Digitalisierung in der Finanzberatung Fintechs und Banken: Abhängigkeit statt Konkurrenz Universalbank oder Fintechs – Wie gestaltet sich der Kampf der Finanzdienstleister um Marktanteile? Und wie verändert sich die Art, wie wir Geld investieren und leihen? Eine Prognose hierzu wagt der Berliner Fintech-Unternehmer Radoslav Albrecht in einem Gastbeitrag. Banking-Dienstleistungen als ein Monopol der Banken - das war einmal. Dank Fintechs gibt es inzwischen für jede Dienstleistung einer Bank eine Alternative. Die jungen Wilden treiben die alten Riesen zunehmend in die Enge. Alles nur Marketing-Gehabe der Fintechs oder eine echte Bedrohung? Wie sieht das Banking in der Zukunft aus? Wo können Fintechs wirklich einen Unterschied machen? Dieser Beitrag soll eine Prognose wagen. Die Zukunft der Banken scheint nicht nur ungewiss, sie ist ungewiss. Wie ein aktueller Report des Fraunhofer IAO zeigt, schätzen Entscheidungsträger innerhalb der Banken ihre Situation selbst als kritisch ein. Zu den Herausforderungen, die die Branche in die Knie zwingen, zählen neben der Niedrigzinsphase ebenso die Innovationsflaute im Zuge der Digitalisierung. Die Konkurrenz der Fintechs, verringert die Abhängigkeit der Kunden von den Banken und hiermit deren Vormachtstellung im Markt. Stichwort „Unbundling” Wenn es um eine Vorhersage über die Rollenverteilung bei Finanzdienstleistungen geht, streiten sich die Gemüter. Bei einem genaueren Blick auf die Fintech-Unternehmen lässt sich jedoch ein Trend erkennen. Das Stichwort heißt „Unbundling”, was so viel bedeutet wie: Viele kleinere spezialisierte Unternehmen ersetzen nach und nach die einzelnen Finanzdienstleistungen von Universalbanken. Schließlich decken Fintechs in ihrer Summe mittlerweile nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von Banken ab. Für einen Kredit wenden sich immer mehr Kunden an „peer-to-peer Lending“-Plattformen, für Versicherungsdienstleistungen an „Insurtechs“, und so weiter. Mittlerweile gibt es für jeden Service einer Bank eine Reihe an Start-ups, die alternative und digitale Lösungen anbieten. Das Fintech-Paradox Es ist also eine Entwicklung erkennbar, in der viele neue, innovative Unternehmen Finanzdienstleistungen anbieten. Auf der anderen Seite scheint die Bedrohung durch Disruption und die Notwendigkeit für eigene, digitale Innovationen kaum bei den Entscheidungsträgern von Banken soweit angekommen zu sein, dass bereits echte Fortschritte im Angebot der Banken erkennbar wären. Als Beispiele seien hier der schleppende Start von PayDirekt oder das bisher wenig erfolgreiche Magellan Projekt der Deutschen Bank genannt. Diese Diskrepanz zwischen Marktentwicklung, Einschätzung und Handlungen der etablierten Anbieter ist aus anderen Branchen kaum bekannt. Eine Erklärung dafür könnte ein etwas genauerer Blick auf die Beziehung von Fintechs und Banken liefern. Beziehung: Abhängigkeit Die scheinbare Konkurrenzsituation von Banken und Fintechs ist vielmehr eine Beziehung der Abhängigkeit. Finanzdienstleistungen sind einerseits hoch reguliert und erfordern andererseits eine komplexe, sichere Infrastruktur. Diese Infrastruktur ist so kostenintensiv, dass kleine Unternehmen kaum in der Lage sind, sich diese selbst aufzubauen. Die Alternative besteht darin, sich der Infrastruktur von großen Banken zu bedienen. Trotz eigener Bafin-Lizenzen, die einige Fintechs mittlerweile erteilt bekommen haben (zum Beispiel N26, solarisBank, Bitbond), sind die meisten jedoch in letzter Konsequenz nicht wirklich bankenunabhängig. Zugang zu Bankkunden Um beispielsweise die Kontoführung anbieten zu können oder um eine Anbindung an den Zahlungsverkehr zu haben, brauchen Fintechs in den meisten Fällen einen Bankpartner. Zusätzlich haben Banken nach wie vor eine enorme Zahl an Kunden mit einer eingeschränkten Wechselbereitschaft. Fintechs erhoffen sich in vielen Fällen durch eine Zusammenarbeit mit Banken den Zugang zu diesen Kunden und somit zu schnellerem Wachstum. Die große Frage, die über der Zukunft des Bankenwesens schwebt ist die, ob Fintechs in Zukunft in der Lage sind, wirklich bankenunabhängig zu handeln und damit einen echten Wettbewerb herstellen können. In diesem Artikel werden zwei entscheidende