Portfolio-Allokation: Wie viel klassische Theorie gilt

Asset-Allokation & Korrelation
Portfolio-Allokation: Wie viel klassische Theorie
gilt heute noch?
Risiken über die Streuung auf unterschiedliche Wertpapiere und Anlageklassen zu
begrenzen ist wesentliches Ziel jeder Asset-Allokation. Einfach-Modelle zur
Diversifikation haben jedoch vielfach ausgedient
Der Grundgedanke ist noch immer der gleiche: Nicht alle Eier in einen Korb legen – wie die
immerhin fast 65 Jahre alte Moderne Portfoliotheorie von Nobelpreisträger Harry Markowitz bis
heute in die Alltagssprache übersetzt wird. Demnach sollten Anleger ihr Kapital breit über
unterschiedliche Einzelwerte und Anlageklassen streuen, um die Risiken zu begrenzen.
Gerät eine Anlageklasse in Turbulenzen– so die Idee – kann eine andere für eine gewisse Stabilität
im Portfolio sorgen. Idealerweise entwickelt sie sich sogar positiv, sodass die Verluste in der einen
Anlageklasse je nach Vermögensaufteilung teilweise oder sogar vollständig durch Gewinne in einer
anderen kompensiert werden.
Über etliche Jahre ließ sich dieser Zusammenhang beim Vergleich von Aktien- und Rentenmarkt
beobachten: Stieg der eine, fiel der andere. Das Verhältnis der Entwicklungen wird dabei von der
Korrelation gemessen, vom völligen Gleichlauf (Wert: +1) über eine vollständig unabhängige
Entwicklung (Wert: 0) bis zum exakten Gegenlauf (Wert: -1).
Wünschenswert für Diversifikationseffekte sind dabei naturgemäß Werte zwischen 0 und -1:
Entwickeln sich einzelne Wertpapiere oder Anlageklassen unabhängig oder gegenläufig, senkt dies
das Gesamtrisiko eines entsprechenden Portfolios.
Unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Eigenschaften – Aktien als chancen- aber auch
risikobehafteter Renditemotor, Staatsanleihen als Antagonist und Stabilitätsankermit deutlich
geringeren Wertschwankungen –, ließ sich aufgrund der negativen Korrelation lange Zeit relativ
zuverlässig ein an den jeweiligen Anlegerbedürfnissen orientiertes gemischtes Portfolio aus Aktien,
Anleihen und Geldmarktinstrumenten zusammenstellen. Das ist das Konzept klassischer
Mischfonds, das vielfach zudem eine Diversifikation innerhalb der Assetklassen über Regionen und
Segmente umfasst.
In zunehmendem Maß werden unter dem vergleichsweise neuen Namen Multi Asset zudem weitere
Anlageklassen wie etwa Rohstoffe und Immobilien berücksichtigt. Je nach Ansatz sehen die Fonds
dabei fixe Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen mit regelmäßigem Rebalancing oder aber
eine flexible Vermögensaufteilung je nach Marktlage vor.
Investieren auf neuer Basis
Unabhängig von der konkreten Strategie für die Vermögensaufteilung stößt ein solch traditioneller
Ansatz indessen zusehends an seine Grenzen.
„Anlageklassen sind heute weniger denn je eine einfache und verlässliche Basis für die
Diversifikation von Anlagerisiken“, erklärt David Millar, Leiter des Multi-Asset-Teams bei Invesco:
„Die traditionelle Welt relativ eindeutiger Korrelationen zwischen den Anlageklassen existiert so
nicht mehr.“
Daher bedarf auch zumindest die geläufige Interpretation der Modernen Portfoliotheorie selbst einer
Modernisierung. Schließlich zeigen etliche Anlageklassen seit einem Jahrzehnt vermehrt positive
und immer seltener zuverlässig vorhersagbare Korrelationen.
Korrelation: Basis der Diversifikation
Schematische Darstellung: Verhielten sich zwei Anlagen A und B gegenläufig (Korrelation -1),
könnten sich deren Wertschwankungen ausgleichen – das wäre optimal.
Quelle: Invesco
Eine immer engere Verflechtung der globalen Finanzmärkte, die weltweit spürbaren
wirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise und die entsprechenden Reaktionen aller wichtigen
Notenbanken sowie die zunehmende Digitalisierung und verfeinerte Risikomanagementsysteme
institutioneller Investorensind die wesentlichen Ursachen für einen zunehmenden Gleichlauf etlicher
Anlageklassen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich mit klassischen Staatsanleihen dank der
Notenbankpolitik heute in der Regel keine Erträge mehr erwirtschaften lassen, sodass ihr einstiger
Status als sicherer Hafen zumindest teilweise infrage gestellt ist.
Die vergleichsweise hohen Preise für beinahe alle Anlageklassen haben darüber hinaus eine erhöhte
Volatilität zur Folge.
Gesamtrisiken im Blick
Wie kann man also ein Portfolio so diversifizieren, dass sich die Schwankungen der darin
befindlichen Anlagen wenigstens zum Teil ausgleichen und damit das Gesamtrisiko begrenzt wird?
Antwort: Man braucht eine Alternative zur traditionellen Diversifikation nach Anlageklassen.
Ein sinnvoller neuer Ansatz besteht darin, Portfolios unabhängig von Anlageklassen auf
übergeordneten Anlageideen aufzubauen. „Echte Diversifikation erreicht man nur noch, indem man
sich von der Beschränkung durch Anlageklassen völlig befreit“, erläutert Millar.
Das Ziel ist, attraktive Renditetreiber völlig losgelöst von ihrer Anlageklasse oder –region zu
identifizieren. Erst in einem zweiten Schritt geht es darum, geeignete Vehikel zu identifizieren, mit
denen sich von diesen Ideen profitieren lässt.
Ideen statt Assetklassen
Themenfelder, aus denen derartige Ideen stammen, können beispielsweise die Entwicklung von
Währungspaaren, spezielle Sektortrends, divergierende Zinserwartungen oder Volatilitätstrends
sein. Eine Multi-Asset-Strategie, die auf diesem Ansatz basiert, sollte zunächst jede Idee zulassen.
Denn erst der unvoreingenommene Blick auf unterschiedlichste Ideen ermöglicht die angestrebte
breite Diversifikation, die mit klassischen Allokationskonzepten nicht mehr zu erreichen ist. Auf die
Erarbeitung von Ideen folgt die detaillierte Analyse der Vorzüge und Risiken sowie die Prüfung,
mittels welcher Anlageinstrumente sie sich umsetzen lassen.
Entscheidend ist dabei, den identifizierten Renditebringer möglichst pur ins Portfolio zu nehmen,
ihn also von anderen Effekten abzulösen, die ein Investment mit sich bringen kann. Hierin liegt ein
wesentlicher Unterschied zur klassischen Herangehensweise.
Differenzen nutzen
So lässt sich beispielsweise die Idee abbilden, dass sich Aktienmarkt A künftig besser entwickeln
wird als Aktienmarkt B, ohne sich dabei dem Marktrisiko von Markt A auszusetzen: Statt eines
Investments in Markt A, wie es der klassische Ansatz vorsieht, isoliert der Anlageideen-Ansatz nur
die Differenz der Wertentwicklungen der beiden genutzten Märkte.
Solange die Idee funktioniert, Markt B also besser läuft als Markt A, erwirtschaftet ein solcher
Ansatz so unabhängig von der Gesamtrichtung beider Märkte immer einen Ertrag.
Ist eine ausreichende Zahl aussichtsreicher und umsetzbarer Ideen zusammengekommen, geht es
darum, die attraktivsten von ihnen so miteinander zu kombinieren, dass das Gesamtrisiko des
Portfolios gegenüber den Einzelrisiken deutlich sinkt.
Dafür müssen sowohl Risiko und Ertragspotenzial einer jeden Idee, als auch mögliche
Wechselwirkungen der entsprechenden Investments untereinander genau unter die Lupe genommen
werden.
Gezielt lassen sich dabei positiv mit dem Aktienmarkt korrelierte „Risk-on“-Ideen mit negativ
korrelierten „Risk-off“- und unkorrelierten marktneutralen Ideen kombinieren, aus denen dann ein
systematisch stark diversifiziertes und ausgewogenes Portfolio von negativ oder schwach
korrelierten Anlagen zusammengestellt wird. Dessen Gesamtrisiko soll maßgeblich unter der
Summe der Einzelrisiken der jeweiligen Ideen-Investments liegen. Dafür sollten die Einzelrisiken
möglichst gleich verteilt sein.
Das gelingt anders als bei einer klassischen Allokation nicht über den Anteil des investierten
Volumens, sondern über die Betrachtung des Risikobeitrags: Wenn jede Idee beispielsweise
denselben erwarteten Renditebeitrag liefert, lässt sich bei der erwähnten Aufteilung auf schwach
korrelierte Strategien das Renditeziel auch dann noch erreichen, wenn einige Ideen nicht aufgehen
(siehe Grafik unten).
Portfoliomanagement jenseits der klassischen Moderne
Die meisten Multi-Asset-Fonds versuchen, das Risiko über die Hinzunahme von weiteren
Assetklassen zu begrenzen. Bei zunehmender positiver Korrelation ist der Diversifikationseffekt
jedoch begrenzt. Zudem ergeben sich aus der klassischen Kapitalgewichtung vielfach
unausgewogene Risikobeiträge. Bei der Allokation nach Anlageideen sind die Risikobeiträge
dagegen weitgehend gleichgewichtet und sorgen so für echte Diversifikation
Quelle: Invesco
Dennoch sollten alle Ideen natürlich regelmäßig auf den Prüfstand kommen. Millar dazu:
„Mindestens einmal pro Quartal sollte überprüft werden, ob die Idee noch funktioniert oder ob sich
etwas in einem solchen Maß verändert hat, dass diese Idee möglicherweise nicht mehr im Portfolio
abgebildet werden sollte.“
Analyse und Neuordnung
„Neben veränderten Marktbedingungen können dabei auch Veränderungen der Korrelationen eine
teilweise Neuordnung des Portfolios erfordern“, sagt Millar. Schließlich zählt eine ausgewogene
Risikostruktur zum Kern des Investment-Ansatzes.
Konsequent umgesetzt, verspricht eine solche Multi-Asset-Strategie den Anlegern bei
überschaubarem Risiko Erträge, die weitestgehend unabhängig von der Entwicklung einzelner
Assetklassen sind – und damit ein Portfoliomanagement, das im besten Sinn modern ist.
Der Experte: David Millar ist Leiter
der Multi-Asset-Strategien bei Invesco
Fakten zu Invesco: Invesco ist eine der weltweit führenden unabhängigen
Investmentgesellschaften. Mit einem verwalteten Vermögen von knapp 800 Milliarden Dollar zählt
Invesco zu den globalen Top 20 der international tätigen Vermögensverwalter, der alle wichtigen
Aktien- und Rentenklassen abdeckt. Ein besonderer Fokus liegt auf quantitativen Strategien und
Multi-Asset-Produkten. Die langjährige Präsenz auf dem deutschen Markt im Bereich von
Publikums- und Spezialfonds stellt dabei sicher, dass den speziellen Bedürfnissen deutscher Anleger
Rechnung getragen wird.
Dieser Artikel erschien am 15.12.2016 unter folgendem Link:
http://www.dasinvestment.com/asset-allokation/korrelation-portfolio-allokation-wie-viel-klassische-theorie-gilt-heute-noch/
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