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BASELLAND 27
BASEL | BASELLANDSCHAFTLICHE
SAMSTAG, 7. JANUAR 2017
SP ist so beliebt wie seit Jahren nicht mehr
Mitgliederzahlen Die Baselbieter Genossen konnten 2016 um 9 Prozent zulegen – ihrer Oppositionsrolle sei Dank
1300
VON HANS-MARTIN JERMANN
Der Baselbieter SP-Präsident Adil Koller
hat zum Jahreswechsel allen Grund zur
Zufriedenheit und Zuversicht. Bei den
Mitgliederzahlen ist es im vergangenen
Jahr für die SP rasant aufwärtsgegangen:
Um eindrückliche 9 Prozent konnte seine Partei bis Ende November 2016 zulegen, die Zahl der Mitglieder stieg um 98
auf 1314. Der Jahressaldo liegt noch
nicht vor, doch bereits lässt sich bilanzieren: Ein solch starkes Wachstum verzeichnete die Baselbieter SP letztmals
1995 – nicht nur, aber vor allem dank
des Kantonswechsels des Laufentals.
Damals zählte die Partei 1550 Mitglieder.
In den letzten 20 Jahren hat die SP
kontinuierlich leicht Mitglieder verloren; Todesfälle und Parteiaustritte
konnten – wie bei anderen Parteien –
zahlenmässig nicht durch Neueintritte
kompensiert werden. Doch 2016 war
plötzlich alles anders. Mit dem satten
Wachstum konnte die SP das Minus
mehrerer Jahre auf einen Schlag wettmachen; mittlerweile befindet man sich
immerhin wieder auf dem Stand von
2010. Bereits 2015 deutete sich im Zuge
der personellen Erneuerung der Parteileitung eine Trendwende mit einem
kleinen Wachstum an. Seit wenigen Jahren legen zudem die Juso stark zu; sie
sind mittlerweile nicht «nur» die klar
mitgliederstärkste Jungpartei, sondern
sie haben auch die im Parlament vertretenen Parteien BDP und GLP überholt.
Mitglieder zählt die Baselbieter SP per
Ende 2016 – rund 100 mehr als zwölf Monate zuvor. Das Wachstum ist gross,
doch im Vergleich zu den bürgerlichen
Parteien SVP, FDP und CVP ist die SP
noch immer eher mitgliederschwach.
bei der Konkurrenz kommentiert der
SVP-Präsident so: «Die SP ist zuletzt aktiver geworden. Ihre Oppositionsrolle
könnte ihr auf der Suche nach neuen
Mitgliedern tatsächlich zugutegekommen sein.» Dies immer unter der Voraussetzung, dass die präsentierten Zahlen auch stimmen, fügt er an.
Damit verweist der SVP-Präsident auf
ein generelles Problem: Die bz war bei
ihrer Recherche auf die Offenheit der
Parteipräsidenten angewiesen. Die Parteien sind nicht verpflichtet, ihre Mitgliederlisten zu publizieren; eine unabhängige Prüfung der Zahlen ist nicht
möglich. Das Thema ist heikel – die Parteien wollen sich nicht in die Karten blicken lassen. Dennoch hat die bz von
den politischen Kräften im Kanton zumindest rudimentäre Zahlen erhalten.
CVP hat am meisten Mitglieder
Mehr als nur Trump-Effekt
Doch weshalb dieser Mitgliederboom
bei der Baselbieter SP? Im Herbst war
viel vom Trump-Effekt die Rede, der linken Parteien europaweit starken Zuspruch bescherte. Auch Koller berichtet: «Im November flatterte im Schnitt
jeden Tag eine neue Mitgliedschaft ins
Haus.» Dennoch erklärt er das Wachs-
«Im November flatterte im
Schnitt jeden Tag eine neue
Mitgliedschaft ins Haus.»
