IV 300

IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
IV 300
Leitfaden zur Durchführung eines Verhandlungsverfahrens
Grundlage:
Vergabeverordnung VgV in der Fassung vom 12. April 2016 (BGBl. 2016 Teil 1 Nr. 16 vom 14. April 2016)
Inhalt:
1
Allgemeines
1.1
Fristen
1.2
Verzicht auf einen Teilnahmewettbewerb
1.3
Beschleunigung des Verfahrens
1.4
Elektronische Datenübermittlung und Kommunikation
2
Bekanntmachungen und Vergabeunterlagen
2.1
Standardformulare
2.2
Inhalte der Bekanntmachung und Vergabeunterlagen
2.2.1
Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE)
2.2.2
Eigenerklärungen, Belege und sonstige Unterlagen
2.2.3
Vergabeunterlagen
2.2.4
Hinweise zum Ausfüllen der Auftragsbekanntmachung
2.3
Veröffentlichung der Bekanntmachung
2.4
Eignungskriterien
2.5
Zuschlagskriterien
3
Bewerbungsunterlagen
3.1
Eingang der Bewerbungsunterlagen
3.2
Teilnahmeantrag
4
Teilnahmewettbewerb
4.1
Ausschlussprüfung
4.2
Eignungsprüfung
4.3
Auswahl der Bewerber
4.4
Losverfahren
4.5
Information an die nicht berücksichtigten Bewerber
4.6
Abschluss des Teilnahmewettbewerbs
5
Verhandlungsverfahren
5.1
Aufforderung zur Verhandlung und zum Angebot
5.2
Aufgabenbeschreibung
5.3
Auftragsbedingungen und sonstige Bedingungen
5.4
Vorbereitung der Verhandlungsgespräche
5.5
Durchführung der Verhandlung
5.6
Auswertung der Verhandlung
5.7
Vergabeentscheidung / Zuschlag
5.8
Information der Bieter
5.9
Auftragserteilung
6
Vergabebekanntmachung
1 ABau 2013, Stand: Dezember 2016
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
7
Verfahrensende
7.1
Rügen und Nachprüfungsverfahren
7.2
Dokumentation des Verfahrens und Statistik
7.3
Aufbewahrung von Verfahrensunterlagen
8
Vertragsänderungen und Nachträge
1 ABau 2013, Stand: Dezember 2016
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ABau
Stichwortverzeichnis (Blatt 1)
Stichwort
Standardformular ----
TEILNAHMEWETTBEWERB
Vorinformation
IV 300
Pkt.
---------2.1
verkürzte Angebotsfrist: mind. 10 KT ------------------------------------------------------------ 1.3 a)
Standardformular ----
Auftragsbekanntmachung
---------2.1
Eigenerklärungen und EEE ------------------------------------------------------------ 2.2.2, 2.2.1
Vergabeunterlagen ------------------------------------------------------------ 2.2.3
Eignungskriterien, Zuschlagskriterien ------------------------------------------------------------ 2.4, 2.5
Teilnahmeantrag ----
Bewerbung
---------3, 3.2
Teilnahmefrist: mind. 30 bzw. 15 KT ------------------------------------------------------------ 4, 1.3 b)
Öffnen der Teilnahmeanträge, Nachfordern ------------------------------------------------------------ 4
Eigenerklärungen, eidestattliche Erklärung ---Eignungsleihe, vorbefasste Bewerber ----
Ausschlussprüfung
Eignungsprüfung
---------2.2.2, 4.1
---------4.2
Mindeststandards, Auswahlkriterien ------------------------------------------------------------ 4.3
Bewertungsmatrix ------------------------------------------------------------ 4.3
Losverfahren ------------------------------------------------------------ 4.4
Auswahl der Bewerber ----
Auswahlentscheidung
---------4.6
Info an nicht berücksichtige Bewerber ------------------------------------------------------------ 4.5
VERHANDLUNG
Inhalte der Aufforderung ----
Aufforderung zur Verhandlung
---------5.1
Angebotsfrist: mind. 30, 25 bzw. 10 KT ------------------------------------------------------------ 5.1, 1.3
Aufgabenbeschreibung, Auftragsbedingungen ------------------------------------------------------------ 5.2, 5.3
Honorarregelungen ----
Angebot
---------1, 2.5, 5.1, 5.6
Verhandlung, Erst- und Folgeangebote ------------------------------------------------------------ 5.5
Vorbereitung (auch der Bewertungsmatrix) ------------------------------------------------------------ 5.4, 4.3
Allgemeines, Erst- und Folgeangebote ----
Verhandlung
---------5, 5.5
Bewertung, Matrix, Niederschriften ------------------------------------------------------------ 5.6, 5.4
Nachfordern ------------------------------------------------------------ 5.4
Wirtschaftlichkeit, Leistungswettbewerb ---- Vergabeentscheidung / Zuschlag ---------5.7
Information an Bieter ------------------------------------------------------------ 5.8
Wartefrist: mind. 15 bzw. 10 KT ------------------------------------------------------------ 5.8, 1.3 d)
Auftragserteilung ----
Auftragserteilung
---------5.9
Vergabebekanntmachung: Frist max. 30 KT ------------------------------------------------------------ 6
Standardformular ------------------------------------------------------------ 2.1
ABau
Stichwortverzeichnis (Blatt 2)
Stichwort
Vorinformation, Vergabebekanntmachung ---Auftrags-, Wettbewerbsbekanntmachung
Änderung (Bekanntmachung, Verträgen)
SONSTIGES
Standardformulare
IV 300
Pkt.
---------2.1
Verzicht auf einen Teilnahmewettbewerb
Wettbewerb, zwingende Dringlichkeit ----Beschleunigung
---------1.2
Vorinformation, besondere Dringlichkeit ------------------------------------------------------------ 1.3
eVergabe
Allgemeines, Berechnung ----
Fristen
--------- 1.4, 2.3, 3
---------1.1
Teilnahmefrist: mind. 30 bzw. 15 KT ------------------------------------------------------------ 4, 1.3 b)
Angebotsfrist: mind. 30, 25 bzw. 10 KT ------------------------------------------------------------ 5.1, 1.3
Wartefrist: mind. 15 bzw. 10 KT ------------------------------------------------------------ 5.8, 1.3 d)
Vergabebekanntmachung: Frist max. 30 KT ------------------------------------------------------------ 6
Rügefristen ------------------------------------------------------------ 7.1
Aufbewahrungsfristen ------------------------------------------------------------ 7.3
Vertragsänderung: Frist mind. 10 KT ------------------------------------------------------------ 8
Allgemeines ----
Dokumentation und Statistik
---------7.2
Vergabevermerk, Statistik ------------------------------------------------------------ 7.2
Aufbewahrungsfristen ------------------------------------------------------------ 7.3
Allgemeines, Präklusion, Wartefrist ----
Rügen / Nachprüfung
--------- 7.1, 5.9
Rügefristen ------------------------------------------------------------ 7.1
wesentliche Änderungen, Kündigung ----
Vertragsänderungen
---------8
Ausnahmen, Direktvergabe ------------------------------------------------------------ 8
zulässige Änderungen bis 10 % bzw. 50 % ------------------------------------------------------------ 8
Bekanntmachung der Vertragsänderung: ------------------------------------------------------------ 8
Standardformular, Frist mind. 10 KT
IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
1
Allgemeines
Die vergaberechtliche Verpflichtung zur Anwendung der Vergabeverfahren nach der VgV besteht oberhalb
der EU-Schwellenwerte (siehe IV 100). Die Auftragswertermittlung wird in IV 140 erläutert.
Der Auftraggeber soll sich grundsätzlich bei Planungsaufgaben im Hoch-, Städte- und Brückenbau sowie in
der Landschafts- und Freiraumplanung Gedanken über die Ausrichtung eines Planungswettbewerbs machen
und seine Entscheidung entsprechend § 78 Abs. 2 VgV dokumentieren. Zur Durchführung von Wettbewerben
siehe IV 150.
Gemäß Abschnitt 6 VgV sind Architekten- und Ingenieurleistungen, die nicht vorab eindeutig und erschöpfend
beschrieben werden können, in der Regel im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog zu vergeben. Die Wahl des Vergabeverfahrens ist im Vergabevermerk zu begründen.
Im vorliegenden Leitfaden wird ausschließlich auf die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens eingegangen. Es wird nach § 119 Abs. 5 GWB als Verfahren definiert, bei dem sich der Auftraggeber mit oder ohne
Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wendet, um über die Angebote zu verhandeln. Gemäß
Art. 29 Richtlinie 2014/24/EU beschreiben die öffentlichen Auftraggeber in den Auftragsunterlagen den Auftragsgegenstand, indem sie ihre Bedürfnisse und die erforderlichen Eigenschaften der Dienstleistung angeben.
Es wird darauf hingewiesen, dass der wettbewerbliche Dialog gemäß § 119 Abs. 6 Satz 1 GWB insbesondere
geeignet ist, wenn Art und Umfang einer Planungsleistung nicht hinreichend genau beschrieben werden
können. Bei Bauaufgaben des Landes kommt der wettbewerbliche Dialog nur im begründeten Ausnahmefall
infrage.
Das Verhandlungsverfahren nach § 17 VgV gliedert sich in der Regel

in den Teilnahmewettbewerb (nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung)

und in das Verhandlungsverfahren.
In allen Phasen des Verfahrens sind die Bewerber gleich zu behandeln, die Integrität der Daten, die Vertraulichkeit der Bewerberunterlagen und -angaben und die Transparenz des Verfahrens sind zu gewährleisten.
Das Diskriminierungsverbot ist einzuhalten.
