Schule aktuell - Hessisches Kultusministerium

Hessisches Kultusministerium I Schule aktuell I Dezember 2016
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Hessisches Kultusministerium
Schule aktuell
12|16
Informationsservice für Schulleitung und Kollegium
Der „Schulische Integrationsplan“
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hessens Schulen haben in den vergan-
im vergangenen Jahr vor Krieg und Terror
Aktuell werden annähernd 28.000
gungen.
genen Monaten Großartiges geleistet!
zu uns geflüchtet sind, verstärkte Anstren-
Schülerinnen und Schüler mit nicht
ausreichenden Deutschkenntnissen in
Im Folgenden möchte ich Ihnen daher
Schulen unterrichtet – so viele wie nie
näher erläutern. Durch ihn werden zu-
Intensivmaßnahmen an hessischen
unseren „Schulischen Integrationsplan“
zuvor in der Geschichte des Landes.
sätzliche Stellen sowie Fortbildungs- und
Zahlreiche Seiteneinstei­gerinnen und
Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung
Seiteneinsteiger sind bereits zum Schuljahresbeginn aus Intensivklassen in die
Regelklassen der allgemeinbildenden
Schulen gewechselt, weitere werden
gestellt, um die vor uns liegende Inte­
Prof. Dr.
R. Alexander Lorz
zum Halbjahreswechsel dazukommen.
Hessischer
Kultusminister
Nachdem zunächst eine fundierte
zeitig den schulischen Zusammenhalt
langfristig zu stärken. Bei dieser Gelegenheit danke ich dem im Juli 2016 eingerichteten Praxisbeirat zur Flüchtlingsbeschu-
Inten­sivsprachförderung der jungen
Flüchtlinge die primäre Zielsetzung
grationsaufgabe zu meistern und gleich-
lung, einem Gremium aus Schulleitungen,
Schulaufsichtsbeamten sowie Vertretungen
gewesen ist, rückt nun – neben der Fortführung des
von Schulträgern, Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und
dieser Kinder und Jugendlichen in die Klassen- und
„Schulischen Integrationsplans“ gegeben hat. Dieser Plan
Erlernens der Bildungssprache – ergänzend die Inte­gration
Schulgemeinschaft in den Vordergrund. Schülerinnen
und Schüler unterschiedlicher Herkunft in unsere Schulen
zu integrieren, ist in Hessen nichts Neues. Allerdings
erfordert die hohe Anzahl der jungen Menschen, die
Schülern, der maßgebliche Impulse zur Entwicklung des
wird stetig weiterentwickelt und im Jahr 2017 noch besser
auf die besonderen Bedürfnisse dieser Herausforderung,
vor allem im Bereich der beruflichen Schulen, zugeschnitten.
Der „Schulische Integrationsplan“ fußt auf drei Säulen:
■
einer gezielteren Steuerung und Verteilung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger,
■
einem umfangreichen Fortbildungs- und Beratungsprogramm.
■
einer Verbesserung der Ressourcenausstattung der Schulen und
Auf den folgenden Seiten stelle ich Ihnen diese drei Säulen näher vor.
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1. Steuerung und Verteilung der Seiteneinsteigerinnen
und Seiteneinsteiger
Ausreichende Deutschkenntnisse
Gewährleistung einer gleichmäßigen
Der Wechsel von Seiteneinsteigerinnen und
Ergänzend unterstützen die Staatlichen Schul-
eine Regelklasse hängt ausschließlich von deren
Verteilkonferenzen ein, damit eine gleichmäßige
sind Voraussetzung
Seiteneinsteigern aus einer Intensivklasse in
sprachlichen Fähigkeiten ab. Im Rahmen des
bestehenden und bewährten schulischen Gesamtsprachförderkonzepts ist vorgesehen, dass nach
einem Jahr Intensivklasse ein vollständiger Wechsel
in die Regelklasse nur dann möglich ist, wenn die
Deutschkenntnisse ausreichen, um dem Unterricht
Verteilung
ämter die Schulleitungen und richten bei Bedarf
Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die
Schulen der Region erfolgt. Damit stellen wir
sicher, dass die einzelnen Klassengemeinschaften
mit der Integrationsaufgabe nicht überfordert
werden.
in allen Fächern folgen zu können. Trifft dies
nicht zu, werden die Seiteneinsteigerinnen und
Seiteneinsteiger zunächst weiter in den Intensivklassen beschult.
2.Zusätzliche Stellen
Die Herausforderung der Integration, die den
Schaffung eines Integrationsindex
mit zusätzlichem Personal zu leisten. Aus diesem
Integration ist eine Gemeinschaftsleistung der
schieden, im Etat des Kultusministeriums 1.100
stellt der „Schulische Integrationsplan“ erstmals
Schulen Hessens unmittelbar bevorsteht, ist nur
Grund hat die Hessische Landesregierung ent-
zusätzliche Stellen für das Jahr 2017 zu schaffen.
Stellen für die Deutschförderung
Im Rahmen der zusätzlichen Stellen ist ein
Ausbau des bewährten Angebots von Deutsch-
gesamten Klassen- und Schulgemeinde. Daher
Stellen aus einem zusätzlichen Integrations-
index zur Verfügung, der als weitere Säule des
bewährten Sozialindex allen Schulen zugute-
kommt, die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in Regelklassen aufnehmen.
förderkursen in den Regelklassen vorgesehen.
Die Höhe der jeweiligen Zuweisung für eine
wurden in diesem Bereich 50 Stellen zur Verfü-
einsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die neu
Bereits zu Beginn des Schuljahres 2016/17
gung gestellt. Zum zweiten Halbjahr 2016/17
kommen weitere 60 Stellen hinzu. Diese Stellen
sollen auch dem Bereich der beruflichen Schulen
zugutekommen.
Schule richtet sich nach der Anzahl der Seiten­
in eine Regelklasse kommen, und wird im ersten
Jahr der Klassenzugehörigkeit zugewiesen.
Insgesamt stehen bis zum Ende der Legislatur­
periode 200 Stellen garantiert für diese zusätzliche
integrationsfördernde Zuweisung im Rahmen des
Sozialindex zur Verfügung.
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Der neue Integrationsindex berücksichtigt
den Wechsel aus Intensivklassen – um mehr als
einsteiger, die seit Beginn dieses Schuljahres
Klasse durchschnittlich überschritten wird. Dabei
außerdem Seiteneinsteigerinnen und Seiten-
erstmals in sogenannten Intensivkursen unterrichtet werden. Intensivkurse werden in der
Regel dort eingerichtet, wo die Anzahl der
Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger
nicht zur Bildung einer Intensivklasse ausreicht.
Im Unterschied zu den Intensivklassen sind die
teilnehmenden Schülerinnen und Schüler dabei
von Beginn an einer Regelklasse zugeteilt, an
deren Unterricht sie grundsätzlich teilnehmen.
Zur Deutschintensivsprachförderung werden sie
aber in Kleingruppen aus dem Regelunterricht
herausgenommen.
Außerordentliche Mehrklassenzuweisung
zum Schulhalbjahr
eine Schülerin beziehungsweise einen Schüler pro
werden auch Zuzüge berücksichtigt. Einzige
Voraussetzung ist, dass zunächst alle Klassen im
Jahrgang gleichmäßig aufgefüllt wurden. Ihre
Schule kann selbstständig darüber entscheiden,
wie die Zuweisung verwendet wird. Insbesondere
zieht das nicht zwangsläufig eine Klassenteilung
nach sich. Damit geben wir Ihnen ein flexibles
Instrument an die Hand, um auf die individuellen
Gegebenheiten an Ihrer Schule reagieren zu
können. Neben der Bildung einer zusätzlichen
Klasse sind verschiedene Angebote denkbar:
zusätzliche Förderkurse in Kernfächern, die Schaffung von Angeboten im Bereich der politischen
Bildung und Wertevermittlung bis hin zur Doppelsteckung.
Neben den beiden zuvor genannten Maßnahmen
Mir ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu
2. Schulhalbjahr 2016/17 eine Zuweisung für eine
weisung alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse
erhalten alle Schulen außerdem erstmals zum
außerordentliche Mehrklassenbildung, wenn die
maximale Klassengröße – unter anderem durch
betonen, dass von dieser zusätzlichen Stundenzu-
profitieren, nicht nur die Seiteneinsteigerinnen und
Seiteneinsteiger.
3.Fortbildungs- und Beratungsprogramm
Qualifikation und Beratung der Lehrkräfte
zur Integration
Als dritte große Säule sieht der „Schulische Integrationsplan“ ein umfangreiches Fortbildungsund Beratungsprogramm vor.