Adil Koller Baselbieter SP-Präsident
tum vor allem mit der kantonalen Politik. So hat die Baselbieter SP mit neun
Prozent weitaus stärker zulegen können
als die nationale Mutterpartei (rund
zwei Prozent). «Die SP ist die Gegenbewegung zur bürgerlichen Dominanz in
Parlament und Regierung», sagt Koller.
Besonders erfreulich sei, dass die SP
auch in einem Alterssegment zulege,
welches die Parteien gewöhnlich nur
schwer erreichen: die 30- bis 40-Jährigen. «Der Abbau bei Bildung, öV und
Prämienverbilligungen betrifft sie – oft
sind es junge Familien – ganz direkt.»
Das Wachstum ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Trend und die
Bevölkerungsentwicklung im Baselbiet
eher gegen die SP sprechen würden:
Viele Linke wandern in die Städte ab,
wo sie das von ihnen bevorzugte Um-
Im Aufwind: Bei der SP und den Juso geht es mitgliedermässig im Baselbiet derzeit rasant aufwärts (Bild von der 1.-Mai-KundARCHIV/JURI JUNKOV
gebung 2016 im Liestaler Stedtli).
feld finden. Umgekehrt haben in der Agglomeration in den vergangenen Jahren
rechtsbürgerliche Kräfte stark zugelegt –
manchenorts auf Kosten der Linken.
SVP profitierte von Fusionsnein
Und wie siehts bei den anderen Parteien aus? Ein solch spektakuläres
Wachstum wie die SP kann niemand
vorweisen. Laut dem Baselbieter SVPChef Oskar Kämpfer hat seine Partei im
2016 um zwei Prozent auf rund 2100
Mitglieder zugelegt. Für die Mitgliederentwicklung bei der SVP spiele sowohl
die nationale als auch die kantonale Politik eine Rolle. Ein «schönes» Wachstum verzeichnete die Baselbieter SVP
2014, als in beiden Basel über die Kan-
tonsfusion abgestimmt wurde. Die prononcierte Nein-Kampagne der SVP
zahlte sich also auch mitgliedermässig
aus. Den Rechts-Trend in der Agglo bestätigt Kämpfer: «In den stadtnahen Gemeinden konnten wir in den vergangenen Jahren stark zulegen. Hier liegt
auch in Zukunft unser Wachstumspotenzial.» Der starke Mitgliederanstieg
Demnach mitgliederstärkste Baselbieter Partei ist die CVP. Sie zählt gemäss
Parteipräsident Marc Scherrer per Ende
2016 rund 2500 Mitglieder. Die Zahlen
seien in den vergangenen Jahren stabil
gewesen, lässt Scherrer verlauten. Die
Mitgliederzahl der CVP ist im Vergleich
zu ihrem Wähleranteil von 9,6 Prozent
bei den Landratswahlen 2015 ausgesprochen hoch, was auf eine überdurchschnittlich starke Bindung der CVPWähler zur Partei schliessen lässt. Auf
Rang zwei bei den Mitgliederzahlen
folgt die wählerstärkste Partei, die SVP
(Wähleranteil 26,8 Prozent). Die FDP
zählt laut Präsidentin Christine Frey
rund 2000 Mitglieder, dies bei einem
Wähleranteil von 19 Prozent. Laut Frey
haben die Mitgliederzahlen in den vergangenen vier Jahren leicht zugenommen; dies nach schwierigen Vorjahren.
Im bürgerlichen Lager gibt es also eine stärkere Mitgliederbindung der
Wähler als bei Rot-Grün. So zählt die SP
trotz höherem Wähleranteil wesentlich
weniger Mitglieder als die FDP. Dies
wohl auch deshalb, weil der nach Einkommen erhobene Mitgliederbeitrag
bei der SP wesentlich teurer ist als bei
den bürgerlichen Parteien. Krass ist das
Missverhältnis zwischen Wähleranteil
und Mitgliedern bei den Baselbieter
Grünen: Obwohl bei den Wahlen 2015
genau gleich stark wie die CVP zählten
sie Ende 2016 gerade einmal 269 Mitglieder. «Wir sind eben eine Bewegungspartei», kommentiert GrünenPräsidentin Florence Brenzikofer.