Kosten für Teilnahme bzw. Verfahrensunterlagen dürfen gemäß §§ 12, 41 und 77 Abs. 1 VgV gegenseitig
nicht erhoben werden. Bei der Vergütung von Planungsleistungen im Verfahren sind gesetzliche Honorar- und
Vergütungsordnungen zu beachten (§ 77 Abs. 2 und 3 VgV).
1.1 Fristen
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Mindestfristen und Verkürzungsmöglichkeiten nach der VgV.
Außerdem werden Ausnahmetatbestände benannt, die eine mögliche Beschleunigung begründen können.
Mindestfristen
(in Kalendertagen KT)
Teilnahmefrist
Angebotsfrist
Vorgabe
von … KT
30
30
Verkürzung
auf … KT
1)
15
Fundstelle
in IV 300
0
ohne Teilnahmewettbewerb
1.2
15
besondere Dringlichkeit
1.3 b)
25
elektronische Abgabe
1.3 d)
10
Vorinformation
besondere Dringlichkeit
ohne Einigung1)
1.3 a)
1.3 b)
1.3 c)
einvernehmliche Einigung
1.3 c)
Versendung per Fax
1.3 d)
beliebig
Wartefrist
Begründung
10
Im Falle einer Verkürzung der regulären Angebotsfrist muss die Bearbeitungszeit für die Bieter angemessen
sein. Hierzu wird empfohlen, grundsätzlich Einvernehmen mit den Bietern zu erzielen.
1 ABau 2013, Stand: Dezember 2016
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Da vorstehende Fristen nach Tagen bestimmt werden, gilt bezüglich des Fristbeginns § 187 Abs. 1 BGB (der
Tag nach Absendung der Bekanntmachung, der Aufforderung zum Angebot bzw. des Informationsschreibens)
und bezüglich des Fristendes § 188 Abs. 1 BGB i. V. m. § 193 BGB (der letzte Tag der Frist; hierbei tritt an
die Stelle eines Sonn- oder Feiertags oder Sonnabends der nächste Werktag).
1.2 Verzicht auf einen Teilnahmewettbewerb
In den abschließend aufgelisteten Fällen des § 14 Abs. 4 VgV können Aufträge im Verhandlungsverfahren
ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden. Bei der Auslegung der Tatbestände ist deren Ausnahmecharakter zu beachten. Die Gründe für den Verzicht auf einen Teilnahmewettbewerb sind restriktiv auszulegen (EuGH, Urteil vom 10.04.2003, Rs.: C 20/01 und 28/01). Die Entscheidung ist im Vergabevermerk zu
erläutern. Laut Standardformular 3 (Anhang D 1) ist der Ausnahmetatbestand in der Vergabebekanntmachung nach § 39 VgV anzugeben.
a) Planungswettbewerb
Gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 VgV kann im Anschluss an einen Planungswettbewerb auf einen Teilnahmewettbewerb verzichtet werden, wenn in der Wettbewerbsbekanntmachung die Absicht angekündigt wurde, den
Auftrag im Anschluss an den Wettbewerb an den Gewinner oder einen der Preisträger zu erteilen.
b) Zwingende Dringlichkeit
Außerdem darf aus Gründen der „zwingenden Dringlichkeit“ nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV auf einen Teilnahmewettbewerb verzichtet werden. Die Gründe, auf denen die zwingende Dringlichkeit beruht, müssen objektiv
nachprüfbar sein und nicht allein auf der subjektiven Einschätzung des Auftraggebers beruhen. Gründe, die
dem Einflussbereich oder der Person des Auftraggebers zuzurechnen sind (wie z.B. die verspätete Bereitstellung von Haushaltsmitteln oder Personalmangel) sind nicht ausreichend. Somit kommen insbesondere
akute Gefahrensituationen, höhere Gewalt und Naturkatastrophen in Betracht, die sofortiges Handeln erfordern. In der Regel sind auch im Fall der „zwingenden Dringlichkeit“ mindestens drei Bieter zur Verhandlung
einzuladen bzw. zur Angebotsabgabe aufzufordern.
c) Andere
Weitere Möglichkeiten, auf einen Teilnahmewettbewerb zu verzichten, können sich insbesondere aus Gründen des Urheberrechts nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV ergeben oder wenn keine bzw. keine geeigneten Teilnahmeanträge vorliegen, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert
werden (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 VgV).
1.3
Beschleunigung des Verfahrens
a) Vorinformation
Bei Veröffentlichung einer Vorinformation, welche die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 bis 3 VgV erfüllt,
kann die Angebotsfrist auf mindestens 10 Kalendertage verkürzt werden.
b) Besondere Dringlichkeit
Die Frist von mindestens 30 Tagen für den Eingang der Teilnahmeanträge kann für den Fall, dass eine
besondere Dringlichkeit der Einhaltung dieser Frist entgegensteht, auf 15 Tage verkürzt werden (§ 17 Abs. 3
VgV). Aus den gleichen Gründen ist eine Verkürzung der Angebotsfrist von regulär mindestens 30 Tagen auf
10 Tage möglich (§ 17 Abs. 8 VgV).
Die verordneten Fristen haben bieterschützenden Charakter. Ihre Verkürzung stellt insofern einen Ausnahmetatbestand dar und ist als solcher vom öffentlichen Auftraggeber eng auszulegen und zu beweisen. Dabei sind
die Interessen des öffentlichen Auftraggebers den Belangen des Bewerbers grundsätzlich dann unterzuordnen, wenn die maßgeblichen Umstände dem Auftraggeber selbst zuzuschreiben sind.
Nicht ausreichend sind rein verwaltungsinterne Gründe, etwa Personalmangel durch Urlaub oder Krankheit
oder die Absicht durch Verkürzung der Fristen die Anzahl der Teilnehmer einzugrenzen. Die „besondere
Dringlichkeit“ nach § 17 Abs. 3 und 8 VgV setzt – im Gegensatz zur „zwingenden Dringlichkeit“ nach § 14
Abs. 4 Nr. 3 VgV – keine höhere Gewalt oder grundsätzlich Gegebenheiten voraus, die außerhalb des
Einflussbereiches des Auftraggebers liegen. Eine besondere Dringlichkeit kann z.B. dann vorliegen, wenn im
Rahmen eines begonnenen Projekts unvorhergesehen eine ergänzende schnelle Beauftragung von Dienstleistungen notwendig wird.
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
c) Verkürzung der Angebotsfrist
Auf Grundlage des § 17 Abs. 7 Satz 1 VgV darf die Angebotsfrist im gegenseitigen Einvernehmen beliebig
verkürzt werden. Gemäß Satz 2 darf die Angebotsfrist auch ohne Einvernehmen verkürzt werden, muss
jedoch mindestens 10 Tage betragen. Die Angebotsfrist muss stets dem Bearbeitungsumfang angemessen
sein (§ 20 VgV).
d) Elektronische Abgabe oder Übermittlung per Fax
Können die Angebote elektronisch abgegeben werden, darf die Angebotsfrist um 5 Tage auf mindestens 25
Kalendertage reduziert werden (§ 17 Abs. 9 VgV). Die Wartefrist zwischen der Information der nicht berücksichtigten Bieter und der Auftragserteilung an den erfolgreichen Bieter kann gemäß § 134 Abs. 2 Satz 2 GWB
auf 10 Kalendertage verkürzt werden, wenn die o.g. Information auf elektronischem Weg oder per Fax
versendet wird (siehe auch Pkte 5.8 und 5.9).
1.4 Elektronische Datenübermittlung und Kommunikation
Grundsätze und Anforderungen an die Kommunikation im Vergabeverfahren sind in §§ 9 bis 12 VgV geregelt:
Verwendung elektronischer Mittel, Registrierung, Dokumentation, Unversehrtheit / Vertraulichkeit / Echtheit
der Daten, diskriminierungs- und barrierefreier Zugang. Die Vergabeplattform des Landes Berlin gewährleistet
diese Anforderungen. Ihre Benutzung ist für Verfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte verbindlich vorgeschrieben. Der Zugang erfolgt über www.vergabeplattform.berlin.de.
Bekanntmachungen sind elektronisch an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union zu übermitteln (§ 40 VgV). Vergabeunterlagen müssen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt elektronisch abgerufen werden können (§ 41 VgV). Beide Funktionen werden kurzfristig auf der Vergabeplattform
des Landes Berlin zur Verfügung gestellt. Für das Ausfüllen und elektronische Übermitteln der Bekanntmachung kann auch der Online-Dienst TED (tenders electronic daily) genutzt werden.
Ab 18.10.2018 haben Interessenten, Bewerber und Bieter ihre Teilnahmeanträge und Angebote mithilfe elektronischer Mittel (§ 53 Abs. 1 i.V.m. § 81 VgV) zu übermitteln. Hierbei ist die Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausreichend. Da der öffentliche Auftraggeber nach § 10 VgV das Sicherheitsniveau
festlegt, kann er im Ausnahmefall eine qualifizierte oder fortgeschrittene elektronische Signatur verlangen.
Eine andere Form der Übermittlung kann ab dem 18.10.2018 nur noch aus besonderen Gründen verlangt
werden, welche im Vergabevermerk entsprechend zu dokumentieren sind. Ein Grund kann sein, wenn physische oder maßstabsgetreue Modelle einzureichen sind (§ 53 Abs. 2 VgV).
Die mündliche, auch telefonische Kommunikation ist zulässig, sofern sie nicht die Vergabeunterlagen, Teilnahmeanträge, Interessenbestätigungen oder Angebote betrifft. Sie ist hinreichend zu dokumentieren (§ 9
Abs. 2 VgV).
2
2.1
Bekanntmachungen und Vergabeunterlagen
Standardformulare
Alle Standardformulare können bei Bedarf unter http://simap.ted.europa.eu abgerufen bzw. bearbeitet
werden. Nachfolgend werden die geläufigsten Bekanntmachungsformulare aufgeführt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Standardformulare nach dem zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung geltenden Recht,
d.h. nach der Richtlinie 2014/24/EU, zu verwenden sind.
