Magazin Namen & Nachrichten Initiator der Anzeige: Tierarzt Dr. Rolf Nathaus. worden. Bei einer Protestkundgebung vor dem Redaktionsgebäude forderten Landwirte und Tierärzte Chefredakteur Giovanni di Lorenzo auf, die falschen Aussagen über den Antibiotika-Einsatz bei Nutztieren zu korrigieren und die Artikel-Serie am besten nicht weiterzuführen. Der Journalist zeigte sich davon unbeeindruckt. Daran änderte auch ein persönliches Gespräch mit DBV-Veredlungspräsident Johannes Röring wenig. Di Lorenzo ließ durchblicken, dass ihn das Ausmaß des Protestes überrascht habe. Die große Zustimmung aus der Bevölkerung, der Politik und angeblich auch aus der Bauern- und Ärzteschaft ermutige ihn, weiter zu berichten. Reißerische Überschrift, falsche Behauptungen und Halbwahrheiten: So präsentierte „DIE ZEIT“ ihre Artikel-Serie. 12 top agrar 1/2015 Reichste Australierin setzt auf Milchkühe ❚❚Sie besitzt schon 500 000 ha und will weiter wachsen. Weil die Preise für Erz und Kohle stark gefallen sind, setzt die australische Minen-Erbin Gina Rinehart (60) jetzt voll auf Landwirtschaft. Vor Kurzem kaufte Rinehart 5 000 ha Land im ostaustralischen Queensland. Sie will dort 16 000 Kühe halten und ab 2016 jährlich 30 000 t Milchpulver für den chinesischen Markt produzieren. Aktuell verhandelt sie über den Kauf von mehreren Rinderfarmen im westaustralischen Outback. Damit würde sie ihren Flächenbesitz auf 1,5 Mio. ha verdreifachen, meldet die „Australian Business Review“. Das wäre dann die doppelte Fläche Unterfrankens. Laut Forbes ist Rinehart die sechstreichste Frau der Welt. Sie besitzt ein Vermögen von umgerechnet ca. 14 Mrd. €. Vom Football-Feld auf den Acker ❚❚Damit hat der US-amerikanische Football-Spieler Jason Brown alle überrascht: Mit 29 Jahren beendete Brown seine Football-Karriere und wurde Bauer. Dabei hätte er noch für zwei Jahre bei den St. Louis Rams unter Vertrag stehen können – für 7,5 Mio. Dollar (ca. 6 Mio. €) pro Jahr. Jetzt baut er auf 400 ha Kartoffeln und Getreide an. Wie das geht, hat er auf YouTube gelernt. Offensichtlich handelt Brown aus Überzeugung. Er wolle den Armen in seiner Heimat in Louisburg, North Carolina, hel- Foto: NFL via Getty Images ❚❚Die Beitragsserie „Die Rache aus dem Stall“ in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ hat große Empörung in der Agrarbranche ausgelöst. Das will sich Tierarzt Dr. Rolf Nathaus aus Reken (Kreis Borken) nicht gefallen lassen. Seine Idee: Die Landwirte schalten in der „ZEIT“ eine Anzeige, in der sie klar Position beziehen. Dafür gründete Nathaus die Initiative „Landwirte und Tierärzte für eine faire Berichterstattung“ und bat via Facebook um eine Spende von mindestens 1 €. Innerhalb von drei Wochen hatte der Tierarzt die notwendigen 27 000 € für eine halbseitige Anzeige beisammen. Über 1 350 Praktiker haben sich beteiligt. Noch im Dezember soll die halbseitige Anzeige erscheinen. „Wir werden die Fakten aufzeigen, ohne polemisch zu sein“, so Nathaus gegenüber top agrar. Es gehe darum, die Erwartungen der Landwirte an eine faire Berichterstattung zu verdeutlichen. „Landwirte und Veterinäre arbeiten täglich verantwortungsvoll zusammen“, so Nathaus. Unterdessen ist die Artikel-Serie in Leserbriefen an die „ZEIT“ und in den sozialen Netzwerken diskutiert Foto: Privat Praktiker schalten Anzeige in der „ZEIT“ Jason Brown – vom Footballstar zum Farmer. fen, so der Star. 20 t aus der ersten Ernte hat er bereits für Armenspeisung bereitgestellt, berichtet der Sender CBS. KURZ & BÜNDIG AUFGESPIESST ❚❚Hans Söllner wehrt sich: top agrar hat in der Ausgabe 11/2014 (Seite 14) über die kritische Haltung des Liedermachers zur Landwirtschaft berichtet. Darauf hat der streitbare Söllner in seinem Blog reagiert. Hier der Link: www.soellner-hans.de/blog/ bock-to-talk-20-11-2014 ❚❚„ Jedes Schwein hat ein Recht auf ein Leben vor dem Schnitzel.