mmb Institut – Gesellschaft für Medien

Schlussbericht zur Trendstudie
Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Im Rahmen des Jubiläums
25 Jahre LEARNTEC – digitale Lernkultur im Wandel
Vorgelegt von
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
Folkwangstraße 1
D-45128 Essen
www.mmb-institut.de
Essen, im Dezember 2016
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Inhalt
Hintergrund der Studie .................................................................................................................... 3
Summary – Die wichtigsten Ergebnisse in 7 Thesen....................................................................... 3
1.
Herausforderungen für die Bildungssektoren ........................................................................... 4
2.
Digitalisierung des Lernstoffs ................................................................................................... 7
3.
Digitalisierung als Chance für bildungsferne Zielgruppen ......................................................... 9
4.
Technologische Trends in der digitalen Bildung ..................................................................... 10
5.
Didaktische Konzepte in der digitalen Bildung........................................................................ 11
6.
Zukunftsszenarien für die Digitalisierung des Lernens ........................................................... 13
7.
Umsatzprognosen für den Markt des digitalen Lernens ......................................................... 15
Über das mmb Institut ................................................................................................................... 16
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
2
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Hintergrund der Studie
Anlässlich ihres 25. Bestehens hat die LEARNTEC ausgewählte Bildungsexperten um einen Blick
in die Zukunft des digitalen Lernens im Jahr 2025 gebeten. Mit einer zweistufigen Delphi-Studie
werden wichtige Aspekte des digitalen Lehrens und Lernens in den Sektoren Schule, Ausbildung,
Hochschule und Weiterbildung beleuchtet. Insgesamt haben 68 Expertinnen und Experten aus allen Bildungssektoren sowie aus der Bildungspolitik die Fragen beantwortet, die ihnen das mmb
Institut, unterstützt von Prof. Peter Henning, im Auftrag der LEARNTEC vorgelegt hat.
In dem folgenden Bericht werden die Ergebnisse der beiden Delphi-Stufen zusammengefasst.
Summary – Die wichtigsten Ergebnisse in 7 Thesen
1. Die digitale Kompetenz der Lehrenden stellt in allen Bildungssektoren die größte Herausforderung für die umfassende Digitalisierung des Lernens dar. Die geringsten Probleme sehen
die Expertinnen und Experten auf Seiten der Lernenden. Deren digitale Kompetenz und technische Ausstattung stellt keine wichtige Hürde für das Digitale Lernen dar.
2. Die Sektoren Schule und Ausbildung werden auch im Jahr 2025 noch bei der Digitalisierung des Lernstoffs hinterherhinken. Von heute einem Fünftel wird der Anteil des digitalen
Lernstoffs auf knapp die Hälfte steigen. Den höchsten Digitalisierungsgrad prognostizieren die
Experten für Hochschule und Weiterbildung. Hier wird der Anteil des digitalen Lernstoffs von
derzeit einem Drittel binnen zehn Jahren auf knapp drei Viertel steigen.
3. Die Chance, durch die Digitalisierung der Lernmittel auch bildungsferne Zielgruppen künftig
besser zu erreichen, wird von den Befragten nicht sehr hoch eingeschätzt. Das gilt vor allem für die Sektoren Schule und Hochschule, während das „Teilhabe-Potenzial“ der digitalen
Medien in der Aus- und Weiterbildung etwas höher eingeschätzt wird.
4. Mobile Endgeräte (und Apps zum Lernen) sind der wichtigste technologische Trend, der
das digitale Lernen in den nächsten zehn Jahren prägen wird. Dafür sprechen aus Sicht der
Delphi-Teilnehmer in erster Linie die große Verbreitung in allen Bevölkerungsschichten sowie
die ubiquitäre Verfügbarkeit mobiler Endgeräte. Aber auch dem Einsatz von Learning Analytics
und anderer Methoden der Künstlichen Intelligenz messen die Experten eine wachsende Bedeutung für die digitale Bildung der Zukunft bei.
5. Soziales und kollaboratives Lernen gelten aus Sicht der Delphi-Teilnehmer als wichtigste
didaktische Innovation. Ein zentrales Argument für das kollaborative, vernetzte Lernen ist
aus Sicht der Experten, dass damit Lernprozesse eingeübt werden können, die in der Arbeitswelt Standard sind – und die auch als die natürliche Form des Lernens gelten. Damit werde
auch ein Beitrag zur Entwicklung eines zentralen „21st Century Skill“ – der Teamkompetenz –
geleistet.
6. Wissensplattformen statt klassische Bildungsverlage – so könnte man den Zukunftstrend
zusammenfassen, der bei den Befragten auf die größte Zustimmung trifft. Der in vielen anderen Branchen erkennbare Trend zur „Plattformisierung“ der Geschäftsmodelle im Zuge der Digitalisierung stellt somit auch für die Bildungsverlage, insbesondere die kleinen unter ihnen,
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
3
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
eine zunehmende Gefahr dar. Weniger Zustimmung finden unter anderem die Szenarien, wonach die Zukunft dem „adaptiven Lernen“ gehört oder dass die Digitalisierung dafür sorge,
dass „Wissen ein freies Gut“ werde. Insgesamt zeigt sich, dass die Experten im Hinblick auf
Lerngewohnheiten und Lernmethoden mehrheitlich keinen radikalen Wandel, keine „Disruption“ erwarten.
7. Der Umsatz der E-Learning-Branche wird in den nächsten fünf Jahren (bis 2020) um mehr
als 110 Prozent steigen, wenn die Prognose der Delphi-Teilnehmer zutrifft. Als wichtigste
Gründe für diese optimistische Schätzung werden die mit dem digitalen Lernen mittelfristig einhergehende Kostensenkung sowie der allgemeine Trend zur Digitalisierung in Wirtschaft (Industrie 4.0) und Gesellschaft angeführt.
1. Herausforderungen für die Bildungssektoren
Wo sehen die Expertinnen und Experten vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung
der Bildung die größten Herausforderungen für die Akteure in den vier Bildungssektoren? Und welche Maßnahmen schlagen sie vor, um diese Herausforderungen zu meistern?
Den Befragten wurde dazu eine Liste mit insgesamt sieben Herausforderungen für Akteure in den
vier Bildungssektoren Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung vorgelegt, deren Bedeutung sie auf einer 5-stelligen Skala gewichten konnten. Eine „5“ bedeutete dabei, dass es sich um
eine „sehr große Herausforderung“ handelt.
Die Ergebnisse werden in einem ersten Schritt am Beispiel des Sektors „Schule“ vorgestellt. Anschließend wird geprüft, wo die Expertinnen und Experten Unterschiede in der Bewertung der Herausforderungen zwischen den vier Bildungssektoren sehen.
Insgesamt zeigt sich für den Sektor Schule, dass alle sieben Themen von den Befragten als eher
hohe Hürden auf dem Weg zur Digitalisierung des Lernens betrachtet werden (vgl. Abb. 1). Ein
Blick auf die Ergebnisse im Einzelnen zeigt, dass zwei Herausforderungen für besonders schwerwiegend gehalten werden: Den höchsten Wert erhält dabei die „Digitale Kompetenz der Lehrenden“ mit einem Wert von 4,4, gefolgt von den „didaktischen Ansätzen“ (4,2 Punkte). Es sind also
vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, auf die es bei der Umsetzung des digitalen Lernens im Sektor Schule in den nächsten Jahren entscheidend ankommt. Ihre Kompetenz im Umgang mit den
digitalen Medien zum einen und ihre angemessenen didaktischen Ansätze zum anderen entscheiden aus Sicht der befragten Expertinnen und Experten ganz wesentlich über den Erfolg des digitalen schulischen Lehrens und Lernens.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
4
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Abb. 1: Herausforderungen für Akteure im Bildungssektor „Schule“
Abb. 1: Herausforderungen für Akteure im Bildungssektor "Schule"
Digitale Kompetenz der Lehrenden
4,4
Didaktische Ansätze
Finanzielle Mittel
4,2
5 = sehr große Herausforderungen
1 = sehr geringe Herausforderungen
4,0
Digitale Kompetenz der Entscheider
3,9
Technische Ausstattung der Institution
3,9
Digitale Kompetenz der Lernenden
3,2
Technische Ausstattung der Lernenden
3,2
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5
5,0
Frage: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Bildung: Wo sehen Sie - für die kommenden zehn Jahre - die größten Herausforderungen für die
Akteure im Bildungssektor Schule? Bitte geben Sie Ihre Einschätzungen auf einer 5er-Skala an: Eine 1 bedeutet hier "sehr geringe Herausforderungen", eine 5
bedeutet "sehr große Herausforderungen", die Werte dazwischen dienen der Abstufung. | Quelle: mmb Institut GmbH 2016 | N=57 -58 | Angaben in Mittelwerten
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Auch die „finanziellen Mittel“ – etwa zur Anschaffung der erforderlichen Hard- und Software oder
zur Ausstattung aller Schulen mit einem funktionierenden WLAN – werden von den Befragten als
eine große Herausforderung eingeschätzt (4,0 Punkte).
Im Mittelfeld der Herausforderungen im Kontext der Digitalisierung der Schule rangieren die „Digitale Kompetenz der Entscheider“, also der Personen in Politik und Schulverwaltung, die neben den
Schulleitungen über die konkreten Maßnahmen und das Tempo der Innovation entscheiden, sowie
die „Technische Ausstattung der Schule“ (jeweils 3,9 Punkte).
Die geringste Herausforderung für die Digitalisierung des schulischen Lernens sehen die Befragten
auf Seiten der Schülerinnen und Schüler. Weder ihre „Digitale Kompetenz“, noch die ihnen zur
Verfügung stehende „Technische Ausstattung“ (jeweils 3,2 Punkte) werden als wichtige Klippen
gesehen, an denen die Digitalisierung des schulischen Lehrens und Lernens scheitern kann. Ein
überraschendes Ergebnis angesichts der Entzauberung der „Digital Natives“ in den Bildungsdebatten der jüngsten Zeit.
Der Vergleich mit den Ergebnissen für die drei anderen Bildungssektoren ergibt überwiegend identische Einschätzungen, wie die Übersichtstabelle zeigt (vgl. Tab. 1). In dieser Tabelle werden die
insgesamt sieben Herausforderungen nach ihrer Bewertung durch die Experten priorisiert. Die
Farbe Rot steht hier für eine große Herausforderung, die Farbe Grün für eine geringe Herausforderung.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
5
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Völlige Übereinstimmung zeigt sich zum einen bei den beiden wichtigsten Herausforderungen –
Digitale Kompetenz der Lehrenden und Didaktische Ansätze. Diese Hindernisse für die Digitalisierung des Lernens spielen nach Einschätzung der Expertinnen und Expertinnen in allen Bildungssektoren eine besonders wichtige Rolle.
