen Kreis in Familienpflegestellen leben und durch das Jugendamt
des Oberbergischen Kreises Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt aus Mitteln der
wirtschaftlichen Erziehungshilfe nach den Bestimmungen des SGB VIII erhalten.
2. Grundlage und Inhalt der Hilfegewährung
Aufgabe und Ziel der Hilfe zur Erziehung innerhalb von Familien ist es,
Erziehungshilfen zur Überwindung von Entwicklungs- und Sozialisationsmängeln
anzubieten, wenn sich die Heimerziehung als nicht erforderlich oder problematisch
erweist. Die Unterbringung in Pflegestellen hat grundsätzlich Vorrang vor der
Heimunterbringung.
Die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege umfasst gem. § 39 Abs. 2 SGB VIII den in
einer Familie außerhalb des Elternhauses notwendigen gesamten Lebensunterhalt
einschließlich der Kosten der Erziehung.
2.1
Vollzeitpflege
Die laufenden Leistungen zum Unterhalt in Vollzeitpflege werden in Höhe der
vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes
Nordrhein-Westfalen festgesetzten monatlichen Pauschalbeträge gewährt.
2.2
Wochenpflege
Das Wochenpflegegeld beträgt monatlich 2/3 des Pflegegeldes nach Ziffer 2.1.
Gleiches gilt für die Kosten der Erziehung.
2.3
Bereitschaftspflege
Bereitschaftspflegestellen erhalten aufgrund der besonderen Belastungen der
Unterbringung 51,00 €/ Tag und Kind. Die Dauer der Unterbringung ist i.d.R.
nicht kalkulierbar. Häufig erfolgt die Unterbringung im Rahmen der
Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII. Nach Ablauf von 20 Tagen wird Pflegegeld
analog der Vollzeitpflege zuzüglich der Kosten der Erziehung gewährt.
Anerkannte Bereitschaftspflegestellen erhalten zum Ausgleich der besonderen
erzieherischen Anforderungen den doppelten Erziehungsbetrag.
Über die Gewährung darüber hinausgehender einmaliger Beihilfen für das Kind
entscheidet das Jugendamt.
2.4
Kurzzeitpflege
Der Aufenthalt des Kindes in einer Kurzzeitpflegestelle ist für einen befristeten,
vor vorneherein feststehenden Zeitraum erforderlich. Das Datum der Aufnahme
in den Haushalt der Kurzzeitpflegestelle und das Datum der Rückkehr in den
Haushalt der Eltern ist vorab zwischen allen Beteiligten besprochen.
Es wird im Unterschied zur Bereitschaftspflege das pauschalierte Pflegegeld der
jeweiligen Altersstufe gezahlt.
-1-
Über die Notwendigkeit der Gewährung einmaliger Beihilfen für das Kind
entscheidet das Jugendamt.
2.5
Unterbringung bei Verwandten
Für Minderjährige, die bei Verwandten bis zum 3. Grad untergebracht sind, sind
im Bedarfsfalle Leistungen nach den Bestimmungen des SGB VIII nur dann zu
gewähren, wenn die Erziehungsberechtigten vom Jugendamt erzieherische
Hilfen wünschen, das Jugendamt diese aufgrund eines Erziehungsdefizits für
erforderlich hält und sie in Form einer planvollen und auf Dauer angelegten
pädagogischen Hilfe zur Erziehung gewährt.
2.6
Kosten der Erziehung.
Die Kosten der Erziehung können bei den unter Ziffern 2.1 bis 2.5 genannten
Hilfen angehoben werden, wenn an die Pflegeeltern aufgrund des Verhaltens des
Kindes erhöhte Anforderungen an ihre Erziehungsleistung gestellt werden. Über
die Anhebung entscheidet das Jugendamt. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
des Pflegekinderdienstes erfassen dazu in Gesprächen mit den Pflegeeltern
detailliert das Verhalten des Kindes und werten dies in einem standardisierten
Verfahren aus.
2.7
Tagespflege als Hilfe zur Erziehung
Bei der Unterbringung in Tagespflegestellen ist ein Tagespflegegeld für jedes
Kind zu zahlen, dessen Unterbringung das Jugendamt im Rahmen einer Hilfe
zur Erziehung veranlasst hat.
Die Höhe des Tagespflegegeldes orientiert sich an den in den ‚Richtlinien des
Oberbergischen Kreises für die Förderung der Kindertagespflege im
Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes‘ festgesetzten Beträge.
