Argumentarium zur Aargauischen Volksinitiative „Chancen für Kinder – Gemeinsam gegen Familienarmut“ Was will die Initiative? In der Schweiz war 2014 jedes sechste Kind armutsgefährdet und jedes 20. Kind direkt betroffen: 73‘000 Kinder sind direkt von Armut betroffen und 234‘000 Kinder von Armut bedroht. Das heisst, dass ihre Familien nicht genug Geld haben, um am normalen Alltagsleben teilzunehmen. Die dafür notwendigen Güter und Dienstleistungen können sie sich nicht leisten. So gibt es beispielsweise schweizweit 16‘000 Kinder, die nicht täglich eine warme Mahlzeit erhalten und über 24'000 Kinder, die nicht einmal ab und zu neue Kleider bekommen. Auch im Aargau leben 14‘000 Personen von der Sozialhilfe, viele davon mit Kindern. Die steigenden Lebenshaltungskosten vergrössern das Armutsrisiko zunehmend. Unter der Familienarmut leiden die Kinder am meisten. Sie werden in ihrer sozialen und in ihrer schulischen Entwicklung stark benachteiligt. 1 Die Initiative „Chancen für Kinder – Gemeinsam gegen Familienarmut“ fordert darum eine direkte Hilfe für Betroffene: Kinder aus einkommensschwachen Familien sollen gezielt Kinderbeihilfe erhalten, bis sie die obligatorische Schule abgeschlossen haben. 1 ArmutundmaterielleEntbehrungvonKindern,ErhebungüberdieEinkommenundLebensbedingungen(SILC) 2014,BundesamtfürStatistik AlsKindgeltenPersonenunter18Jahren. Seite 1 / 4 ArgumentariumInitiative„EineChancefürKinder–GemeinsamgegenFamilienarmut“ Die Kinderbeihilfe ist ein wirksames Instrument Die Kinderbeihilfe ist ein wirksames Instrument, um betroffenen Kindern und ihren Familien mit finanzieller Unterstützung gezielt zu helfen. Kinderbeihilfen werden nicht nach dem Giesskannenprinzip ausgerichtet, sondern nur dort, wo Hilfe wirklich nötig ist. Diese Lösung ist effizient und braucht keine neuen Verwaltungsstrukturen. Bereits heute kennen die Kantone Genf, Solothurn, Waadt und Tessin die Kinderbeihilfe und haben dabei gute Erfahrungen gemacht. Die Auszahlung der Kinderbeihilfe im Aargau soll an genau definierte Voraussetzungen gebunden sein. Wie beispielsweise beim Modell des Kantons Tessin könnten Familien, deren Einkommen für den berechneten Lebensbedarf nicht ausreicht, durch Kinderbeihilfe entlastet werden. Im Tessin passiert dies durch einen pauschalen Betrag von 183 Franken pro Kind. Voraussetzung für den Bezug ist, dass kein oder nur ein sehr tiefes Einkommen vorhanden ist. So wird sichergestellt, dass mit dem Geld Familien unterstützt werden, die darauf wirklich angewiesen sind. Anstatt eines pauschalen Betrages könnte die Höhe der finanziellen Unterstützung im Kanton Aargau auch der finanziellen Lage der jeweiligen Familie angepasst werden. Für einen besseren Start ins Leben Die kantonale Volksinitiative „Chancen für Kinder – Gemeinsam gegen Familienarmut“ ermöglicht Kindern einen besseren Start ins Leben. Denn Kinder aus einkommensschwachen Haushalten können häufig nur begrenzt am sozialen Leben teilhaben. Die 73‘000 armutsbetroffenen Kinder in der Schweiz müssen auf vieles, für andere Kinder Selbstverständliches, verzichten, weil das Geld dafür einfach fehlt: auf Freizeitaktivitäten, wie in einem Sportverein mitzumachen oder ein Instrument zu lernen. Sie haben auch weniger Erfolgschancen in der Schule und später im Beruf. Ebenso gesundheitlich haben diese Kinder überdurchschnittlich oft Probleme. Zum Beispiel durch Übergewicht, schlechte Zähne