In intensiver Zusammenarbeit und Abstimmung mit
Darüber hinaus wurden die personellen Kapazi­
täten der Aufnahme- und Beratungszentren (ABZ)
sowie der Schulpsychologie unter Berücksichtigung
der besonderen Herausforderung der Integration
bereits in diesem Jahr verstärkt.
Aufnahme- und Beratungszentren
den Staatlichen Schulämtern hat die Hessische
In allen 15 Staatlichen Schulamtsbezirken sind ABZ
und Beratungsprogramm entwickelt, das allen an
eingerichtet, die über die Zentralen der einzelnen
Lehrkräfteakademie ein differenziertes Fortbildungsschulischen Integrations­prozessen Beteiligten
Qualifizierungsangebote ermöglicht.
Weiterführende Informationen zur Neuausrichtung der Fortbildung und Beratung folgen
in der Januarausgabe von „Schule aktuell“.
Ergänzend werden regelmäßige Austausch- und
Netzwerktreffen für alle in der Schule Tätigen auf
regionaler Schulamtsebene eingerichtet und umfangreiche Fortbildungen für den sogenannten
sprachsensiblen Unterricht für Lehrkräfte in Regelklassen angeboten.
für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger
Schulämter zu erreichen sind. Die ABZ stehen
zum einen den schulpflichtigen und berufsschulberechtigten Neuankömmlingen sowie deren
Familien beratend zur Seite, unterstützen zum
anderen aber auch die aufnehmenden Schulen.
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Schulpsychologie
Weitere Unterstützungssysteme /
Auf Anfrage stehen Ihrer Schule die Schulpsycho-
Inhaltliche Trennung von Inklusion und Integration
loginnen und Schulpsychologen der Staatlichen
Sonderpädagogische Förderung /
Schulämter beratend zur Seite. Dabei spielt
Auch unter den Schülerinnen und Schülern nicht-
kräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern
Jugendliche, die einer sonderpädagogischen
sowohl die psychologische Beratung von Lehrals auch der präventive und systembezogene
Einsatz eine wichtige Rolle.
Um eine professionelle migrationssensible
Beratung und gegebenenfalls auch eine TraumaBeratung für Schülerinnen und Schüler mit
Fluchterfahrung anbieten zu können, wurde ein
landesweiter schulpsychologischer Schwerpunkt
für Migration und Flüchtlingsberatung eingerichtet. Hierzu sind die schulpsycholo­gischen Teams
personell verstärkt und durch zusätzliche Quali­
fizierungen geschult worden, sodass in jedem
Staatlichen Schulamt eine Ansprechperson für
das Themenfeld der Migration und Flüchtlingsberatung zur Verfügung steht.
Erster Adressat für Ihre Schule bei Einzelanfragen
bleibt aber weiterhin der für Sie zuständige
Schulpsychologe beziehungsweise die zuständige
Schulpsychologin. Bei Bedarf wird die Ansprechperson für Migration und Flüchtlingsberatung
hinzugezogen. Darüber hinaus kann im Bedarfsfall
die schulpsychologische Beratung von einer Dolmetscherin oder einem Dolmetscher unterstützt
werden. Für die Zukunft ist ein weiterer Ausbau
der Schulpsychologie geplant.
Förderkonzept
Unterstützungsmaßnahmen
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deutscher Herkunftssprache gibt es Kinder und
Förderung bedürfen. Im Gegensatz zur Integration,
die primär durch die Sprachförderung erfolgt, zielt
die Inklusion auf Schülerinnen und Schüler mit
umfassenden Beeinträchtigungen des Lernens,
des Verhaltens, der Sprachentwicklung, des Sehens,
des Hörens, der Motorik und der Kognition an allgemeinen Schulen. Sonderpädagogische Unterstützung erfolgt daher bei nachgewiesenem
mangelndem Lernzuwachs (einschließlich des
Sozialen Lernens) und nicht nur aufgrund unzu­
reichender Schulleistungen oder unangepassten
Verhaltens. Mangelnder Lernzuwachs bedeutet an
dieser Stelle, dass die Schülerin oder der Schüler
keinen Lernzuwachs verzeichnet, obwohl sie oder
er ein Bildungsangebot erhält. Die sonderpädagogische Beratung durch regionale und überregionale
Beratungs- und Förderzentren steht auch Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern zur Verfügung.
