Die neue Lyrik in Köln

Markus Leuschner
schatten
umgeben
tanze ich zum ende
der bühne
immer
den silhouetten
zu entfliehen
der sprung
in eine unbekannte welt
spannt die flügel auf
ich bin frei
liegen bleiben
schatten
Sigune Schnabel
Unstillbar
Ich tauche meinen Anker
in dein Spiegelbild,
um mit dem Blau
die Bootswand anzumalen.
Doch wenn ich aus dir
Farben schöpfe,
fasse ich dich nicht.
Ich trage nur ein fremdes Licht
im Glas.
Schon oft betrat ich deine Ufer
und warf die Netze aus.
Allein: ich brachte nichts als Worte
mit nach Haus,
die ich tagein, tagaus
auf Steine legte,
bis sie des mittags
trocken in die Sonne sprachen.
Keines reichte
bis zur Nacht.
Ulrike Krebs
Quer durch dies Blickfeld
Quer durch dies Blickfeld
bei gesenkten Lidern:
Schwarmschatten im Flug
auf übersonntem Pflaster
dir zu Füßen
mitten im eiligen Schritt!
Sekundenpfeil, quer
durch den beinah beliebigen
Morgen am Marktplatz
Mitte September:
Schattenschwarm reißt dich
empor, du erblickst
Monatsblatt No. 55
Dezember 2016 / kostenlos
Lyrik
in Köln
lauter Tauben im Licht.
Michael Domas
Sterne, Mond und Sonne
Die Sonne, sagt sie,
brauche sie am allerwenigsten,
tagsüber sei es hell genug.
Allerdings, gibt sie zu,
der Mond bezöge von ihr
sein Licht.
Grafik und Gestaltung Nummer 55: Dr. Patricia Falkenburg
ViSPR & Redaktion: Dr. Kathrin Kiss-Elder,
Niehler Kirchweg 63, D-50733 Köln
T. 0172-4629072, [email protected]
Alle Rechte der abgedruckten Gedichte liegen bei den Autoren.
Lyrik in Köln
ist eine Initiative
zur Förderung der Dichtkunst
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Auflage: 1000, Erscheinen: Monatlich zum Ersten. Mitarbeit
externer Künstler erwünscht. Redaktionsschluss: je zum 20. eines
Monats, 10:00 Uhr
Schwerpunkt der nächsten Nummer: Kraft
Das Faltblatt wird veröffentlicht von
www.lyrikinkoeln.org
Rainer Rebscher
Nacht, Schatten, Gewächse
Rolf Polander
Licht und Schatten
Ralf Burnicki
Sonnenaufgang
Dämmerung kriecht
aus allen Löchern,
stöckelt langsam
durch die Stadt.
Das Licht ist unbarmherzig, nur die Schatten
sind gnädig gegen Unvollkommenheiten,
indem sie ihre Schleier drüber breiten,
der Ahnung zu vollenden dann gestatten,
Verzicht auf sprachliche
Mittel:
Straßenleuchten
bieten ihr die
Stirn aus grellem
Neon satt
was sich dem Auge ganz nicht zeigen mocht’.
In Schatten schlummern Bilder auch, die nie
bei Licht ihr saht, die eure Fantasie
euch malt, die an die Schattenpforte pocht.
außer in den
Vorstadtstraßen,
schummerroten
Seitengassen,
Das Licht, das uns geheimnislos die Welt
erhellt, wollt’ ich verdammen, wär ihm nicht,
der Schatten als Begleiter zugesellt.
Er hat dem Licht den Rücken zugekehrt,
er wehrt ihm und wird doch von ihm genährt,
so dass, wer Licht sagt, auch vom Schatten spricht.
dort kann man die
Übermacht der
Nacht mit prallen
Händen fassen.
Liebestolle
schief gebahnte
Triebgewächse
scheuen Licht.
Tief gefallene
Sternchen schieben
wacker ihre
Schattenschicht,
fahlgesichtig,
lippenrot,
qualgesichtig,
strippentot.
Kommt es bald?
Noch kommt es nicht,
das heiß ersehnte
Morgenlicht.
Der Glückskeks
dem Dunkel begegnen
Licht wagen
PF
Sylvia Ludwig
Sonnenspiel
Sonne
wirft Bäume auf die Straße
laufe über Baumkronen
und dichtes Blattwerk
sonnenlichtgefüllte Lücken
huschen über mich hinweg
flackernde Spiegel
die mich fangen
zitterndes Laub im Wind
Höhe trichterförmig.
Die Landschaft
steigt durch die Mitte
der Sonnenscheibe
Wir Zaungäste
zurückgekehrt zum Anfang staunend
halten wir
Licht in der Hand
Patricia Falkenburg
In der Stadt.
Augen tauchen –
Pupillen geweitet –
Ins Dunkel der Unterführung.
Stets trafen sie dort
Auf den Unbehausten,
Den Schlafenden,
Den Rücken an der kalten Wand.
Hände geben. Hände
Halten zurück. Füße
Sehen nicht. Aber das
Licht liegt heute
In Scherben. Kantig zwischen
Verworfenen Coffee-to-go-Bechern und
Zu früh verwelktem Laub.
Zerteilt Fahrradschatten
In Reifenschwärze und Blendung.
Augen forschen durch Unrat,
Finden Licht.