Paragraph 5

¶5. Der Sobolevsche Einbettungssatz und der Kompaktheitssatz
von Rellich.
Für u ∈ Wp1 bzw. u ∈ Wpk bedeutet die Existenz der schwachen Ableitungen, daß u
regulärer ist als eine “gewöhnliche” Lp -Funktion.
Wir verwenden im folgenden den Begriff der “stetigen Einbettung”. Seien X, Y Banachräume mit X ⊂ Y . Wenn die Inklusionsabbildung
ι : X→Y
stetig ist, so schreiben wir X ⊂→ Y . Die Stetigkeit der Inklusionsabbildung bedeutet, daß
es eine Konstante c > 0 gibt mit
||x||Y ≤ c ||x||X ,
∀x ∈ X.
(In diesem Paragraphen ist die Abbildung ι stets durch die punktweise Identifizierung von
Funktionen gegeben.)
Fragen:
• Für welche q > p gilt Wp1 ⊂→ Lq bzw. Wpk ⊂→ Lq ?
• Wann gilt Wp1 ⊂→ C 0 bzw. Wpk ⊂→ C m mit einem m ∈ N, m = m(k, p, N )?
Genauer betrachtet man hier Einbettungen in Hölder-Räume C 0,α bzw. C m,α .
Bei den Einbettungen von Wp1 sind 3 Hauptfälle zu unterscheiden:
(1) 1 ≤ p < N ; (2) p = N ; (3) p > N .
(A) Der Fall 1 ≤ p < N .
5.1. Definition. Für 1 ≤ p < N heißt
p∗ :=
Np
N −p
(5.1)
der zu p konjugierte Sobolev-Exponent. Offenbar ist p∗ > p.
5.2. Satz. (Gagliardo-Sobolev-Nirenberg-Ungleichung)
Zu 1 ≤ p < N gibt es eine Konstante C = C(p, N ) mit
||u||Lp∗ (RN ) ≤ C · ||Du||Lp (RN ) ,
p
Erinnerung: Es ist ||Du||Lp (RN ) =
R
RN
∀u ∈ Cc∞ (RN ).
|Du(x)|p dx mit |Du(x)| =
Motivation zur Definition von p∗ : Eine Ungleichung
||u||Lq (RN ) ≤ C · ||Du||Lp (RN ) ,
41
p
(5.2)
|∂1 u(x)|2 + . . . + |∂N u(x)|2 .
∀u ∈ Cc∞ (RN ),
(∗)
kann überhaupt nur dann gelten, wenn q = N p/(N − p) ist.
Dies folgt aus einem einfachen Skalierungsargument: Für u ∈ Cc∞ (RN ) und λ > 0 sei
x ∈ RN .
uλ (x) := u(λx),
Wenn wir annehmen, daß (∗) gilt, so folgt
||uλ ||Lq (RN ) ≤ C · ||Duλ ||Lp (RN ) ,
∀λ > 0.
(∗∗)
Mit Transformationsformel und Kettenregel ergibt sich
Z
Z
1
q
|uλ | dx = N
|u|q dx,
λ
RN
RN
Z
p Z
λ
|Du|p dx.
|D(uλ )|p dx = N
λ
RN
RN
Mit (∗∗) folgt daher
N
λ−N/q ||u||Lq (RN ) ≤ C · λ1− p · ||Du||Lp (RN ) ,
∀λ > 0.
Dies kann aber nur wahr sein, wenn u = 0 ist oder wenn
1−
N
N
+
=0
p
q
(∗ ∗ ∗)
ist, denn andernfalls erhält man mit λ ↓ 0 oder mit λ → ∞ sofort einen Widerspruch.
Offenbar ist (∗ ∗ ∗) äquivalent mit 1/q = 1/p − 1/N oder q = N p/(N − p).
