Interview der PC-Gruppe mit Herr Evenius am 01.12.2016

Interview der PC-Gruppe mit Herr Evenius am 01.12.2016
Fragen über das Wohnheim „Dreimärker“:
- Wie lange hat die Bauphase angedauert und wer hat das Haus gebaut?
Ende Oktober 2015 sind die Bauentwürfe mit Frau Neuhau-Evenius (Ehefrau
von Martin Evenius) zusammen entstanden.
Investor ist die Zimmerei Rinn XI, die auch das Wohnhaus der Jugendhilfe „An
der Hardt“ gebaut hat.
Durch die damalige Flüchtlingswelle wurden dringend Wohnheimplätze
benötigt, weshalb das Jugendamt des Landkreises Gießen alle Träger im
Landkreis dazu aufgerufen hat, neue Plätze zu schaffen, da ca. 200 weitere
Wohnheimplätze benötigt wurden. Vorschlag des Jugendamtes war es, die
ehemalige Gesamtschule in Biebertal in ein Wohnheim umzubauen. Zu diesem
Zeitpunkt hat Herr Evenius die Umbaukosten gescheut und einen anderen
Vorschlag gemacht. Eine Nothilfegruppe mit 11 Plätzen in der Karlstr. 22 in
Biebertal zu eröffnen. Dies passierte letzten Endes im Februar 2016.
Gleichzeitig lief die Planung des neuen Wohnheimes unentwegt weiter. Mitte
Dezember 2015 hat der Investor einen Bauantrag für ein Jugendhilfewohnheim
gestellt, was sich auf Unbegleitete Minderjährige Ausländer (UMA) und
deutsche Jugendliche spezialisiert. Zunächst wurde die Baugenehmigung nur
für die UMA’s erteilt. Letztlich hat das Bauamt dann doch zugestimmt, dass
„offene Nationalitäten“ im neuen Wohnheim wohnen dürfen/können.
Anfang Januar 2016 haben die Fundamentarbeiten begonnen. Das Haus wurde
durch eine Holzständerbauweise errichtet und in der Zimmerei Rinn XI in
Modulweise vorproduziert.
- Wurde der Zeitplan für den Bau eingehalten oder gab es
Komplikationen beim Bau?
Der Zeitplan hat sich um einige Wochen verschoben, da es ein paar
Komplikationen gab. In der Baugrube wurde beispielsweise Müll von einer
angrenzenden, stillgelegten und abgedichteten Deponie gefunden. Dies war
mit enormen Verzögerungen und Kosten verbunden, da der Müll abgetragen
werden musste sowie diverse Proben des Erdreiches und der Luft genommen
wurden, um zu testen, ob sich dahinter gesundheitliche Gefahren verbergen.
Alles in allem konnte festgestellt werden, dass keine Gefährdung der
Gesundheit zu befürchten ist.
- Seit wann ist das Wohnheim eröffnet?
Das Wohnheim wurde am 08.09.2016 eröffnet. Zunächst waren allerdings nur
die Gruppen 1 und 3 nutzbar, da der Rest noch einer Baustelle glich.
- Sind die Bauarbeiten mittlerweile vollständig beendet?
Das Treppenhaus ist momentan noch in Arbeit. Zudem gibt es Pläne für die
Gartengestaltung. Es sollen ein Grillplatz sowie eine Sportwiese in der Größe
eines Handballfeldes entstehen.
- Hat das Wohnheim eine Klimaanlage?
Nein. Das Wohnheim besitzt eine Luft-Wärme-Kopplungsheizung, bei der die
Energie der Luft benutzt wird. Reicht die Energie der Luft nicht aus, dann wird
die Energie von den Solarzellen auf dem Dach bezogen. Der Überschuss an
Strom geht dann ins allgemeine Stromnetz. Herr Evenius rechnet aus diesen
Gründen mit sehr niedrigen Energie und Nebenkosten.
- Was sind die Ziele für die BewohnerInnen?
Für alle Bewohner steht die Verselbstständigung im Vordergrund. Bei der UMA
Gruppe sollen zusätzlich die sprachlichen Kompetenzen und die sozialen
Kontakt gefördert werden.
- Unter welchen Kriterien kommt man in das Wohnheim und wie kommt
man einen Schritt weiter?
Jugendliche habe einen Rechtsanspruch, wenn Maßnahmen für Erziehungshilfe
oder Unterstützung bei seelischen Erkrankungen benötigt werden. Ziel bei allen
Hilfen ist ein selbstbestimmtes Leben nach dem Leben in der Einrichtung
führen zu können.
Für UMA’s gilt speziell: Einreise ist ohne Eltern erfolgt, dann folgt die
Inobhutnahme durch das Jugendamt für alle unter 18 Jahren.
Die Maßnahme wird generell im Rahmen der Hilfeplanung geplant, strukturiert
und auch beendet.
- Wie viele MitarbeiterInnen hat das Wohnheim?
Das Team Dreimärker besteht aus 13 Pädagogischen Fachkräften, 1
Raumpflege, 1 Hauswirtschaftlerin sowie anteilig aus Hausmeistern und
Verwaltungsangestellten. Herr Evenius ist bis zum 01.03.2017 kommissarisch
als Einrichtungsleitung tätig.
- Wie kamen Sie auf die Idee das Wohnheim zu bauen? Welche
Beweggründe hatten Sie, eine neue Gruppe zu bauen?
Die große Flüchtlingswelle des letzten Jahres hat deutlich gemacht, dass wir
verpflichtet sind, Menschen aus anderen Ländern, sogenannten „Geflüchtete“
zu unterstützen und ihnen zu helfen. Die „Neubürger“ können eine Chance für
Deutschland sein!
- Für wie viele BewohnerInnen bietet das Wohnheim Platz?
Das Wohnheim verfügt über 26 Vollstationäre Wohnplätze sowie 5 Plätze im
Betreuten Wohnen.
- Dürfen die BewohnerInnen jederzeit Besuch bekommen und das Haus
zu jeder Uhrzeit verlassen?
Das Haus verfügt über ein Transponder-Schloss-System. Der Transponder im
Betreuten Wohnen gewährt den Bewohnern 24 Stunden am Tag den Zugang
zum Haus. Alle anderen Bewohner haben einen Transponder, der die Haustür
bis spätesten 22 Uhr öffnet. Dies steht im Zusammenhang mit der
Hausordnung, welche in Anlehnung an die Wohnheime „Sonnenstrasse“ und
„An der Hardt“ verfasst wurde.
- Wie sieht der Altersdurchschnitt aus?
Der Altersdurchschnitt liegt momentan bei 16 Jahren. Der jüngste Bewohner ist
derzeit 14 Jahre alt und der älteste 18 Jahre.
- Werden die BewohnerInnen in nächster Zeit ebenfalls in der Werkstatt
aktiv sein? Wenn ja, hat die Werkstatt überhaupt Kapazitäten dafür
oder wird diese dann erweitert?
Dadurch, dass die BewohnerInnen so gut wie alle minderjährig sind, besteht für
sie die Schulpflicht. Das heißt die Schulbildung sowie die Sprachentwicklung
stehen derzeit im Vordergrund. Die meisten BewohnerInnen besuchen
sogenannte DAZ Klassen (Deutsch als Zweitsprache), welche 1-1,5 Jahre
andauern. In Einzelfällen kann ein Praktikum in der Werkstatt absolviert
werden.
- Hat die neue Wohngruppe bessere Sicherheitsstandards als die
anderen Gruppen? (Bsp. neue Busse?)
Nein. Die neue Wohngruppe hat keine besseren Sicherheitsstandards, als die
anderen Wohngruppen. Sollte es Mängel geben, dann sollen diese unverzüglich
der Heimleitung angezeigt werden! Auch die älteren Busse müssen alle sicher
sein!
- Inwiefern bringt Ihnen die neue Wohngruppe etwas?
Durch die neue Wohngruppe wurde zusätzlicher Wohnraum geschaffen und
das Angebotsspektrum der Einrichtung erweitert. Mit den drei Wohnhäusern
der „Sonnenstrasse“ Evenius GmbH, haben wir uns zu einem großen Träger mit
120 Klienten und 86 Mitarbeitern (Stand 30.11.) entwickelt. Der Neuaufbau
war allerdings auch mit viel Planung und Arbeit sowie immensen Kosten
verbunden war.
- Warum wurden das BW; IBW und die UMA Gruppe in Dreimärker
zusammengelegt?
Von Anfang an war in Planung, dass das Wohnheim verschiedene Stufen der
Verselbstständigung anbietet. Es gibt drei verschiedene
Verselbstständigungsstufen in Dreimärker (und deshalb auch drei
unterschiedliche Gruppen). In der ersten Gruppe, der Eingangsgruppe, leben
die 14-16 Jährigen. In Gruppe 2 die 16-17 Jährigen. Gruppe 1 und 2 werden
durch eine Hauswirtschaftskraft verpflegt. In Gruppe 3 leben die Ältesten. Die
Zimmer sind komplett mit Singleküchen ausgestattet. Die Gruppe 3 ist die
Verselbstständigungsgruppe und bereitet die BewohnerInnen auf das Betreute
Wohnen vor. Im 2. OG links stehen 5 Appartements für das Betreute Wohnen
zur Verfügung.
SONSTIGES:
 Das Wohnheim „DM“ besitzt eine Fläche von 1700m². Das Wohnheim
„ADH“ besitzt 680m².
 Jedes Zimmer verfügt über ein eigenes Bad mit eigener Toilette. Die
Bäder wurden modulweise in das Haus eingebaut.
 Zielsetzung für die Wohngruppe „Dreimärker“ war es, eine Einrichtung
mit offenen Nationalitäten mit dem Schwerpunkt UMA’s zu schaffen.
 Das Wohnheim „Sonnenstrasse“ soll im nächsten Jahr schrittweise
renoviert werden.
 Um das Leben in einer Gemeinschaft erfolgreich zu gestalten, werden
strenge und klare Regeln benötigt. Diese Regeln stehen oft im
Widerspruch und Konflikt zum Bestreben nach freier Entfaltung.
 Die Philosophie der Einrichtung spiegelt das Bestreben wider, die
Pädagogik und das Leben in den Bereichen stetig weiterzuentwickeln und
zu verbessern. Zudem sollen sich die KlientInnen wohl fühlen und
werden optimal gefördert.