Das Antikorruptionsgesetz

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Das Antikorruptionsgesetz Was steckt drin?
Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet. Nach der Billigung durch den Bundesrat trat es nach
seiner Verkündung am 4. Juni 2016 in Kraft.
Die zwei neuen Normen
im Strafgesetzbuch:
§ 299a StGB
Bestechlichkeit im
Gesundheitswesen und
§ 299b StGB
Bestechung im
Gesundheitswesen
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Den Stein ins Rollen brachte ein verhandelter Fall aus dem Jahr 2012 vor dem Landgericht Hamburg. Dort hatte eine Pharmareferentin, unter der kreativen Bezeichnung
„Verordnungsmanagement“, ein Prämiensystem für ärztliche Verordnungen von Medikamenten aus ihrem Betrieb praktiziert.
Der verschreibende Arzt bekam fünf Prozent
der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür, dass er Arzneimittel des Unternehmens
verordnete. Die Pharmareferentin hatte die
Zahlungen als Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge getarnt. Das Landgericht verurteilte die Pharmareferentin, die
Revision einlegte. So landete der Fall schließlich vor dem BGH. Dieser beschäftigte sich
nun mit der Frage, ob ein Vertragsarzt möglicherweise nicht nur Bevollmächtigter der
Krankenkassen, sondern Amtsträger im Sinne des Strafgesetzes sei. In beiden Fällen wäre der Vertragsarzt schon nach altem Recht
strafbar.
Doch der BGH entschied anders: Vertragsärzte handeln bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben im KV-System weder als Amtsträger
noch als Beauftragte der GKV, so dass die „alten“ Korruptionstatbestände des Strafgesetzbuchs für sie grundsätzlich nicht anwendbar
sind. Die Pharmareferentin war somit straffrei und der Gesetzgeber stand vor dem Problem einer klaffenden Strafbarkeitslücke für
Angehörige von Heilberufen. Hier signalisierte der BGH Handlungsbedarf.
Der Gesetzgeber reagierte mit einigen Gesetzesentwürfen, die teils scheiterten, aber
schließlich im heute vorliegenden Antikorruptionsgesetz mündeten. Es stellt jede
Form von Bestechung und Bestechlichkeit
beim Zuweisungs-, Verordnungs-, Abgabeund Bezugsverhalten unter Strafe. Der ursprüngliche Regierungsentwurf ging allerdings weiter, enthielt das Tatbestandsmerkmal der Berufsrechtsverletzung und erfasste
auch noch die Abgabe von Arzneimitteln.
Nach deutlicher Kritik vom Deutschen
Hausärzteverband, der Bundesärztekammer
und Kassenärztlicher Vereinigung sowie einiger Juristen, wurden diese Tatbestandsmerkmale herausgenommen.
Nicht nur Geldzuwendungen sind
strafbar
Jetzt können sich Heilberufler strafbar machen, wenn sie sich bestechen lassen bzw.
andere Anbieter im Gesundheitswesen bestechen. Der Gesetzgeber hat dafür zwei Normen neu ins Strafgesetzbuch eingeführt:
§ 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und § 299b StGB Bestechung
im Gesundheitswesen. Erfasst werden alle
Heilberufsgruppen, die eine staatlich anerDer Hausarzt 12/2016
Foto: mauritius images / BSIP / B. BOISSONNET
Am 14. April 2016 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur
Foto: Spencer - Fotolia
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kannte Ausbildung absolviert haben. Darun- Das gilt zum Beispiel für den Bereich der Anwendungsbeobachtung oder für das Halten
ter fallen Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, aber
von Vorträgen, sofern hier ein allgemein übauch Tierärzte, Psychotherapeuten und Gesundheitsfachberufe wie Krankenpfleger, Er- liches Honorar gezahlt wird.
Dem Vorteil steht die unlautere Bevorzugotherapeuten, Logopäden und Physiotheragung des Bestechenden im Wettbewerb gepeuten. Nicht darunter fallen Heilpraktiker,
genüber. Er muss daher im Zusammenhang
weil deren Ausbildung nicht staatlich geremit einer Wettbewerbssituation stehen.
gelt ist, wie es das neue Gesetz fordert.
Letztlich muss sich diese UnrechtsvereinbaDer Bestechlichkeit machen sich nach § 299a
rung auf eine Handlung des HeilberufsträStGB Angehörige eines Heilberufes strafbar,
gers beziehen, die im Zusammenhang mit
die im Zusammenhang mit der Ausübung
der Ausübung des Berufes steht. Rein privaihres Berufes einen Vorteil für sich oder eite Handlungen fallen daher aus dem Tatbenen Dritten fordern, versprechen lassen oder
stand heraus.
annehmen. Nach § 299b StGB wird hingegen
bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs oder einem Dritten Vorteile anbietet,
Vorsicht gilt bei Kooperationen
verspricht oder gewährt, die sogenannte Bestechung.
Aber was ist mit vom Gesetzgeber gewollten
In beiden Normen ist nach dem Willen des
Kooperationen, die im Sozialgesetzbuch vorGesetzgebers der Begriff des Vorteils weit
gesehen sind? In der Begründung zum Antiauszulegen. Dabei ist die klassische Geldkorruptionsgesetz steht, dass die berufliche
zuwendung sicherlich ein
Zusammenarbeit gesundVorteil. Aber auch die Überheitspolitisch grundsätzStraffrei bleiben Vornahme von Reise-, Überlich gewollt ist und auch
teile, die die ärztliche
nachtungs- und Bewirim Interesse des Patienten
Leistung angemessen
tungskosten sowie die
liegt. Beispielhaft werden
honorieren.
Bezahlung von Gebühren
Kooperationsvereinbarunfür Kongresse oder Semigen über die Durchfühnare. Auch die Überlassung
rung von vor- und nachstavon technischen Geräten und die Bezahlung
tionären Behandlungen (§ 115a SGB V), über
einer Weihnachtsfeier sind mögliche Vorteidie Durchführung ambulanter Behandlunle. Ebenso können Sponsoring-Verträge oder
gen (§ 115b SGB V) und über die Durchfühdie Gewährung eines Rabattes sowie der Gerung ambulanter spezialfachärztlicher Verwinn aus einer Beteiligung an einem Untersorgung (§ 116b SGB V) sowie die in den §§
nehmen einen Vorteil darstellen. Eventuell
140a SGB V ff. geregelte sektorenübergreifenfallen sogar immaterielle Vorteile unter den
de Versorgungsform (Integrierte Versorgung)
Tatbestand, sofern sie objektiv messbar sind.
aufgeführt, bei der Leistungserbringer aus
In Betracht kämen hier Ehrungen oder Ehverschiedenen Versorgungsbereichen (beirenämter.
spielsweise Arzt und Krankenhaus) bei der
Eine Bagatellgrenze ist in den Normen nicht
Behandlung von Patienten kooperieren.
vorgesehen. Sozialadäquate Zuwendungen,
Dennoch ist auch hier Vorsicht geboten,
die eine konkrete heilberufliche Entscheidenn auch durch zulässige Kooperationen
dung nicht beeinflussen, erfüllen den Tatwerden im Regelfall Vorteile verschafft. Für
bestand jedoch nicht. Hierunter fallen beiden Staatsanwalt reicht der Anfangsverspielsweise geringfügige und allgemein
dacht, um Ermittlungen aufzunehmen und
übliche Werbemittel wie Schreibblöcke, Kudie Anforderungen an diesen sind sehr gegelschreiber oder kleinere Präsente von Paring. Es reichen tatsächliche Anhaltspunkte.
tienten.
Vorteile, die eine Gegenleistung des Arztes
Tjarko Schröder
angemessen honorieren, bleiben straffrei.
Der Hausarzt 12/2016
Was bedeutet
dieses Gesetz für die
Praxis?
Wenn eine Einladung eines
Pharmaunternehmens zu einem
Kongress oder zu einer Fortbildung im Ausland in die Praxis
flattert, ist Vorsicht geboten.
Eine unüberlegte Entscheidung
könnte strafrechtliche Folgen
haben. Aber gesunder Menschenverstand dürfte ausreichen, das Ermittlungsrisiko
durch die Strafverfolgungsbehörden zu minimieren. Denn,
auch die Strafverfolgungsbehörden bewegen sich auf neuen
Pfaden, die noch nicht durch
Rechtsprechung gefestigt sind.
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