Wir betrachten 2 besonders einfache Spezialfälle:
(1) Seien p = 1 und N = 1. Hier könnte man p∗ = ∞ als Grenzfall erwarten. Tatsächlich
gilt wegen
Z x
u(x) =
u′ (t)dt,
x ∈ R,
−∞
die Abschätzung
||u||L∞ (R) = sup |u(x)| ≤
x∈R
∞
Z
−∞
|u′ (t)|dt = ||u′ ||L1 (R) ,
für alle u ∈ Cc∞ (R).
∂
(2) Sei N = 2 und p = 1, also p∗ = 2. Wir schreiben u = u(x, y) und ∂1 u = ∂x
u,
∂
2
∂2 u = ∂y u. Da u kompakten Träger in R besitzt, gilt nach dem Hauptsatz der DIR
u(x, y) =
Z
x
∂1 u(t, y)dt,
u(x, y) =
−∞
Z
y
−∞
42
∂2 u(x, s)ds.
Es folgt
Z y
|∂2 u(x, s)|ds
|∂1 u(t, y)|dt ·
|u(x, y)| ≤
−∞
−∞
Z ∞
Z ∞
≤
|∂1 u(t, y)|dt ·
|∂2 u(x, s)|ds .
2
Z
x
−∞
−∞
Wenn wir diese Abschätzung bzgl. x und bzgl. y integrieren, so ist jeweils einer der Faktoren
bzgl. der Integrationsvariablen konstant und wir erhalten (alle Integrale erstrecken sich von
−∞ bis ∞)
Z Z
2
|u(x, y)| dxdy ≤
Z Z
Z Z
|∂1 u(t, y)|dtdy ·
|∂2 u(x, s)|dsdx .
Damit haben wir
||u||L2 (RN ) ≤ (. . .)
1/2
· (. . .)
1/2
1
≤
2
Z Z
(|∂1 u| + |∂2 u|) dxdy ≤
Z Z
|Du|dxdy,
√
da ab ≤ 12 (a + b) für a, b ≥ 0. Am Schluß könnte man auch wie folgt abschätzen: Wegen
√
p
ab ≤ (a2 + b2 )/2 ist
(. . .)
1/2
· (. . .)
1/2
1
≤√
2
Z Z
|Du|dxdy.
Ein vollständiger Beweis von Thm. 5.2 findet sich bei [Ev; pp. 263—265]. Idee wie oben,
aber mit mehrfacher Anwendung der (verallgem.) Hölderschen Ungleichung.
Im Falle von W̊p1 (Ω) kann man die Ungleichung von Gagliardo-Nirenberg-Sobolev direkt
anwenden und erhält eine erste Teilaussage des Sobolevschen Einbettungssatzes:
5.3. Theorem.
Sei Ω ⊂ RN offen und beschränkt und sei 1 ≤ p < N . Dann gibt es eine Konstante
C = C(p, Ω) ≥ 0 mit
||u||Lp∗ (Ω) ≤ C ||Du||Lp (Ω) ,
∀u ∈ W̊p1 (Ω).
Beweis. Zu u ∈ W̊p1 (Ω) gibt es eine Folge (ϕm ) ⊂ Cc∞ (Ω) mit ||u − ϕm ||Wp1 (Ω) → 0,
m → ∞. Dies bedeutet insbesondere, daß ϕm → u in Lp und ∂j ϕm → ∂j u in Lp ;
aus letzterem folgt ||∂j ϕm ||Lp → ||∂j u||Lp , mit m → ∞; außerdem ist (∂j ϕm )m∈N eine
Cauchyfolge in Lp . Nach Satz 5.2 gilt
||ϕm ||Lp∗ (Ω) ≤ C ||Dϕm ||Lp (Ω) ,
43
m ∈ N,
(5.3a)
sowie
||ϕm − ϕℓ ||Lp∗ (Ω) ≤ C ||Dϕm − Dϕℓ ||Lp (Ω) ,
m, ℓ ∈ N.