Tab. 1: Rangliste der größten Herausforderungen für Akteure in den Bildungssektoren
Schule
Ausbildung
Hochschule
Weiterbildung
Digitale Kompetenz der
Lehrenden
Didaktische Ansätze
Finanzielle Mittel
Digitale Kompetenz der
Entscheider
Technische Ausstattung
der Institution
Digitale Kompetenz der
Lernenden
Technische Ausstattung
der Lernenden
sehr große Herausforderung
sehr geringe Herausforderung
Frage: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Bildung: Wo sehen Sie – für die kommenden zehn Jahre – die größten Herausforderungen für die Akteure in den jeweiligen Bildungssektoren? Bitte geben Sie Ihre Einschätzungen auf einer 5er-Skala an: Eine 1 bedeutet hier "sehr geringe Herausforderungen", eine 5 bedeutet "sehr große Herausforderungen", die Werte dazwischen dienen der Abstufung. (N=41-58)
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Ebenfalls identisch ist die Einschätzung der Faktoren „Digitale Kompetenz der Lernenden“ und
„Technische Ausstattung der Lernenden“, die aus Sicht der Experten in allen vier Bildungssektoren
kein wesentliches Hindernis für die Digitalisierung des Lernens darstellen.
Der einzig signifikante Unterschied zeigt sich im Sektor Hochschule: Hier wird die Bereitstellung
der finanziellen Mittel für die Digitalisierung von Lehren und Lernen als deutlich leichter zu bewältigen eingeschätzt als in den anderen Bildungssektoren – allen voran die Schule, wo der Faktor Finanzierung die dritthöchste Hürde für das digitale Lernen darstellt.
Die starken Parallelen bei der Identifikation der größten Herausforderung für die Digitalisierung des
Lernens in den vier Bildungssektoren – die Digitale Kompetenz der Lehrenden – legte es nahe, die
Expertinnen und Experten in einer zweiten Befragungswelle (Delphi-Stufe 2) zu bitten, die aus ihrer Sicht wichtigste Maßnahme für den jeweiligen Bildungssektor zu nennen, um die digitale Kompetenz der Lehrenden zu steigern.
Die Ergebnisse werden hier für jeden Bildungssektor kurz zusammengefasst.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
6
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Schule:
-
-
Anreiz für Weiterbildung / Kompetenzvermittlung im Studium / Didaktische Konzepte für
den Unterricht / Individuelle und handlungsorientierte Weiterbildung der Lehrenden / Kostenlose, verbindliche Fortbildung für relevante Inhalte
Förderung der Akzeptanz / „die Angst vor der Digitalisierung nehmen“ / Peer Learning
Bessere technische Ausstattung / BYOD-Konzept
Zusammenarbeit Bund-Länder / Verbindlichkeit der Lehrkonzepte / Zentrale Entscheidung
und Steuerung der Qualifizierung der Lehrkräfte.
Ausbildung:
-
Fortbildungsangebote für Meister / Begleitende und integrierte Fortbildung
Akzeptanzförderung bei Meistern und Ausbildern / Akzeptanz auf Seiten der Betriebe
Innovative didaktische Konzepte für den Unterricht an Berufsschulen
Mobile Lernmedien für Lernortkooperation (Berufsschule und Betrieb)
Finanzierungsmodelle
Anpassung der Ausbildungsordnungen / Anpassung der Ausbildereignung / Modernisierung
der Ausbildungsgänge.
Hochschule:
-
-
Kontinuierliche Qualifikation der Lehrenden / Innovative niedrigschwellige Weiterbildungsformate / Didaktische Ausbildung der Lehrenden / „E-Didaktik“ / Mediendidaktische Begleitung
Überzeugung der Lehrenden / Steigerung der Akzeptanz bei Lehrenden und Hochschulen /
Anreize für Teilnahme an Fortbildungen
Finanzielle Mittel / Investitionen in Infrastruktur
Berücksichtigung digitaler Kompetenz bei Berufungsverfahren / Höheres Gewicht der Lehre
bei Berufungen
Hochschulstrategie auf Digitalisierung ausrichten.
Weiterbildung:
-
Weiterbildung / Qualifizierung für Blended Learning / Qualifikation von Autoren in großen
Betrieben / Mediendidaktische Begleitung
Anreizmodelle für Lehrende / Akzeptanz der Nutzer steigern
Finanzielle Mittel / Maßnahmen gegen den wachsenden Kostendruck der Einrichtungen
Ausstattung der Bildungseinrichtungen
Rollenwandel der Lehrenden vom Dozenten zum Coach vorantreiben
Qualitätssiegel für gute digitale Weiterbildungsangebote / Qualitätssicherung.
2. Digitalisierung des Lernstoffs
Welcher Anteil des Lernstoffs wird heute bereits über digitale Medien vermittelt – und wie groß wir
dieser Anteil im Jahr 2025 sein?
