SAP PARTNER Round Table Zuerst der Wandel im Kopf Wie sieht der Markt aus? Ist die Cloud angekommen? Wie viele Kennzahlen braucht HR? Wie können sich Personaler auf die fortschreitende Digitalisierung vorbereiten und wie wirkt sie sich auf ihre Arbeit aus? Das sind nur einige der Themen des SAP-HR-Round-Tables 2016. ach wie vor, das bestätigen alle Diskussionsteilnehmer einmütig, brumme das Geschäft. Die Nachfrage nach Lösungen in allen Personalbereichen ist nachhaltig – und es vergeht kein Jahr, in dem der Markt für SAP-Personallösungen nicht neue Höhen erklimmt. Doch das hat auch Schattenseiten, denn aufgrund des guten Geschäfts hat der Fachkräftemangel speziell die SAP-Welt schon lange erfasst. Seit mehr als vierzig Jahren stehen gute SAP-Berater ganz oben auf der Wunschliste der Systemhäuser. Man könne noch mehr tun, hätte man nur mehr qualifizierte Mitarbeiter, ist gleich zu Beginn das zentrale Thema, das die Anwesenden bewegt. Arbeit bliebe liegen, müsse verschoben werden und N Die Moderatoren des Round Tables: Professor Wolfgang Jäger und Sven Frost 6 Sonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de eigentlich wisse man gar nicht so genau, wie man die satte Auftragslage abarbeiten könne, ist unisono das Stimmungsbild. Der aktuelle DEKRA-Arbeitsmarktreport untermauert diese Situation: Kundenberater, Softwareentwickler, Projektmanager und IT-Fachkräfte stehen im Ranking der meistgesuchten Fachkräfte ganz oben. Moderator Professor Wolfgang Jäger, selbst Mitglied der Arbeitsgruppe „Demografiegipfel“, die sich aus Vertretern aus Bund, Ländern und Kommunen und HR-Experten zusammensetzt, ergänzt, dass im öffentlichen Umfeld jährlich 140 000 Stellen aus demografischen Gründen neu zu besetzen seien. „Haben die das erkannt? Wollen die deshalb in ihre Systeme investieren?“ „Ja, erkannt haben sie es“, antwortet Marion Meyer, Business Development Manager SAP HCM beim auf den öffentlichen Bereich spezialisierten Anbieter CONET Business Consultants. „Sie kümmern sich enorm um E-Recruiting, Talent und Performance Management. Allerdings laufen hier ein Stück weit die Budgetplanungen den Wünschen zuwider. Viele kämpfen schon jetzt mit massiven personellen Unterdeckungen. Im Hinblick auf die Stellenbesetzungspläne bekommen sie aber keine Erweiterungen.“ „So kommt es“, fügt sie hinzu, „dass viele öffentliche Einrichtungen personell an die Leistungsgrenzen stoßen beziehungsweise das vorhandene Personal die anfallende Arbeit gar nicht leisten kann. Abhilfe könnten dabei eine gute Software und schlanke Geschäftsprozesse schaffen.“ Core HR – alles wird, wie es war? Im Markt sei seit einiger Zeit vor allem wieder ein starker Nachfrageschub nach HR-Core-Lösungen, also nach Stammdatenpflege, Personaladministration, Zeitwirtschaft und ähnlichen Themen spürbar, so die Wahrnehmung der meisten Anwesenden. „Wir spüren, dass die Nachfrage nach HR-Core-Lösungen aktuell stark zunimmt“, kommentiert Stefan Schüßler, Business Development Manager HCM bei SAP, die aktuelle Renaissance bei den Kernlösungen SAPs. „Dazu zählen unter anderem sehr viele Anfragen für Stammdatenlösungen aus der Cloud inklusive Anbindung an die Abrechnung. Aber auch Klassiker wie ESS-Lösungen, die Digitale Personalakte und Dokumentenmanagementsysteme werden jetzt in einem Schub stark nachgefragt. „Das Spannende an der Entwicklung des Marktes ist, dass die Themen sich nicht wirklich ändern“, ergänzt Michael KleineBeckel, Leiter PreSales bei KWP. „Wir haben nach wie vor eine hohe Nachfrage bei Recruiting- und Cloud-Themen“, so Kleine-Beckel, „aber auch Themen wie ESS und MSS, von denen man denkt, dass jedes Unternehmen das längst im Einsatz haben sollte, tauchen mit großer Beständigkeit immer wieder auf.