studien im fokus - Deutsches Ärzteblatt

MEDIZINREPORT
STUDIEN IM FOKUS
MYOKARDINFARKT OHNE ST-HEBUNG
Nutzen früher invasiver Therapie noch nach 15 Jahren
Als erste randomisierte Studie hatte
FRISC-II im Jahr 1999 ergeben,
dass das Risiko zu sterben oder einen Herzinfarkt zu erleiden, für Patienten mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) durch frühe invasive Revaskularisierung signifikant
sinkt im Vergleich zu einer nichtinvasiven Therapie mit Dalteparin
(1). Nach 6 Monaten hatten in der
invasiv behandelten Gruppe 9,4 %
den kombinierten Endpunkt aus
Tod oder Herzinfarkt erreicht, in
der Vergleichsgruppe 12,1 % (p =
0,031). Nun liegen die Daten für 15
Jahre Nachbeobachtung vor (2).
Die Endpunkte Tod und erneuter
Herzinfarkt traten bei frühinvasiv
behandelten Patienten im Schnitt
549 Tage (95-%-Konfidenzintervall
[KI]: 204–888; p = 0,0020) später
auf als bei Dalteparin. Am stärksten
war der Effekt bei Nichtrauchern
(809 Tage; 95-%-KI: 402–1175; p
für Interaktion = 0,0182), Patienten
mit erhöhtem Troponin T (778 Tage; 95-%-KI: 357–1165; p für Interaktion = 0,0241) und Patienten mit
hohen GDF-15-Konzentrationen
(1 356 Tage; 95-%-KI: 507–1 650; p
für Interaktion = 0,0210). Die Unterschiede waren großteils auf das
Hinausschieben eines neuen Herzinfarkts zurückzuführen. Der frühe
Mortalitätsunterschied alleine blieb
im Verlauf nicht erhalten. Tod oder
Rehospitalisierung wegen ischämischer Herzerkrankung wurden durch
die invasive Strategie im Durchschnitt um 1 128 Tage (95-%-KI:
830–1 366) hinausgezögert, in allen
Untergruppen (p < 0,0001).
Fazit: Die Nachbeobachtung der
FRISC-II-Studie zeigt, dass auch
15 Jahre nach Studienende bei den
EISENMANGEL BEI SYSTOLISCHER HERZINSUFFIZIENZ
Eisensubstitution i.v. verbessert die Leistungsfähigkeit
Ob eine intravenöse Eisentherapie
bei systolischer Herzinsuffizienz
klinische Symptomatik und Prognose der Patienten verbessern kann,
war Fragestellung einer Metaanalyse randomisierter kontrollierter
Studien. 5 Untersuchungen mit 851
Patienten erfüllten die Einschlusskriterien. Als Anämie galt ein
Hb < 11,5 g/dL für Frauen und
< 12,5 g/dL für Männer, als Eisenmangel ein Ferritin < 100 μg/L oder
100–299/300 μg/L bei einer Transferrinsättigung (TSAT) </≤ 20 %).
In 2 Studien hatten die Patienten Eisenmangel plus Anämie, in 3 Studien gab es anämische und nichtanämische Teilnehmer. 509 Probanden
hatten Eisen i.v. erhalten, 342 waren in den Kontrollgruppen.
Die Eisentherapie i.v. reduzierte
das Risiko für den kombinierten
A 2212
Endpunkt aus Sterblichkeit jeglicher
Ursache und stationärer Aufnahme aus kardiovaskulärer Ursache
hoch signifikant (Odds Ratio [OR]:
0,44; 95-%-Konfidenzintervall [KI]:
0,30–0,64; p < 0,0001), ebenso für
den kombinierten Endpunkt kardiovaskuläre Mortalität oder Hospitalisierung wegen Verschlechterung
der Herzinsuffizienz (OR: 0,39;
95-%-KI: 0,24–0,63; p = 0,0001). In
beiden Gruppen, anämischen und
nichtanämischen Patienten, war diese Reduktion allerdings nicht auf eine Verminderung der Sterblichkeit
zurückzuführen, sondern auf das geringere Hospitalisierungsrisiko. Die
intravenöse Gabe von Eisen verbesserte die Herzfunktion (Reduktion
der NYHA-Klasse um durchschnittlich 0,54; Verlängerung der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest um
Patienten mit einer frühen invasiven Strategie harte, kombinierte
Endpunkte wie Tod oder Myokardinfarkt etwa 1,5 Jahre später auftraten, während der Endpunkt Tod
oder Rehospitalisierung aufgrund
einer ischämischen Herzerkrankung im Mittel um sogar mehr als
3 Jahre verzögert wurde“, resümiert
Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Kurt
Naber, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Contilia Herz- und Gefäßzentrum in Essen. „Die Langzeitergebnisse von
FRISC-II bestätigen den Nutzen einer frühen invasiven Therapie bei
NSTEMI.“
Nadine Eckert
1. Ragmin F, et al.: Invasive compared with
non-invasive treatment in unstable coronary-artery disease: FRISC II prospective randomised multicentre study. Lancet 1999;
354: 708–15.
2. Wallentin L, et al.: Early invasive versus
non-invasive treatment in patients with
non-ST-elevation acute coronary syndrome
(FRISC-II): 15 year follow-up of a prospective, randomised, multicentre study. Lancet
2016; 388: 1903–11.
durchschnittlich 31 m) und erhöhte
signifikant die Lebensqualität.
Fazit: „Bei symptomatischen herzinsuffizienten Patienten mit und ohne Anämie sollte die Frage eines
möglichen Eisenmangels geklärt
werden“, so Prof. Dr. med. Wolfram
Döhner, Kardiologe an der Charité
Berlin. „Zusätzlich zum Hb-Wert
ermöglicht dies die Bestimmung
von Ferritin und TSAT.“ Die beiden
Laborparameter seien 2016 in die
Leitlinie der European Society of
Cardiology eingefügt worden. Eisenmangel sei definiert als Ferritin
< 100 μg/L oder 100–300 μg/L bei
einer TSAT < 20 %. Nach i.v. Eisengabe sollten die Laborwerte 2–3
Monate später überprüft werden.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
Jankowska EA, et al.: Effects of intravenous
iron therapy in iron-deficient patients with
systolic heart failure: a meta-analysis of
randomized controlled trials. Eur J Heart Fail
2016; 18: 786–79.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 48 | 2. Dezember 2016