Zur Illustration des großen Rückstands bei der Digitalisierung des deutschen Schulsystems werden gerne die schweren Schultornister deutscher Grundschüler herangezogen. Das Bild soll zeigen, wie stark die deutsche Lernkultur noch immer von gedruckten Lernmitteln geprägt ist. Das
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
7
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
wirft die Frage auf, wie groß der Anteil des digitalen Lernstoffs ist, der heute über digitale Medien
vermittelt wird. Diese Frage wurde den Expertinnen und Experten für alle vier Bildungssektoren
vorgelegt: Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung. Zugleich wurde darum gebeten, neben der Schätzung des prozentualen Anteils für 2016 auch eine Prognose für das Jahr 2025 vorzunehmen (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Anteil des digitalen Lernstoffs
Anteil des digitalen Lernstoffs
18,2
Schule
44,3
22,9
Ausbildung
47,1
34,8
Hochschule
60,4
36,4
Weiterbildung
Heute
63,4
0
10
20
30
40
50
60
Zukünftig
70
80
90
100
Frage: Ein immer größerer Anteil des Lernstoffs wird über digitale Medien vermittelt. Was schätzen Sie - welcher Anteil (in Prozent) am gesamten Lernstoff ist
dabei bereits heute als "digitaler Lernstoff" realisiert? Und welcher Anteil (in Prozent) am gesamten Lernstoff wird im Jahr 2025 als "digitaler Lernstoff" realisiert
Quelle: mmb Institut GmbH 2016 | N=49-60 | Angaben in %
sein?
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Der niedrigste „Digitalisierungsgrad“ wird der Schule (18,2 %) und der Ausbildung (22,9 %) attestiert. Einen deutlich höheren Anteil digitalisierter Inhalte am gesamten Lernstoff sehen die Befragten dagegen in den Sektoren Hochschule (34,8 %) und Weiterbildung (36,4 %). Aber auch hier dominieren derzeit eindeutig – mit fast zwei Dritteln des Stoffs – die analogen Medien, also vor allem
Lehrbücher und Skripte.
Deutlich größer wird der Anteil der digitalen Lerninhalte für das Jahr 2025 von den Befragten prognostiziert. Allerdings liegt hier der Digitalisierungsgrad von Schule und Ausbildung auch in zehn
Jahren noch unter der Hälfte des Lernstoffs. Das lässt die erwähnten Schultornister zwar um einiges leichter werden - der Primat des gedruckten Lernstoffs wird in Schule und Ausbildung nach
Einschätzung der Expertinnen und Experten aber auch in zehn Jahren noch nicht überwunden
sein.
In den Bildungssektoren Hochschule und Weiterbildung rechnen die Befragten für das Jahr 2025
mit einem Anteil digitaler Lernmittel deutlich über 50 Prozent (Hochschule 60,4 %, Weiterbildung
63,4 %).
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
8
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Die Befunde legen den Schluss nahe, dass aus Sicht der Befragten in allgemeinbildenden Schulen
und der beruflichen Bildung keineswegs mit einer digitalen „Disruption“ im Sinne der weitgehenden
Verdrängung bestehender Angebote und Formate zu rechnen ist. Schule und Ausbildung sind danach vielmehr auch in zehn Jahren noch „analog gepolt“, während das Lernen in Hochschulen und
in der Weiterbildung Erwachsener überwiegend digital funktionieren kann.
3. Digitalisierung als Chance für bildungsferne Zielgruppen
Ist die Digitalisierung des Lernstoffs ein geeignetes Mittel, um bildungsferne Zielgruppen besser zu
erreichen?
Die Frage nach einer entsprechenden „Zielgruppenattraktivität“ wurde den Expertinnen und Experten ebenfalls getrennt für die vier Bildungssektoren vorgelegt. Die Antwort ist eher ernüchternd;
insbesondere für die Schule und die Hochschule sehen die Befragten keine besonders großen
Chancen, bildungsferne Zielgruppen mit digitalen Bildungsmedien zu erreichen (vgl. Abb. 3). Mit
einem durchschnittlichen Wert von 2,8 bzw. 2,9 bewerten die Experten das Potenzial der Digitalisierung in diesen beiden Bildungssektoren als eher gering.
Abb. 3: Digitalisierung des Lernstoffs – Chance für bildungsferne Zielgruppen?
Digitalisierung des Lernstoffs – Chance für bildungsferne Zielgruppen?
Schule
2,8
Ausbildung
Hochschule
Weiterbildung
3,2
2,9
3,3
sehr geringe Chance
sehr große Chance
Frage: Was denken Sie - wie groß ist die Chance, durch die Digitalisierung des Lernstoffs auch bildungsferne Zielgruppen in den einzelnen Bildungssektoren zu
erreichen? Bitte geben Sie Ihre Einschätzungen auf einer 5er-Skala an: Eine 1 bedeutet hier "sehr geringe Chance", eine 5 bedeutet "sehr große Chance", die
Werte dazwischen dienen der Abstufung.
Quelle: mmb Institut GmbH 2016 | N=58-63 | Angaben in Mittelwerten
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Bei der Ausbildung (3,2 Punkte) sowie im Sektor Weiterbildung (3,3 Punkte) wird die Chance,
durch die Digitalisierung des Lernstoffs auch bildungsferne Zielgruppen zu erreichen, ein wenig
größer eingeschätzt. Diese zurückhaltende Einschätzung des entsprechenden Potenzials digitaler
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
9
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Medien lässt vermuten, dass die Expertinnen gegenüber solchen Erwartungen eine eher realistische und vielleicht auch desillusionierte Haltung einnehmen.
4. Technologische Trends in der digitalen Bildung
Welche technologischen Entwicklungen in der digitalen Bildung werden in den kommenden zehn
Jahren eine besonders wichtige Rolle spielen? Und wie begründen die Expertinnen und Experten
die Auswahl der wichtigsten technologischen Innovation?
Technologische Entwicklungen im Umfeld der Digitalisierung aller Lebensbereiche haben im vergangenen Jahrzehnt den Zugang zu Informationen grundlegend verändert. Suchmaschinen im Internet, mobile Apps oder YouTube-Videos seien hier als Beispiele genannt. Welche technologischen Trends werden aus Sicht der Expertinnen und Experten die Bildung in den kommenden
zehn Jahren nachhaltig verändern? Um dies zu ermitteln, wurde den Befragten eine Liste mit insgesamt neun technologischen Innovationen vorgelegt (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Technologische Trends in der digitalen Bildung
Technologische Trends in der digitalen Bildung
Mobile Endgeräte
4,6
Learning Analytics
3,8
Adaptive und intelligente Systeme
3,8
Big Data
3,7
Automatisches bzw. maschinelles Testen
3,6
Virtual Reality
3,5
Augmented Reality
3,4
3D-Visualisierungen
3,2
Wearables
3,1
völlig unwichtig
besonders wichtig
Frage: Technische Neuerungen werden in den kommenden zehn Jahren den Zugang zu Informationen weiter verändern. Wie wichtig sc hätzen Sie in diesem
Zusammenhang die folgenden technologischen Trends in der digitalen Bildung ein? Bitte geben Sie Ihre Einschätzungen auf einer 5er-Skala an: Eine 1 bedeutet
hier "völlig unwichtig", eine 5 bedeutet "besonders wichtig", die Werte dazwischen dienen der Abstufung.
Quelle: mmb Institut GmbH 2016 | N=57-66 | Angaben in Mittelwerten
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Die Antworten der Experten weisen große Übereinstimmung in der Auswahl des „Spitzenreiters“
unter den technologischen Trends im digitalen Lernen auf: Mobile Endgeräte. Auf der 5-stufigen
Skala von 1 („völlig unwichtig“) bis 5 („besonders wichtig“) erhält „Mobile“ im Durchschnitt herausragende 4,6 Punkte.
Mit einigem Abstand folgen danach drei Trends, die alle mit der intelligenten Auswertung großer
Datenbestände zusammenhängen: „Learning Analytics“, „Adapted und intelligente Systeme“ sowie
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
10
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
„Big Data“. Diese relativ hohe Bewertung datenbasierter Prozesse für das Lernen wurzelt sicherlich auch in der alltäglichen Erfahrung der Befragten im Umgang mit sozialen Netzwerken, digitalen
Marketingmethoden und Suchmaschinen. Auch der nächste Trend auf der Rangliste, das „automatische bzw. maschinelle Testen“ nutzt im weitesten Sinne Methoden der Künstlichen Intelligenz.
Etwas geringer, wenn auch noch immer deutlich über einer „mittleren Bedeutung“ (2,5 Punkte),
wird die künftige Bedeutung immersiver Technologien für das Lernen eingeschätzt: „Virtual Reality“
(also z.B. Lernen mit einer VR-Brille), „Augmented Reality“ (etwa das Einblenden von Zusatzinformationen über die Umgebung) und „3D-Visualisierungen“.
Das Schlusslicht unter den digitalen Technologien für das Lernen bilden „Wearables“, also z.B.
eine Smartwatch oder ein Head-Mounted Display, mit einem Wert von 3,1.
Um die Frage nach den künftigen technologischen Innovationen im Feld des digitalen Lernens zu
vertiefen, wurden die Expertinnen und Experten im Rahmen der 2. Delphi-Stufe nach ihren Argumenten für den Zukunftstrend gefragt, der mit Abstand die meisten Stimmen auf sich vereint. Dazu
wurde die folgende Frage gestellt: „Im Mittel sieht die Mehrheit der Expertinnen und Experten den
wichtigsten technologischen Trend bei mobilen Endgeräten. Falls Sie diese Meinung teilen: Was
spricht aus Ihrer Sicht für diese Einschätzung? Falls Sie diese Meinung nicht teilen: Was spricht
aus Ihrer Sicht gegen diese Einschätzung?“
Eine Minderheit von etwa 20 Prozent der Experten spricht sich gegen die These aus, dass mobile
Endgeräte der wichtigste technologische Zukunftstrend sind. Ihre Argumente beziehen sich zum
einen auf pädagogische Restriktionen. Mit ihrer Konzentration auf das „Lernen in kleinen Portionen“ seien mobile Geräte nur für einen begrenzten Bereich von Lerngegenständen geeignet. Auch
fehle „trotz intensiver Forschungsarbeit“ der Nachweis ihrer generellen Eignung als Lernmittel.
Ein wichtiges Argument gegen die Einschätzung mobiler Endgeräte als „technologischer Zukunftstrend No.1“ ist die begrenzte Haltbarkeit von Zukunftsprognosen für digitale Tools und Anwendungen generell. Einer der befragten Experten formuliert das so: „Es könnte in den kommenden Jahren neue technische Möglichkeiten geben, die wir heute noch nicht einmal erahnen."
Insgesamt schließen sich knapp 80 Prozent der Befragten der Mehrheitsmeinung an: Mobile Endgeräte – in der Regel verstanden als Smartphones, nicht Tablets oder Laptops – werden in erster
Linie wegen ihrer ubiquitären Verfügbarkeit und ihrer großen Verbreitung in allen Bevölkerungsschichten als dominantes Lerntool der Zukunft gesehen. Hinzu komme, dass „jeder damit umgehen kann“. Hier wird von einigen Befragten auf die Generation der „Digital Natives“ verwiesen, "für
die der Umgang mit mobilen Endgeräten selbstverständlich ist“. Wegen der großen Verbreitung
von Smartphones biete sich im Übrigen das Konzept des BYOD („Bring your own device“) an, das
die Kosten für Bildungsträger merklich begrenze.
Der Hinweis auf die zunehmende Konvergenz der Endgeräte wird ebenfalls zur Unterstützung für
diesen Trend angeführt: „Alles wird mobil.“ Damit würden Smartphones und Tablets zur „wichtigsten Schnittstelle zum digitalen Ökosystem“.
5. Didaktische Konzepte in der digitalen Bildung
Digitale Lernmedien bieten generell das Potenzial, auch die Vermittlungsmethoden von Lernanbietern und Lehrenden zu verändern. Was wird sich in puncto Didaktik in den kommenden zehn Jahren ändern? Als wichtigste didaktische Innovation in den kommenden zehn Jahren betrachten die
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
11
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Expertinnen und Experten das soziale und kollaborative Lernen mit digitalen Medien (vgl. Abb. 5).
Sie beziehen sich damit auf eine Lernform, die schon länger in der Schule sowie in der Aus- und
Weiterbildung praktiziert wird, die aber offensichtlich kontrovers diskutiert wird, wie die Auswertung
auf die Nachfrage nach den Gründen für diese Präferenz zeigt (siehe unten).
Auf den nächsten Plätzen folgen die didaktischen Konzepte „Handlungsorientiertes Lernen“,
„Adaptives Lernen“ und „Informelles Lernen“. Einen etwas geringeren Mittelwert für die Einstufung
der Wichtigkeit erhält das Konzept „Inverted Classroom“ bzw. „Flipped Classroom“. Die geringste
Relevanz haben nach Ansicht der Befragten die didaktischen Methoden „Micro Learning“ und die
„Live-Evaluation von Lehre“.
Abb. 5: Didaktische Konzepte in der digitalen Bildung
Didaktische Konzepte in der digitalen Bildung
Soziales und Kollaboratives Lernen
4,3
Handlungsorientiertes Lernen
4,0
Adaptives Lernen
3,9
Informelles Lernen
3,9
Inverted Classroom
3,5
Micro Learning
3,2
Live-Evaluationen von Lehre
2,8
völlig unwichtig
besonders wichtig
Frage: Didaktische Innovationen werden in den kommenden zehn Jahren das Lernen weiter verändern. Wie wichtig schätzen Sie in diesem Zusammenhang die
folgenden didaktischen Konzepte in der digitalen Bildung ein? Bitte geben Sie Ihre Einschätzungen auf einer 5er-Skala an: Eine 1 bedeutet hier "völlig unwichtig",
eine 5 bedeutet "besonders wichtig", die Werte dazwischen dienen der Abstufung.
Quelle: mmb Institut GmbH 2016 | N=57-67 | Angaben in Mittelwerten
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Welche Gründe sprechen dafür, dass „soziales und kollaboratives Lernen“ in den kommenden
zehn Jahren den größten Sprung nach vorne macht – und welche sprechen dagegen? Den Expertinnen und Experten wurde hierzu in der zweiten Befragungswelle folgende Frage gestellt: „Im Mittel sieht die Mehrheit der Expertinnen und Experten dabei die wichtigste didaktische Innovation im
sozialen und kollaborativen Lernen. Falls Sie diese Meinung teilen – was spricht aus Ihrer Sich für
diese Einschätzung? Falls Sie diese Meinung nicht teilen – was spricht aus Ihrer Sicht gegen diese
Einschätzung?“
Ein zentrales Argument für das kollaborative digitale Lernen ist nach Ansicht der Befragten ein Einüben von Lernprozessen, wie sie in der Arbeitswelt Standard sind und die auch als die „natürliche“
Form des Lernens gelten. Im Beruf wird, unterstützt durch digitale Medien, im Team gearbeitet und
dementsprechend im Team gelernt:
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
12
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
"In Gruppen zu lernen und sich zu vergleichen ist für den Lernerfolg von großer Bedeutung", merkt
einer der Befürworter dieses Konzepts an.
Das gemeinschaftliche Lernen gilt auch als „21st Century Skill“, d.h. diese Kompetenz wird gerade
im Zusammenhang mit dem Thema „Industrie 4.0“ immer wichtiger.
Betont wird auch, dass das Lernen durch Gruppenprozesse – auch im Wechsel von digitalen und
analogen Lernsituationen – konstruktiver und vertiefender erfolgt:
„Digitales Lernen funktioniert am besten, wenn dort soziale Aspekte von Präsenzlern-Settings 'rekonstruiert' werden.“
Bemängelt werden allerdings vereinzelt die Rahmenbedingungen des sozialen Lernens, u.a. das
Fehlen passender didaktischer Konzepte für digitale Lernmedien.
Einige der Befragten nennen auch Argumente gegen das digitale soziale Lernen: Danach funktioniere das Lernen in analogen Lernsettings besser als in digitalen und gerade beim sozialen Austausch ist der persönliche Kontakt entscheidend – Technik störe hierbei nur.
Doch unter dem Strich überwiegen bei der Nachfrage in der zweiten Delphi-Welle die Pro-Argumente, was den Spitzenplatz bei den zukunftsträchtigen didaktischen Konzepten bestätigt.
6. Zukunftsszenarien für die Digitalisierung des Lernens
Welche der präsentierten Zukunftsszenarien für die Digitalisierung des Lernens im Jahr 2025 treffen auf besonders große Zustimmung – und welche Szenarien werden eher skeptisch betrachtet?
Den befragten Expertinnen und Experten wurden fünf Statements zur Bewertung vorgelegt, in denen Zukunftsperspektiven für das digitale Lernen im Jahr 2025 skizziert werden (vgl. Abb. 6). Die
höchsten Zustimmungswerte erhält das Szenario, im dem die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells der Bildungsverlage hinterfragt wird. Eine deutliche Mehrheit der Befragten stimmt der Aussage zu „Bis zum Jahr 2025 werden – ähnlich wie bei Amazon im Handel – wenige große Wissensplattformen kleine Fachverlage weitgehend verdrängen.“ Der in vielen Branchen erkennbare
Trend zur „Plattformisierung“ der Geschäftsmodelle im Zuge der Digitalisierung stellt aus Sicht der
Mehrheit der Expertinnen und Experten auch für die Bildungsverlage, insbesondere die kleinen unter ihnen, eine zunehmende Gefahr dar.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
13
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Abb. 6: Digitalisierung des Lernens – Mögliche Szenarien bis zum Jahr 2025
Digitalisierung des Lernens – Mögliche Szenarien bis zum Jahr 2025
Bis zum Jahr 2025 werden – ähnlich wie bei Amazon im Handel
– wenige große Wissensplattformen kleine Fachverlage
weitgehend verdrängen.
56
44
Bis zum Jahr 2025 werden Virtualisierung, Augmented Reality
und 3D-Technologien es ermöglichen, dass Wissensvermittlung
und Kompetenzerwerb – vor allem in den MINT-Bereichen –
nahezu ausschließlich "immersiv" stattfinden werden.
Zustimmung (stimme voll
und ganz zu, stimme eher
zu)
Keine Zustimmung (stimme
eher nicht zu, stimmt
überhaupt nicht zu)
45
55
Bis zum Jahr 2025 werden sog. "Online-Nano-Degrees" (also
spezialisierte, hochaktuelle und kurzfristige Wissensangebote)
eine viel größere Rolle spielen als traditionelle BildungsAbschlüsse.
42
58
Bis zum Jahr 2025 wird es möglich sein, jedem Schüler,
Studierenden bzw. Erwachsenen exakt die Lerninhalte zu
vermitteln, die dem persönlichen Kompetenz-, Bedarfs- und
Lernerprofil entsprechen.
39
61
Bis zum Jahr 2025 wird Wissen ein freies Gut werden und
unabhängig von Herkunft, Einkommen und Stand für jeden
jederzeit an jedem Ort verfügbar sein.
31
69
0
20
40
60
80
100
Frage: Im Folgenden stellen wir Ihnen einige mögliche Entwicklungen im Zuge einer zunehmenden Digitalisierung der Bildung bis zum Jahr 2025 vor. Bitte geben
Sie jeweils an, ob Sie diesen "Szenarien" zustimmen oder nicht.
Quell e: mmb Institut GmbH 2016 | N=66-67 | Angaben in %
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Alle anderen Szenarien treffen bei den Befragten nur teilweise auf Zustimmung. Während der zugespitzten Prognose, dass das Lernen im Jahr 2025 vor allem in den MINT-Bereichen nahezu ausschließlich „immersiv“, also gestützt durch Virtualisierung, Augmented Reality und 3D-Technologien, stattfinden wird, immerhin noch annähernd die Hälfte der Befragten (45%) zustimmt, ist die
Skepsis gegenüber den übrigen „Zukunftsszenarien“ etwas deutlicher. Das betrifft sowohl die zukünftige Bedeutung von sogenannten „Online-Nano-Degrees“, also Nachweisen über das erfolgreiche Absolvieren von spezialisierten, hochaktuellen und kurzfristigen Wissensangeboten im Internet
(42% Zustimmung), als auch die Zukunft des adaptiven Lernens – also die Aussicht, dass im Jahr
2025 jedem Lernenden exakt die Lerninhalte vermittelt werden, „die dem persönlichen Kompetenz, Bedarfs- und Lernerprofil entsprechen“ (39% Zustimmung). Insgesamt zeigt sich, dass die Experten im Hinblick auf Lerngewohnheiten und Lernmethoden mehrheitlich keinen radikalen Wandel
erwarten.
Auf größere Skepsis trifft schließlich eine radikale Prognose zum Open Content, wonach bis zum
Jahr 2025 „Wissen ein freies Gut werden und unabhängig von Herkunft, Einkommen und Stand für
jeden jederzeit an jedem Ort verfügbar sein“ wird. Immerhin ein knappes Drittel der Expertinnen
und Experten (31%) stimmt diesem Szenario zu, während die Mehrheit hier skeptisch reagiert. Aus
der Sicht der großen Mehrheit hat also zumindest dieses Geschäftsmodell der Bildungsverlage –
der Verkauf von Bildungsinhalten, über welche Plattform auch immer, – auch in zehn Jahren noch
Bestand.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
14
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
7. Umsatzprognosen für den Markt des digitalen Lernens
Wie schätzen die Expertinnen und Experten die Umsatzentwicklung der E-Learning-Branche für
die nächsten fünf Jahre (2016 bis 2020) ein?
Nach Erhebungen des mmb Instituts belief sich der Jahresumsatz der E-Learning-Kernbranche,
also der Dienstleister, deren Hauptgeschäftsfeld die Herstellung und der Vertrieb von digitalen
Lernprodukten und Dienstleistungen ist, im Jahr 2015 auf ca. 600 Mio. Euro. Dieser Ausgangswert
wurde den Expertinnen und Experten vorgelegt, mit der Bitte, die Veränderungen des Umsatzes in
den nächsten fünf Jahren, also von 2016 bis 2020, zu schätzen.
Fasst man die Umsatzprognosen der Expertinnen und Experten zu Gruppen zusammen, dann bilden die zurückhaltenden Prognosen (maximal 100% Wachstum) insgesamt eine deutliche Mehrheit, während die eher euphorischen Annahmen über das zukünftige Umsatzwachstum nur von
etwa 40 Prozent der Befragten geteilt werden.
Umsatzentwicklung der E-Learning-Kernbranche bis zum Jahr 2020
Abb. 7: Umsatzentwicklung der E-Learning-Kernbranche bis zum Jahr 2020
Plus
210-400 %
Plus
10-20 %
Mittelwert: Plus 116 %
9,6
14,5
Plus
110-200 %
Plus
30-50 %
30,6
17,8
Plus
60-100 %
27,4
Frage: Der Branchenumsatz des E-LearningKernmarkts liegt aktuell geschätzt bei rund 600
Mio. Euro pro Jahr. Was denken Sie - wie wird
sich der Umsatz in den kommenden 5 Jahren,
also bis 2020, entwickeln? Bitte geben Sie die
von Ihnen geschätzte Veränderung in Prozent
an.
n=62
Angaben in %
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Quelle: mmb Institut GmbH 2016
Nimmt man jedoch den Mittelwert aller Expertenschätzungen als Grundlage, dann prognostizieren
die Befragten für die kommenden fünf Jahre insgesamt ein Umsatzwachstum von 116 Prozent.
Von heute 600 Mio. Euro würde sich der Umsatz der E-Learning-Kernbranche somit bis zum Jahr
2020 auf 1,3 Mrd. Euro mehr als verdoppeln. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von ca.
17 Prozent. Ein zweistelliges Wachstum wäre für die E-Learning-Branche zwar durchaus nicht ungewöhnlich, allerdings wurde der Wert von 17 Prozent auch in den besonders starken Wachstumsjahren nicht erreicht. Generell wagen die Expertinnen und Experten somit eine sehr günstige Prognose für die wirtschaftlichen Chancen der E-Learning-Branche im Zuge der Digitalisierung des Lernens in Deutschland.
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
15
Schlussbericht zur Trendstudie: Digitale Bildung auf dem Weg ins Jahr 2025
Über das mmb Institut
Das mmb Institut bietet als unabhängiges, privates Forschungsinstitut wissenschaftlich fundierte
Entscheidungsgrundlagen für Akteure aus Bildung, Wirtschaft und Politik. Zur Beantwortung komplexer Fragestellungen führt mmb empirische Studien, Analysen und Untersuchungen durch, veranstaltet Expertenhearings und Workshops, moderiert Gesprächsrunden und leitet aus den Ergebnissen Handlungsempfehlungen und Konzepte ab.
mmb wurde 1996 von Dr. Lutz P. Michel als "MMB – Michel Medienforschung und Beratung" in Essen gegründet und später als "MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung" von ihm geleitet. Seit 2016 stellt sich mmb sowohl unternehmerisch als auch personell neu auf: Dr. Ulrich
Schmid beteiligt sich an dem in der Rechtsform einer GmbH neu konstituierten "mmb Institut – Gesellschaft für
Medien- und Kompetenzforschung mbH" als Co-Geschäftsführer und Gesellschafter.
Damit einhergehend wird ein neuer Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit auf die strategische und
operative Beratung rund um Digital Education gesetzt, wozu auch M&A-Studien sowie die Standortberatung für Bildungsunternehmen gehören. Im Fokus von mmb steht damit mehr denn je eine
Wissens- und Bildungskultur, die sich unter dem Einfluss der Virtualisierung entscheidend und umfassend verändert.
Unsere aktuellen Forschungsthemen beziehen sich auf die Verknüpfung von Arbeitswelt und Medien, auf Berufsbilder sowie auf die Entwicklung und Optimierung von Bildungskonzepten. Im Einzelnen arbeitet das mmb Institut derzeit hauptsächlich auf folgenden Themenfeldern:
-
Digitales Lernen / Digital Education
Qualifikationsbedarfs- und Berufsforschung
Begleitforschung / Evaluation
Arbeitsmarktforschung
Standortanalysen / Standortberatung
Medienforschung
Bildungs- und Kompetenzforschung
mmb verfügt heute zusätzlich zum Hauptsitz in der Ruhrmetropole Essen über Büros in Hamburg
und Berlin. Neben den Geschäftsführern besteht das Team aus einem Stamm fester und freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen vorwiegend kommunikations- und sozialwissenschaftlichen
Hintergrund haben.
Weitere Informationen zu mmb und unseren Projekten und Studien unter: www.mmb-institut.de
mmb Institut – Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH
16