1.
Eine frühzeitige Information des Marktes über eine beabsichtigte Auftragsvergabe kann mittels Standardformular 1 „Vorinformation“ erfolgen (siehe § 38 VgV).
2.
Die beabsichtigte Auftragsvergabe (§ 1 i.V.m. § 74 VgV, Ausnahmen: siehe § 14 Abs. 4 und § 38 Abs. 4
VgV) ist mit einer Bekanntmachung nach § 37 VgV (Standardformular 2 „Auftragsbekanntmachung“) zu
veröffentlichen.
3.
Die beabsichtigte Durchführung eines Planungswettbewerbs (Auslobungsverfahren nach § 103 Abs. 1
und 6 GWB) ist mit einer Bekanntmachung nach § 78 Abs. 3 i.V.m. § 70 Abs. 1 und 2 VgV (Standardformular 12 „Wettbewerbsbekanntmachung“) zu veröffentlichen.
4.
Sofern sich nach dem Versand der Bekanntmachung die Notwendigkeit der Korrektur fehlerhafter
Angaben ergibt, Verfahren eingestellt werden o.ä., sind Bekanntmachungen mit Hilfe des
Standardformulars 14 „Bekanntmachung über Änderungen oder zusätzliche Angaben“ zu überarbeiten.
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Bei Änderungen ist zu beachten, dass diese Einfluss auf die Teilnahme- oder Angebotsfrist haben
können und diese deshalb anzupassen sind.
5.
Nach durchgeführten Planungswettbewerben sind die Ergebnisse gemäß § 70 Abs. 3 VgV zu veröffentlichen. Zu diesem Zweck ist das Standardformular 13 „Bekanntmachung der Wettbewerbsergebnisse“
spätestens 30 Tage nach Abschluss des Wettbewerbs an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union zu versenden.
6.
Die Vergabe eines Auftrags ist gemäß § 39 Abs. 1 VgV öffentlich bekannt zu machen. Zu diesem Zweck
ist das Standardformular 3 „Bekanntmachung vergebener Aufträge“ (sog. Vergabebekanntmachung)
spätestens 30 Tage nach der Vergabe an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union zu
übermitteln.
Zur Ermittlung von Fristbeginn und Fristende: siehe Pkt. 1.1 in diesem Leitfaden (unter der Tabelle).
2.2
Inhalte der Bekanntmachung und Vergabeunterlagen
Vergabeunterlagen umfassen gemäß § 29 VgV in der Regel Angaben zu den Eignungs- und Zuschlagskriterien. Laut § 58 Abs. 3 VgV sind Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung entweder in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen anzugeben.
Aus Gründen der Rechtssicherheit wird empfohlen, alle wesentlichen Angaben und Regelungen (z.B.
Hinweise auf Ausschlussgründe, Nennung und Gewichtung von Eignungs- und Zuschlagskriterien) sowie alle
notwendigen Nachweise (z.B. Eigenerklärungen, Belege und sonstigen Unterlagen) in der Auftragsbekanntmachung (und nicht in den Vergabeunterlagen) aufzuführen. Außerdem ist der Zeitpunkt zu benennen, an
dem die jeweilige Unterlage voraussichtlich einzureichen ist.
2.2.1 Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE)
Die EEE gilt als vorläufiger Beleg der Eignung und ist in jedem Fall - auch wenn sie von der Vergabestelle
nicht gefordert wurde sondern unaufgefordert eingereicht wird - von der Vergabestelle als solcher zu
akzeptieren (§ 48 Abs. 3 VgV).
Bei Vorlage der EEE können dann alle Unterlagen zum Nachweis der Eignung und sonstiger Anforderungen
an das Unternehmen jederzeit im Vergabeverfahren und damit auch nach Beendigung des
Teilnahmewettbewerbs im Verlauf des Verhandlungsverfahrens abgefordert werden (§ 50 Abs. 2 VgV). Wird
das Instrument der „Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung“ konsequent eingesetzt und werden die
Belege möglichst spät im Verfahren abgefragt – ggf. erst unmittelbar vor Zuschlagserteilung und damit nur
von dem Bieter, auf dessen Angebot der Zuschlag erteilt werden soll – kann in der Regel hierdurch der
Aufwand für alle Beteiligten im Verfahren reduziert werden.
Aus Gründen der Aufwands-Minimierung und der Rechtssicherheit wird die Verwendung der EEE empfohlen.
Zum Vorbereiten, Ausfüllen und Wiederverwenden der EEE wurde unter dem folgenden Link ein elektronischer Dienst der EU eingerichtet: https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/espd/filter?lang=de.
2.2.2
Eigenerklärungen, Belege und sonstige Unterlagen
Andere Eigenerklärungen zum Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen, welche
nicht von der EEE umfasste Inhalte zum Gegenstand haben, sollten unbedingt vermieden werden. Die EEE
deckt inhaltlich alle Sachverhalte ab, zu denen Eigenerklärungen, Belege und Unterlagen zur Eignungs- und
Ausschlussprüfung gefordert werden dürfen (siehe Pkt. 2.4 Eignungskriterien).
Denkbar ist aber aus Gründen der Übersichtlichkeit und Bewerberfreundlichkeit vordefinierte Eigenerklärungen wie beispielsweise von der Vergabestelle in Eigenregie entworfene Bewerberbögen (neben der EEE)
oder um Handreichungen wie z.B. eine Checkliste (ergänzend zur EEE) von den Bewerbern abzufordern. Der
Vorteil, diese Angaben nicht in der EEE abzufordern, liegt darin, dass gerade jetzt nach Neueinführung der
EEE den Bewerbern so besser verdeutlicht werden kann, welche Anforderungen an die Eignung gestellt
werden und welchen Inhalt die von den Bewerbern abgegebenen Erklärungen tatsächlich haben müssen,
damit die vom Auftraggeber gestellten Anforderungen an die Eignung erfüllt werden. Insbesondere sollten
also diese Eigenerklärungen dazu dienen, die Abfragen z.B. zur fachlichen oder wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder zu den objektiven Kriterien zur Auswahl der Bewerber, zu strukturieren und zu vereinfachen.
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Analog zur EEE dürften auch für diese Erklärungen die Regelungen der § 48 Abs. 3 VgV und § 50 Abs. 2 VgV
gelten. Es dürfte also auch für diese Erklärungen ausreichend sein, die Nachweise erst nach Beendigung des
Teilnahmewettbewerbs und damit auch unmittelbar vor Zuschlagserteilung abzufordern. Diese Möglichkeit
soll nicht unerwähnt bleiben, beinhaltet jedoch ein Restrisiko für den Anwender, da bisher rechtlich nicht
geklärt ist, ob zum einen entsprechende Erklärungen neben der EEE überhaupt zulässig sind und ob zum
anderen dieses Vorgehen im Widerspruch zu § 42 Abs. 2 VgV steht, wonach die Eignung der Bewerber
grundsätzlich abschließend im Teilnahmewettbewerb festzustellen ist. Es sprechen aber guter Gründe für die
Zulässigkeit dieses Vorgehens, solange diese zusätzlichen Eigenerklärungen ausschließlich in der EEE
enthaltene Inhalte zum Gegenstand haben, da es Sinn und Zweck der ergänzenden Eigenerklärungen ist,
den Bewerbern die vollständige und inhaltlich richtige Abgabe der vom Auftraggeber geforderten Erklärungen
zu erleichtern und so einen größtmöglichen Wettbewerb und zugleich ein zügige Durchführung des
Vergabeverfahrens zu gewährleisten.
Mit der Verwendung dieser vordefinierten Eigenerklärungen zur EEE zum Beleg der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen und mit der Möglichkeit, Belege hierzu möglichst spät im Verfahren – ggf.
erst unmittelbar vor Zuschlagserteilung, d.h. nur von dem erstplatzierten Bieter – anzufordern, kann ein
Beitrag geleistet werden, um den Aufwand für alle Beteiligten im Verfahren zu reduzieren. Diese Eigenerklärungen sind vom Bewerber gemeinsam mit dem Teilnahmeantrag einzureichen.
Weitere Eigenerklärungen können sich auf andere (z.B. vertragliche oder gesetzliche) Bedingungen oder
Maßnahmen beziehen: Hierzu gehören beispielsweise die Eigenerklärungen zu Tariftreue und Mindestentlohnung nach dem Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) oder zur Frauenförderung nach
der Frauenförderverordnung (FFV), die beide mit dem Angebot einzureichen sind.
Alle Eigenerklärungen, Belege und sonstigen Unterlagen, die gefordert werden, sind in der Bekanntmachung
aufzuführen. Außerdem ist der Zeitpunkt zu benennen, an dem die jeweilige Unterlage voraussichtlich einzureichen ist (z.B. mit dem Teilnahmeantrag, mit dem Angebot, vor Zuschlagserteilung).
2.2.3
Vergabeunterlagen
Weitere Angaben, z.B. zur Aufgabenstellung oder zu den Auftragsbedingungen, können mit den Vergabeunterlagen an die Bewerber übermittelt werden. Der Zugriff auf Vergabeunterlagen ist zeitgleich mit der
Bekanntmachung elektronisch unter Angabe der entsprechenden Internet-Adresse zur Verfügung zu stellen.
Vergabeunterlagen umfassen gemäß § 29 VgV alle Angaben, die erforderlich sind, um dem Bewerber oder
Bieter eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. In einem gesonderten Anschreiben (ggf. einer Aufforderung zum Teilnahmewettbewerb) als Teil der Vergabeunterlagen sind Termine,
Phasen, Erklärungen, Formulare etc. zu benennen, insoweit dies noch nicht in der Auftragsbekanntmachung
geschehen ist. Zu den Vergabeunterlagen gehören außerdem Vertragsunterlagen, die nachfolgend beispielhaft aufgelistet werden:
a) Aufgabenbeschreibung, Honorarparameter
b) Vertragsmuster (z.B. nach ABau)
c) Allgemeine und Besondere Vertragsbedingungen
d) Niederschrift Verpflichtungserklärung
2.2.4
Hinweise zum Ausfüllen der Auftragsbekanntmachung
Unter Ziffer III.2.2 der Auftragsbekanntmachung „Bedingungen für die Ausführung des Auftrags“ kann per
Angabe der Internetadresse auf die Verwaltungsvorschrift „Anweisung Bau (ABau)" hingewiesen werden, in
der die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) sowie die Vertragsmuster hinterlegt sind und zur Kenntnis
genommen werden können:
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/abau/index.shtml
Die Besonderen Vertragsbedingungen und Eigenerklärungen für „Tariftreue, Mindestentlohnung und
Sozialversicherungsbeiträge“ (Wirt 322) sowie zur „Frauenförderung“ (Wirt 359) sind unter folgender Internetadresse abrufbar:
https://www.berlin.de/vergabeservice/vergabeleitfaden/formulare/
Unter Ziffer VI.3 der Auftragsbekanntmachung „Zusätzliche Angaben“ kann auf die Beachtung gesetzlicher
Verpflichtungen gemäß §§ 123 und 124 GWB, nach § 1 des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes
(BerlAVG), nach der Frauenförderverordnung (FFV) i.V.m. § 13 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) und
gemäß dem Korruptionsregistergesetz des Landes Berlin (KRG) hingewiesen werden.
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Hinweise zum Ausfüllen der Bekanntmachung unter Ziffer VI 4.3) „Einlegung von Rechtsbehelfen“: siehe
Pkt. 7.1 im vorliegenden Leitfaden.
2.3
Veröffentlichung der Bekanntmachung
Bekanntmachungen werden vom Amt für Veröffentlichungen im Supplement des Amtsblatts der EU veröffentlicht. Sie sind auch auf der Vergabeplattform des Landes Berlin einzustellen: www.vergabeplattform.berlin.de.
Hierzu ist die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt abzuwarten bzw. eine Wartefrist von 48 Stunden nach der
elektronischen Eingangsbestätigung des Amtsblatts einzuhalten (§ 40 Abs. 3 VgV).
Bekanntmachungen können bei Bedarf nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt (bzw. nach der o.g.
Wartefrist) auch im Inland, z.B. im Amtsblatt für Berlin, in Fachzeitschriften oder Tageszeitungen, veröffentlicht werden. Die Angaben müssen dabei mit den Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU übereinstimmen.
Da die Vergabestelle für den Inhalt der Veröffentlichung verantwortlich bleibt, empfiehlt es sich, jede
Veröffentlichung – soweit sie von ihr veranlasst wurde – entsprechend zu kontrollieren und zu dokumentieren.
2.4
Eignungskriterien
Gemäß § 44 VgV kann der Auftraggeber die Eintragung in ein Berufs- oder Handelsregister oder die
Mitgliedschaft in einer bestimmten, z.B. berufsständigen Organisation (wie der Architekten- oder der
Baukammer) als Beleg für das Eignungskriterium der Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung fordern.
Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nach § 45 VgV können beispielsweise
Angaben zu allgemeinen und speziellen, ggf. durchschnittlichen Jahresumsätzen abgefragt werden. Es wird
empfohlen, in jedem Fall Angaben zur Höhe der Berufshaftpflichtversicherung einzuholen. Die Aufzählung der
in § 45 Abs. 1 und 4 VgV benannten Kriterien und Belege ist nicht abschließend und darf begründet um
zweckgebundene Angaben erweitert werden
Die Auflistung der in § 46 Abs. 3 VgV genannten Belege für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit
hingegen ist abschließend und darf nicht erweitert werden. Infrage kommen Abfragen zu Referenzen, Anzahl
der Beschäftigten, Studien- und Ausbildungsnachweise, ggf. Bauvorlageberechtigung, Angaben zur Qualitätssicherung oder zu Umweltschutzmaßnahmen.
Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen (§ 122 Abs. 4 Satz 1 GWB), beispielsweise:
a) Mindestjahresumsatz:
Sofern ein Mindestjahresumsatz verlangt wird, darf dieser das Zweifache des geschätzten Auftragswerts
nur überschreiten, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen. Der
öffentliche Auftraggeber hat eine solche Anforderung in den Vergabeunterlagen oder im Vergabevermerk
hinreichend zu begründen (§ 45 Abs. 2 VgV).
b) Referenzen:
Bei Vorlage von Referenzprojekten kommt es grundsätzlich nicht auf einen vergleichbaren Gebäudetyp
oder eine bestimmte Nutzungsart an. Vielmehr sind abgeschlossene Planungs- und Beratungsleistungen
zu belegen, die hinsichtlich Leistungsart und -umfang mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar
sind (§ 46 Abs. 3 VgV).
c) Berufsanfänger / kleinere Büros:
Eignungskriterien sind so zu wählen, dass kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich
beteiligen können. Voraussetzung hierfür ist, dass eine für Berufsanfänger und kleine Büros geeignete
Aufgabenstellung vorliegt (§ 75 Abs. 4 VgV).
2.5
Zuschlagskriterien
Aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung sollten alle Zuschlagskriterien (einschließlich Unterkriterien) sowie deren Reihenfolge oder Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung angegeben werden
(siehe Pkt. 2.2). Die Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden (§ 58 Abs. 3 VgV).
Diese Angaben erfolgen unter Ziffer II.2.5) des Standardformulars 2.
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Sofern mit nachvollziehbarer Begründung keine Gewichtung vorgenommen wird, ist nach absteigender
Reihenfolge zu werten. Diese Reihenfolge wird durch die Bedeutung der Kriterien bestimmt und ist mitzuteilen.
Eine Verpflichtung, Zuschlagskriterien zu gewichten, besteht nicht. Sofern jedoch Regeln für die Gewichtung
der Zuschlagskriterien aufgestellt werden (z.B. mittels einer Bewertungsmatrix), sind auch diese bereits in der
Auftragsbekanntmachung (vorzugsweise) bzw. in den Vergabeunterlagen (ergänzend) mitzuteilen.
Die strikte Trennung von Eignungskriterien und Zuschlagskriterien wurde durch die Zulässigkeit von personenbezogenen Zuschlagskriterien gelockert (siehe unten: Personal). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die
Auftragsbezogenheit von Zuschlagskriterien aufgegeben wird. Deswegen ist zu beachten, dass ein personenbezogenes Eignungskriterium nicht gleichlautend als angebotsbezogenes Zuschlagskriterium zum Einsatz
kommen darf.
Zuschlagskriterien müssen einen hinreichenden Bezug zum Auftragsgegenstand aufweisen (§ 127 Abs. 3
GWB). § 58 Abs. 2 VgV enthält eine nicht abschließende Aufzählung möglicher Zuschlagskriterien. Diese
können durch Unterkriterien präzisiert werden, die nachfolgend beispielhaft aufgelistet werden:
Zuschlagskriterien nach § 58 VgV
Mögliche Unterkriterien
Preis
Honorar1)
Nutzungskosten
Bewertung der nicht preisgebundenen Leistungen,
z.B. Leistungen außerhalb der Tafelwerte der HOAI,
besondere oder zusätzliche Leistungen, Zuschläge, Nebenkosten
Betriebs- und Instandsetzungskosten, Unterhaltungs- und
Instandhaltungskosten
Qualität
Fachlicher und technischer Wert
Ästhetik
Zugänglichkeit, Barrierefreiheit und
„Design für Alle“
Soziale, umweltbezogene und
innovative Eigenschaften
Personal2)
Personaleinsatzplanung, Organisation, Qualitätskontrolle,
Terminplanung (ggf. mit integrierter Personaleinsatzplanung),
Koordination der Planungsbeteiligten
Gestaltung (z.B. Referenzprojekte)
Umsetzung von EEG und EnEV, Primärenergieverbrauch,
Einordnung ökologischer Randbedingungen, Nachhaltigkeit
Organisation
Qualifikation
Ausbildung, Spezialkenntnisse
Erfahrung
spezielle Erfahrungen
Sonstige
Kundendienst und technische Hilfe
Liefer- und Ausführungsfristen
Sicherstellung von Ausführungszeiträumen/-fristen, Terminplanung und
-steuerung, Zusammenarbeit mit anderen fachlich Beteiligten
1)
Kriterium „Honorar“:
Mit der Angabe des Bieters kann geprüft werden, ob sich ein Angebot im Rahmen einer gesetzlichen Gebührenordnung bewegt und somit auskömmlich und wirtschaftlich ist.
Bei Leistungen, für die die Vergütung frei zu vereinbaren ist (z.B. Beratungs- oder Gutachterleistungen),
muss für ein aussagefähiges Angebot und dessen Vergleichbarkeit die Nennung von realen Maßstäben
für die Honorarbemessung vorgegeben sein (z.B. Leistungsumfang, spezielle Planungsanforderungen).
Das Kriterium Preis / Honorar ist im Regelfall mit mindestens 30% zu gewichten.
2)
Personenbezogene Zuschlagskriterien:
Personenbezogene Zuschlagskriterien sind nur zulässig, soweit wie z.B. bei Beratungstätigkeiten oder
Architektenleistungen die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der
Auftragsausführung und damit auf den wirtschaftlichen Wert der Leistung haben kann.
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Die Auftraggeber müssen sicherstellen, dass nur das konkret für die Auftragsausführung vorgesehene
Personal beurteilt wird. Deswegen sollte vertraglich bestimmt werden, dass ausgetauschtes Personal
mindestens über die gleiche Qualifikation verfügen muss.
