rechtsreport - Deutsches Ärzteblatt

AKTUELL
KINDERUNTERSUCHUNG
Foto: dpa
Pulsoxymetrie-Screening für Neugeborene
Bei etwa drei von
10 000 Babys liegt
ein kritischer angeborener Herzfehler
vor, der beim Vorsorgeultraschall
und bei Routineuntersuchungen nach
der Geburt zunächst
nicht erkennbar ist.
Kritische angeborene Herzfehler
bei Neugeborenen sollen künftig
besser entdeckt und damit frühzeitiger behandelt werden können. Mit
einem entsprechenden Beschluss
ergänzte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Kinderuntersuchungen U1/U2 um die Pulsoxymetrie. Mit dieser Methode können bestimmte Herzfehler erkannt
werden, die bei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaftsvorsorge oder nach der Geburt bislang nicht entdeckt werden
konnten. Diese sogenannten kritischen angeborenen Herzfehler sind
Fehlbildungen am Herzen und sei-
nen Gefäßen. Diese können den
Blutkreislauf so stark behindern,
dass das Kind ohne Behandlung
kaum eine Überlebenschance hat.
Durch das Screening soll ein unverzüglicher Behandlungsbeginn ermöglicht werden. „Mit dem Pulsoxymetrie-Screening können wir
bei der Untersuchung von Neugeborenen eine diagnostische Lücke
schließen“, erklärte Harald Deisler,
unparteiisches Mitglied im G-BA.
Die Patientenvertretung zeigt sich
erfreut über den Beschluss. Mit der
Pulsoxymetrie werde ein Verfahren
zur Routine, das jedes Jahr viele
Kinderleben retten könne, sagte
Hermine Nock, Patientenvertreterin
im G-BA und Geschäftsführerin des
Bundesverbands Herzkranke Kinder. Das sei „ein riesiger Fortschritt“.
EB/may
ARZNEIMITTEL
Ausgaben sind bisher um vier Prozent gestiegen
Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) sind von Januar bis September 2016 bundesweit um 4,2 Prozent
gestiegen. Das berichtet der Statistikdienstleister QuintilesIMS. Der
Anstieg ist laut IMS im Wesentlichen
auf gestiegene Verordnungen von
Biologika zurückzuführen. Diese
wurden vor allem von Fachärzten für
die Krebstherapie verschrieben. Dort
erhöhten sich bei manchen umsatz-
starken Arzneigruppen die Ausgaben
im niedrigen zweistelligen Bereich.
Dem stehen laut IMS Rückgänge in
anderen Bereichen gegenüber, etwa
bei antiviralen Mitteln ohne HIVArzneien oder bei den Arzneimitteln
gegen Hepatitis C. Hier betrug der
Rückgang 37 Prozent. Einsparungen
durch gesetzgeberische Maßnahmen
belaufen sich laut IMS auf rund zwei
Milliarden Euro, Rabattverträge
nicht berücksichtigt.
hil
RECHTSREPORT
Pauschaler Honorarvorschuss kann gegen die GOÄ verstoßen
Grundlage für die angemessene Honorarberechnung von Ärzten ist die amtliche Gebührenordnung (GOÄ), soweit nicht andere gesetzliche Vergütungsregelungen gelten. Das hat
das Landesberufsgericht für Heilberufe beim
Oberverwaltungsgericht (OVG) NordrheinWestfalen (NRW) entschieden. Im vorliegenden
Fall hatte ein plastischer Chirurg eine operative
Brustvergrößerung davon abhängig gemacht,
dass die Patientin vorab die gesamte Rechnung in Höhe von 7 260 Euro beglich. Diese
erfüllte die Forderung, beschwerte sich nach
der Operation aber bei der Ärztekammer. Die
Kammer rügte das Vorauszahlungsverlangen
sowie formale Mängel der Rechnungsstellung
und verhängte ein Ordnungsgeld von 5 500
Euro, eine Entscheidung, die das Berufsgericht
für Heilberufe bestätigte. Die Beschwerde des
Chirurgen dagegen vor dem Landesberufsge-
A 2184
richt für Heilberufe blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht der Gerichte verletzte der Arzt seine Berufspflichten vorsätzlich und schuldhaft. Nach
§ 29 Abs. 1 Heilberufsgesetz NRW und § 2
Abs. 2 Satz 1 Berufsordnung haben Ärztinnen
und Ärzte ihren Beruf gewissenhaft auszuüben
und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen.
Nach § 12 Abs. 1 Berufsordnung muss eine
Honorarforderung angemessen im Sinne der
GOÄ sein. Eine Abrechnungspraxis, die die Vorschriften der GOÄ vorsätzlich nicht beachte
oder rechtlich nicht vertretbar sei, stelle einen
ahndungswürdigen Verstoß gegen die Berufspflichten dar, so die Gerichte.
Umstritten ist, ob schon das reine Vorschussverlangen des Chirurgen einen solchen
Verstoß begründet. Das Meinungsspektrum
reicht hier von der Einschätzung, jeder Vor-
schuss sei unzulässig über die auch von der
Ärztekammer vertretene Ansicht, es komme
auf die besonderen Umstände, wie zum Beispiel Zweifel an der Zahlungsfähigkeit oder
-willigkeit des Patienten, an, bis zu der Auffassung, ein Arzt dürfe von Privatpatienten jederzeit einen Vorschuss verlangen. Im vorliegenden Fall kam es darauf letztlich nicht an. Denn
der Arzt verstieß dem Gericht zufolge mit seiner pauschalen Rechnungslegung gegen die
GOÄ. Nach § 12 Abs. 2 GOÄ müssen die ärztlichen Leistungen Gebührenordnungspositionen
zugeordnet werden, dazu müssen Preis und
Steigerungssatz aufgeführt werden. Ansonsten
könne die GOÄ ihre Funktion der Kostentransparenz nicht erfüllen.
Landesberufsgericht für Heilberufe beim
OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2015
– 6 t E 441/13.T
RAin Barbara Berner
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 48 | 2. Dezember 2016