Treiber genannt, wie dieser Wettbewerb möglich werden kann: Die Entstehung neuer Technologien für eine bankenunabhängige Infrastruktur und die digitale Entwicklung bei den Anwendern. Bankenunabhängige Infrastruktur Eine mögliche Lösung zur Unabhängigkeit von Banken in Fragen der Infrastruktur bietet Fintechs die Blockchain-Technologie. Fintech Startups können mit Hilfe von Blockchain-Lösungen, die in den meisten Fällen frei und öffentlich zugänglich sind, bankenunabhängig sowie auf Basis einer eigenen Infrastruktur operieren und trotzdem höchste Sicherheitsstandards einhalten. Um nur einige Beispiele zu nennen: mit Bitcoin hat jeder Entwickler freien Zugang zu einem globalen und immer weiter wachsenden Zahlungsnetzwerk das per API auf einfache Weise angesprochen werden kann. Ethereum bietet gleich einen komplett dezentralen Computer, dessen Blockchain über reine Zahlungstransaktionen hinaus für eine Vielzahl weiterer Finanztransaktionen geeignet ist. Anbieter wie Chain, BigchainDB, Monax oder Blockstack haben Teile ihrer Infrastruktur Open-Source gestellt so dass man als Programmierer Zugriff auf Technologien hat, die noch vor kurzer Zeit in ihrem Grundsatz Investitionen in Millionenhöhe erfordert hätten. Mammutprojekt Blockchain Auch wenn die Blockchain Technologie noch in ihren Kinderschuhen steckt und noch nicht den erforderlichen Reifegrad für Millionen von Kunden erreicht hat, kann man davon ausgehen, dass sie die Zukunft unserer Bankgeschäfte bestimmen wird und eher den Fintechs, als den Banken in die Karten spielt. Fintechs haben keine Alt-Infrastruktur bei der allein die Migration auf ein neues System ein Mammutprojekt darstellt. Digitale Entwicklung der Anwender Wie der World Wide Fintech Report 2017 zeigt, nutzt bereits jeder zweite Bankkunde weltweit die Dienstleistung eines Fintechs. Kundenbesuche in einer Bankfiliale verringern sich stetig. Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es eine ganze Schließungswelle von Filialen. Hinzu kommt die Verbreitung von Smartphones in der Gesellschaft. Im Einzelhandel ist Mobile Commerce in 2016 um 45 Prozent gewachsen, wie eine Studie RetailMeNot berichtet. Per Klick über den Touchscreen wird einfach, schnell und unkompliziert eingekauft. Im E-Commerce wird deshalb schon lange auf optimierte App-Auftritte und Mobile-Versionen geachtet. Der Trend zu „mobile first“ wird bald auch im Banking ankommen. Die zunehmend digitale Entwicklung der Anwender verlangt nach digitalen Lösungen der Anbieter. Blick in die Zukunft Wird es in 15 Jahren noch Banken geben? Davon kann man recht sicher ausgehen, Banken werden nicht vollkommen verschwinden. Sie werden aber aufgrund der zunehmenden Konkurrenz von kleinen Spezialisten Marktanteile verlieren. Besonders wird sich der Rückgang der Banken im Privatkundensektor zeigen. Die Weiterentwicklung von Technologie und das Endkundengeschäft werden vermehrt Fintechs bedienen. Sie bieten die Flexibilität und Agilität, um dem Kunden leichter nutzbare und effizientere Dienstleistungen zu liefern. Darüber hinaus wird durch neue, kostengünstigere Infrastruktur ein echter Wettbewerb zwischen Banken und Fintechs entstehen. Über den Autor Radoslav Albrecht (Foto) ist Gründer des Berliner Fintechs Bitbond, das nach eigenen Angaben „die erste globale Online Kreditplattform für Kleinunternehmer und Selbstständige“ anbietet. Auf Basis der Blockchain-Technologie und „Payment Network“ habe Bitbond eine alternative Investment-Möglichkeit für individuelle und institutionelle Investoren aus verschiedenen Regionen der Welt geschaffen. Kreditwürdige Kleinunternehmer und Selbstständige erhalten dem Unternehmen zufolge Zugang zu bankunabhänigen Krediten, um Betriebskapital beschaffen zu können. Seit dem Marktstart im Jahr 2013 habe Bitbond ein Kreditvolumen von mehr als 830.000 US-Dollar vermittelt. Mehr als 52.000 Nutzer aus mehr als 120 Ländern verwenden demnach die Plattform. Dieser Artikel erschien am 05.12.2016 unter folgendem Link: http://www.dasinvestment.com/digitalisierung-in-der-finanzberatung-fintechs-und-banken-abhaengigkeit-statt-konkurrenz/ Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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