(5.3b)
Wegen (∂j ϕm ) CF in Lp folgt aus (5.3b), daß (ϕm )m∈N CF in Lp∗ ist; wegen Lp∗ (Ω)
vollständig gibt es dann ein ũ ∈ Lp∗ (Ω) mit ϕm → ũ in Lp∗ (Ω). Da wir andrerseits aber
schon wissen, daß ϕm → u in Lp (Ω) gilt, muß u = ũ sein. In Verbindung mit (5.3a) gilt
nun
||u||Lp∗ (Ω) = lim ||ϕm ||Lp∗ (Ω) ≤ C · lim sup ||Dϕm ||Lp (Ω) ≤ C ||Du||Lp (Ω) ,
m→∞
m→∞
∀u ∈ W̊p1 (Ω).
Bemerkung. Wegen Ω beschränkt gilt weiter Lp∗ (Ω) ⊂→ Lq (Ω) für alle q ∈ [1, p∗ ] (vgl.
Aufgabe 27). Damit folgt: Für alle q ∈ [1, p∗ ] ist die Einbettung W̊p1 (Ω) ⊂→ Lq (Ω) stetig.
Bem.: Man kann in dem obigen Beweis auch mit dem Lemma von Fatou arbeiten.
5.4. Theorem. Sei Ω ⊂ RN offen und beschränkt mit ∂Ω ∈ C 1 . Dann gilt für 1 ≤ p < N :
u ∈ Wp1 (Ω)
=⇒
u ∈ Lp∗ (Ω),
mit p∗ = N p/(N − p), und es gibt eine Konstante C mit
||u||Lp∗ (Ω) ≤ C ||u||W 1 (Ω) ,
p
u ∈ Wp1 (Ω).
(5.4)
Beweis. Sei E ein Fortsetzungsoperator für Wp1 (Ω) gemäß Theorem 4.1, d.h.,
Wp1 (Ω) ∋ u 7→ Eu =: u ∈ Wp1 (RN ),
u ↾Ω = u,
||u||W 1 (RN ) ≤ C̃ ||u||W 1 (Ω) ,
p
p
und supp u kompakt. Dabei gilt: es gibt ein R ≥ 0 so, daß supp u ⊂ BR (0) ist für alle
u ∈ Wp1 (Ω) (vgl. das Ende des Beweises von Thm. 4.1).
Zu u gibt es eine Folge (ϕm ) ⊂ Cc∞ (RN ) mit
ϕm → u in Wp1 (RN );
vgl. Theorem 3.8 (b). Genauer haben wir die folgende Situation: Wegen u ∈ Wp1 (RN )
konvergieren die Glättungen ϕm := j1/m ∗ u in Wp1 (RN ) gegen u. Wegen supp u ⊂ BR (0)
haben die ϕm ihren Träger in der Kugel BR+1 (0). Wenn wir B ′ := BR+1 (0) setzen, so
folgt
u ∈ W̊p1 (B ′ )
44
und wir können nun Thm. 5.3 auf u anwenden. Wir erhalten u ∈ Lp∗ (B ′ ) sowie
||u||Lp∗ (B′ ) ≤ C ′ ||Du||Lp (B′ )
(∗)
mit einer Konstanten C ′ ≥ 0 wie in Thm. 5.3. Es folgt
||u||Lp∗ (Ω) = ||u ↾Ω ||Lp∗ (Ω) ≤ ||u||Lp∗ (B′ ) ≤(∗) C ′ ||Du||Lp (B′ ) ≤ C ′′ ||u||W 1 (B′ ) ≤ C ′′′ ||u||W 1 (Ω) ,
p
p
wobei wir im letzten Schritt die Stetigkeit des Fortsetzungsoperators E ausgenützt haben.
5.5. Bemerkung. Im Fall p = N könnte man vermuten, daß Wp1 ⊂→ L∞ (Ω) gilt. Dies
ist für N = 1 richtig, nicht aber für N > 1; vgl. Beispiel 2.9 und ÜA 15.
(B) Der Fall N < p < ∞.
