Bundesrat 17. November 2016 860. Sitzung / 1 13.41 Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrte Herren Minister! Wertes Präsidium! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich werde jetzt nicht explizit noch einmal darauf eingehen, dass die Gesamtkriminalität in Österreich im Vergleich gesunken ist. Wir haben auch Bundesländerzahlen, aus denen wir wissen, dass sie zum Beispiel in Wien um 3,6 Prozent gesunken ist, in Vorarlberg um 2,8 Prozent. Im Burgenland ist sie dagegen um 6,3 Prozent gestiegen, aber im Vergleich zum Vorjahr gleicht sich das ein wenig aus. Das heißt, wir können uns auf jeden Fall auch seitens der Grünen bei der Polizei, bei der Strafjustiz, der Exekutive bedanken für genau diese Präventionsarbeit, die hier geleistet wird. Wir wissen auch, dass die Aufklärungsquote um knapp 1 Prozent gestiegen ist. Das sind im Großen und Ganzen positive Zahlen. Tatsächlich ein Problem, über das wir dringend sprechen müssen, ist das bereits angesprochene subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, das in keiner Relation dazu steht, wie beispielsweise die Aufklärungsquote ist beziehungsweise wie die Prozentzahlen aussehen. Wir wissen, dass die Politik hier zwar tätig ist, aber womöglich in der Vergangenheit einiges verabsäumt hat, um genau dieses subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken. Als Erstes ist es mir deshalb wichtig festzuhalten, dass wir als politische Parteien in der Verantwortung sind, aus dieser Kriminalitätsfurcht der Menschen kein Kleingeld zu schlagen. Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir hier Aufklärung betreiben und nicht noch versuchen, dieses Unsicherheitsgefühl zu stärken. Das Zweite, das wichtig ist, ist die Medienkompetenz. Wir wissen, dass der Medienkonsum enormen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsgefühl hat und dass die Medienkompetenz ein wesentlicher Faktor ist, wenn es um den Umgang mit Berichterstattung zu Kriminalität geht. Ich weiß, das ist nicht überall kontrollierbar, den Bereich Social Media müsste man sich natürlich extra ansehen. Die dritte Säule ist – auch das wurde heute im Zusammenhang mit dem konkreten Projekt „Gemeinsam sicher“ angesprochen – die wichtige Einbindung der Bevölkerung, sprich der Kontakt, die Kommunikation mit der Zivilbevölkerung genauso wie die Stärkung der Solidarität, aber auch – das haben wir gestern im Rahmen der Enquete gegen Hass im Netz besprochen – Meldestellen für Hassverbrechen beziehungsweise Beratungsstellen für Opfer von solchen. Version v. 20. Dezember 2016, 11:04 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert Bundesrat 17. November 2016 860. Sitzung / 2 Wir wissen weiters auch, dass in Ländern mit einem hohen Grad an Sozialstaatlichkeit der Anteil jener, die sich unsicher fühlen, geringer ist. Das heißt, je stärker der Sozialstaat, desto weniger Unsicherheit. Wir sind also wieder bei dem Thema angelangt, mit dem wir die heutige Sitzung begonnen haben: Es geht nämlich nicht nur um Präventionsarbeit, nicht nur um die Absicherung des Sozialstaates, sondern auch um die Bekämpfung von Armut. Solang wir uns hier nicht auf konkrete Maßnahmen einigen, solang wir uns hier nicht einig darüber sind, dass es bundeseinheitliche Gesetze braucht, die Menschen vor dem Abdriften in die Armut schützen, werden wir uns sehr schwertun, dieses subjektive Unsicherheitsgefühl abzufangen. In diesem Sinne – und das ist auch mein letzter Appell zu diesem Tagesordnungspunkt, auch vor dem Hintergrund dessen, was der niederösterreichische Landtag heute in Bezug auf die Mindestsicherung beschlossen hat – appelliere ich an die Bundesländer, die alle hier vertreten sind, gemeinsam zu überlegen, was wir an Bundesstandards brauchen, um diese Unsicherheit, die in der Bevölkerung so weit verbreitet ist, nicht noch weiter zu füttern! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.) 13.45 Präsident Mario Lindner: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Köll. – Bitte, Herr Bundesrat. Version v. 20. Dezember 2016, 11:04 nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert
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