3. Einheit - Vertragsrecht III

Vertragsrecht III
Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Mietvertragsrecht
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Begriff des Mietvertrages
§ 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem
Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu
gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem
zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu
überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu
erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete
zu entrichten.
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Abgrenzungen
Pachtvertrag (§§ 581 ff. BGB):
gegenüber der Miete
erweiterte Hauptleistungspflichten des Verpächters Gebrauchsüberlassung und zusätzlich Genuss der Früchte
(§ 99 BGB)
erweiterter Vertragsgegenstand: auf Sachen (§ 90) beschränkt,
auch Pacht von Rechten und anderen Gegenständen möglich
(§ 581 Abs. 1 BGB)
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Vertragsrecht III
§ 2 Vertragstypenlehre, Mietvertrag I
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen
Leihvertrag (§§ 598 ff. BGB)
unentgeltliche Gebrauchsüberlassung = gesetzlich geregeltes
Gefälligkeitsverhältnis
Sachdarlehen (§§ 607 ff. BGB)
Unterschied zur Miete: keine Verpflichtung zur Rückgabe gerade
der überlassenen Sache, stattdessen Rückerstattung von
gleicher Art Güte und Menge
Sachdarlehen (§§ 607 ff. BGB)
lediglich Aufbewahrung der überlassenen Sache, Gebrauch
dagegen ausgeschlossen
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Mietgegenstand
Sache iSd. § 90 BGB
aber: BGH unterstellt auch die Gebrauchsüberlassung von
Software dem Mietrecht
kein Eigentum des Vermieters an Sache erforderlich (auch Vermietung
fremder Sachen möglich, z.B. Untervermietung)
gesetzlicher Grundfall: Stückschuld des Vermieters (individuelle Sachen)
aber: auch gattungsmäßige Bestimmung der Mietsache möglich
(z.B. Hotelzimmer)
Besitzrecht des Mieters an Wohnung genießt gegenüber dem Vermieter
Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Abschluss des Mietvertrages
für Vertragsschluss gelten allgemeine Regelungen der §§ 145 ff. BGB
AGB sind der Regelfall = Inhaltskontrolle gemäß § 307 ff. BGB
(allerdings idR unproblematisch)
im Fall von Diskriminierungen (z.B. wegen der ethnischen Herkunft)
ist § 19 AGG relevant
kein Schriftformerfordernis (§ 550 BGB)
unangemessen hohe Miete
Wohnraummietverträge: § 134 BGB iVm. § 5 Abs. 1 WiStG
Gewerbemietverträge: § 138 BGB (Sittenwidrigkeit bei mehr als
100 % der ortsüblichen Vergleichsmiete)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Leistungspflichten des Vermieters
Gebrauchsüberlassung, § 535 Abs. 1 S. 1 BGB
idR. durch Einräumung des unmittelbaren Besitzes der Sache
(§ 854 BGB)
Ausnahme: in bestimmten Fällen kann bloße
Zugänglichmachung genügen (Vermietung von Werbeflächen)
Überlassung in gebrauchsfähigen Zustand, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB
Bestimmung durch Beschaffenheitsvereinbarung, sonst durch
Nutzungszweck
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Leistungspflichten des Vermieters
Erfüllungsanspruch bei Mangel
anders als das Kaufrecht kennt das Mietrecht keinen besonders
ausgestalteten Nacherfüllungsanspruch
bei Mängeln der Mietsache daher vor allem Erfüllungsanspruch
Verpflichtung des Vermieters, Mietsache in vertragsgemäßen
Zustand zu versetzen
Pflicht zur Duldung des vertragsgemäßen Gebrauchs
Konkretisierung durch ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB
unproblematisch: Versorgungseinrichtungen (Gas- und Elektrogeräte)
problematisch: Parabolantenne (BVerfG: unzulässig, wenn
kostenpflichtiger Empfang über Kabel)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Leistungspflichten des Vermieters
im Einzelfall Pflicht zur aktiven Abwehr von Störungen Dritter
Pflicht zur Instandhaltung der Mietsache, § 535 Abs. 2 S. 2 BGB
umfasst alle zum Erhalt des vertragsgemäßen Gebrauchs der
Mietsache erforderlichen Maßnahmenerforderlichen Maßnahmen
erforderlichen Maßnahmen
umfasst Reparatur aufgrund Abnutzung durch
vertragsgemäßen Gebrauch
Komplex: Schönheitsreparaturen
Instandhaltungspflicht abdingbar, erfolgt durch häufig AGB
Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf Mieter ist die Regel
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Leistungspflichten des Vermieters
vertragsimmanenter Konkurrenzschutz
bei Vermietung von Geschäfts- oder Gewerberäumen: keine
Vermietung an Konkurrenzunternehmen im selben Gebäude
oder unmittelbarer Umgebung
bei Verstoß: Beseitigungsanspruch des Mieters nach § 535 Abs.