Künftigen Ehepartnern steht erster Krach ins Haus
Liestal Das Kantonsspital Baselland will mit einem Ambulatorium in den neuen Bahnhof einziehen. Aber wussten alle Partner der Spitalgruppe davon?
VON BENJAMIN WIELAND
Das Kantonsspital Baselland (KSBL) und
das Universitätsspital Basel (USB) sollen in
einer gemeinsamen Spitalgruppe aufgehen – so lautet der Wille der beiden Kantonsregierungen. Anscheinend funktioniert der Austausch zwischen den künftigen Brautfamilien aber noch nicht wie gewünscht. Das sorgt für erste Misstöne.
Knackpunkt ist das geplante Ambulatorium Liestal. Dieses will das KSBL im noch
zu erstellenden Liestaler Bahnhofsneubau
einrichten. Das Spital bestätigte gestern
entsprechende Meldungen der bz und des
«Regionaljournal Basel» von SRF. Geplant
ist eine Einrichtung, in der kleinere Eingriffe und Untersuchungen durchgeführt
werden können; eine Absichtserklärung
mit den SBB ist bereits unterzeichnet. Wie
nun gestern Abend das «Regionaljournal»
berichtete, hat das KSBL die Absichtserklärung unterschrieben, ohne vorgängig
Basel-Stadt informiert zu haben. Eine Mitteilung zum neuen Ambulatorium an die
künftigen Spitalpartner in der Stadt erfolgte laut «Regionaljournal» erst am vergangenen Mittwochnachmittag.
Basel-Stadt war wohl nicht im Bild
Man kommentiere diese Aussage nicht,
heisst es beim KSBL auf Anfrage der bz.
«Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Spitälern und den beiden Gesund-
«Der Entscheid über
das Ambulatorium
liegt in der unternehmerischen Freiheit des Kantonsspitals Baselland.»
Anne Tschudin Gesundheitsdepartement Basel-Stadt
heitsdirektionen ist sehr konstruktiv», teilt
KSBL-Sprecherin Brigitte Emmenegger
mit. Das Basler Gesundheitsdepartement
(GD) war aber wohl tatsächlich nicht im
Bild über die Pläne für den Liestaler Bahnhof. Darauf weist hin, dass es den Informationsfluss ebenfalls nicht kommentieren
will. «Der Entscheid über das Ambulatorium liegt in der unternehmerischen Freiheit und Kompetenz des Kantonsspitals
Baselland», sagt GD-Sprecherin Anne
Tschudin. Das Ambulatorium widerspreche jedenfalls nicht den Zielsetzungen der
gemeinsamen Spitalgruppe. Das betont
auch das KSBL in der gestrigen Mitteilung:
Das Vorhaben sei «mit den Partnern der
geplanten Spitalgruppe abgestimmt».
Im vergangenen September orientierten
der Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP) mit seinem Basler Kollegen Lukas Engelberger (CVP) über die
Eckpunkte der gemeinsamen Spitalplanung. Damals war von einem Ambulatorium am Banhof Liestal nicht die Rede.
Dass die KSBL-Pläne zumindest nicht
ganz frisch sein können, zeigt aber der
«Quartierplan Bahnhofcorso». Der Liestaler Stadtrat hat diesen am Dienstag publiziert. Unter dem Punkt «Art und Mass
der Nutzung» wird explizit auch Gesundheit festgehalten. Zwischen 2023 und
2025 sollen die Gebäude realisiert sein.
Das KSBL lässt auf Anfrage verlauten, es
seien im Ambulatorium auch ergänzende
Leistungen denkbar, die das KSBL bisher
nicht anbiete. In Zusammenarbeit mit niedergelassenen Hausärzten seien etwa
auch Gruppenpraxen oder hausärztliche
Notfallpraxen möglich. Gespräche mit der
Baselbieter Ärztegesellschaft seien im
Gang. Ausgeschlossen sind laut dem Spital
stationäre Angebote.