KINDER-VORLESUNG IN DEN FERIEN

Neue Welten zu schaffen, Inspiration und Realität miteinander zu verknüpfen, das
mache die literarische Arbeit so herrlich, sagt Derwahl in einem Interview. Wer sich
nicht mitteilen wolle, sollte nicht publizieren, so der Autor weiter. Seit seinem ersten
1964 erschienenen Gedichtband habe er stets über dieselben Obsessionen
geschrieben. So ist auch Nonna stirbt als Roman mit autobiografischen Zügen
angelegt, erinnert aber über weite Strecken an ein „conte philosophique“, eine
vordergründig zwar durchaus unterhaltsame Fiktion, der jedoch eine tiefgründige
Botschaft innewohnt. Der Autor nimmt den Leser mit auf die herb-süße Reise in die
Vergangenheit und Zukunft einer „schönen, starken“ Frau, deren letzte, keusche
Liebe zu einem jüngeren Mann in ein existentielles Ringen mündet. Hinter dem
Zerrbild des unter Dogmen und Katechismen begrabenen Gottes ihrer Kindheit
erscheinen nach und nach die Schemen einer tiefen Sehnsucht nach Licht und
„Herrlichkeit“, kann lang verschüttetes Urvertrauen neu erblühen. Die zarte Hoffnung
auf Erlösung durch die unendliche Liebe des Gekreuzigten ist allenthalben spürbar,
aber sie meidet „Pauken“ und „Trompeten“. Leise und demütig tastet Nonna sich an
das große Ziel heran: den Krebstod im Dezember empfängt sie schließlich wie einen
„Vorfrühling“.
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