Die Einberufung eines Förderausschusses erfolgt
jedoch frühestens nach einem Jahr Schulerfahrung
und einer schulpsychologischen Begutachtung.
Nur dadurch ist gewährleistet, dass sonderpädago-
gische Förderung nicht in Fällen tätig wird, in denen
die Sprachförderung, die medizinisch-therapeutische
oder die psychologische beziehungsweise psychiatrische Behandlung vorrangig sind.
Allgemeine Schule
Trauma- / Krisen-Bewältigung
Hilfen zur Erziehung
Inklusion / Sonderpädagogische
Unterstützungsangebote
Psychiatrische Angebote
Stationäre Angebote
Stufen der Unterstützungsmaßnahmen für
Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger
Psychologie
Jugendhilfe, Schulsozialarbeit
Beratungs- und Förderzentrum
Klinik, Schule für Kranke
Heim, Internat, Förderschule
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Erforderliche Maßnahmen zur Integration im
Kontext des Fremdsprachenangebots in den
weiterführenden Schulen
Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ver-
fügen über sehr unterschiedliche Voraussetzungen,
was ihre Fremdsprachenkenntnisse betrifft. Mit
den Möglichkeiten, die die Verordnung zur Ge-
staltung des Schulverhältnisses (VOGSV) bietet,
kann angemessen auf diese Situation reagiert
werden. So werden die Schülerinnen und Schüler
darin unterstützt, den für sie bestmöglichen Bil-
dungsabschluss zu erreichen. Die VOGSV (§ 54)
sieht dabei Folgendes vor:
■In
den Jahrgangsstufen 5 bis 7 sollen im Rahmen
der personellen und organisatorischen Möglichkeiten der Schule Fördermaßnahmen zum
Erlernen der ersten Fremdsprache eingerichtet
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■Ab
der Jahrgangsstufe 8 können Schülerinnen
und Schüler, die weder über die erforderlichen
Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und
Schrift noch über Fremdsprachenkenntnisse im
Sinne des schulischen Regelangebots verfügen,
da sie keine deutsche Schule besucht haben,
einen Antrag auf Wechsel der Sprachenfolge
stellen. Die Sprache des Herkunftslandes kann
dabei als erste oder zweite Sprache gewählt
werden.
■Das
Kultusministerium hat daher für Sie ein
Merkblatt und eine Übersicht erstellt, die die
derzeitigen Möglichkeiten des Wechsels der
Sprachenfolge aufzeigen. Darüber hinaus
stellen wir Ihnen ein Formblatt für den Antrag
zur Verfügung, das auch auf unseren Internetseiten eingestellt ist.
werden.
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch wenn noch einige Herausforderungen vor uns liegen, bin ich davon überzeugt, dass sich der
gemeinsam eingeschlagene Weg für unsere Schulen und darüber hinaus für unsere Gesellschaft als
der richtige erweisen wird.
Ich möchte abschließend diese Gelegenheit nutzen und mich sehr herzlich für Ihre hervorragende
Arbeit im letzten Jahr bedanken. Hinter Ihnen liegt eine sehr ereignisreiche Zeit. Ich wünsche Ihnen
daher von Herzen frohe und gesegnete Feiertage im Kreise Ihrer Familie und Freunde sowie ein
gesundes, glück­liches und erfolgreiches Jahr 2017.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr
Prof. Dr. R. Alexander Lorz
Auf den Internetseiten des Hessischen Kultusministeriums finden Sie als Download
■den
Erklärfilm „Das hessische Schulsystem“ in deutscher Sprache mit arabischen, englischen und französischen Untertiteln,
Broschüre „Erfolgreich Deutsch lernen – Förderkonzept für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Hessen“
in deutscher, englischer und französischer Sprache,
■die Broschüre „Erfolgreich Deutsch lernen – Intensivklassen und Sprachförderkurse für Flüchtlinge ab 18 Jahren“,
■die Broschüre „Ehrenamtliches Engagement an Schulen – Geflüchtete Kinder und Jugendliche unterstützen, fördern und
integrieren“.
■die
Außerdem kann die von der Unfallkasse Hessen veröffentlichte Broschüre „Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge
in Schulen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen“ bei der UHK Hessen von Schulen bestellt werden.
Hessisches Kultusministerium
Eva Collin · Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit · Luisenplatz 10 · 65185 Wiesbaden
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www.kultusministerium.hessen.de