Wir definieren zunächst eine neue Klasse von Funktionenräumen, die sogenannten Hölderräume,
die bei den Partiellen DGln. an verschiedenen Stellen eine große Rolle spielen.
Sei Ω ⊂⊂ RN , und sei 0 < α ≤ 1.
Motivation: Die Menge der auf Ω glm. Lipschitzstetigen Funktionen u besteht aus denjenigen u : Ω → R, die einer Abschätzung
|u(y) − u(x)| ≤ C|x − y|,
x, y ∈ Ω,
(∗)
genügen. Definiere die Lipschitzkonstante von u durch
|u(x) − u(y)|
< ∞.
|x − y|
x6=y∈Ω
Lip (u) := sup
(5.5)
Aus (∗) folgt unter anderem, daß u gleichmäßig stetig ist.
Wir definieren nun den Begriff Hölderstetig:
5.6. Definition. (vgl. [GT; p. 52/53])
Seien Ω ⊂⊂ RN und α ∈ (0, 1]. Eine Funktion u : Ω → R heißt gleichmäßig α-Hölderstetig
(oder: gleichmäßig Hölderstetig mit Exponent α) in Ω, wenn es eine Konstante C ≥ 0 gibt
mit
(5.6)
|u(x) − u(y)| ≤ C|x − y|α ,
x, y ∈ Ω.
Den Vektorraum aller u mit dieser Eigenschaft bezeichnen wir mit C 0,α (Ω). Wir schreiben
|u(x) − u(y)|
,
|x − y|α
x6=y∈Ω
[u]C 0,α (Ω) := sup
||u||C 0,α (Ω) := ||u||∞ + [u]C 0,α (Ω) .
45
(5.7)
(5.8)
Dabei ist [u]C 0,α (Ω) eine Halbnorm, ||u||∞ ist eine Norm, und daher ist ||u||C 0,α (Ω) ebenfalls
eine Norm. [u]C 0,α (Ω) heißt Hölderkonstante von u.
Analog definiert man die Hölderräume C k,α (Ω), k ∈ N.
5.7. Satz. (ÜA)
C 0,α (Ω) ist vollständig, also ein Banachraum.
Noch einige Bemerkungen zu den Hölderräumen:
(a) Für 0 < α < 1 ist C 0,α (Ω) nicht separabel (für u(x) := |x|α im RN geht [u(.) − u(. −
h)]C 0,α mit h → 0 nicht gegen Null.
(b) Für f ∈ C 0,α (RN ) mit supp f kompakt, ist das Newtonpotential im RN , N ≥ 3,
Z
f (y)
dy
u(x) :=
N−2
RN |x − y|
eine C 2 -Funktion. (Die Voraussetzung f ∈ Cc (RN ) ist i.a. nicht ausreichend!)
(c) Kompakte Einbettung von C 0,α ⊂⊂→ C 0,β , falls 0 < β < α (vergleiche mit ArzelàAscoli).
(d) Satz von Kellogg und die Schauderschen a-priori-Abschätzungen. (vgl. [GT])
Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 2,α . Dann gibt es zu Ω eine Konstante C ≥ 0 mit der folgenden
Eigenschaft:
Für f ∈ C 0,α (Ω) und g ∈ C 2,α (∂Ω) besitzt die (eindeutig bestimmte!) Lösung u des
Dirichletschen RWPs
−∆u = f in Ω, u = g auf ∂Ω,
die Regularität u ∈ C 2,α (Ω). Weiter gilt die Schaudersche a-priori-Abschätzung
||u||C 2,α (Ω) ≤ C(||f ||C 0,α (Ω) + ||g||C 2,α (∂Ω) ).
(Der Satz von Kellogg und die Schauderschen a-priori-Abschätzungen betreffen allgemeinere elliptische Differentialgleichungen.)
5.8. Theorem. (Ungleichung von Morrey.)
Sei N < p < ∞. Dann gibt es eine Konstante C = C(N, p) mit
||u||C 0,α (RN ) ≤ C · ||u||W 1 (RN ) ,
p
∀u ∈ Cc1 (RN ),
mit α := 1 − N/p.
(Ein Beweis findet sich bei [E; pp. 266—268]).
5.9. Theorem. Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 . Sei N < p < ∞ und u ∈ Wp1 (Ω). Dann gibt
es eine Funktion u∗ ∈ C 0,1−N/p (Ω) mit u = u∗ punktweise f.ü. in Ω. Weiter exist. eine
(von u unabhängige) Konstante C ≥ 0 mit
||u∗ ||C 0,1−N/p (Ω) ≤ C · ||u||W 1 (Ω) ,
p
46
∀u ∈ Wp1 (Ω).
Bew.: ÜA.
Allgemeiner gilt für Wpk (Ω) der folgende Satz:
5.10. THEOREM. (Einbettungssatz von Sobolev)
Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 . Weiter seien k ∈ N und 1 ≤ p < ∞.
k
(i) Sei k < N/p, und sei q1 = p1 − N
. Dann gilt
Wpk (Ω) ⊂→ Lq (Ω).
(ii) Sei k > N/p und sei
β :=
(h i
N
p
+1−
N
p,
falls
eine bel. Zahl in (0, 1),
falls
Dann gilt (mit der Notation [r] := max{n ∈ Z ; n ≤ r},
N
p
N
p
∈
/ N;
∈ N.
∀r ∈ R)
N
Wpk (Ω) ⊂→ C k−[ p ]−1,β (Ω).
(C) Der Einbettungssatz von Rellich.
Der Sobolevsche Einbettungssatz etabliert eine Reihe von stetigen Einbettungen von Sobolevräumen in geeignete Lq -Räume. Wir stellen jetzt die Frage, wann solche Einbettungen schon kompakt sind. Ziel ist der Kompaktheitssatz von Rellich, der den Fall der
Hilberträume H̊ 1 (Ω) und H 1 (Ω) abdeckt. Ursprüglich hieß dieser Satz der Rellichsche
Auswahlsatz.
Zur Erinnerung:
H k (Ω) := W2k (Ω),
H̊ k (Ω) := W̊2k (Ω).
5.11. Definition. Seien X, Y Banachräume mit X ⊂ Y . Wir sagen, X ist in Y kompakt
eingebettet, i. Z.,
X ⊂⊂→ Y,
wenn jede Folge (xn ) ⊂ X mit ||xn ||X ≤ const. eine TF (xnj ) besitzt, die in Y konvergiert.
Bem.: (ÜA) Wenn X ⊂⊂→ Y wahr ist, dann gibt es eine Konstante c > 0 mit
||x||Y ≤ c ||x||X ,
M.a.W.: X ⊂⊂→ Y
=⇒
∀x ∈ X.
X ⊂→ Y .
5.12. Theorem. (Rellich)
Sei Ω ⊂⊂ RN , d.h., Ω offen und beschränkt. Dann besteht die kompakte Einbettung
H̊ 1 (Ω) ⊂⊂→ L2 (Ω),
47
d.h., zu jeder Folge (um )m∈N ⊂ H̊ 1 (Ω) mit ||um ||H 1 (Ω) ≤ C gibt es eine Teilfolge (umj ) ⊂
(um ), die in L2 (Ω) konvergiert.
Bemerkung. Genauer kann man eine Teilfolge (unj ) finden, die simultan die folgenden
Konvergenzeigenschaften besitzt: Es gibt ein u ∈ H̊ 1 (Ω) mit
• unj → u in L2 (Ω);
• unj → u punktweise f.ü. in Ω;
1
• unj −→
u
in
H̊
(Ω),
d.h.,
u
,
v
→ hu , vi1 , ∀v ∈ H̊ 1 (Ω).
n
j
w
1
Motivation: Fall N = 1 als ÜA.
Bemerkung: Satz von Arzelà und Ascoli.