Bei Aufnahme eines Kindes mit einem besonderen erzieherischen Bedarf erhält
die Tagespflegeperson den 1,5-fachen Betrag zur Anerkennung der
Förderleistung. Der Bedarf ist vom Jugendamt festzustellen.
3. Beihilfen und Zuschüsse bei Unterbringungen gem. § 33 SGB VIII
Beihilfen und Zuschüsse zum Pflegegeld sind in der Regel vor der Bedarfsdeckung
schriftlich zu beantragen.
3.1
Erstausstattungsbeihilfe
Die Höhe der Erstausstattungsbeihilfe bei Unterbringung richtet sich nach dem
jeweiligen Bedarf des Pflegekindes. Sie kann bestehen aus:
3.1.1 einer einmaligen Einrichtungsbeihilfe in Höhe von bis zu 100% der
Pauschale der materiellen Aufwendungen der 3. Altersstufe.
3.1.2 einer einmaligen Bekleidungsbeihilfe in Höhe von bis zu 50% der
Pauschale der materiellen Aufwendungen der 2. Altersstufe.
3.1.3 Die Voraussetzungen zur Aufnahme eines Pflegekindes sind durch die
Pflegeeltern zu schaffen. Um die erstmalige Aufnahme eines
Pflegekindes zu ermöglichen, kann in begründeten Ausnahmefällen die
Übernahme der notwendigen Kosten zur Herrichtung des Zimmers für
das Pflegekind in Höhe von 50% der tatsächlichen Aufwendungen,
maximal bis zur Hälfte der materiellen Aufwendungen der 2. Altersstufe,
erfolgen.
3.1.4 einer Beihilfe für die Anschaffung eines Autokindersitzes sowie eines
Kinderwagens in Höhe der nachgewiesenen Aufwendungen, max. von bis
zu 50% der Pauschale der materiellen Aufwendungen der 1. Altersstufe.
-2-
Der Bedarf wird durch das Jugendamt festgestellt. Die Kostenerstattung erfolgt
nach Eingang der Kaufbelege.
3.2
Beihilfen zum Schulbesuch
3.2.1 Eine einmalige Beihilfe zum Schulbesuch für die Anschaffung einer
Grundausstattung wird bei Bedarf in Höhe von 30% der Pauschale der
materiellen Aufwendungen der 2. Altersstufe gewährt.
3.2.2 Die Kosten gemeinschaftlicher Schul- oder Klassenfahrten werden in der
durch die Schule bescheinigten Höhe übernommen.
3.2.3 Kosten der von der Schule verlangten Schulbücher werden
übernommen, sofern keine Lernmittelbefreiung besteht. Die Kosten
werden nach Eingang von Kaufbelegen erstattet.
3.2.4 Kosten für einen Computer oder eines vergleichbaren technischen
Gerätes können in Höhe von 50% der Kosten, maximal bis zur Hälfte der
materiellen Aufwendungen der 3. Altersstufe, übernommen werden. Die
Notwendigkeit der Anschaffung ist durch eine Bescheinigung der Schule
nachzuweisen. Die Kosten werden nach Eingang eines Kaufbeleges
erstattet.
3.2.5 Wenn
für
ein
in
Vollzeitpflege
untergebrachtes
Pflegekind
Nachhilfeunterricht erforderlich ist, da die Versetzung oder der
Schulabschluss ohne diese Hilfe gefährdet ist, können die Kosten des
notwendigen
Nachhilfeunterrichts
übernommen
werden.
Eine
Stellungnahme der Schule über den Hilfebedarf ist vorzulegen.
3.2.6 Elternbeiträge zum Besuch der Offenen Ganztagsschule (OGS) können
übernommen werden, wenn der Besuch der OGS für das Pflegekind
pädagogisch sinnvoll ist.
Der Bedarf der unter Ziffern 3.2.4 – 3.2.6 genannten Leistungen wird durch das
Jugendamt geprüft.
3.3
Beihilfe zum Besuch einer Kindertagesstätte (Kita)
Die anfallenden Elternbeiträge zum Besuch einer Kita werden für das Pflegekind
übernommen, sofern die Satzung des Jugendhilfeträgers keine andere Regelung
vorsieht.
3.4
Brillenbeihilfe
Für Brillen zur Korrektur der Sehstärke kann eine Bezuschussung in Höhe von
50% der Kosten, maximal bis zu einer Höhe von 100,00 €, erfolgen. Die Kosten
werden nach Eingang eines Kaufbeleges erstattet.