1 S. 2 BGB
bei Verstoß liegt darüber hinaus ein Mangel vor, der Rechte nach
den §§ 536 ff. BGB auslöst
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Leistungspflichten des Vermieters
Nebenleistungspflichten des Vermieters
Versorgung mit Wasser, Strom und Heizung
gem. § 535 Abs. 1 S. 3 BGB Übernahme von Lasten der
Mietsache (Müllgebühren, Grundsteuerfeuerversicherung)
gem. § 556 BGB Überwälzung auf den Mieter zulässig
aber: Transparenzgebot (klare Erkennbarkeit der Belastungen
erforderlich)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Schutzpflichten des Vermieters
Warn- und Aufklärungspflicht des Vermieters
bei Verletzung Schadensersatzanspruch nach den §§ 280 Abs. 1,
311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB
Duldung der Wegnahme durch Mieter nach § 539 Abs. 2 BGB
z.B. wenn der Mieter eine neue Badewanne in das Badezimmer
einbaut, gem. §§ 946,94 BGB. erwirbt der Vermieter Eigentum an
der Badewanne, allerdings muss er nach § 539 Abs. 2 BGB die
Wegnahme der Badewanne durch den Mieter bei Auszug dulden
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Überblick
Zahlung der Miete (§ 535 Abs. 2 BGB)
vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache
Rückgabe der Mietsache (§ 546 BGB)
Mängelanzeige (§ 536 c BGB)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
aber …
keine Abnahmepflicht (§ 535 Abs. 2 BGB)
kein Entfallen der Mietzahlungspflicht bei Verhinderung
keine Mietzahlungspflicht bei fehlender Gebrauchsüberlassung
(§ 537 Abs. 1 BGB)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Zahlung der Miete (§ 535 Abs. 2 BGB)
Grundsatz: Ende der Mietzeit (§ 579 BGB)
Sonderregelung für Wohnraummiete: Zahlung im Voraus
(§ 556 b Abs. 1 BGB) = praenumerando
Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht wegen Forderung aus
§ 536a BGB (Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch)
§ 579 BGB (Ersatz sonstiger Aufwendungen)
wegen überzahlter Miete
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Miethöhe
freie privatautonome Vereinbarung
Grenzen
§ 138 Abs. 2 BGB
§ 5 WiStG (bei Wohnraum)
wegen überzahlter Miete
§§ 556 d f. BGB („Mietpreisbremse“)
§§ 557 ff. BGB (Begrenzung von Mieterhöhungen)
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§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Persönliche Nutzungsverhinderung (§ 537 Abs. 1 BGB)
keine Befreiung von der Mietzahlungspflicht, wenn der Mieter aus
persönlichen Gründen die Mietsache nicht nutzen kann
Begründung
Vermieter schuldet nur Verschaffung der Möglichkeit zum
Gebrauch
tatsächliche Nutzung fällt in die Risikosphäre des Mieters
aber: Vermieter muss sich Ersparnisse anrechnen lassen
aber: bei Weitervermietung entfällt Mietzahlungspflicht
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Folgen der Verletzung der Mietzahlungspflicht
Schuldnerverzug, §§ 280 Abs. 1, 286, 288 BGB
Recht zur fristlosen Kündigung, § 543 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB
allerdings: Einschränkung des Kündigungsrecht bei
Wohnraummiete, § 569 Abs. 3 BGB
Folge: wirksame Kündigung kann bei Befriedigung des
Vermieters nachträglich wieder unwirksam werden
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache
grundsätzlich keine Benutzungspflicht (Ausnahme:
Nichtbenutzung schadet der Mietsache, z.B. Musikinstrument)
Abnutzungen / Verschlechterungen der Mietsache durch
vertragsgemäßen Gebrauch: keine Ersatzpflicht des Mittels,
durch Mietzahlung abgegolten
Hauptproblem: Bestimmung der Grenzen des
vertragsgemäßen Gebrauchs
Parteivereinbarung
Interessenabwägung
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Verletzung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache
Unterlassungsanspruch, § 541 BGB
fristlose Kündigung, § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB
befristete Kündigung, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Wohnraum)
Schadensersatz, § 280 Abs. 1 BGB
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Parabolantenne
unzulässig wenn (auch kostenpflichtiger) Kabelempfang möglich
ausnahmsweise dann zulässig, wenn sonst kein Empfang von
Nachrichten / Sendungen in Muttersprache möglich (z.B. keine
kurdischen Programme im Kabelnetz)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
Pflichten des Mieters
Untervermietung
grds. nur mit Zustimmung des Vermieters, § 540 Abs. 1 BGB
Ausnahme: Aufnahme von Familienangehörigen ohne
Zustimmung des Vermieters möglich, Art. 6 Abs. 1 GG
Sonderregel des § 553 BGB: Anspruch auf Zustimmung zu
Untervermietung bei berechtigtem Interesse des Mieters
berechtigtes Interesse nach Abschluss des Mietvertrages
Teiluntervermietung (BGH: Mitgewahrsam ausreichend)
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
BGH NJW 2014, 2717
1. Ein mehrjähriger (berufsbedingter) Auslandsaufenthalt des Mieters
kann ein berechtigtes Interesse an der Überlassung eines Teils des
Wohnraums an einen Dritten begründen.
2. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums im Sinne des §
553 Absatz I BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der
Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig
aufgibt. Hierfür genügt es, wenn er ein Zimmer einer größeren
Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu
lagern und/oder dieses gelegentlich zu Übernachtungszwecken
(Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) zu nutzen.
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Vertragsrecht III
§ 3 Mietvertrag II
BGH NJW 2006, 1200
1. Der Anspruch des Wohnungsmieters auf Erteilung der Erlaubnis
zur Untervermietung setzt nicht voraus, dass der Mieter in der
Wohnung seinen Lebensmittelpunkt hat.
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