Die Hauptarbeit steckt im folgenden Lemma.
5.13. Lemma. Es sei Q := (0, 2π)N ⊂ RN und (un )n∈N ⊂ Cc∞ (Q) eine Folge mit
||un ||H 1 (Q) ≤ 1,
n ∈ N.
(5.9)
Dann gibt es eine Teilfolge (unk ) ⊂ (un ) und ein u ∈ H̊ 1 (Q) mit
unk → u in L2 (Q),
(5.10)
1
sowie unk −→
w u in H̊ (Q).
Bem.: Die Voraussetzung an die Folge (un ) bedeutet:
Z
Q
|un (x)|2 + |∇un (x)|2 dx ≤ 1,
∀n ∈ N.
Beweis. Wir schreiben ||·|| := ||·||L2 (Q) .
(1) Wir nützen zunächst aus, daß Hilberträume schwach folgenkompakt sind, d.h., jede
beschränkte Folge besitzt eine schwach konvergente Teilfolge.
(1)
Weil L2 (Q) und H̊ 1 (Q) Hilberträume sind, gibt es also Teilfolgen (uj )j∈N ⊂ (un ) und
(2)
(1)
(uj )j∈N ⊂ (uj )j∈N sowie Elemente u ∈ L2 (Q), v ∈ H̊ 1 (Q) mit
(1)
uj
−→
w u in L2 (Q),
(2)
uj
1
−→
w v in H̊ ,
j → ∞.
Man sieht leicht, daß dann schon u = v ist (ÜA 33).
OBdA dürfen wir daher im Rest des Beweises annehmen, daß un −→
w u in L2 (Q) and
1
1
un −→
w u in H̊ mit u ∈ H̊ (Q). Wir können daher im folgenden mit der Folge (un )
arbeiten und müssen nicht Teilfolgen (unj ) etc. schreiben.
48
(2) Für k ∈ ZN sei
ϕk (x) := (2π)
−N/2 ik·x
e
= (2π)
−N/2
N
Y
eikℓ xℓ .
(5.11)
ℓ=1
Die Familie (ϕk )k∈ZN bildet eine ONB im HR L2 (Q) (Fourier-Reihen). Wegen der Besselschen
Ungl. gilt daher
X 2
(2π)−N
(5.12)
| un , eik·x |2 ≤ ||un || ≤ 1.
k∈ZN
Da nach Voraussetzung auch ||∂s un || ≤ 1 ist für s = 1, . . . , N , gilt analog
X 2
| ∂s un , eik·x |2 ≤ (2π)N ||∂s un || ≤ c2 ,
s = 1, . . . , N.
(5.13)
k∈ZN
Hierin ist aber (für k ∈ ZN , 1 ≤ s ≤ N und alle n ∈ N)
∂s un , eik·x = − un , ∂s eik·x = iks un , eik·x ;
(5.14)
bei der partiellen Integration im ersten Schritt sind die Randterme Null.
Daher können wir aus den Abschätzungen (5.12) und (5.13) schließen: es gibt eine Konstante C1 ≥ 0 mit
X
k∈ZN
dabei ist |k|2 =
PN
s=1
2
(1 + |k|2 ) un , eik·x ≤ C1 ,
n ∈ N;
(5.15)
∀k ∈ ZN ,
(5.16)
ks2 .
(3) Wegen un −→
w u in L2 (Q) nach (1) gilt insbesondere
und es ist
un , eik·x → u , eik·x ,
n → ∞,
un , eik·x n∈N Cauchyfolge in C für alle k ∈ ZN .
(4) Behauptung: (un ) ist Cauchyfolge in L2 (Q).
Zum Beweis dieser Beh. seien ε > 0 und R := [C1 /ε]1/2 mit C1 wie in (5.15). Es gibt nur
endlich viele k ∈ ZN mit |k|2 ≤ R2 .
Wegen (3) gibt es ein Jε ∈ N mit
X uj − uℓ , eik·x 2 ≤ ε,
|k|≤R
49
j, ℓ ≥ Jε .
(5.17)
Da {(2π)−N/2 e−ik·x }k∈ZN eine ONBasis bildet, folgt nach Plancherel für j, ℓ ≥ Jε
X 2
uj − uℓ , eik·x 2
(2π)N ||uj − uℓ || =
k∈ZN
=
X
...+
|k|≤R
≤(5.17) ε +
≤ ε + R−2
...
|k|>R
X |k|2 uj − uℓ , eik·x 2
R2
|k|>R
X
2
|k|2 uj − uℓ , eik·x k∈ZN
≤ ε + 4 · R−2
≤(5.15) ε +
X
X n
k∈ZN
8R−2 C1
2
2 o
|k|2 uj , eik·x + |k|2 uℓ , eik·x ≤ 9ε.
Aus un −→
w u und der obigen Cauchyeigenschaft folgt ||un − u|| → 0.
Beweis Thm. 5.12. Es sei (un ) ⊂ H̊ 1 (Ω) mit ||un ||H 1 (Ω) ≤ c1 . Sei W ⊂ Rd ein (offener)
Würfel mit Ω ⊂ W . Zu jedem un können wir ein ϕn ∈ Cc∞ (Ω) ⊂ Cc∞ (W ) finden mit
||un − ϕn ||H 1 (Ω) < 1/n. Wegen ||ϕn ||H 1 (W ) ≤ c2 liefert Lemma 5.13 eine Teilfolge (ϕnk ) ⊂
(ϕn ) und ein u ∈ H̊ 1 (W ) mit
1
ϕnk −→
w u in H̊ (W ),
ϕnk → u in L2 (W ),
(5.18)
für k → ∞. Sei für den Moment u′ := u ↾Ω . Offenbar ist u′ ∈ L2 (Ω) und ϕnk → u′ in
L2 (Ω). Aus (5.18) folgt wegen H̊ 1 (Ω) ⊂ H̊ 1 (W ), daß
hϕnk , ψi1 → hu , ψi1 ,
∀ψ ∈ H̊ 1 (Ω),
(5.19)
die Folge (ϕnk )k∈N konvergiert also schwach in H̊ 1 (Ω). Da schwach konvergente Folgen
im Hilbertraun stets auch einen Limes besitzen, gibt es ein v ∈ H̊ 1 (Ω) mit ϕnk −→
w v
1
′
′
1
in H̊ (Ω). Wegen (5.19) muß offenbar v = u sein; insbesondere ist u ∈ H̊ (Ω) und
′
1
′
′
1
ϕnk −→
w u in H̊ (Ω). Es folgt sofort, daß unk → u in L2 (Ω) und unk −→
w u in H̊ (Ω).
Um den Satz von Rellich auf den Raum H 1 (Ω) auszudehnen, verwenden wir wieder den
Sobolevschen Fortsetzungssatz.
5.14. Theorem. (Satz von Rellich für H 1 ).
Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 . Dann besteht die kompakte Einbettung
H 1 (Ω) ⊂⊂→ L2 (Ω),
d.h., jede in der ||·||H 1 (Ω) -Norm beschränkte Folge (un ) ⊂ H 1 (Ω) besitzt eine Teilfolge, die
in L2 (Ω) konvergiert.
50
Beweis. Sei (um )m∈N ⊂ H 1 (Ω) eine beschränkte Folge, d.h., ||um ||H 1 (Ω) ≤ c.
Nach Theorem 4.1 gibt es ein R > 0 und einen stetigen Fortsetzungsoperator
E : H 1 (Ω) → H̊ 1 (BR )
mit
||Eu||H 1 (BR ) ≤ C · ||u||H 1 (Ω) .
Die Folge (Eum )m∈N genügt den Voraussetzungen von Theorem 5.12 und es gibt eine Teilfolge (Eumj ) ⊂ (Eum ), die in L2 (BR ) gegen eine Grenzfunktion u ∈ H̊ 1 (BR ) konvergiert.