3.5
Religiöse Anlässe
Für religiöse Anlässe, wie z.B. Taufe, Kommunion, Konfirmation wird nach
Vorlage einer Bescheinigung durch das Pfarramt eine einmalige Beihilfe in Höhe
von 30% der Pauschale der materiellen Aufwendungen der 2. Altersstufe
gewährt.
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3.6
Ferienbeihilfe
Im Monat Juni wird eine Ferienbeihilfe in Höhe von 40% der Pauschale der
materiellen Aufwendungen der 2. Altersstufe je Pflegekind und Kalenderjahr
gewährt. Die Auszahlung erfolgt automatisiert mit dem monatlichen Pflegegeld.
Ein gesonderter Antrag ist hier nicht erforderlich.
3.7
Weihnachtsbeihilfe
Im Monat Dezember wird eine Weihnachtsbeihilfe gemäß den Empfehlungen
des Landschaftsverbandes Rheinland gewährt. Die Auszahlung erfolgt
automatisiert mit dem monatlichen Pflegegeld.
Ein gesonderter Antrag ist hier nicht erforderlich.
4. Unfallversicherung/ Alterssicherung der Pflegeperson (§ 39 Abs. 4 SGB VIII)
4.1
Unfallversicherung
Nachgewiesene
Aufwendungen
für
eine
privat
Unfallversicherung der Pflegeperson werden übernommen.
4.2
abgeschlossene
Alterssicherung
Nachgewiesenen Aufwendungen der Beiträge für eine angemessene
Alterssicherung werden bis zur Höhe des hälftigen Mindestbeitrages zur
gesetzlichen Rentenversicherung übernommen.
Es werden Versicherungsbeiträge für maximal ein Pflegekind und für den
betreuenden Pflegeelternteil übernommen.
Die Kostenübernahme der Unfallversicherung und der Alterssicherung erfolgt bei
Vorliegen der Voraussetzungen frühestens ab dem Monat des Antragseingangs.
Werden bereits Beiträge zur Unfallversicherung oder Alterssicherung durch ein
anderes Jugendamt geleistet, ist dies von der Pflegeperson den jeweiligen
Jugendämtern unverzüglich anzuzeigen.
5. Kürzung des Pflegegeldes in besonderen Fällen
Befindet sich ein Hilfeempfänger für die Dauer von mehr als 14 Tagen außerhalb des
Haushaltes der Pflegeeltern, so ist für diese Zeit das Pflegegeld um 25% zu kürzen.
6. Beendigung des Hilfefalles bei Unterbringungen gem. § 33 SGB VIII
6.1
Scheidet ein Pflegekind aus dem Haushalt der Betreuungsfamilie aus, so ist die
überzahlte Hilfeleistung grundsätzlich zu erstatten. Verlässt das Pflegekind den
Haushalt bis zum 15. eines Monats, so ist die Hälfte der monatlichen Leistung
zurückzufordern, scheidet es nach dem 15. eines Monats aus, entfällt die
Rückforderung der für diesen Monat gezahlten Geldleistung.
6.2
Bei kurzfristiger Unterbringung behält sich das Jugendamt eine Rücknahme der
auf öffentliche Kosten beschafften Gegenstände, mit Ausnahme der Bekleidung,
vor.
6.3
Liegt der Beendigung des Hilfefalles die Vollendung des 18. Lebensjahres oder
der
Eintritt
wirtschaftlicher
Selbständigkeit
zugrunde,
kann
als
Übergangsbeihilfe eine Leistung bis zur Höhe der monatlich zustehenden Hilfe
gewährt werden.
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6.4
Verlässt ein Vollzeitpflegekind den Haushalt der Pflegeeltern, kann zur
Gründung eines eigenen Hausstandes auf Antrag eine einmalige Startbeihilfe bis
zu 100% der Pauschale der materiellen Aufwendungen der 3. Altersstufe
gewährt werden.
7. Inanspruchnahme der Ausbildungsvergütung/ des Arbeitsverdienstes bei
vollstationären und vorläufigen Maßnahmen
Für den ersten Monat der Ausbildung bzw. Berufstätigkeit wird ein Kostenbeitrag nicht
verlangt. Einen zusätzlichen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe anlässlich des
Eintritts ins Berufsleben besteht nicht.
8. In besonders begründeten Einzelfällen kann von diesen Richtlinien abgewichen
werden.
9. Inkrafttreten
Die Richtlinien treten ab dem 1.1.2017 in Kraft und ersetzen die vom
Kreisjugendwohlfahrtsausschuss des Oberbergischen Kreises am 01.07.1991
beschlossenen Richtlinien.
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