“ Das könne auch, deutet er an, daran liegen, dass für viele der installierten Lösungen Überlegungen anstünden, sie gegebenenfalls – zumindest teilweise - in die Cloud auszulagern oder zumindest anzubinden. Auch Marcus Reidenbach, Partner Promerit AG, kann bestätigen, dass die Nachfrage nach Core-Themen stark zugenommen hat: „Hier ist in den vergangenen Jahren zu wenig investiert worden. Das Business verlangt zunehmend prozessorientierte Lösungen und Workflows und mehr Daten zu HR – was sich nur mit sauberen Core-Systemen realisieren lässt. Und diese nun auch zunehmend direkt in der Cloud.“ Viele Unternehmen wollen aber einfach nur die vorhandenen Prozesse und damit ihre Lösungen verschlanken. „Nach unserer Erfahrung ist es genau so, wie Herr Schüßler es bereits beschrieb“, bestätigt auch Marion Meyer die starke Nachfrage nach Core-HR-Lösungen. Meyer: „Travel Management ist nach wie vor immer wieder gefragt, aber auch die Digitale Personalakte, Belegarchivierung, E-Recruiting, Zeitwirtschaft und ähnliche eher administrative Themen.“ „Da geht es“, ergänzt sie, „das haben ja bereits einige meiner Kolleginnen und Kollegen hier am Tisch bestätigt, um Prozesse, von denen man denkt, die seien längst umgesetzt. Aber das ist definitiv nicht so. Das könnte daran liegen, dass der öffentliche Dienst oft nicht unbedingt als technischer Vorreiter bekannt ist.“ „Doch das stellt sich jetzt“, so Meyer, „als gar nicht schlecht heraus, denn mit neuen Technologien wie SAP Fiori kann man jetzt beispielsweise auch „ Wir spüren, dass die Nachfrage nach HR-Core-Lösungen aktuell stark zunimmt. Dazu zählen unter anderem sehr viele Anfragen für Stammdatenlösungen aus der Cloud inklusive Anbindung an die Abrechnung. Stefan Schüßler, Business Development Manager HCM, SAP „ Das Business verlangt zunehmend prozessorientierte Lösungen und Workflows und mehr Daten zu HR – was sich nur mit sauberen Core-Systemen realisieren lässt. Und diese nun auch zunehmend direkt in der Cloud. Marcus Reidenbach, Partner, Promerit AG für den ESS und MSS Lösungen anbieten, die den öffentlichen Dienst im Hinblick auf den Softwareeinsatz richtig nach vorne bringen.“ Es sei vor allem der Bund, so Meyer, der die Nachfrage nach neuen Lösungen treibe. Schwierig sei aber, dass die öffentlichen Organisationen oft nicht aus ihren Lizenzverträgen herauskämen. Da aber die alten Systeme langsam nicht mehr mit der allgemeinen Softwareentwicklung mithalten könnten, sei man im öffentlichen Bereich gezwungen zu überlegen was man, halbwegs kostenneutral, machen könne. Man wolle nicht alles wegwerfen und wenigstens die wichtigsten Prozesse in die nächste Softwaregeneration retten. Auch bei der Münchner MaRe IT-Consulting ist das Thema Core HR zurück auf der Agenda. „In den vergangenen Monaten erhielten wir, und das hatten wir bis vor einem Jahr gar nicht so auf dem Schirm, von unseren Kunden verstärkt Anfragen zum Thema Archivierung. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem die Frage behandelt, wie es sich mit den gesetzlichen Vorschriften beispielsweise zum Löschen von Personaldaten verhält“, fügt Inhaber und Geschäftsführer Konstantin Schäfer hinzu. „Uns sprachen die Kunden in diesem Zusammenhang auch auf die Einführung der Digitalen Personalakte an.“ Grundsätzlich, darauf einigt sich die Runde, gehe es den Kunden allerdings mehrheitlich darum, dass die CoreProzesse funktionieren. Wie und über welches System, so die Anwesenden, sei zunächst nachrangig. Lieber auslagern? Ein weiteres zentrales Thema innerhalb von Core HR ist die Payroll, die sich aufgrund ihrer starren, weitgehend durch den Gesetzgeber vorgegebenen Struktur nach Ansicht einiger Teilnehmer sehr gut sowohl in die Cloud als auch an externe Dienstleister auslagern ließe. Wenn Michael Kleine-Beckel mit Kunden spricht, ist das Thema Payroll oft eines, dessen Sonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de 7 SAP PARTNER Round Table „ Die meisten HRler in den Unternehmen wollen vor allem Stammdatenpflege betreiben und sich ums Talent Management kümmern – und das mit schicken Oberflächen. Da ist man natürlich schnell beim Thema Cloud. Michael Kleine-Beckel, Leiter PreSales, KWP fan Schüßler plädiert mit Blick auf das Aussterben der Abrechner dafür, mehr von ihnen auszubilden, und verweist in diesem Zusammenhang auf die erheblichen demografischen Herausforderungen im Bereich Payroll. Internationalisierung = Outsourcing bestimmter Aufgaben „ Viele öffentliche Einrichtungen stoßen personell an die Leistungsgrenzen beziehungsweise das vorhandene Personal kann die anfallende Arbeit gar nicht leisten. Abhilfe könnten dabei eine gute Software und schlanke Geschäftsprozesse schaffen. Marion Meyer, Business Development Manager SAP HCM, CONET Business Consultants sich viele gerne entledigen würden: „Die meisten HRler in den Unternehmen wollen vor allem Stammdatenpflege betreiben und sich ums Talent Management kümmern – und das mit schicken Oberflächen. Da ist man natürlich schnell beim Thema Cloud. Quasi unterhalb der Stammdaten befindet sich aber die Payroll mit ihren sehr statischen Strukturen, die aufgrund der häufigen gesetzlichen Anpassungen oft sehr aufwendig ist.“ „Deshalb denken viele unserer Kunden darüber nach, dies auszulagern“, ergänzt KleineBeckel. „Vor allem auch deshalb, weil die Abrechner aus den Firmen langsam in Rente gehen und dann das Know-how gar nicht mehr vorhanden ist. Und neue Abrechner sind am Markt so gut wie nicht zu finden.“ Auch Marcus Reidenbach unterstützt diese Aussage: „Abrechnungen besonders in Deutschland sind ultrakomplex und nie wirklich optimiert oder simplifizert worden. Das notwendige Wissen um eine Payroll im Unternehmen betreiben zu 8 Sonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de können, ist quasi Herrschaftswissen, was zu einer de facto Nullfluktuation in diesem Bereich führt, aber auch den Einstieg neuer Mitarbeiter verhindert, da man Jahre an Wissen aufbauen muss, was heute nicht mehr zeitgemäß ist. Die Unternehmen müssen sich diesem Thema stellen und statt mehr Menschen für die gleichen/alten Probleme auszubilden, die Payroll radikal vereinfachen.“ Ohne diesen Schritt werde laut Reidenbach auch das Outsourcing zunehmend unmöglich. Oliver Meyer, Senior Global Sales Executive beim HR-Spezialisten NGA Human Resources bestätigt ebenfalls Ressourcenprobleme in der Personalabrechnung: „Den Kunden gehen in der Tat langsam die Abrechner aus. Es gibt kaum Nachfolger und deshalb tendieren viele zur Auslagerung. Wir hören immer häufiger den Spruch: Übernehmt Ihr die Verantwortung für die gesetzlichen Neuerungen, das System sowie die Schnittstellen und informiert uns, wenn wir aktiv Themen angehen müssen.