BRIEFE Das Leser-Forum CDU: LANDARZTQUOTE Die CDU will eine Landarztquote für Medizinstudenten fordern (DÄ 47/2016: „CDU will Landarztquote für Nachwuchsärzte“). Ungeheuerlich Die CDU möchte also eine Landarztquote für Medizinstudenten einführen. Mit der Verpflichtung nach der abgeschlossenen Ausbildung in einer „unterversorgten ländlichen Gegend“ zu praktizieren. Was sich diese Partei in letzter Zeit leistet ist ungeheuerlich. Ich kann mir kaum vorstellen, dass so etwas in unserem Rechtsstaat zulässig ist. Dr. med. Anton Maurberger, 84030 Ergolding NOTFALLVERSORGUNG Die Zahl der stationär behandelten Notfallpatienten steigt. Viele von ihnen müssten aber nicht im Krankenhaus behandelt werden (DÄ 48/2016: „Ambulant oder stationär?“ von Falk Osterloh). Gesamtsystemisch denken In einer vorabendlichen Dokumentationsreihe eines privaten Fernsehsenders wird ein doch sehr eigenes Bild der Notfallversorgung in Deutschland gezeichnet. Wir sehen, dass Menschen mit Kopfschmerzen primär in die Notaufnahme kommen, dass Hausärzte Patienten „mal zum Abklären“ mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme schicken oder Betrunkene, welche offensichtlich „stand- und gangsicher“ sind, in Handschellen in die Notaufnahme gebracht werden. Eine kritische Würdigung dieser Tatsachen fehlt völlig. Leider wird auch die elektive Medizin (z. B. geplante Operationen) mit der Notfallmedizin vermischt bzw. gleichgesetzt. Der (vielleicht notwendigen) Dramaturgie geschuldet werden Überspitzungen und medizinische Halbwahrheiten transportiert. Das für mich Spannendste ist aber, dass die Patienten immer auf ausgeruhte, völlig entspannte und ungestresste Kollegen treffen und immer sofort „drankommen“. – Das genaue Gegenteil ist doch überwiegende Realität – Überfüllung, lange Wartezeiten, gestresstes Personal ohne Zeit, A 2378 Unzufriedenheit usw. sind das Alltagsgeschäft. Politik und ärztliche Interessenvertreter reagieren auf ihre Art auf dieses gesamtgesellschaftliche Problem. Der Gesetzgeber versucht umzuverteilen. Die Lobbyisten der „ambulanten Notfallversorgung“ diskutieren mit denen der „stationären Notfallversorgung“ darüber, ob das Defizit durch die ambulante Behandlung in den Notaufnahmen nun bei „nur“ 0,2 bis 0,4 Milliarden Euro oder doch bei einer Milliarde liegt. Die „ambulanten Vertreter“ sind hier besonders aktiv und fordern auch, dass die „ambulant-sensitiven Krankenhausfälle“ mit einem angeblichen Finanzvolumen von fünf Milliarden Euro wieder in den ambulanten Bereich zurückgeführt werden. Aus ökonomischer Sicht sicherlich nachvollziehbar, dann bzw. vorher müsste diese ambulante Versorgung rund um die Uhr in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Die Forderung, dass es Vergütung nur für erbrachte Leistungen geben solle, wird als wirtschaftlich sinnvoll dargestellt. Dann muss aber diese Vergütung auch die sogenannten „Leerkapazitäten“ abbilden. Denn das Vorhalten dieser Kapazitäten wird politisch und gesamtgesellschaftlich gewünscht bzw. gefordert. Aus Sicht der einzelnen Sektoren hat immer der andere Schuld weil er „Geld wegnimmt“. Da diese Ebene der Diskussion seit Jahren auch in anderen Bereichen nichts verändert, muss es dann doch an den „nicht gesteuerten“ (vielleicht weil nicht steuerbaren) Patienten liegen. Auch hier hilft das Fernsehen weiter: In einer sehr erfolgreichen abendlichen Quizshow wussten weder der „breitgebildete“ Kandidat, der sonst vieles wissende Moderator noch das Studiopublikum, wer denn wohl unter der „116 117“ zu erreichen ist. Hier will man besser werden. Sollte sich ein Patient trotz dieser „Maßnahme“ in ein Krankenhaus „verirren“, soll ein Arzt (niedergelassener oder Krankenhausarzt) entscheiden, ob er hier „richtig“ ist. Wer diese Leistung letztendlich erbringen soll, also welcher Sektor letztlich dafür bezahlt, wird nicht verraten. Interessanterweise entscheidet bereits jetzt der Krankenhausarzt in der Notaufnahme, ob ein Patient stationär aufgenommen wird oder nicht, ggf. muss er dann auch das gerade nicht verfügbare „vertragsärztliche Po- tenzial“ ersetzen. Da dieser Entscheider 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen muss, entstehen die o. g. Leerkosten. Echte Lösungen? Nicht in Sicht, mir fehlt in dieser Situation das sektorenübergreifende „gesamtsystemische“ Denken – welches ich natürlich auch nicht für mich reklamieren kann. Tobias Steiniger, 31135 Hildesheim FLÜCHTLINGSDISKUSSION Zum Editorial „Brandgefährlich“ von Michael Schmedt in DÄ 40/2016: Armutszeugnis Dass der syrische Bürgerkrieg entsetzliches Leid verursacht ist unstrittig. Dass wir einen humanitären Beitrag dazu leisten müssen ist selbstverständlich. Es ist aber auch angebracht über mögliche Kosten gerade in den Sozialversicherungssystemen zu reden. Wenn man beispielsweise bedenkt, dass jeder Kriegsflüchtling deutlich schlimmeres Leid erfahren musste als die meisten Patienten in unseren psychosomatischen Kliniken, muss man im psychotherapeutischen Bereich in den nächsten Jahren von einer Kostenexplosion ausgehen. Dass lediglich die AFD darauf hinweist ist kein Rechtspopulismus sondern ein Armutszeugnis für unsere etablierten Parteien, die das Wohl des eigenen Volkes zunehmend aus den Augen verlieren. Dr. med. Götz Jörger, 78166 Donaueschingen KORRUPTION Für welche Kooperation zwischen Ärzten und Krankenhäusern könnte sich die Staatsanwaltschaft künftig interessieren? Ein Symposium der Bundesärztekammer zeigte, welche Aufgaben alle Vertragsparteien in den kommenden Monaten erledigen sollten (DÄ 47/2016: „Toxische Altverträge in Archiven“ von Rebecca Beerheide). Kooperation erwünscht Ich .... möchte darauf hinweisen, dass die sog. „Kooperationsverträge“ vom Gesetzgeber erwünscht sind(!) und diesbezüglich auch (wenn auch zögerlich) An- Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016 BRIEFE passungen in der Ärzte-ZV, im Berufsrecht, als auch im SGB V sukzessive erfolgt sind. Dennoch bleibt der § 73 Ärzte-ZV eine zentrale Schwierigkeit bei der juristischen Ausgestaltung der einzelnen Verträge und es bedarf hier anwaltlicher Hilfe, um eine juristisch nachvollziehbare Situation für die Kooperationen zu schaffen! Indiskuta- bel ist hierbei jedoch die Frage der angemessenen Vergütung, die selten klar und deutlich in der Gebührenordnung unseres freien Berufes qua Gesetz eindeutig geregelt ist. § 1 der GOÄ bestimmt demnach: „das soweit durch Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die GOÄ zwingend zur Anwendung kommen muss“. Das heißt, dass alle ärztlichen Leistungen, die in einer Kooperation erbracht werden, per GOÄ abgerechnet werden müssen. Dabei gilt es zu beachten, dass die GOÄ seit 1982 nicht novelliert wurde und der BGH deshalb die Anwendung der GOÄ klar und deutlich präzisiert hat: „Es stellt keinen Fehlgebrauch des Ermessens dar, wenn der Arzt persönlich-ärztliche und medizinisch-technische Leistungen durchschnittlicher Schwierigkeit mit dem jeweiligen Höchstsatz der Regelspanne, also dem 2,3-fachen bzw. dem 1,8-fachen des Gebührensatzes abrechnet“ (BGH Urteil vom 8. November 2007). Somit müssen die beteiligten Krankenhäuser und Ärzte ihre Gebühren zwischen dem 2,3-fachen und 3,5-fachen Satz der GOÄ für ärztliche Leistungen vereinbaren, die damit eine angemessene Vergütung darstellen! Besonders zu beachten ist dabei § 12 der MBOÄ, in dem es eine Berufsrechtsverletzung darstellt, wenn man sich bei der Vereinbarung seines ärztlichen Honorares wettbewerbswidrig verhält und seine Leistungen unter Preis andient! Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser kann dabei, wie auch die wirtschaftlichen Situation der einzelnen Arztpraxis, nicht maßgeblich sein, schon gar nicht kann ein virtueller Vergütungskorridor erstellt werden oder die ärztliche Leistung prozentual vergütet werden! ... Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016 Dr. med. Klaus Werkmann, 63654 Büdingen A 2379
© Copyright 2024 ExpyDoc