“ Das sagte GrünenChef Cem Özdemir (48) beim Parteitag Ende November in Hamburg anlässlich der Debatte über die künftige deutsche und europäische Agrarpolitik. DAS AKTUELLE INTERVIEW Trotz scharfer Kritik hält Phil Hogan an der umstrittenen Reform der EU-Öko-Verordnung fest. top agrar wollte vom neuen Agrarkommissar wissen, warum. Der Entwurf der neuen Öko-Verordnung trifft auf massiven Widerstand der Öko-Verbände und der meisten Mitgliedstaaten. Warum halten Sie daran fest? Hogan: Der Öko-Landbau entwickelt sich in der EU nicht so, wie er könnte. Während sich der Absatz von Bio-Produkten in den vergangenen 10 Jahren vervierfacht hat, hat sich die Anbaufläche nur verdoppelt. Der Markt wächst also in erster Linie über Importe. Vor allem kleinere Betriebe scheuen die Umstellung. Die bisherigen Regeln für den Öko-Landbau sind offensichtlich zu aufwendig und zu teuer. Hinzu kommt, dass eigentlich für alle europäischen Bio-Bauern die gleichen Regeln und für alle Verbraucher die gleichen Garantien gelten sollten. Das ist aber nicht der Fall. Die Mitgliedstaaten und jeweiligen Kontrollstellen haben viele nationale Ausnahmeregelungen für den Öko-Landbau zugelassen. Das verhindert einen fairen Wettbewerb zwischen den Erzeugern aus den verschiedenen Mitgliedstaaten und auch beim Import von Bio-Produkten. Das ist nicht akzeptabel. Deshalb müssen wir den bestehenden Rechtsrahmen anpassen, damit er den Erfordernissen des Marktes und den Erwartungen der Verbraucher besser Rechnung trägt. In diesem Sinne gilt es, den Vorschlag der Kommission gemeinsam mit dem Agrarrat und dem Parlament weiterzuentwickeln. Ich bin da flexibel und gerne bereit, auf berechtigte Bedenken einzugehen. Die Reform soll das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Produkte stärken. Ist das aktuelle Bio-Label nicht verlässlich? Hogan: Im Großen und Ganzen funktioniert das Bio-Siegel gut und hat bereits nach wenigen Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad bei den Verbrauchern erreicht. Wenn Sie aber genauer hinschauen, sind die Regeln nicht so wasserdicht, wie sie sein sollten. Sie garantieren zum Beispiel nicht, dass Bio-Produkte frei von Pflanzen- schutzmitteln (PSM) sind. Dafür gibt es bislang auch gar keine EU-Vorgaben. Wenn Sie die Verbraucher fragen, warum sie Bio kaufen, wird die Rückstandsfreiheit wahrscheinlich der wichtigste Kaufgrund sein. Natürlich finden wir sehr viel geringere Rückstände von PSM in den Produkten der ökologischen Landwirtschaft, aber wir brauchen auch Regeln, wie wir dies kontrollieren. Pflanzenschutzmittel können von konventionellen Nachbarschlägen auf Bio-Felder herüberdriften. Wer haftet im Schadensfall? Hogan: Hier müssen wir in der Tat die richtige Balance finden. Die Verbraucher erwarten für die höheren Preise, die sie zahlen, Produkte ohne PSM. Das ist ein generelles Prinzip des ökologischen Landbaus und die Öko-Landwirte sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu Kontaminationen kommt. Dennoch kann es Fälle geben, wo die Bauern ihre Produkte nicht als BioWare vermarkten können, weil sie unbeabsichtigt mit PSM belastet sind. In diesen Fällen sieht der Vorschlag der Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten mit EU-Geldern nationale Ausgleichszahlungen leisten können, um diese Verluste zu entschädigen. Wie das im Einzelnen aussehen kann, werden wir in den kommenden Monaten vertieft diskutieren. Viele Öko-Landwirte befürchten, dass Ihnen das Saatgut ausgeht, wenn sie nur ökologisches verwenden dürfen. Hogan: Es ist doch ein Grundansatz des ökologischen Landbaus, nur ökologisch erzeugte Vorleistungen einzusetzen. Natürlich haben wir aktuell noch nicht genügend Öko-Saatgut auf dem Markt. Deshalb wollen wir für eine Übergangszeit auch noch den Einsatz von konventionellem Saatgut erlauben. Darüber hinaus werden wir die Forschung über Bio-Saatgut intensivieren und eine Datenbank fördern, die den Foto: EU-Kommission „Die aktuelle Rechtslage ist nicht akzeptabel!