Zusammenfassung 10. Stunde

PD Dr. Falk Mylich
VL Gesellschaftsrecht & Kapitalgesellschaftsrecht WS 2016/17
Stunde 10
Thema 1: Übersicht zur Kommanditgesellschaft
Die Kommanditgesellschaft besteht aus zwei Typen von Gesellschaftern – den
Komplementären, die wie OHG-Gesellschafter zu behandeln sind und den
Kommanditisten, die nur beschränkt auf ihre Einlage haften. Mit ihrer beschränkten
Haftung sind noch weitere Modifikationen ihrer Stellung verbunden. Die
Gesetzestechnik lautet wie folgt: Die §§ 161 ff. HGB regeln einige Besonderheiten für
die Kommanditgesellschaft. Diese betreffen ausschließlich die besondere Rolle des
Kommanditisten. Gem. § 161 Abs. 2 HGB sind sonst die §§ 105 ff. HGB anwendbar. In
§ 105 Abs. 3 HGB wird auf die §§ 705 ff. HGB verwiesen.
Betreibt die KG ein Gewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB), ist die Eintragung im Handelsregister
nur noch deklaratorisch (h.M.). Gem. § 19 Abs. 4 HGB muss KG im Firmennamen
enthalten sein. Andernfalls haftet der Handelnde analog § 179 BGB für die
Verbindlichkeiten persönlich.
Thema 2: Die Geschäftsführung und Vertretung durch den Kommanditisten
Gem. § 164 HGB ist die Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Er
ist somit von der organschaftlichen Geschäftsführung ausgeschlossen
(Weisungsfreiheit, Kündbarkeit nur bei wichtigem Grund!). Per normalem
Dienstvertrag kann er beschäftigt werden. Der Bundesgerichtshof hält die Vorschrift
für dispositiv (BGHZ 51, 198). Das bedeutet: Im Gesellschaftsvertrag kann dem
Kommanditisten organschaftliche Geschäftsführungsmacht eingeräumt werden.
Bleibt es bei der gesetzlichen Regelung, dann stehen dem Kommanditisten keine
Widerspruchsrechte bei gewöhnlicher Geschäftsführung zu (§ 164 S. 1 HS. 2 HGB);
selbst bei Pflichtwidrigkeiten muss er abwarten und ggf. auf Schadensersatz klagen.
§ 164 S. 1 HS. 2 HGB gestattet nur Widerspruch bei außergewöhnlichen Geschäften.
Diese Vorschrift wird wie § 116 Abs. 2 HGB so interpretiert, dass der
geschäftsführungsbefugte Gesellschafter zuvor die Gesellschafter informieren muss
und nicht nur bei einem zufälligen Entdecken gestoppt werden kann. § 164 S. 2 HGB
lässt § 116 Abs. 3 HGB unberührt. Das bedeutet, dass allein die Komplementäre für
die Bestellung eines Prokuristen zuständig sind. Natürlich bleibt die Zuständigkeit der
Gesellschafterversammlung für die Grundlagengeschäfte erhalten. Dazu gehört auch
die Bestellung eines Abschlussprüfers (BGHZ 76, 338).
Gem. § 170 HGB ist der Kommanditist von der Vertretung ausgeschlossen. Er ist somit
von der organschaftlichen Vertretung ausgeschlossen (§§ 125 ff. HGB; unbegrenzbar,
Entziehung nur bei wichtigem Grund). Diese Vorschrift ist zwingend (BGHZ 51, 198).
Das bedeutet, dass immer ein Komplementär gefunden werden muss, der die
organschaftliche Vertretungsmacht übernimmt. In der Praxis gibt es die Konstellation
einer KG mit einer GmbH und einer natürlichen Person als Komplementär aus zwei
Gründen: Durch Einsetzung der natürlichen Person wird die Anwendung der
strengen Bilanzierungsregeln gem. §§ 264a ff. HGB verhindert, die eine zwingende
Registerpublizität mit sich bringen. Durch Einsetzung der GmbH kann der natürlichen
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Person die organschaftliche Vertretungsmacht entzogen werden, weil diese ja noch
der GmbH, d.h. ihrem Geschäftsführer zustehen kann.
Schwierigkeiten ergeben sich häufig in der Konstellation, dass zwei Komplementären
Gesamtvertretungsmacht zusteht bzw. einer von ihnen zusammen mit einem
Prokuristen vertreten darf. Das ist möglich, weil der Einsatz von ausschließlich zwei
Komplementären die organschaftliche Vertretungsmacht erhält. Scheidet einer der
beiden
Komplementäre
aus,
erhält
der
verbleibende
Komplementär
Einzelvertretungsmacht. Das ist im Zweifel selbst dann anzunehmen, wenn ein
weiterer Komplementär existiert, dem die organschaftliche Vertretungsmacht
entzogen war (BGHZ 41, 367).
Ist dem Kommanditisten Prokura im Gesellschaftsvertrag eingeräumt worden, gilt
§ 52 Abs. 1 HGB mit seiner jederzeitigen Widerruflichkeit ausnahmsweise nicht.
Vielmehr ist in Anknüpfung an §§ 117, 127 HGB ein wichtiger Grund für den Widerruf
notwendig (BGHZ 17, 392). Der BGH verlangt eine Klage auf Wiedereinräumung der
Prokura, die Gegenauffassung will der Entziehung gem. § 242 BGB die Wirksamkeit
versagen. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist m.E. dem BGH zu folgen.