Insbesondere folgt
umj = Eumj ↾Ω → u ↾Ω in L2 (Ω),
mit u ↾Ω ∈ H 1 (Ω).
Sehr viel allgemeiner ist der folgende Satz:
5.15. Theorem. (Rellich, Kondraschow)
Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 . Sei 1 ≤ p < N und sei p∗ =
Sobolev-Exponent. Dann gilt
Wp1 (Ω) ⊂⊂→ Lq (Ω),
Np
N−p
der zu p konjugierte
für alle 1 ≤ q < p∗ .
Zum Beweis vgl. [E, Ad, GT]
Bemerkungen.
(a) Kompakte und prä-kompakte Teilmengen von C([0, 1]); Satz von Arzelà-Ascoli.
(b) Kompakte und prä-kompakte Teilmengen von Lp ; Satz von Fréchet und Kolmogoroff
[Y].
Abschließende Bemerkungen zu Sobolevräumen.
(1) Poincarésche Ungleichung. Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 konvex
und sei 1 ≤ p < ∞.
R
1
Dann existiert für u ∈ Lp (Ω) ⊂ L1 (Ω) der Mittelwert uΩ := |Ω| Ω u(y)dy und es gilt
∀u ∈ Wp1 (Ω).
||u − uΩ ||Lp (Ω) ≤ C · ||u||W 1 (Ω) ,
p
mit einer Konstanten C = C(p, Ω).
(2) Differenzenquotienten. Es sei
Dih u(x) :=
1
(u(x + hei ) − u(x)),
h
für x ∈ Ω und h ∈ R mit 0 < |h| < dist(x, ∂Ω).
(a) Sei Ω′ ⊂⊂ Ω und sei 1 ≤ p < ∞. Dann gilt
h D u
≤ ||u||W 1 (Ω) .
L (Ω′ )
p
p
51
(b) Sei 1 < p < ∞, sei u ∈ Lp (Ω) und es gebe eine Konstante C ≥ 0 mit
h D u
L
′
p (Ω )
≤ C,
0 < |h| <
1
dist(Ω′ , ∂Ω).
2
Dann ist u ∈ Wp1 (Ω′ ) mit ||u||W 1 (Ω′ ) ≤ C.
p
(3) Lipschitzstetige Funktionen. Sei Ω ⊂⊂ RN mit ∂Ω ∈ C 1 . Dann gilt
1
u ∈ W∞
(Ω)
u ∈ C 0,1 (Ω).
⇐⇒
(4) Differenzierbarkeit f.ü.
1
• Sei p > N und u ∈ Wp,
loc . Dann ist u fast überall diffbar und die Ableitung stimmt f.ü.
mit der schwachen Ableitung überein. Insbesondere gilt der folgende klassische Satz:
• Theorem. (Rademacher) Jede Lipschitzfkt. ist f.ü. diffbar.
(5) Fouriertransformation und die Sobolevräume H k (RN ).
Für u ∈ L2 (RN ) sei die FT (Fouriertransformation) von u definiert durch
û(ξ) := (2π)
−N/2
lim
R→∞
Z
e−ix·ξ u(x)dx,
|x|<R
wobei der Limes in L2 (RN ) zu nehmen ist. Dann ist û ∈ L2 (RN ) und es gilt
||û||L2 = ||u||L2
(Satz von Plancherel). Für k ∈ N gilt weiter
u ∈ H k (RN )
⇐⇒
(1 + |ξ|k )û(ξ) ∈ L2 (RN )
und es gibt Konstanten 0 < c1 < c2 mit
2
2
2
c1 · ||u||H k (RN ) ≤ (1 + |.|k )û(.)L2 (RN ) ≤ c2 · ||u||H k (RN ) ,
∀u ∈ H k (RN ).
Bemerkung zu den Räumen BV (bounded variation) [Evans-Gariepy] und BMO (bounded
mean oscillation) [John, Nirenberg].
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