“ Der neue Agrarkommissar Phil Hogan ist ein irischer Bauernsohn. Landwirten einen schnelleren Überblick über die Verfügbarkeit von ökologisch erzeugtem Saatgut gibt. Das wird den Landwirten die Anpassung erleichtern. Selbst die Kommission geht davon aus, dass bei Umsetzung des Vorschlags viele Landwirte den Öko-Landbau aufgeben werden bzw. gar nicht erst umstellen. Wem hilft so eine Reform? Hogan: Ich werde keine Reform akzeptieren, die die Landwirte nicht umsetzen können. Wie wollen Sie sicherstellen, dass importierte Bio-Produkte künftig den EU-Standards entsprechen? Hogan: Auch für den Import werden wir klarere und eindeutigere Regelungen schaffen. Das wird für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen heimischen und importierten Produkten sorgen. Wo wollen Sie den Kritikern entgegenkommen? Hogan: Es ist noch zu früh, über mögliche Kompromisse zu reden. Inzwischen unterstützen die Mitgliedstaaten die grundsätzlichen Ziele der Überprüfung der Öko-Verordnung. Und auch das Europäische Parlament (EP) ist voll in den Gesetzgebungsprozess eingebunden. Ich freue mich auf den Bericht von Martin Häusling (Anm. der Red.: MdEP für die Grünen) und bin offen für konstruktive Vorschläge. Wann soll die Verordnung stehen? Hogan: Ich hoffe noch in 2015. Landwirte, die umstellen oder investieren wollen, müssen wissen, welche Änderungen auf sie zukommen.-cm/sp- Kurz vor Drucklegung, 15.12., gab es in Brüssel Gerüchte, die Kommission wolle den Entwurf zurückziehen. Dies wurde aber nicht offiziell bestätigt. top agrar 1/2015 13 Magazin Namen & Nachrichten Putin-Kritiker ❚❚Als Wladimir Putin den in Russland wirtschaftenden deutschen Großbauern Stefan Dürr (40) Anfang August fragte, was er von einem russischen Importverbot für westliche Lebensmittel halte, antwortete ihm dieser: Das sei schon in Ordnung. Damit könne Russland seine eigene Lebensmittelproduktion stärken. Am Tag darauf verhängte Putin dann tatsächlich ein solches Einfuhrverbot. Darunter leiden jetzt nicht nur die deutschen Bauern. Dürr indes profitiert davon, weil die ❚❚Russlands ehemaliger Finanz minister, Alexej Kudrin (54), schert sich offensichtlich nicht viel um Parteidisziplin. Kürzlich griff er öffentlich die russische Regierung wegen des Embargos für Lebensmittel aus der EU und den USA an. Die Bevölkerung leide unter der Verteuerung der Lebensmittel, und der Landwirtschaft habe das Embargo auch nichts gebracht, zitiert die „Rheinische Post“ Kudrin. „Russlands Schicksal wird durch seine Wirtschaftskraft entschieden, und nicht in Schützengräben“, schob er hinterher. Mit Putin pflegt er eine lang gehegte Rivalität. In Moskau munkelt man, dass er sich mit seinen pro-westlichen Äußerungen für das Präsidentenamt in Stellung bringen möchte. Agrarpreise in Russland stabil sind oder sogar steigen. Und staatlich subventionierte günstige Kredite für die Landwirtschaft gibt es auch noch. Nutznießer ist u. a. Dürrs Ekosem, mit 21 000 Kühen der größte russische Milchviehbetrieb. Bis Silvester rechnet Dürr laut „Handelsblatt“ mit neuen Staatsbank-Krediten im Wert von 50 Mio. € für seine Unternehmen. Bisher machten die Banken häufig einen großen Bogen um die russische Landwirtschaft. Foto: Presidential Press Putin-Versteher Wladimir Putin Dürr, inzwischen auch russischer Staatsbürger, lebt und arbeitet seit über 20 Jahren in Russland. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, soll er in ganz Russland über 200 000 ha Land besitzen. Pachtvertrag mit Russland ❚❚60 % der Teilnehmer einer Umfrage bei top agrar online erwarten, dass Großbetriebe in Zukunft die Agrarstruktur dominieren. 