Thema 2: Rechte und Pflichten
Gem. § 165 HGB trifft den Kommanditisten kein Wettbewerbsverbot. Es wäre
konsequent, davon eine Ausnahme zu machen, wenn der Kommanditist
organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis hat. Der Kommanditist ist stets der
Treuepflicht unterworfen. Deren Intensität hängt aber von den Einflussmöglichkeiten
des Kommanditisten ab. So kann ein besonders einflussreicher Kommanditist
zumindest über die Treuepflicht de facto einem Wettbewerbsverbot unterfallen.
Allerdings ist die Treuepflicht allein auf Schadensersatz gerichtet. Die Herausgabe der
Geschäftschance kann nicht per se verlangt werden, sondern nur als Posten im
Rahmen des Schadensersatzes. Konnte die KG das Geschäft nicht vornehmen, fehlt ihr
insoweit ein Schaden.
Gem. § 166 Abs. 1 HGB hat der Kommanditist einen Informationsanspruch. Dieser ist
aber im Gegensatz zu jenem des Komplementärs aus § 118 HGB auf die Einsichtnahme
in die Bücher zur Erstellung eines Jahresabschlusses begrenzt. Gem. § 166 Abs. 3 HGB
kann das Gericht (anders als bei § 166 Abs. 1 HGB im Verfahren nach FGG) neben der
Bilanzmitteilung und Vorlegung der Bücher auch sonstige Aufklärungen anordnen,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Nunmehr hat sich der BGH in einer für BGHZ
bestimmten Entscheidung (NZG 2016, 1102) vor wenigen Monaten klarstellend zum
Verhältnis von § 166 Abs. 1 HGB und § 166 Abs. 3 HGB geäußert. § 166 Abs. 3 HGB
erfasst nicht nur die Information über die Jahresabschlüsse. Vielmehr liegt bei einem
wichtigen Grund ein allgemeines Informations- und Kontrollrecht vor. Geschichte
und Systematik ergeben eine Eigenständigkeit von § 166 Abs. 3 HGB gegenüber § 166
Abs. 1 HGB.
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Thema 3: Die Vermögensrechte und Gesellschafterkonten
In den §§ 167-169 HGB sind die Vermögensrechte des Kommanditisten geregelt. Es
geht um die interne Gewinnverteilung. Gem. § 167 Abs. 2 HGB wird dem
Kommanditisten der Gewinn nur solange zugeschrieben, wie er sein Kapital nicht
aufgebracht hat. Anschließend erhält er es jeweils als Gewinn ausgeschüttet. § 169
Abs. 1 S. 2 HGB regelt, dass der Kommanditist solange keinen Gewinn erhält, wie sein
Kapitalanteil unter die bedungene Einlage gesunken ist. § 169 Abs. 2 HGB belässt
hingegen einen einmal erwirtschafteten Gewinn dem Kommanditisten, auch wenn im
folgenden Jahresabschluss ein Verlust ausgewiesen wird und der Gewinn nicht
abgezogen worden ist. Diese Vorschriften betreffen alle das Innenverhältnis und sind
somit dispositiv. § 169 Abs. 2 HGB hat aber insoweit Auswirkungen auf die Haftung
des Kommanditisten, dass ein einmal bezogener Gewinn, der stehengelassen wurde,
auch nach einem Verlustjahr noch haftungsunschädlich ausgezahlt werden kann.
Das Gesetz sieht ein Zweikontenmodell vor. Das erste Konto ist ein Kapitalkonto. Auf
diesem wird die bedungene Einlage verbucht. Hat der Kommanditist nicht sofort die
gesamte Einlage aufgebracht, werden Gewinne gutgeschrieben, bis die Summe
erreicht ist. Das wird auch als Leistung der Einlage gewertet, was somit zur
Haftungsfreiheit gem. § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB führt. Darüber hinausgehende Gewinne
werden dem zweiten Konto, einem Darlehenskonto, gutgeschrieben. Es wird z.T. auch
Privatkonto genannt.
In der Praxis werden Drei- der Vierkontenmodelle genutzt. Beim Dreikontenmodell
gibt es neben dem Kapitalkonto des Zweikontenmodells noch ein weiteres
Kapitalkonto. Auf diesem werden stehengelassene Gewinne ausgewiesen, die nicht
ausgeschüttet werden sollen. Es handelt sich um Rücklagen. Sie werden in folgenden
Verlustjahren zur Verlustverrechnung genutzt – § 169 Abs. 2 HGB gilt für dieses Konto
somit nicht. Beim Vierkontenmodell wird noch ein drittes Kapitalkonto geschaffen.
Gebundene Gewinne werden auf dem zweiten Kapitalkonto belassen, während das
dritte Konto ein Verlustvortragskonto ist. Es kommt in Verlustjahren zum Einsatz,
wird negativ und wird durch folgende Gewinne wieder auf Null gestellt. Darüber
hinausgehende Gewinne werden wieder auf dem zweiten Kapitalkonto mit den
gebundenen Gewinnen oder eben auf dem Darlehenskonto des Gesellschafters
gutgeschrieben. Zum grundlegenden Verständnis der Kontenmodelle (für eine
Studienabschlussarbeit, nur für diese, nicht für die Klausur!) dient der epische Aufsatz
von Ulrich Huber, ZGR 1988, 1-100.