“ Ste- Einer der Trends, der weniger durch Technologie als durch die zunehmende Globalisierung getrieben wird, ist die Internationalisierung der Unternehmen. Dabei sind es nicht nur die großen Spieler, die ihre IT-Landschaft konsolidieren und aufräumen wollen, sondern auch Mittelständler, die immer stärker in den internationalen Markt eindringen – und entsprechende Personallösungen benötigen. „Beim Thema Internationalisierung sehe ich zwei Trends“, antwortet Stefan Schüßler auf die Frage, inwiefern die Internationalisierung ihrer Kunden und damit die Anfragen in diesem Umfeld zulegen. „Wir haben relativ viele Kunden, die Entscheidungen, die vor Jahren getroffen wurden, jetzt neu überdenken. Oftmals wurden seinerzeit in einem ursprünglich deutschen System für Abrechnung und Stammdaten im Rahmen der Internationalisierung nach und nach weitere Länder integriert. Viele Kunden wollen nun verstärkt wieder Systeme trennen. Ein Trend ist, die Stammdatenverwaltung in die Verantwortung der Länder zu übergeben. Der zweite Trend ist, die Abrechnung – insbesondere für kleinere Länder – ins Outsourcing zu einem Dienstleister zu geben.“ Die Runde bestätigt diesen Trend zur Auslagerung der Payroll im Gepäck der zunehmenden Internationalisierung ihrer Kunden. Allerdings: Die komplette Auslagerung der Payroll ist mit einem individuellen Einführungsaufwand verbunden. Da kämen, so einer der Teilnehmer, bei derlei Vorhaben seitens der Kunden auch schnell Fragen nach den individuellen Kostenblöcken. Nach Ansicht von Reidenbach ist die Payroll nach wie vor der größte Verhinderer für eine schnelle inter- nationale Ausrichtung. Deshalb bleibe es oftmals auch nur beim Wunsch des Outsourcing. Die internationalen Anfragen und Projekte bei Promerit, fügt er hinzu, hätten aktuell sehr häufig das Thema globales HR-Leistungsportfolio, die zugehörigen Prozesse, die Governance und nicht zuletzt deren Umsetzung in (Cloud-)Systemen als Schwerpunkt. „Auch bei uns läuft unter anderem das Thema Internationalisierung extrem gut“, kann Konstantin Schäfer bestätigen. „Die internationalen Key Accounts haben ihre lokalen Abrechnungen bei lokalen Payroll Partnern und das Headquarter möchte die Personenstammdaten über eine zentrale Pflege ,reinschieben’ – Dafür benutzen viele unserer Kunden als zentrale Datenbasis EC SuccessFactors.“ Cloud kein Angstthema mehr Marianne Gause bekräftigt, dass die Internationalisierung im HR-Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnt: „Insbesondere seit unserem Zusammenschluss mit der SD-Worx-Gruppe Anfang des Jahres erhalten wir vermehrt Anfragen, die das HR-Outsourcing mehrerer Länderorganisationen eines Unternehmens betreffen. Dabei steht oftmals der Wunsch nach einem kompetenten HR-Partner im Vordergrund, der alle Dienstleistungen aus einer Hand erbringt, um so eine Vereinheitlichung und Standardisierung sicherzustellen.“ Und Oliver Meyer, Senior Global Sales Executive beim HR-Spezialisten NGA Human Resources, ergänzt: „Bei uns ist vor allem die Nachfrage nach Cloud-Lösungen (SuccessFactors mit Cloudify Payroll) sehr hoch, insbesondere auf globaler Ebene.“ „In diesem Zusammenhang sind die Kunden verstärkt an einer Vereinheitlichung der Abrechnung, die international mit denselben Prozessen gesteuert werden soll, interessiert“, so Meyer. Mittlerweile scheint auch das Arbeiten in der Cloud und die Verlagerung von HRAufgaben und Daten in selbige grundsätzlich kaum noch ein Hindernis für Personaler zu sein. Die Begrifflichkeiten, die „ Den Kunden gehen in der Tat langsam die Abrechner aus. Es gibt kaum Nachfolger und deshalb tendieren viele zur Auslagerung. Wir hören immer häufiger den Spruch: Übernehmt Ihr die Verantwortung für die gesetzlichen Neuerungen, das System sowie die Schnittstellen und informiert uns, wenn wir aktiv Themen angehen müssen. Oliver Meyer, Senior Global Sales Executive, NGA Human Resources noch bis vor gar nicht so langer Zeit für erhebliche Unsicherheiten sorgten, sind mittlerweile den meisten Personalern geläufig. Auch die Ängste im Hinblick auf den Datenschutz haben sich abgekühlt, seit viele Anbieter, vor allem SAP, sicherstellen, dass die Daten in Rechenzentren innerhalb Deutschlands beziehungsweise innerhalb der EU gelagert und auch verarbeitet werden. Bei Promerit, so Reidenbach, seien inzwischen über 90 Prozent der Projekte im IT-Umfeld Cloud-Lösungen. Einzig für die öffentlichen Arbeitgeber ist Bearbeitung von Daten in der Cloud bisher kein Thema. Allerdings nicht aus Sicherheitsbedenken. Wenn es um die Auslagerung von Diensten und Lösungen in die Cloud geht, ist hier die Situation eine andere als in der freien Wirtschaft: Die öffentlichen Arbeitgeber sind entweder an kommunale Rechenzentren angeschlossen oder sie betreiben ihr eigenes ERP-System. „Der Umstieg in die Cloud kommt deshalb für viele öffentliche Auftraggeber gar nicht in Frage, weil dort viel Manpower und IT bereits vorhanden ist“, kommentiert Marion Meyer die bislang ablehnende Haltung des öffentlichen Dienstes zur Cloud.“ Digitalisierung ist nicht neu Das emsige Gedränge der Kunden bei den Systemhäusern nährt den Verdacht, dass sich viele Unternehmen durch den Hype um die Digitalisierung haben aufschrecken lassen. Dabei findet die Digitalisierung bereits seit Jahrzehnten statt. Und nun bemühen sie sich, über die Justierung der vielzitierten Stellschrauben digital einen möglichst sicheren Weg in die Zukunft zu finden. Nur: Ist der Personaler wirklich für die digitale Konversion seines Arbeitsbereichs gerüstet? Stefan Schüßler meint dazu: „Laut einiger aktueller Umfragen und Studien schätzen sich Personaler, was ihren Kenntnisstand zur Digitalisierung angeht, mittlerweile als recht gut informiert und ausgebildet ein. Das schlägt sich aktuell aber noch nicht wirklich beim Einsatz moderner Technologien nieder. Hier besteht bei HR immer noch Nachholbedarf.“ Deshalb drängen einige der Teilnehmer der Diskussionsrunde mit Nachdruck darauf, Personaler viel stärker als bisher in die Digitalisierung einzubinden. Manuel Egger, Mitglied der Geschäftsführung von sovanta, bringt es auf den Punkt: „Der Personalchef muss Teil der digitalen Agenda des Unternehmens werden. Auch wir spüren die Digitalisierungswelle sehr stark“, fügt er hinzu. „Im Rahmen unseres Geschäftsfelds geht’s dabei aber um Benutzerfreundlichkeit und damit um eine starke Orientierung an den Bedürfnissen der Endanwender. In diesem Kontext nutzen wir intensiv die Möglichkeiten, die uns SAP Fiori bietet, aber nicht ausschließlich.“ „Bei komplexeren HR-Prozessen“, so Egger weiter, „beispielsweise im Performance Management oder im Learning, nutzen wir die Standard-SAP-Architekturen und reichern diese mit unseren eigenen vorkonfiguSonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de 9 SAP PARTNER Round Table rierten SAP UI5-(SAP User Interface Development Kit for HTML5)-Komponenten an.“ Für Marcus Reidenbach bedeutet Digitalisierung weit mehr als nur eine „schicke“ Oberfläche: „Für HR ist das Thema größte Herausforderung und Chance zugleich. Es geht zum einen darum, welche Bedeutung die Digitalisierung für das Unternehmen, sein Geschäftsmodell, die Mitarbeiter, deren Kompetenzen und nicht zuletzt deren direktes Arbeitsumfeld hat. Zum anderen geht es darum, das Leistungsportfolio von HR mithilfe digitaler Transformationskriterien neu auszurichten, die HR-Leistungen und -Prozesse in ansprechender, User-zentrierter Form bereitzustellen und zu implementieren. Schicke Oberflächen sind dann auch, aber eben erst ganz zum Schluss gefragt.“ „ Marianne Gause, Vertriebsleiterin, SD Worx Deutschland „ Ohne Vertrauen keine Digital Leadership Die Digitalisierung, die alle Unternehmen zunehmend mit IT-Technologie überzieht, soll die Prozesse optimieren, vereinheitlichen und vereinfachen. Andererseits ist sie eine Herausforderung für Führungskräfte und Personaler, denn zunächst scheint alles immer komplexer, immer unbeherrschbarer und unvorhersehbarer zu werden. In Fachzeitschriften, so Wolfgang Jäger, werde teilweise schon das Ende des klassischen Performance Managements diskutiert. Und immer wieder werden Personaler aufgefordert, den Wandel zu begleiten. „Wir merken eine starke Nachfrage von Unternehmen, die die langlaufenden, starren Prozesse in der Personalentwicklung aufbrechen möchten“, antwortet Schüßler auf die Frage, inwiefern bemerkbar sei, dass Unternehmen Führungsprozesse verändern wollen. Viele Unternehmen denken darüber nach, den starren, auf ein Jahr ausgerichteten Leistungsbeurteilungsprozess durch ein flexibles System zu ergänzen, das es Führungskräften ermöglicht, Mitarbeitern regelmäßig Feedback zu guten Leistungen oder erreichten Meilensteinen zu geben und diese dann 10 Sonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de Seit unserem Zusammenschluss mit der SD-Worx-Gruppe erhalten wir vermehrt Anfragen, die das HR-Outsourcing mehrerer Länderorganisationen eines Unternehmens betreffen. Dabei steht oftmals der Wunsch nach einem kompetenten HR-Partner im Vordergrund, der alle Dienstleistungen aus einer Hand erbringt. In den vergangenen Monaten erhielten wir von unseren Kunden verstärkt Anfragen zum Thema Archivierung. Es wurde unter anderem die Frage behandelt, wie es sich mit den gesetzlichen Vorschriften beispielsweise zum Löschen von Personaldaten verhält. Uns sprachen die Kunden in diesem Zusammenhang auch auf die Einführung der Digitalen Personalakte an. Konstantin Schäfer, Inhaber und Geschäftsführer, MaRe IT-Consulting auch zeitnah zu honorieren. Da merken wir schon, dass sich hier langsam ein Wandel in der Führung von Mitarbeitern anbahnt.“ Er gibt allerdings zu bedenken, dass, bevor dies alles umgesetzt werden könnte, zunächst ein Kulturwandel in den Unternehmen stattfinden muss: „Der Einsatz von zum Beispiel Kollaborationsplattformen, die regelmäßiges, zeitnahes Feedback und soziales Lernen ermöglichen, setzt eine offene, auf Transparenz und Vertrauen aufbauende Unternehmenskultur voraus. Gleiches gilt, wenn ich Mitarbeitern selbstorientiertes Lernen während der Arbeitszeit anbiete oder eine flexible Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung. Allzu oft fehlt es aber genau an dem dafür notwendigen Vertrauen.“ Workplace Democracy sei, so Schüßler, in der Theorie gut, aber das Vertrauen, das dafür erforderlich ist, sieht er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als gegeben beziehungsweise realistisch. Dennoch, auch wenn alle von Wandel sprechen – am schwierigsten ist er meist bei einem selbst. Es muss die grundsätzliche Bereitschaft dazu vorhanden sein. Marianne Gause, Vertriebsleiterin der SD Worx Deutschland, ist der Ansicht, dass immer noch unterschätzt werde, dass Personaler lange Zeit keinen hohen Stellenwert im Unternehmen hatten. „Sie mussten einfach funktionieren. Sie waren Dienstleister, die Mitarbeiter einstellten und die Abrechnung erledigten“, erklärt Gause und ergänzt, „ich denke, der Personaler muss innerhalb des Unternehmens viel mehr Lobbyarbeit für sich und seine Funktion leisten und verdeutlichen, dass die strategischen Ziele des Unternehmens nur durch professionelle Personalarbeit erreichbar sind. Er muss sich eine größere Sichtbarkeit im Unternehmen verschaffen.“ Ein weiteres Merkmal digitaler Führungskompetenz ist die Erkenntnis und Bereitschaft, sich neuen Methoden der Führung zu öffnen, beispielsweise dem Konzept der agilen Führung, wie sie vom „ Der Personalchef muss Teil der digitalen Agenda des Unternehmens werden. Auch wir spüren die Digitalisierungswelle sehr stark. Im Rahmen unseres Geschäftsfelds geht es dabei aber um Benutzerfreundlichkeit und damit um eine starke Orientierung an den Bedürfnissen der Endanwender. Manuel Egger, Mitglied der Geschäftsführung, sovanta Management von Softwareprojekten bekannt ist. Das beinhaltet, bestimmte Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zugunsten einer fließenderen Dynamik von Prozessen abzugeben und andererseits dadurch erheblich mehr Flexibilität zu erhalten – und Ergebnisoffenheit. Insbesondere im Hinblick auf das Abgeben von Kompetenzen an Teammitglieder tun sich viele HRler noch schwer. Agilität ziehe gerade in die Unternehmen ein, bekräftigt Manuel Egger. Das sei unaufhaltsam. „Und es wird auch die Personaler erreichen“, ist sich Egger sicher. „Der Treiber ist die Innovation und auch die Veränderung der Innovationszyklen – und damit wird auch HR automatisch betroffen sein. HR wird gar nicht drumherum kommen mitzumachen.“ Lieber in Stein gemeißelt Seit Jahrzehnten bedienen sich vor allem die HR-Abteilungen in Deutschland verschiedener Kennzahlen, wenn es um das in anderen Ländern kaum bekannte HRControlling geht. Fragt der Kunde nach bestimmten Kennzahlen, erfüllten und erfüllen die Systemhäuser nahezu jeden Wunsch. Das führte in der Vergangenheit nicht selten zu einem KennzahlenWildwuchs, der dann in der Praxis nur selten, oft manchmal auch gar nicht entflochten, sprich, genutzt wurde. Oder man vergaß einfach, dass sie zur Verfügung standen. Vielfach sehen, gerade nach einem personellen Wechsel in der Personalabteilung, die Nachfolger keinen oder nur sehr wenig Nutzen in ihnen. Kon- stantin Schäfer: „Wir haben Kunden, die wollen die Personalkostenplanung wieder abschaffen, weil sie nur ganz wenige bestimmte Kennzahlen brauchen – der Rest interessiert sie nicht. Hier bieten wir Konzepte an, die Kennzahlen zum Beispiel mit SAP-Bordmitteln und SuccessFactors zu ermitteln.“ NGA bietet internationalen Kunden ein vereinheitlichtes Reporting mit maximal 15 bis 20 Kennzahlen an. Bei KWP erlebe man zurzeit zwei Extreme, wenn es um Kennzahlen und Analytics gehe, so Michael Kleine-Beckel. „Die einen Kunden sagen, sie bräuchten drei bis vier Kennzahlen, und die anderen sagen, sie wollen eine professionelle Personalplanung mit Kennzahlen machen. Dazwischen gibt es fast nichts.Wenn wir mit unseren Kunden diskutieren und plausibel machen, in welchen Bereichen man die Kennzahlen – und das sind eine Menge – nutzen könnte, finden die meisten das toll, aber noch hapert es häufig an der Umsetzung.