3
3.1
Bewerbungsunterlagen
Eingang der Bewerbungsunterlagen
In der Auftragsbekanntmachung ist vorzugeben, auf welchem Weg die Teilnahmeanträge (elektronisch, direkt,
Postweg) einzureichen sind. Siehe auch Pkt. 1.4 im vorliegenden Leitfaden.
Der Auftraggeber hat sicherzustellen, dass die Vertraulichkeit (Verschluss, Verschlüsselung) bis zum Ablauf
der Teilnahmefrist gewahrt ist und die Bewerbungsunterlagen solange unter Verschluss bleiben. Zudem hat
der Auftraggeber sicherzustellen, dass seine Empfangsmedien die Anforderungen der §§ 10 bis 12 VgV erfüllen. Für Vergaben, die über die Vergabeplattform des Landes Berlin (www.vergabeplattform.berlin.de)
abgewickelt werden, wird dies gewährleistet.
3.2
Teilnahmeantrag
Das Einreichen eines Teilnahmeantrags ist notwendige Voraussetzung, um als Bewerber am Teilnahmewettbewerb zur Auswahl der Bieter für das nachfolgende Verhandlungsverfahren teilzunehmen. Im Fall einer
Bewerbergemeinschaft hat jedes Mitglied der Gruppe einen Teilnahmeantrag einzureichen.
Gemäß § 48 Abs. 1 und 2 VgV sind vom öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich Eigenerklärungen zu fordern.
Sollten Bescheinigungen oder sonstige Nachweise angefordert werden, verlangt er vorrangig solche Dokumente, die vom Online-Archiv eCertis abgedeckt sind: http://ec.europa.eu/markt/ecertis/login.do. Hierdurch
sollen eine zügige Abwicklung der Vergabeverfahren gewährleistet und der Aufwand für alle Beteiligten
verringert werden. Zu diesem Zweck wurde auch die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) in § 50
VgV verankert, siehe Pkt. 2.2.1 im vorliegenden Leitfaden.
Eigenerklärungen, Belege und Unterlagen sind nur dann gemeinsam mit dem Teilnahmeantrag einzureichen,
wenn dies in der Bekanntmachung gefordert ist.
Die EEE kann – entsprechend den Forderungen der Vergabestelle – Bestandteil, ggf. alleiniger Bestandteil
des Teilnahmeantrags sein. Der Teilnahmeantrag erfolgt formlos. Die Vorgaben der Vergabestelle sind einzuhalten. Ein ABau-Formular oder Muster existiert nicht. Er ist vom Bewerber datiert und unterschrieben
einzureichen.
4
Teilnahmewettbewerb
Zur Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs gelten § 17 Abs. 1 bis 3 VgV für das Verhandlungsverfahren
mit Teilnahmewettbewerb und § 18 Absätze 1 bis 3 für den wettbewerblichen Dialog mit Teilnahmewettbewerb. Die Teilnahmefrist wird auf mindestens 30 Tage festgesetzt. Für das Verhandlungsverfahren darf sie
bei hinreichend begründeter Dringlichkeit auf mindestens 15 Tage verkürzt werden (§ 17 Abs. 3 VgV).
Die Öffnung der eingegangenen Teilnahmeanträge hat gemäß § 55 VgV unverzüglich nach Ablauf der Teilnahmefrist zu erfolgen und erfordert kein Vier-Augen-Prinzip. Das Ergebnis ist in der Dokumentation
festzuhalten. Anzugeben sind mindestens die Anzahl der Teilnahmeanträge, besondere Vorkommnisse,
verspätete Eingänge und ggf. fehlende Signaturen.
Das Nachfordern von Unterlagen ist gemäß § 56 VgV möglich. Voraussetzung ist immer eine Aufforderung
des Auftraggebers unter Setzung einer Nachfrist (§ 56 Abs. 4 VgV). Die Grundsätze der Transparenz und der
Gleichbehandlung sind dabei zu beachten. Gemäß § 56 Abs. 2 VgV ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
Da bei Verwendung der EEE (siehe 2.2.1) und entsprechender anderer Eigenerklärungen (siehe 2.2.2)
jederzeit – bis unmittelbar vor der Zuschlagserteilung – Unterlagen nachgefordert werden könnten, sollte in
diesen Verfahren auf ein Nachfordern von Unterlagen nicht verzichtet werden. Hierdurch soll sichergestellt
werden, dass ausreichend viele Bieter im Verfahren verbleiben und nicht wegen unzureichend erbrachter
Nachweise spät im Verfahren ausgeschlossen werden.
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
4.1
Ausschlussprüfung
Eine in der Bekanntmachung geforderte Eigenerklärung, z.B. die EEE, reicht zunächst für die Beurteilung im
Rahmen der Ausschlussprüfung nach §§ 123 und 124 GWB i.V.m. § 42 VgV aus. Bei Nichtvorliegen einer solchen Erklärung (ggf. nach Nachforderung mit Fristsetzung) ist der Bewerber wegen Unzuverlässigkeit vom
Vergabeverfahren auszuschließen.
Hat der Auftraggeber Kenntnis über eine rechtskräftige Verurteilung nach § 123 GWB entgegen der Eigenerklärung, kann der Bewerber diese Kenntnis durch Nachweise gemäß § 48 Abs. 4 und 5 VgV widerlegen:
Registerauszug oder Behördenbescheinigung (die nur nach Aufforderung vorzulegen sind). Ist dies nicht
möglich, kann auch eine eidesstattliche oder förmliche Erklärung nach Maßgabe von § 48 Abs. 6 VgV erfolgen. Kann der Bewerber die Unrichtigkeit der Kenntnis nicht widerlegen, ist er zwingend vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen.
Eine Pflicht für den Auftraggeber, durch gezielte Recherchen „Kenntnis zu erlangen“, besteht nicht.
Bei den Kriterien des § 124 GWB muss ein Ausschluss vom weiteren Verfahren aufgrund der „kann“-Bestimmung im Einzelfall des konkreten Auftrages geprüft und abgewogen werden. Diese Ermessensentscheidung
ist immer unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots zu treffen.
Die in §§ 123 und 124 VgV genannten Ausschlussgründe sind im Übrigen abschließend und nicht um zusätzliche Gründe erweiterbar.
Das Ergebnis und die Begründung von Entscheidungen betreffend die Ausschlussgründe nach §§ 123 und
124 VgV ist für jeden Einzelfall im Vergabevermerk hinreichend zu dokumentieren. Beispielhaft kann hierfür
IV 310 F herangezogen werden.
4.2
Eignungsprüfung
In jedem Fall (mit oder ohne Einsatz der EEE) wird der nach der Ausschlussprüfung verbliebene Bewerberkreis im Laufe des Vergabeverfahrens nach Maßgabe der in der Auftragsbekanntmachung benannten Eignungskriterien und der dazugehörigen Unterlagen (Eigenerklärungen, Nachwiese, Belege und sonstigen
Unterlagen) beurteilt. Hierbei sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
a) Eignungsleihe:
Bewerber können sich der Kapazitäten anderer Unternehmen bedienen (§ 47 VgV). Bei Inanspruchnahme der Kapazitäten anderer Unternehmen für den Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen
Leistungsfähigkeit kann der Auftraggeber verlangen, dass der Bewerber (später Bieter) und dieses andere Unternehmen entsprechend dem Umfang der Eignungsleihe gemeinsam für die Auftragsausführung
haften (§ 47 Abs. 3 VgV). Eine Inanspruchnahme für die berufliche Befähigung oder Erfahrung ist nur
möglich, wenn das andere Unternehmen die Leistungen ausführt. In jedem Fall ist die Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung nach § 47 Abs. 1 VgV vor der Zuschlagserteilung erforderlich. Dies
gilt für Bewerber und Bewerbergemeinschaften gleichermaßen. Als Verpflichtungserklärung bei Eignungsleihe, gemeinsamer Haftung und Übertragung der Leistungserfüllung steht Formblatt IV 306 F zur Verfügung.
b) Vorbefasste Bewerber:
Der Auftraggeber hat soweit möglich sicherzustellen, dass der Teilnahmewettbewerb nicht durch die Teilnahme vorbefasster Unternehmen verfälscht wird (§ 7 VgV). Dies bedeutet insbesondere, dass den
anderen Teilnehmern die gleichen für das Vergabeverfahren notwendigen Informationen zur Verfügung
zu stellen sind, welche dem vorbefassten Unternehmen aufgrund seiner Vorbefassung bekannt sind (§ 7
Abs. 2 VgV). Kann eine Wettbewerbsverzerrung nicht verhindert werden, ist das Unternehmen gemäß
§ 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen. Um nicht gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen, ist dem vorbefassten Unternehmen die Beweismöglichkeit einzuräumen,
dass seine Vorbefassung keine wettbewerbsverfälschende Auswirkung hat.
4.3
Auswahl der Bewerber für die Verhandlung
Die Auswahl der Bewerber für die Stufe 2 (Verhandlung) sollte anhand der EEE oder anderer Eigenerklärungen erfolgen. Falls Nachweise schon in der Stufe 1 (Teilnahmewettbewerb) gefordert wurden, hat die Auswahl anhand der vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Zur Dokumentation der Auswahl kann beispielhaft
IV 311 F herangezogen werden.
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Ziel der Auswahl ist es, einen Kreis aus geeigneten d.h. fachkundigen und leistungsfähigen Bewerbern zu
ermitteln, die wirtschaftlich-finanzielle und technisch-berufliche Mindeststandards erfüllen und die nicht nach
§§ 123 und 124 GWB i.V.m. § 42 VgV ausgeschlossen wurden.
In der Auftragsbekanntmachung sind Ausschlusskriterien (III.1.1) und Eignungskriterien (III.1.2, III.1.3, II 2.9),
letztere in Form von Mindeststandards und objektiven Auswahlkriterien, anzugeben.
Erfüllt ein Bewerber einen Mindeststandard nicht, dann fehlt ihm die für diesen öffentlichen Auftrag erforderliche Eignung und er kann nicht zur Angebotsabgabe bzw. zur Verhandlung aufgefordert werden.
Erfüllt ein Bewerber die objektiven Auswahlkriterien nur teilweise aber im vorgegebenen Rahmen (z.B. bei
Referenzen, Berufs- oder Baustellenerfahrung), muss sich dies in der Punktebewertung entsprechend
niederschlagen.
Umsatzwerte, Anzahl von Beschäftigten, etc. können nicht der Höhe nach linear bepunktet werden. Leitgedanke bei Bepunktungswertungen kann dabei nur sein, ob das Unternehmen in der Lage ist, das Auftragsvolumen zuverlässig abzuwickeln. D.h. der alleinige Ansatz „je höher der Umsatz bzw. je mehr Mitarbeiter,
umso höher die Bewertung“ ist unzulässig, da er dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot widerspricht.
Ein Anspruch der Bewerber auf Teilnahme am Verhandlungsverfahren besteht nicht. Es besteht aber ein
Anspruch auf eine sachgerechte Auswahl der Bewerber. Soll nur eine begrenzte Anzahl geeigneter
Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, ist die entsprechende Absicht sowie die vorgesehene
Mindestzahl und gegebenenfalls auch die Höchstzahl in der Auftragsbekanntmachung oder Aufforderung zur
Interessenbestätigung anzugeben (§ 51 VgV).
Entscheidend ist, dass die Frage der Eignung mit einer Abstufung dargestellt wird, also eine Rangfolge erzeugt wird. Die Auswahlentscheidung für die Aufforderung zur Verhandlung muss sich nach dieser Reihenfolge richten.
Wichtig bei Verwendung einer Bewertungsmatrix:
- Eine Matrix muss nach herrschender Rechtsprechung vor Ablauf der Teilnahmefrist und vor Kenntnis der
Teilnahmeanträge festgelegt sein. In der Dokumentation muss deshalb festgehalten sein, wann und von
wem die Bewertungsmatrix bzw. eine Gewichtung von Auswahlkriterien festgelegt wurde.
- Ein Bewertungsschema muss schlüssig abstufen. Fehlt die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit, verhindert dies die verpflichtend zu gewährleistende differenzierte Betrachtung und Nachprüfbarkeit und stellt
einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar.
- Bei Anwendung einer tabellarischen Bewertung nach Punkten ist in jedem Fall für jeden Bewerber ergänzend im Einzelnen darzulegen und zweifelsfrei zu begründen, weshalb ein Bewerber nicht berücksichtigt
wurde.
Nach Vorliegen des Bewertungsergebnisses sind diejenigen Bewerber auszuwählen, die als Bieter zur Verhandlung aufgefordert werden sollen. Siehe auch Pkt. 4.6.
4.4
Losverfahren
Wenn im Teilnahmewettbewerb die Anzahl gleichermaßen qualifizierter Teilnehmer zu hoch sein sollte, ist es
nach § 75 Abs. 6 VgV möglich, zur Reduzierung der Teilnehmer ein Losverfahren durchzuführen. Hierfür
muss die Anzahl der zur Verhandlung aufzufordernden Unternehmen gemäß § 51 VgV begrenzt und unter
Ziffer II.2.9) der Auftragsbekanntmachung eine Höchstzahl eingetragen worden sein.
Das Losverfahren sollte von mindestens drei Personen durchgeführt werden. Eine dieser Personen darf am
Verfahren bislang nicht beteiligt gewesen sein. Die Gründe und das Ergebnis sind zu dokumentieren.
4.5
Information an die nicht berücksichtigten Bewerber
Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, nicht berücksichtigte Bewerber am Ende des Teilnahmewettbewerbs zu informieren – weder über den Zeitpunkt seiner Beendigung noch über das Ergebnis. Die Gründe für
die Nichtberücksichtigung müssen jedoch gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 1 VgV innerhalb von 15 Tagen nach einer
entsprechenden Antragstellung in Textform mitgeteilt werden.
Der Vergabestelle wird empfohlen, eine Information über die Nichtberücksichtigung dennoch zu versenden.
Rügen von nicht berücksichtigten Bewerbern werden so wahrscheinlich früher erhoben und damit gegebenenfalls erhebliche Verfahrensverzögerungen vermieden. Mit Kenntnis eines (möglichen) Vergabeverstoßes wer1 ABau 2013, Stand: Dezember 2016
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
den entsprechend auch die Rügefristen in Gang gesetzt (vgl. § 160 Abs. 2 GWB). In der ABau steht für die
Information der nicht berücksichtigten Bewerber das Formblatt IV 313 F zur Verfügung.
4.6
Abschluss des Teilnahmewettbewerbs
Entsprechend der unter Ziffer II.2.9) der Auftragsbekanntmachung eingetragenen „geplanten (Mindest-)
Anzahl“ sollen Bieter zur Verhandlung aufgefordert werden. Liegt die Anzahl geeigneter Bewerber unterhalb
dieser Mindestzahl, kann das Vergabeverfahren trotzdem fortgeführt werden. Es sind dann alle geeigneten
Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern (§ 51 Abs. 3 VgV).
Das Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs ist in der Dokumentation festzuhalten. Anzugeben sind mindestens
die Namen der berücksichtigten bzw. nicht berücksichtigen Bewerber, eine Darstellung der Gründe für ihre
Auswahl bzw. Nichtberücksichtigung, besondere Vorkommnisse und verspätete Eingänge. Alle eingegangenen Teilnahmeanträge sind der Dokumentation beizufügen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 VgV).
5
Verhandlungsverfahren
Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs folgt das Verhandlungsverfahren. Gegenstand dieses Verfahrensabschnitts sind die Verhandlungen zwischen Auftraggeber und ausgewählten Bietern mit dem Ziel der
Auftragserteilung. Verhandeln heißt in diesem Zusammenhang, dass der Auftraggeber Auftragsinhalt und Auftragsbedingungen vorgibt und die potentiellen Auftragnehmer anbieten bzw. darstellen, wie und zu welchen
Konditionen sie die Leistung erbringen werden. Es darf über den gesamten Angebotsinhalt verhandelt werden
mit Ausnahme der festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien (§ 17 Abs. 10 VgV). Das Verhandlungsverfahren kann in mehreren Phasen abgewickelt werden, sofern dies in der Bekanntmachung angegeben war (§ 17 Abs. 12 VgV).
Bei einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb werden die Bieter mit der Auftragsbekanntmachung unmittelbar zur Abgabe eines Erstangebotes aufgefordert.
5.1
Aufforderung zur Verhandlung und zum Angebot
Die ausgewählten Bieter sind schriftlich mit angemessenem zeitlichen Vorlauf zur Teilnahme an der Verhandlung aufzufordern bzw. einzuladen. In das Aufforderungsschreiben sind folgende Angaben aufzunehmen, sofern sie nicht bereits in der Auftragsbekanntmachung enthalten sind (siehe auch § 52 VgV):
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Bezug auf die veröffentlichte Bekanntmachung,
Verfahrensbedingungen (z.B. Termin, Ort, Ansprechperson für die Verhandlung),
ein-/ mehrphasiges Verhandlungsverfahren,
Angaben zu den Fristen (z.B. Angebotsfrist),
Zuschlagskriterien und deren Gewichtung oder Wertungsreihenfolge,
Aufgabenbeschreibung und Honorarparameter als Grundlage für ein abzugebendes Angebot
(oder Vertragsentwurf mit konkretem Leistungsbild),
g) Angabe von Unterlagen oder Bescheinigungen
z.B. Eigenerklärungen zum Einhalten der Besonderen Vertragsbedingungen, die mit dem Angebot eingereicht werden sollen;
z.B. Nennung von Belegen zum Eignungsnachweis, die mit dem Angebot oder vor Zuschlagserteilung
eingereicht werden sollen.
Unterlagen oder Bescheinigungen sind nur mit dem Angebot (bzw. vor der Verhandlung) einzureichen, wenn
dies in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zum Angebot (bzw. zur Verhandlung) so gefordert wurde. Alle übrigen Unterlagen sind nur nach Aufforderung, ggf. vor Zuschlagserteilung oder vor Vertragsabschluss, einzureichen.
Der individuelle Inhalt ist einzelfallbezogen zu formulieren und ggf. um einschlägige Anlagen zu ergänzen.
Zuschlagskriterien und Mindestanforderungen darf der Auftraggeber gegenüber der Bekanntmachung in
seiner Aufforderung zur Verhandlung bzw. zum Angebot nicht mehr ändern.
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Die Angebotsfrist für Erst- und Folgeangebote muss nach § 17 Abs. 6 VgV mindestens 30 Tage betragen. Sie
darf bei elektronischer Übermittlung gemäß § 17 Abs. 9 VgV auf mindestens 25 Tage reduziert werden. Eine
Verkürzung auf mindestens 10 Tage ist bei Veröffentlichung einer Vorinformation (gemäß § 38 Abs. 1 bis 3
VgV) und in Fällen besonderer Dringlichkeit zulässig (nach § 17 Abs. 8 VgV).
Auf Grundlage des § 17 Abs. 7 Satz 1 VgV darf die Angebotsfrist im gegenseitigen Einvernehmen auch auf
weniger als 10 Tage verkürzt werden. Gemäß Satz 2 darf die Angebotsfrist auch ohne Einvernehmen verkürzt
werden, muss jedoch mindestens 10 Tage betragen.
Die Angebotsfrist muss stets dem Bearbeitungsumfang angemessen sein (§ 20 VgV). Außerdem ist zu
erwarten, dass sich eine zu kurze Frist negativ auf das Ergebnis auswirken wird.
