Weihnachten - Harzklub Zweigverein Hannover e. V.

Weihnachten
Habt ihr auch schon an alles gedacht?
Auch an den Weihnachtsbraten?
Was soll es dieses Jahr geben?
Wild? Naja, Tschernobyl ist ja schon länger her.
Rind? Hm, was war da mit dem Rinderwahn?
Schaf? Ups, da war doch Sreppie.
Fisch? Der hat Würmer.
Geflügel? Das geht schon gar nicht, das hat dieses Jahr die Grippe.
Aber was soll es. Die Auswahl des Fleisches ist doch ein Klacks dagegen, wenn
man bedenkt, welche, ich nenne es mal liebevoll, Neuröschen, die liebe Verwandtschaft zum Essen mitbringt.
Das einfachste ist da noch der Brei für den jüngsten Spross der Familie, dem
Enkelkind. Bisschen Kartoffel, bisschen Gemüse, Pürierstab, fertig!
Aber dann sind da die Urgroßeltern. Die haben Galle, Gicht und Zucker. Das heißt
fettarm, purinarm und auf Broteinheiten achten. Und sei das noch nicht genug,
da kommen die Kinder. Jetzt, wo sie groß sind, essen die einen nur noch Geflügel
und die anderen leben vegetarisch. Die neue Freundin vom jüngsten Sohn lebt
sogar vegan. Habt ihr schon mal vegan gekocht? Ich nicht!
Und seit neustem isst meine Schwiegertochter auch noch low carb. Was immer
das auch ist. Onkel Detlev hat eine Allergie, er kann nur laktosefrei und Tante
Inge bitte glutenfrei, sonst blähen sie auf. Herrje, wer weiß, welche
Nahrungsmittelallergien da noch sind, die ich nicht kenne, aber da müssen sie
eben selber aufpassen. Und wenn sich der Bauch bläht: wir haben eine
wunderschöne, weihnachtlich dekorierte Terrasse, auf der sich jeder gern Luft
machen kann.
So, da steh ich nun. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Entschluss
gekommen, es gibt Gemüsesuppe und Hochzeitssuppe, viele Sorten Gemüse, Pute,
Wild, Soße mit und ohne Sahne, mit und ohne Butter, mit und ohne Bindung und
mit und ohne Pilze. Kartoffeln, Klöße und Reis runden alles ab. Und zum
Nachtisch: Eis, Obst und Schokoladenpudding mit Vanillesoße. Klassisch eben!
Weihnachten kam und ich hatte an Alles gedacht und so saßen wir am Festtag in
großer Runde am Tisch. Ich hatte die Gäste in Gruppen zusammen gefügt. Die
Südkurve: da waren die Diabetiker, Gicht und Galle. Im Anschluss kamen die
Allergiker. Die Nordkurve nahmen die Vegetarier und Veganer ein. Und
dazwischen in der Mitte saßen die, wie ich sie liebevoll nennen möchte,
"Allesesser" und dazu zählte ich meinen Mann und mich. Und ich saß da und
lächelte.
Dann kam die erste Frage von Tante Inge: "Ist das denn auch Makrobiotisch"
Ach herrjeh, was hatte denn die für ein Problem und was um Himmelswillen ist
makrobiotisch. Ich überlegte kurz, ob ich schnell auf meinem Handy googeln
sollte, verwarf es aber schnell, lächelte und nickte mit dem Kopf, nachdem ich
mir noch schnell ein Stück Braten in den Mund geschoben hatte, um eine Antwort
zu vermeiden. Es kam auch keine weitere Nachfrage, denn es kam ein schriller
Schrei aus der veganen Ecke. "Das ist doch mit Honig gemacht!" Oh mein Gott.
Ich hatte es gut gemeint und den Tofu für die Vegetarier und Veganer mit einer
weihnachtlichen Sesamkruste mit Honig gebraten. "Die armen ausgebeuteten
Bienen. Das kann ich nicht essen." Ich würd dir ja was erzählen, wenn du mein
Kind wärst, aber ich lächelte und sagte, um den weihnachtlichen Frieden wieder
herzustellen, "Aber das ist doch Löwenzahnsirup". Gott, was denkt die sich,
natürlich war das Honig, aber in der ganzen Einkaufshektik denke ich doch nicht
auch noch an sowas. Schnell ein Schluck Wein. Und wieso arme ausgebeutete
Bienen, wer denkt denn bitte schön an mich?
Inzwischen musste ich aufstehen und aus der Südkurve die Sauce Hollandaise
weg holen. Zucker, Gicht und Galle haben gedacht, ich sehe das nicht. Ich hatte
kein Interesse, heute noch einen Rettungswagen mit Blaulicht vor der Tür
stehen zu haben, wegen einem Anfall oder einer Kolik. Notarzt und Sanitäter
sind an den Feiertagen schon genug gestraft, da sie nicht Zuhause bei ihren
Familien sein können. Ich überlegt kurz, ob das nicht vielleicht auch ein Vorteil
sein kann und ob ich vielleicht noch eine Umschulung machen könnte. Ich lächelte
und nahm einen Schluck Wein. Schon musste ich wieder aufstehen und in der
Südkurve nach dem Rechten sehen, während die Nordkurve, wie es schien, ihre
vegane Phobie überwunden zu haben schien, denn ich sah, wie beherzt Sauce
Hollandaise über den Spargel gegossen und sich ein Stückchen Braten
abgeschnitten wurde. Ich sehe schon, dass der Tofu liegen bleibt. Naja, dann
findet er eben ein schmuckloses Grab hinten im Garten. Ich lächelte bei dem
Gedanken. Da sah ich aus den Augenwinkeln, wie unser Jüngster beherzt seinen
Brei mampfte. Der einzige hier am Tisch, der, wie es schien, keine Probleme mit
seinem Essen zu haben schien. Ja, das waren noch Zeiten, als die Kinder klein
waren. Ich seufzte und nahm einen Schluck Wein. Ich dachte an das nächste
Weihnachtsfest. Da werde ich all meinen Lieben Kartoffeln und Gemüse machen.
Passierstab reinhalten …. Fertig.
Ob die dann auch alle so satt und glücklich aussehen, wie mein kleiner Enkel.
Ich lächelte, nahm ihn hoch auf meinen Schoss und er bekam eine extra große
Portion Eis und "Fokoladenpuddi mit Lachsoße" von der Oma. Und so saßen wir
beide da, lächelten satt und zufrieden und Oma nahm ab und zu noch ein
Schlückchen Wein und erzählte davon, wie es so war, "früher an Weihnachten",
bis der Kleine eingeschlafen war.
Das schmutzige Geschirr läuft mir schon nicht weg. Dafür würden meine Lieben
schon sorgen.
Ich wünsche Allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest