Shift 42 Ausblicke Klimakiller Sport Utility Vehicles – kurz SUV – polarisieren. Sie sind höher, breiter und schwerer als andere Pkw und verbrauchen mehr Sprit. Ist das zeitgemäß? Zwei Meinungen. Protokolle Sibel Şen Sicherheitstechnik wie ABS und ESP ist der SUV kein Dietmar Oeliger, 44, Leiter Verkehrspolitik beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Berlin, ist meist mit Bahn und Fahrrad unterwegs. Schönes Fahrzeugdesign kann ihn trotz dem begeistern, zum Beispiel ein Porsche 911, egal ob von 1963 oder 2016. Den Cayenne findet er dage gen auch ästhetisch unzumutbar. Katalysator für die Markteinführung neuer Antriebstechnologien. Hersteller rechnen sie mit Plug-in-Technologie zwar ganz lässig grün. Auf der Straße nutzt aber kaum jemand den Elektromodus. Schon gar nicht, wenn subventionierter Diesel billig ist. Über kurz oder lang wird der reine Verbrennungsmotor von den Straßen verschwinden. Premiumhersteller müssen deshalb aber nicht untergehen. Sie bieten schon heute in jeder Fahrzeugklasse Modelle an, die die Grenzwerte einhalten. Weil die Marge attraktiver ist, verkaufen sie Zugegeben: SUV erfreuen sich wachsender Beliebtheit. aber lieber umweltschädlichere Varianten. Und bescheren der Automobilbranche enorme Gewinne. 2015 war jeder fünfte Neuwagen ein Übergrößen- Die Hersteller wissen um den dramatischen Effizienz- modell, Tendenz steigend. Dass die Schwergewichte bis fortschritt, den sie in den nächsten Jahren und Jahr- zu 30 Prozent mehr Treibstoff verbrauchen, kümmert zehnten leisten müssen. Statt zu handeln, planen sie den Dienstwagenfahrer offenbar so wenig wie die gut aber munter die nächsten SUV-Generationen und ent- situierte Städterin. Gegen Physik kommt niemand an: wickeln aufwendige Werbekampagnen, damit die Große Fahrzeuge bedeuten auch mehr Emissionen. Kunden weiter überdimensionierte Autos kaufen. Das sollte den Unternehmen Zukunftssorgen bereiten. Das ist weder zukunftsfähig noch nachhaltig. Spätestens 2021 dürfen Pkw-Flotten laut EU-Vorgabe Und Klimaschutz ist mit dem aktuellen nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, also Fahrzeugportfolio nicht möglich. gut 3,6 Liter Diesel oder 4,1 Liter Benzin auf 100 Kilo- Die Industrie hat eine einfache metern. Davon ist die Branche weit entfernt – weniger Wahl: Entweder sie erzwingt auf dem Papier, doch vor allem beim realen Verbrauch. den Technologiewandel mit einem Effizienzsprung Selbst elektrisch betrieben sind SUV sehr ressourcen- oder sie schafft ganze intensiv, brauchen zudem größere Akkus und mehr Segmente ab. Von mir Strom als andere Modelle. Anders als bei innovativer aus gern den SUV. „Ein Anachronismus auf Rädern“ ‹ 43 Das Nachhaltigkeitsmagazin von Volkswagen oder Fortschrittstreiber? „Das SUV-Geschäft ermöglicht Innovationssprünge.“ Dr. Thomas Sedran, 51, Leiter der Volkswagen Konzern strategie, fährt privat einen Porsche Cayenne Hybrid. Mit der perfekten Kombination aus Sportwagen und robustem Familienfahrzeug fährt er an den Wochenenden mit Familie, Freunden und Hund häufig in die Berge – im Sommer zum Trailrunning, im Winter für ausgedehnte Skitouren. Kein Zweifel, SUV liegen im Trend. Seit 2010 verkaufen Aber: Indem wir den Antrieb elektrifizieren und im- wir jährlich 20 Prozent mehr dieser praktischen All- mer mehr Plug-in-Hybride und vollelektrische Fahr- zweckfahrzeuge. Was viele Kunden begeistert: Ein SUV zeuge auf die Straße bringen, wird es uns gelingen, den bietet eine Extraportion Sicherheit und Komfort sowie CO2-Ausstoß ingesamt zu verringern. Speziell dann, obendrein viel Stauraum. Vom Fahrersitz aus lässt sich wenn wir unseren Kunden Fahrstrom aus regenera- der Verkehr gut überblicken und auch der Ein- und tiven Energien anbieten. Elektrische Antriebe haben Ausstieg ist bequemer. Die Älteren unter uns wissen noch einen weiteren Vorteil: Sie animieren die Kunden das zu schätzen – und wir leben nun einmal in einer zu energiebewusstem Fahrverhalten. älter werdenden Gesellschaft. Nicht zu unterschätzen ist natürlich auch das soziale Prestige, das man heute All die technologischen Innovationen, die wir benöti- als SUV-Fahrer häufig noch genießt. gen, damit SUV auch künftig die strengeren gesetzli- Porträts: Uli Knörzer chen Anforderungen erfüllen, werden auch den vielen Ökologisch orientierte Kunden empfinden SUV dagegen weiteren Modellen des Volkswagen Konzerns zugute- als protzig und verschwenderisch – zu Unrecht. Es ist kommen. Insofern finanziert die Bereitschaft von richtig: SUV machen es uns nicht leichter, unsere Klima- SUV-Kunden, höhere Preise zu zahlen, die notwendigen ziele zu erreichen. Schlechtere Aerodynamik, etwas mehr Innovationssprünge in der Automobilindustrie. So wer- Gewicht und häufig etwas mehr an Motorleistung bedeu- den Arbeitsplätze von über zwei Millionen Menschen ten mehr Kraftstoff- beziehungsweise Energieverbrauch. am Hochlohnstandort Deutschland gesichert. ‹
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