5.2
Aufgabenbeschreibung
Die Aufgabe ist eindeutig und in einer Weise zu beschreiben, dass sie alle Bieter im gleichen Sinne verstehen, beurteilen und/oder kalkulieren können. Die Beschreibung muss alle für das Vorhaben relevanten Angaben enthalten, soweit sie zu diesem Zeitpunkt bekannt sind.
5.3
Auftragsbedingungen und sonstige Bedingungen
Die notwendige Abfrage beim zentralen Korruptionsregister durch den Auftraggeber hat ab einem Auftragswert von 15.000 Euro brutto vor der Auftragsvergabe zu erfolgen und soll sich grundsätzlich auf den Bieter
beschränken, der den Zuschlag erhalten soll. Die Abfrage sollte ggf. auf die Nachunternehmer erstreckt
werden. Auch bei Auftragswerten unterhalb von 15.000 Euro brutto kann eine Abfrage erfolgen.
Eigenerklärungen zum Einhalten der Besonderen Vertragsbedingungen zu Tariftreue und Mindestentlohnung
(bei einem Auftragswert ≥ 500 Euro netto, siehe Formular Wirt 322) und zur Frauenförderung (bei einem
Auftragswert ≥ 25.000 Euro brutto, siehe Formular Wirt 359) müssen spätestens mit Abgabe des Angebots
vorgelegt werden.
5.4
Vorbereitung der Verhandlungsgespräche
Auf die Wahrung der Vertraulichkeit im gesamten Verfahren ist zu achten (§ 5 VgV).
Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgebotes sind alle allgemeingültigen, einheitlichen Wertungsunterlagen
(Fragenkatalog / Bewertungsmatrix / Bewertungstabelle) entsprechend den Vorgaben der Bekanntmachung
bzw. des Aufforderungsschreibens vorzubereiten.
Zur Anwendung einer Wertungsmatrix: siehe die analog anzuwendenden Ausführungen im Teilnahmewettbewerb (Pkt. 4.3) und bei der Auswertung der Verhandlung (Pkt. 5.7).
Das Nachfordern von Unterlagen ist gemäß § 56 VgV zulässig. Ausgeschlossen sind leistungsbezogene
Unterlagen, die Zuschlagskriterien betreffen und zur Bewertung herangezogen werden sollen, ob ein Angebot
als wirtschaftlichstes angenommen werden soll. Voraussetzung ist immer eine Aufforderung des Auftraggebers unter Setzung einer Nachfrist (§ 56 Abs. 4 VgV). Die Grundsätze der Gleichbehandlung sind dabei zu
beachten.
5.5
Durchführung der Verhandlung
Ziel der Verhandlung ist es, nach Abwägung der Vor- und Nachteile der einzelnen Darstellungen und Erkenntnisse im Verbund mit der Wirtschaftlichkeit den Bieter zu erkennen, der einschließlich der auszuhandelnden
Auftragsbedingungen im Rahmen der vorgegebenen Kriterien die bestmögliche Leistung erwarten lässt.
Die Durchführung von Verhandlungen wird insbesondere in § 17 Abs. 10 bis 14 VgV und § 52 VgV geregelt:
Verhandlungen erfolgen über Erstangebote und ggf. Folgeangebote (§ 17 Abs. 10 VgV). Ein Auftrag kann auf
Grundlage des Erstangebots auch ohne Verhandlung vergeben werden, wenn der öffentliche Auftraggeber
sich dies in der Auftragsbekanntmachung vorbehalten hat (§ 17 Abs. 11 VgV).
Die Verhandlung kann sich auf alle Merkmale der zu erbringenden Leistung beziehen. Mindestanforderungen
oder Zuschlagskriterien sind nicht verhandelbar. Infrage kommen beispielsweise:
a) die Auftragsbedingungen
b) die Präzisierung der Leistungsinhalte und -ergebnisse
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
c)
d)
e)
f)
die Vergütung
die Termine und Fristen der Abwicklung
das eingesetzte Personal
Fremdleistungsanteile
Über etwaige Änderungen der Leistungsbeschreibung, insbesondere der technischen Anforderungen oder anderer Bestandteile der Vergabeunterlagen (die nicht die Festlegung der Mindestanforderungen oder Zuschlagskriterien betreffen), informiert der Auftraggeber alle Bieter diskriminierungsfrei und transparent. Zur jeweiligen Verhandlungsrunde müssen die Teilnehmer auf gleichem Kenntnisstand sein. Vertrauliche Informationen dürfen nicht an andere Teilnehmer weitergegeben werden (§ 17 Abs. 13 VgV).
Ist für die Vergütung der vorgesehenen Leistung eine Gebühren- oder Honorarordnung anzuwenden, ist deren Rahmen Maßstab für die Vergütungsansprüche der Bieter.
Für die Ausarbeitung von gesonderten Lösungsvorschlägen – unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines
Planungswettbewerbs oder außerhalb dessen gefordert werden – haben Bewerber einen Vergütungsanspruch gemäß § 77 Abs. 2 und 3 VgV (gegebenenfalls i.V.m. § 76 Abs. 2 VgV). Der Lösungsvorschlag muss
zuvor in der Leistungsbeschreibung – spätestens in der Aufforderung zum Angebot – für alle Bieter gleichermaßen definiert und angefordert worden sein.
Hinweis: Unaufgeforderte Lösungsvorschläge dürfen nicht gewertet werden, insbesondere nicht im Zusammenhang mit präsentierten Referenzobjekten.
5.6
Auswertung der Verhandlung
Die mit den Verhandlungsteilnehmern einzeln zu führenden Verhandlungsgespräche sind aus Gründen der
Transparenz zu dokumentieren. Hierzu sind über die wesentlichen Inhalte der Gespräche Niederschriften zu
führen.
Aus dem Vergabevermerk soll nicht nur hervorgehen, weshalb der erfolgreiche Bieter den Auftrag erhält, sondern es muss auch nachvollziehbar dargestellt sein, weshalb die anderen Teilnehmer am Verhandlungsverfahren im Vergleich zum erfolgreichen Bieter bei der Bewertung ein schlechteres Ergebnis erzielen. Es ist dabei nachvollziehbar darzustellen, auf Grund welcher wesentlichen Erwägungen die Vergabestelle zu einer Bewertung und Einstufung der Bewertungsinhalte gelangt ist.
Bei Verwendung einer Bewertungsmatrix und gewichteter Zuschlagskriterien wird darauf hingewiesen, dass
der sorgfältigen Konzeption und Beurteilung der Bewertung besondere Wichtigkeit zukommt. Damit geringe
Honorarunterschiede sich nicht unangemessen auswirken oder gute Leistungsqualität nicht um jeden Preis
eingekauft wird, sind das Bewertungssystem gewissenhaft zu planen und Entscheidungen zu begründen.
Im Sinne der Transparenz und des Willkürverbots ist darzulegen, warum welcher Bieter für welches Kriterium
welche Punkte erzielt hat. Die kriterienbezogene Angabe erzielter Punkte und ihre Addition allein sind aufgrund mehrerer Vergabekammer-Entscheidungen nicht ausreichend.
Gesprächsniederschriften und Wertungsunterlagen (Fragenkatalog / Bewertungsmatrix / Bewertungstabelle)
sind in der Dokumentation als Vergabevermerk beizufügen.
5.7
Vergabeentscheidung
Den Verhandlungen folgt die Entscheidung, an welchen Bieter der Auftrag vergeben werden soll (Vergabeentscheidung).
Die Auswahl des Bieters, der die bestmögliche Leistung erwarten lässt bzw. der im Hinblick auf die Aufgaben
am ehesten Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserbringung bietet, ist ausschließlich im
Rahmen der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung zu treffen. Dies entspricht den
Festlegungen in § 127 GWB i.V.m. § 58 VgV nach denen der Zuschlag stets auf das wirtschaftlichste Angebot
zu erteilen ist – zu dessen Ermittlung neben dem Preis auch qualitative, organisatorische, soziale, personenoder umweltbezogene Kriterien berücksichtigt werden können. Dies wiederum steht in Einklang mit § 76 Abs.
1 Satz 1 VgV, nach dem Architekten- und Ingenieurleistungen im Leistungswettbewerb zu vergeben sind.
Hierbei soll die Qualität ein wesentliches Zuschlagskriterium sein. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.
Neben der Abfrage beim Korruptionsregister hat der Auftraggeber vor Auftragsvergabe auf der Grundlage der
EU-Sanktionsverordnungen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Durchsetzung von Embargos (EG) Nr.
881/2002 vom 27. Mai 2002, 753/2011 vom 1. August 2011 sowie 2580/2001 vom 27. Dezember 2001 eine
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IV 300
(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
Abfrage in den Finanz-Sanktionslisten (www.finanz-Sanktionsliste.de/fisalis/jsp/index.jsf) zu veranlassen. Vorsorglich können auch Abfragen hinsichtlich der in der engeren Wahl stehenden Bieter erfolgen.
5.8
Information der Bieter
Über die Vergabeentscheidung ist zunächst den nicht berücksichtigten Bietern eine Information mit Formblatt
IV 314 F zu übermitteln, in der der Name des vorgesehenen Auftragnehmers, der früheste Zeitpunkt des
Vertragsschlusses sowie die Gründe der Nichtberücksichtigung angegeben werden.
Der Bieter, dessen Angebot angenommen werden soll, ist von dieser Absicht zeitgleich mit Formblatt IV 315 F
zu informieren.
Es empfiehlt sich, diese Informationen vorab als Telefax zu versenden, da dadurch die Wartefrist von 15 auf
10 Kalendertage verkürzt wird (§ 134 Abs. 2 GWB).
5.9
Auftragserteilung
Der Auftrag darf erst nach Ablauf der Wartefrist von 15 bzw. 10 Kalendertagen gemäß § 134 Abs. 2 GWB
erteilt werden, wenn bei der Vergabestelle keine Rüge eingegangen ist und wenn von der Vergabekammer
kein Antrag auf Nachprüfung zugestellt wurde. Ein Vertrag, der vor Fristablauf oder ohne die Information nach
Pkt. 5.8 geschlossen wird, ist nach Maßgabe des § 135 GWB unwirksam.
6
Vergabebekanntmachung
Bis spätestens 30 Tage nach Auftragserteilung ist mit Standardformular 3 „Bekanntmachung über vergebene
Aufträge“ (http://simap.ted.europa.eu) Mitteilung an das Amt für Veröffentlichungen der EU zu machen.
Mit Standardformular 13 „Bekanntmachung über die Ergebnisse eines Wettbewerbs“ erfolgt die Mitteilung der
Wettbewerbsergebnisse spätestens 30 Tage nach dem Planungswettbewerb (§ 39 Abs. 1 VgV).
Diese Bekanntmachungen sind von der Vergabestelle vorzunehmen, die die ursprüngliche Auftrags- bzw.
Wettbewerbsbekanntmachung vorgenommen hat.
7
Verfahrensende
Das Verhandlungsverfahren endet mit der Auftragserteilung (Unterzeichnung durch den Aufraggeber) oder
mit der Aufhebung des Verfahrens. Auf Antrag eines Bieters sind ihm die Gründe für die Aufhebung unverzüglich mitzuteilen (§ 63 Abs. 2 VgV).
7.1 Rügen und Nachprüfungsverfahren
Nach § 160 Abs. 3 GWB bestehen folgende Fristen, innerhalb derer ein Bewerber Verstöße gegen das Vergaberecht zu rügen hat, da er ansonsten „präkludiert“ - d.h. von weiteren Rügen zu diesem Aspekt und von
der Möglichkeit ein Vergabenachprüfverfahren zu beantragen ausgeschlossen - ist:
- 10 Kalendertage nach Kenntnisnahme von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften, z.B. durch die
Informationsschreiben nach den Pkten 4.5 oder 5.8.
- bis zum Ende der Bewerbungsfrist (bzw. Teilnahmefrist) für Verstöße, die aufgrund der Bekanntmachung
zu erkennen sind. Entsprechendes gilt für Vergabeunterlagen, die zeitgleich mit der Bekanntmachung zur
Verfügung gestellt werden.
- bis zum Ende der Angebotsfrist für Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst aus den übrigen Vergabeunterlagen erkennbar sind.
Diese und weitere Regelungen zur Einleitung eines Nachprüfverfahrens sind den Teilnehmern am Vergabeverfahren rechtzeitig bekannt zu machen, indem die folgenden Hinweise in die Auftragsbekanntmachung
unter VI „Einlegung von Rechtsbehelfen“ einzutragen sind:
-
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen
erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe ge-
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genüber dem Auftraggeber zu rügen. Im Übrigen sind Verstöße gegen Vergabevorschriften innerhalb
einer Frist von zehn Kalendertagen nach Kenntnis gegenüber dem Auftraggeber zu rügen.
-
Ein Nachprüfungsantrag ist innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, bei der zuständigen Vergabekammer zu stellen (§ 160 Gesetz
gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)).
-
Die o.a. Fristen gelten nicht, wenn der Auftraggeber gemäß § 135 Absatz 1 Nr. 1 GWB gegen die
Informations- und Wartepflichten des § 134 GWB verstoßen hat oder gemäß § 135 Absatz 1 Nr. 2 GWB
den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen
Union vergeben hat, ohne dass dies aufgrund eines Gesetzes gestattet ist. Die Unwirksamkeit kann aber
nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen nach der
Information der betroffenen Bieter und Bewerber durch den öffentlichen Auftraggeber über den Abschluss
des Vertrags, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist.
Hat der Auftraggeber die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, endet
die Frist 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt
der Europäischen Union (§ 135 Abs. 2 GWB).
7.2 Dokumentation des Verfahrens und Statistik
Die Auftraggeber sind zwingend verpflichtet, jederzeit einen nachvollziehbaren Überblick über den aktuellen
Stand des Verfahrens vorzuhalten. Hierfür ist das Verfahren selbst fortlaufend zu dokumentieren.
Die Dokumentation gemäß IV 301 wird unter Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Transparenz und
der Gleichbehandlung nach § 97 GWB verfasst. Damit ist gewährleistet, dass der jeweilige Verfahrensstand
bei etwaigen Nachprüfungsverfahren ohne Zeitverlust bei der Nachprüfungsstelle vorgelegt werden kann sowie erforderlichenfalls bei Rechnungsprüfungsbehörden, Zuwendungsgebern oder der Europäischen Kommission.
Gleichzeitig ermöglicht dies die laufende Eigenkontrolle des ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens. Annahmen, Kommunikation, Entscheidungen und Ergebnisse sind zu erläutern, zu begründen und zu dokumentieren, unabhängig davon, ob sie sich auf das Regelverfahren oder auf Ausnahmefälle beziehen (z.B. die Verkürzung von Fristen oder andere Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens).
Der Vermerk ist nicht formalisiert. Er ist Teil der Dokumentation. Da der Inhalt auch immer individuell auf den
Einzelfall abzustimmen ist, sind in der Dokumentation gemäß IV 301 nur die Mindestangaben aufgelistet, die
entsprechend dem Bedarf zu ergänzen sind.
Für eine objektive Nachvollziehbarkeit sind die Angaben detailliert, wahrheitsgemäß und verständlich zu
fassen.
Die Angaben nach § 3 Statistikverordnung (VergStatVO) sind für eine Übermittlung zu statistischen Zwecken
bereit zu halten.
7.3 Aufbewahrung von Verfahrensunterlagen
Die Dokumentation, der Vergabevermerk, Angebote und Teilnahmeanträge, Interessensbekundungen und
-bestätigungen (und ihre Anlagen) sind gemäß § 8 Abs. 4 VgV bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages, mindestens jedoch für drei Jahre ab dem Tag der Zuschlagerteilung aufzubewahren.
Landesweit gelten jedoch die strengeren haushaltsrechtlichen Vorgaben. Hiernach sind alle
Vergabeunterlagen vorbehaltlich besonderer Regelungen grundsätzlich sechs Jahre aufzubewahren (Nr. 2.1
Anlage 1 AV zu § 71 LHO i.V.m. Nr. 12 AV zu § 55 LHO). Entsprechende Regelungen für Baumaßnahmen
finden sich in VI 140, Nr. 2.1.4. Für Prozessakten gilt eine Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren.
8
Vertragsänderungen und Nachträge
Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentliche
Änderungen werden beispielhaft in § 132 Abs. 1 GWB aufgeführt. Sie umfassen geänderte Bedingungen, die
andere Bieter zugelassen, das Interesse weiterer Teilnehmer geweckt oder die Annahme eines anderen
Angebots ermöglicht hätten. Außerdem dürfen der Umfang der Leistungen nicht erheblich ausgeweitet, das
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(Leitfaden Verhandlungsverfahren)
wirtschaftliche Gleichgewicht nicht unvorhergesehen zugunsten des Auftragnehmers geändert oder der Auftragnehmer i.d.R. nicht gewechselt werden, da dies zu einer wesentlichen Änderung des Auftrags führen
würde.
Der öffentliche Auftraggeber darf einen Auftrag während der Vertragslaufzeit kündigen, wenn eine wesentliche Änderung vorgenommen wurde, die nach § 132 Abs. 1 GWB ein neues Vergabeverfahren erfordert hätte
(§ 133 Abs. 1 Nr. 1 GWB).
Die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Vergabeverfahren - und mithin die Vergabe von Nachträgen
direkt an den bestehenden Auftragnehmer - ist gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GWB beispielsweise zulässig:
a) wenn hierzu eindeutig formulierte Optionen (in den Vergabeunterlagen, besser in der Bekanntmachung)
festgelegt wurden.
b) wenn zusätzliche Leistungen erforderlich werden und ein Wechsel des Auftragnehmers aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und mit erheblichen Schwierigkeiten oder Zusatzkosten verbunden wäre. Die Veranlassung durch ein unvorhergesehenes Ereignis ist hierbei nicht mehr
erforderlich.
c) wenn Umstände eintreten, die der Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen
konnte und wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert.
d) wenn sich der Auftragnehmer ändert: in Sonderfällen der Insolvenz oder Umstrukturierung oder wenn der
öffentliche Auftraggeber bestimmte Verpflichtungen übernimmt.
e) wenn der Wert der Vertragsänderung den EU-Schwellenwert nach § 106 GWB nicht überschreitet und
außerdem weniger als 10 % des ursprünglichen Auftragswerts beträgt.
In den Fällen b) und c) darf der Wert des Nachtrags 50 % des ursprünglichen Auftragswerts nicht übersteigen.
Diese Wertgrenze gilt immer wieder neu für jede einzelne Auftragsänderung und ist im Vergabevermerk zu
dokumentieren.
Gemäß § 132 Abs. 5 i.V.m. § 135 Abs. 3 GWB ist in den Fällen b) und c) die Auftragsvergabe mittels Standardformular 20 „Bekanntmachung einer Änderung“ bekanntzumachen, damit konkurrierende Unternehmen
30 Kalendertage Zeit haben, um ein Nachprüfverfahren einzuleiten. Wurde die Absicht, einen Nachtragsauftrag nach b) oder c) zu erteilen, vor der Auftragsvergabe bekannt gegeben, kann der Auftrag erteilt werden, wenn innerhalb von 10 Kalendertagen kein Nachprüfverfahren eingeleitet wurde.
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