37 % glauben dagegen, dass es weiterhin die Familienbetriebe sein werden. Mehr zu diesem Thema auf den Seiten 15 und 32. weiß nicht 3% der Großbetrieb 60% Grafik: Driemer der Familienbetrieb 37 % 2507 Teilnehmer Quelle: top agar online Foto: Getty Images Wer prägt die Zukunft? Kim Jong Un ❚❚Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un (31) hat offensichtlich einen neuen Dreh gefunden, wie er den Hunger in seinem Land bekämpfen will. In der ostrussischen Provinz Chabarowsk wird Nordkorea rund 10 000 ha Land pachten. Bewirtschaftet werden die Flächen mit nordkoreanischen Arbeitskräften und Betriebsmitteln, berichtet die russische „Bauernstimme“. Für die erste Pacht gewährt der Emir von Katar den Nordkoreanern einen Kredit über umgerechnet 480 Mio. €. Experten vermuten dahinter den verzweifelten Versuch des hochverschuldeten Nordkoreas, an dringend fehlende Devisen zu kommen. 40 % der chinesischen Äcker verseucht ❚❚Mehr als 40 % der chinesischen Ackerflächen sind nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar. Diese Meldung stammt nicht etwa von einer parteikritischen Nichtregierungsorganisation, sondern von der chinesischen Staatsführung. Vor allem Bodenversauerung und Giftstoffeinträge aus der Industrie seien dafür 14 top agrar 1/2015 verantwortlich, berichten mehrere Quellen unter Berufung auf chinesische Staatsmedien. Das hat auch Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit: In der Provinz Hunan sei der Reis zunehmend mit Schwermetallen belastet, heißt es. Die Bauern dort bewässern ihre Felder mit Wasser aus dem Fluss Xiang, in den auch Abwässer aus Metallgewinnung eingeleitet werden. Das Beispiel sei kein Einzelfall. Auch in anderen Provinzen gebe es Cadmium-Vergiftungen, bestätigt auch die US-Universität Yale. Jetzt steckt die chinesische Staatsführung in einem großen Dilemma: Zwar will sie einerseits den Anbau auf verseuchten Ackerflächen untersagen. Gleichzeitig macht sie sich aber Sorgen um die Versorgung der Menschen und drängt ihre Provinzen zur Steigerung der Produktion. Da müsse man dann eben auch auf verseuchten Flächen Lebensmittel produzieren, lässt sich ein Agrarbeamter aus der Provinz Hunan achselzuckend zitieren. Kaiser, König, Edelmann – Bürger, Bauer, Bettelmann ❚❚Die Vereinten Nationen (UN) haben 2014 zum internationalen Jahr der bäuerlichen Familien betriebe erklärt und Ex-Bauernpräsident Gerd Sonnleitner dafür zum Sonderbotschafter berufen. Der betonte natürlich als Erstes, dass es darum gehe, die Familienbetriebe zu „entwickeln“. Fragt sich nur wohin? Inzwischen sind die bäuerlichen Familienbetriebe „abgelaufen“. Zunächst zwar nur das Jahr, aber ehrlicher wäre es zu sagen, dass auch die Zeit der bäuerlichen Landwirtschaft abläuft. Heute will ja keiner mehr Bauer sein. Nicht mal mein eigener Sohn! Der hat in der Landwirtschaftsschule gelernt, dass er Landwirt ist und kein Bauer. Gut, das kann ich noch verstehen. Als Landwirt kommt man mehr als Bürger daher und weniger als Bettelmann mit Stallgeruch. Inzwischen ist das vielen ehemaligen „Kollegen“ auch schon nicht mehr gut genug. Kürzlich hörte ich im Radio ein Interview mit einem solchen jungen Überflieger. Der hat hundert Kühe und plant für zweihundert – vorerst natürlich. Der Moderator betonte, dass dieser sich natürlich nicht als Landwirt ver stünde und schon gar nicht als Bauer. Er sieht sich vielmehr als Unternehmer, Manager oder sonst irgend- etwas Klangvolles. Schade, habe ich mir gedacht, wieder ein Berufskollege weniger. Wieder einer auf dem Sprung zum Edelmann oder gar zum König? Nimm dich in Acht junger Unternehmerfreund, dass du den Landwirt oder gar den Bauern nicht vergisst. Du könntest ihn nochmal brauchen – oder zumindest sein gutes Image. Schau dir nur die ganz Großen an. Einer mit vielen zigtausend Hektar Land rudert schon zurück. Plötzlich ist der wieder kleinlaut zum Landwirt geworden, zumindest behauptet er das im romantischen Werbefilm. Darin stellt er seine Mitarbeiter vor. Die sind Foto: Archiv GLOS SE Hans Neumayer plötzlich wieder „Die Landwirte“. Vermutlich gehören sie auch alle zur großen Firmen-Familie. Also, wenn Sie mich fragen: Ich befürchte, dass sich die bäuerliche Landwirtschaft allmählich vom „UN-Wort“ zum „Unwort“ entwickelt. Aber mich fragt ja keiner! Herzlichst Ihr Hans Neumayer
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