Über 100 Erreger auf einen Streich Bronchial-Abstrich

Ratgeber Tiergesundheit
❚❚Der Traum, mit einem einzigen Tropfen Blutserum
bzw. Fleischsaft gleichzeitig
Antikörper gegen alle beim
Schwein relevanten Erreger
nachweisen zu können,
wird wahr. Die Außenstelle
Bakum der Tierärztlichen
Hochschule in Hannover
stellte kürzlich in Hannover
ein entsprechendes Verfahren vor. Es soll sich sowohl
zum Erstellen serologischer
Bestandsprofile als auch zur
Früherkennung von Infektionskrankheiten eignen.
Der Nachweis erfolgt mithilfe sogenannter Mikroarrays. Das sind winzig kleine
Trägerplatten, auf die wie
bei einem Computerchip zig
verschiedene Antigene „aufgespottet“ werden. Hatte
das Tier Kontakt mit dem
Erreger, binden sich die im
Blut oder Fleischsaft enthaltenen Antikörper an die auf
die Platte aufgedruckten
Antigene und werden dadurch optisch nachweisbar.
Das Verfahren soll sich zum
Foto: Meemken
Über 100 Erreger
auf einen Streich
Probengefäß mit integrierter
Microarray-Trägerplatte.
Nachweis von Infektionen
mit Zoonoseerregern (Salmonellen, Trichinen etc.)
ebenso eignen wie für Produktionskeime (Mykoplasmen, Influenza- und
PRRS-Viren) oder zum
Nachweis von Tierseuchenerregern wie ASP oder KSP.
Es dient jedoch nur zur Risikoeinschätzung des Bestandes, nicht zur Einzeltierdiagnostik. Die Kosten sollen
pro Untersuchung etwa 5 bis
10 € betragen.
Bronchial-Abstrich nicht
zu stressig für die Tiere
❚❚Um Atemwegserkrankungen gezielt behandeln oder vorbeugend impfen zu können, muss man den auslösenden Erreger genau kennen. In der Regel werden dazu Nasentupfer
genommen. Wesentlich genauer sind die Lungenspülung
(Broncheoalveoläre Lavage) oder der TracheobronchialAbstrich. Wobei der Abstrich den Vorteil bietet, dass er weniger Zeit beansprucht und das Tier nicht narkotisiert werden muss – mit allen daraus resultierenden Folgen.
Im Rahmen einer Doktorarbeit wurde an der Klinik für
Schweine der LMU München jetzt untersucht, wie stressig
der Tracheobronchial-Abstrich im Vergleich zum Nasentupfer für die Tiere ist. Dazu wurden die Tiere mit einer
Oberkieferschlinge fixiert und ein Maulkeil eingelegt, bevor
der Katheter für die Probennahme eingeführt wurde. Vor,
während und nach dem Eingriff wurden Blut- und Speichelproben gezogen, um sie auf den Gehalt von Stresshormonen
zu untersuchen. Zur Kontrolle wurde einigen Tieren nur eine Oberkieferschlinge angelegt. Andere wurden an der Nase
betupfert, und eine vierte Gruppe blieb unbehandelt.
Ergebnis: Das Verfahren des Tracheobronchial-Abstrichs
zur Erregerbestimmung ist praktikabel. Unter dem Strich ist
der Abstrich für die Schweine nicht stressiger als der sonst
übliche Nasentupfer.
MRSA: Fakten statt Panikmache!
Foto: Blickwinkel
❚❚Angeheizt durch die aktuelle Berichterstattung unter dem Titel „Rache aus
dem Stall“ und „Der Tierarzt als Dea-
MRSA-Keime bereiten inzwischen in
etlichen Krankenhäusern Probleme.
ler“ in der Wochenzeitung „Die Zeit“,
werden zurzeit wieder einmal jede
Menge Halb- und Unwahrheiten zum
Thema Antibiotikaverbrauch und Resistenzen in der Bevölkerung gestreut.
Unter anderem wird behauptet, dass
der Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung die Hauptursache für die dramatische Resistenzentwicklung bei den gefährlichen MRSA- und ESBL-Keimen
sei. Der laxe Umgang mit Antibiotika
in der Humanmedizin wird dabei mit
keinem Wort erwähnt.
Tatsache ist jedoch, dass sich die
MRSA- und ESBL-Keime, die man in
der Tierhaltung findet, genetisch deutlich von den Keimen unterscheiden,
die derzeit in Krankenhäusern große
Probleme bereiten. Das Resistenz­
problem in Krankenhäusern ist also
von der Humanmedizin größtenteils
hausgemacht.
Weitere sachliche Informationen
zum Thema MRSA finden Sie auf der
Internetseite des Bundesinstituts für
Risikobewertung (BfR) in Berlin. Auf
unserer Homepage www.topagrar.com
haben wir in der Rubrik „Heft+“ unter
dem Stichwort „MRSA“ die wichtigsten Fragen und Antworten des BfR zu
MRSA für Sie zusammengestellt.
Zentrum für Resistenzforschung
❚❚Am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin soll ein neues „Tiermedizinisches Zentrum für Resistenzforschung (TZR)“ entstehen. Für
28,4 Mio. Euro wird das bestehende Zentrum für Infektionsmedizin baulich
erweitert. Das neue TZR soll dazu beitragen, das Entstehen von Resistenzen
besser zu verstehen und wirkungsvolle Bekämpfungs- bzw. Prophylaxemaßnahmen zu entwickeln.
PED: Ring frei zur zweiten Runde
❚❚Die für Ferkel oftmals tödlich endende Infektion mit dem Durch­fallerreger
Porcine Epidemic Diarrhea Virus
(PEDV) kommt in den USA nicht zur
Ruhe. Inzwischen hat das Virus Hawaii
und damit den 32. US-Bundesstaat erreicht. Insgesamt sollen rund 9 Millionen Ferkel verendet sein.
Seit Juli/August erwischt es jetzt
auch Betriebe ein zweites Mal, die
schon im letzten Winter mit dem Erreger Kontakt hatten. Es scheint sich also
keine lang anhaltende Immunität auszubilden. Zudem stieg die Zahl der
Neuinfektionen zuletzt wieder leicht
an. Anfang Oktober erkrankten pro
Woche knapp 80 Betriebe neu.
Bei der Bekämpfung setzen die
Amerikaner vor allem auf Management- und Hygienemaßnahmen. Einige
setzen die Ferkel vorsorglich bereits
am 10. Lebenstag ab. Seit Kurzem
stehen zudem zwei zugelassene Impfstoffe zur Verfügung. Die Wirkung soll
nach bisherigen Erkenntnissen allerdings nur mäßig sein. Weitere Informationen zur PED finden Sie im USA-Beitrag ab Seite S 14 in diesem Heft.