Wohnraum für Flüchtlinge gesucht

Wohnraum für Flüchtlinge gesucht
Anerkannte Flüchtlinge müssen sich nach Wohnungen
umsehen – Jobcenter übernimmt Kosten bei arbeitssuchenden
Menschen – Gemeinde Kall bittet Wohnungsinhaber, sich zu
melden
Kall-Sistig – Ahmad Almohamad hatte einen Traum. Der 23-Jährige
studierte, um Grundschullehrer zu werden. Doch dann kam im März die
Einberufung zur syrischen Armee. In den Krieg ziehen wollte
Almohamad nicht – also floh er mit seinem Cousin nach Deutschland.
Denn hier, so dachte der junge Mann, kann er auch weiterstudieren.
Untergekommen sind die beiden in Sistig, mit drei anderen syrischen
Flüchtlingen leben sie gemeinsam im Erdgeschoss eines Hauses, das
der Gemeinde Kall gehört. „Wir sind wie Brüder geworden“, berichtet
Almohamad. Solange Menschen als Asylbewerber gelten (also über
ihren Asylantrag noch nicht entschieden ist), müssen die Kommunen
ihnen Wohnraum zur Verfügung stellen. Anders sieht es aus, wenn die
Flüchtlinge anerkannt sind oder subsidiären Schutz genießen – dann
müssen sie sich eigene Wohnungen suchen.
Bei Ahmad Almohamad ist das jetzt der Fall, er ist anerkannt, er arbeitet.
Im Euskirchener Kreishaus ist er im Rahmen des
Bundesfreiwilligendienstes (Bufdi) im KoBIZ, dem kommunalen Bildungsund Integrationszentrum, tätig. Außerdem engagiert er sich in der
Flüchtlingshilfe und im ehrenamtlichen Sprachpaten-Projekt SmiLe. Die
Wohnungssuche funktioniert bei ihm ganz klassisch: Er durchforstet die
Zeitungen und das Internet nach Inseraten. Auch Freunde, etwa Tina
Seynsche vom Flüchtlingshelferkreis Sistig, die den 23-Jährigen und
weitere Flüchtlinge betreut, halten die Augen offen.
Jüngst gab es sogar die erste Wohnungsbesichtigung. Mit seinem
Cousin, der mittlerweile ebenfalls anerkannter Flüchtling ist und gerade
eine Bufdi-Stelle bei der Stadt Euskirchen erhalten hat, sowie Rolf und
Tina Seynsche hat er sich die Wohnung angeschaut. Der Vermieter war
nett, die Wohnung sagte ihnen ebenfalls zu. Genommen haben sie das
Apartment aber nicht. Die Nachbarn beschimpften und beleidigten die
beiden Syrer. „Hier können meine Jungs nicht wohnen“, sagte Tina
Seynsche dem Vermieter ab.
„Menschen in Kall und Sistig
sind offen und freundlich“
Almohamad kann diesen Rassismus nicht nachvollziehen: „Wir sind
doch normale Menschen.“ Der junge Mann, der jedem ein offenes und
herzliches Lächeln schenkt, hat die Erfahrung gemacht, dass man auf
andere Menschen zugehen muss. „Kontakt macht vieles gut“, sagt er.
Der Vorfall bei der Wohnungssuche war wohl eher ein Einzelfall, denn
Almohamad betont: „In Kall und Sistig haben wir keine Probleme, die
Menschen sind offen und freundlich, viele wollen helfen.“
Almohamad sucht jetzt weiter. Einen weiteren Besichtigungstermin
haben er und sein Cousin bereits hinter sich, ein Ergebnis steht noch
aus. Und die beiden sind nicht die einzigen. Von den über 200
Geflüchteten, die in Kall leben, sind rund 50 bereits anerkannt oder
genießen einen subsidiären Schutz. Sie alle müssen sich nun selbst um
Wohnungen kümmern. Dabei werden sie von der Gemeinde Kall und
auch den Ehrenamtlichen der Flüchtlingshilfe unterstützt.
Weil Wohnangebote knapp sind, bittet die Gemeinde Kall um Mithilfe.
Menschen, die eine Wohnung zu vermieten haben, möchten sich in der
Verwaltung bei Sonja Pütz (02441/ 888-10) oder Alice Gempfer (02441/
888 -76) melden. Gesucht werden Wohnungen unterschiedlicher Größe
für Familien, WGs und Einzelpersonen. Bei anerkannten Flüchtlingen,
die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, übernimmt das Jobcenter die
Miete. Weitere Auskünfte, auch über Voraussetzungen, die eine
Wohnung erfüllen muss, gibt ebenfalls die Kaller Verwaltung.
Sie sind außerdem Ansprechpartnerinnen für Geflüchtete, die auf der
Suche nach einer eigenen Wohnung sind.
pp/Agentur ProfiPress
Bildzeile:
Der Syrer Ahmad Almohamad ist anerkannter Flüchtling und arbeitet
mittlerweile als „Bufdi“ beim Kreis Euskirchen. Er befindet sich derzeit
auf Wohnungssuche. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress