Viel Plan in der Klimapolitik: Der Klimaschutzplan 2050

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08.12.2016
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
Viel Plan in der Klimapolitik:
Der Klimaschutzplan 2050
Die Ziele des Klimaschutzplans 2050 sind ambitioniert: Volkswirtschaft modernisieren, Fehlinvestitionen vermeiden, Wettbewerbsfähigkeit steigern, Wohlstand sowie Beschäftigung schaffen und Unternehmen den richtigen Weg zur Dekarbonisierung zeigen. Doch was bedeutet das für die Wirtschaft?
Visionäre Planvorgaben
Der Klimaschutzplan sieht vor, den Ausstoß der Treibhausgase bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber
1990 zu reduzieren. Als Zwischenziel müsste bereits bis zum Jahr 2030 ein Rückgang um mindestens 55 Prozent
realisiert werden. Die Zielerreichung wird auf die fünf Sektoren Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Industrie sowie Verkehr und Gebäude verteilt. Eine Tabelle hierzu gibt es unter www.dihk.de/tdw. Erreicht einer der Sektoren
sein Ziel nicht, müssen laut Plan andere Sektoren mehr leisten.
Quantensprünge
erforderlich
Die Planung ist ehrgeizig und ungewiss zugleich, das beweist ein Blick in die Vergangenheit: Bis 2014 hat
Deutschland gegenüber 1990 rund 27 Prozent seiner Emissionen reduziert, allerdings maßgeblich ermöglicht
durch den Zusammenbruch der DDR-Industrie. Um eine einheitliche Entwicklung in den nächsten 15 Jahren zu
erreichen, wären Quantensprünge in der kohlenstofffreien Energieerzeugung erforderlich.
Die Umsetzung des Klimaschutzplans geht auch ins Geld: Das Volumen der EEG-Umlage beträgt 2017 rund
24 Milliarden Euro. Durch den weiteren Ausbau und die Integration der erneuerbaren Energien in das Energie­
system könnten für den Zeitraum 2016 bis 2025 Zusatzkosten in Höhe von über 100 Milliarden Euro entstehen.
Licht und Schatten beim
Emissionshandel
In dem Klimaschutzplan legt Deutschland auch die Eckpunkte für die aktuelle Beratung der Novelle der Emissionshandelsrichtlinie in Brüssel fest. Denn der EU-Emissionshandel (ETS) gilt als das Flaggschiff der Klima­politik,
weil er ökonomisch und ökologisch effizient ist. Zudem erfasst er in der EU rund 60 Prozent der Treib­hausgase.
Umso wichtiger ist es, dass die ETS-Richtlinie für die vierte Handelsperiode (2021 bis 2030) wirtschaftsverträglich
und kalkulierbar ausgestaltet wird.
Am Klimaschutzplan ist positiv, dass auch eine höhere kostenlose Zuteilung von Zertifikaten bei Produktionswachstum für Unternehmen angestrebt wird. Dazu laufen zurzeit Verhandlungen in Brüssel. Als Kontrapunkt sollen nationale Eingriffe mit höheren Zertifikatspreisen möglich sein. Gemeint ist damit ein Kohleausstieg der Mitgliedstaaten,
bei dem gleichzeitig freiwerdende Zertifikate von der Bundesregierung gelöscht werden. Damit würde das EU-Handelssystem für die rund 1.900 Anlagen in Deutschland und 12.000 Anlagen EU-weit weniger kalkulierbar werden.
Flankierende
Klimainstrumente
Darüber hinaus enthält der Plan viele neue Instrumente: Energieaudits für Unternehmen, verlängerte
­ utzungsdauer von Produkten (Ökodesign), klimafreundliche Fortentwicklung des Steuer- und Abgaben­
N
systems und den Abbau umweltschädlicher Subventionen.
Die Politik sollte beim Thema Ökodesign zurückhaltend agieren. Ökodesign sollte nicht zu einem staatlichen
Instrument von Produktions- und Technologielenkung werden.
Global statt national
Beflügelt von der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris soll der Klimaschutzplan erneut die deutsche Vorreiterrolle im globalen Klimaschutz unterstreichen. Deutschland kann aber mit einem Anteil von rund zwei Prozent
an den globalen CO2-Emissionen die Welt nicht retten. Die gesamte Staatengemeinschaft muss vergleichbare
Maßnahmen ergreifen. Die deutsche Wirtschaft kann ihrerseits sicher einen wichtigen Beitrag durch den Export
von Umwelttechnologien und innovativen Lösungen leisten. Dazu können aber nur leistungsfähige deutsche
Unternehmen beitragen, deren Wettbewerbsfähigkeit nicht durch den Klimaschutzplan 2050 gefährdet wird.
Wie der Klimaschutzplan
sein sollte
Der Plan für 2050 sollte als Prozess angelegt werden, in dem „auf Sicht“ gefahren wird – unter Einbeziehung
aller wichtigen Akteure, insbesondere der Wirtschaft. Kurzfristige Meilensteine, die wirtschafts- und gesellschaftsverträglich erreicht werden, sind zielführender als ehrgeizige Visionen. Technologieneutralität, Innovationsoffenheit und ein Preisschild für die wichtigsten Maßnahmen sind für die Wirtschaft essenziell.
Ansprechpartner:
Dr. Armin Rockholz, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2212