oder psychischen Auffälligkeiten. Die Initiative ist daher eine echte Chance für diese Kinder, damit sie sich gesund entwickeln und an unserer Gesellschaft teilhaben können. Seite2/4 ArgumentariumInitiative„EineChancefürKinder–GemeinsamgegenFamilienarmut“ Einelternhaushalte sind besonders betroffen Besonders häufig sind Kinder aus Einelternhaushalten betroffen. Hier ist jedes vierte Kind armutsgefährdet und jedes zweite Kind muss auf das Nötigste verzichten. Beispielsweise können die Kinder von rund einem Drittel dieser Haushalte aus finanziellen Gründen nicht an Kindergarten- und Schulausflügen teilnehmen. Und oftmals wohnen diese Kinder auch besonders häufig in einem problematischen Umfeld: 23 Prozent leben in feuchten, ungesunden Wohnungen, bei 20 Prozent gibt es Gewalt oder Vandalismus im Wohnungsumfeld und 7.5 Prozent leben in zu kleinen Wohnungen. Am meisten betroffen sind alleinerziehende Mütter, da Frauen leider noch immer tendenziell weniger verdienen als Männer. Lebenshaltungskosten steigen Das Risiko für Familien, in die Armut abzurutschen wird immer grösser. Krankenkassenprämien und Mieten steigen laufend und treiben Familien in finanzielle Probleme. Die Abbaumassnahmen bei Bund, Kanton und Gemeinden wälzen immer mehr Kosten auf die Privatpersonen ab. So werden beispielsweise die Hürden für Prämienverbilligungen immer höher: Im Aargau erhielt man bis 2005 noch Krankenkassenprämienverbilligungen, wenn die Prämien über 9 Prozent des Einkommens ausmachten. Über die Jahre wurde die Hürde immer grösser. Seit 2015 bekommt man erst ab einer Prämie von 11.5 Prozent des Einkommens Verbilligungen. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten führen dazu, dass Familien auf das Nötigste wie etwa medizinische Versorgung verzichten müssen. Langfristig spart der Kanton Kosten Bei Kindern aus einkommensschwachen Familien ist die Chance hoch, später selber von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen zu sein. Wer in Schule und Ausbildung nicht mithalten kann, hat später ein grösseres Risiko, nicht für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen zu können und auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein. Durch den gezielten Einsatz der Kinderbeihilfe kann dieses Risiko reduziert werden. Die Kinderbeihilfe Seite3/4 ArgumentariumInitiative„EineChancefürKinder–GemeinsamgegenFamilienarmut“ ist damit eine nachhaltige Investition für den Kanton und die Gemeinden. Gerade in der aktuell engen finanziellen Lage, ist eine solche Entlastung wünschenswert. Die eingesetzten Kosten können in Zukunft um ein Vielfaches bei der Sozialhilfe eingespart werden, wie es sich im Kanton Waadt zeigt2. Kein Ersatz der Kinderzulagen Die Kinderzulagen sind eine notwendige Unterstützung, jedoch können sie allein die Familienarmut nicht bekämpfen3. Die Kinderbeihilfe soll zusätzlich zu den Kinderzulagen an armutsbetroffene Familien ausbezahlt werden. Es sollen gezielt Familien unterstützt werden, bei denen der Bedarf ausgewiesen ist. Zu diesem Zweck sollen für die Umsetzung die Bedingungen und Voraussetzungen im Gesetzgebungsprozess definiert werden. 2 Evaluationdeseffetsdelaloisurlesprestationscomplémentairescantonalespourlesfamillesetles restationscantonalesdelaRente-pont(LPCFam),bürobass 3 OptimierungsmöglichkeitendersozialenSicherungfürFamilien,ecoplan Seite4/4
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