“ Ursache dafür könnte die Kosten-NutzenRelation nach dem Motto „Schön, aber brauchen wir das wirklich?“ sein. Dabei bietet, richtig eingesetzt und miteinander korreliert, der verfügbare Fundus an personalrelevanten Daten eine große und wirklich nutzbringende Varianz an Erkenntnissen. Schon vor zwanzig Jahren habe es eine Nachfrage nach spezifischen Kennzahlen und Auswertungen gegeben, ergänzt dazu Marianne Gause. „Daher ist der Wunsch nach methodisch aufbereiteten Daten nicht wirklich neu. Allerdings eröffnen die zunehmende Digitalisierung und die heutigen Technologien natürlich Möglichkeiten, auf ein Vielfaches an verlässlichen Daten zuzugreifen. Wir erleben, dass insbesondere größere Unternehmen ein Interesse haben, in Big Data zu investieren, um hieraus Wettbewerbsvorteile zu generieren. Die Initiative kommt dabei eher vom Topmanagement, das HR-Analytics als strategisches Thema sieht, als von HR selbst.“ Dabei nutzen Unternehmen wie Google und andere große US-Higtech-Unternehmen die verfügbaren Personaldaten bereits intensiv und lassen sie teilweise über dahinterliegende intelligente Algorithmen auswerten. Das führte beispielsweise bei Google dazu, dass man im Rahmen des Talent Managements die Karriere der Mitarbeiter durch Algorithmen bestimmen ließ. Die waren sogar präziser als menschliche Beurteilungen. Allerdings machte man dann einen Rückzieher, indem man diese Aufgabe getreu dem Motto „People Make People Decisions“ dann doch wieder in die Obhut des menschlichen Beurteilungsvermögens zurückgab. „Das Stichwort heißt Veränderung!“, konstatiert Marion Meyer im Hinblick auf die mangelnde Veränderungsbereitschaft von HR, wenn es um die stärkere Nutzung von HR-Analytics geht. „Kontinuierliche Anpassung und Change Management werden zwar immer verlangt – also muss ich mich als Unternehmen auch damit auseinandersetzen.“ Meyer weiter: „Aber da müsste man dann zu allererst sich selbst verändern. Dazu wären derlei Kennzahlen durchaus als Basis geeignet. Aber im Grunde genommen sind viele Unternehmen damit zufrieden, dass ihre Prozesse in Stein gemeißelt sind, denn dann weiß man ja, dass es läuft und wie es läuft. „Aber so funktioniert es eben nicht mehr; wer es heute versäumt, sich mit Change-Prozessen zu befassen, wird morgen auf der Strecke bleiben!“ Michael Egger ergänzt: „Entscheidend ist der Nutzen, den wir mit Lösungen für unsere Kunden erreichen. Im Vertriebs- und MarSonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de 11 SAP PARTNER Round Table ketingbereich liegt das immer näher, beispielsweise wenn ein Discounter das Kaufverhalten seiner Kunden besser kennt. HR tut sich traditionell immer schwer, einen solchen Nutzen aufzuzeigen und muss leider oft über eine Kostenreduktion argumentieren.“ Und last but not least: Nicht zu unterschätzen sind die Datenschutzbestimmungen und die Mitbestimmung speziell in Deutschland und Europa, die vergleichbare Auswertungen, wie sie beispielsweise in den USA möglich sind, nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erlauben. Whatsapp im Recruiting? Am Rande wirft Professor Jäger die Frage auf, inwiefern der Anteil der Personaler, die ihre Arbeit zunehmend mit und auf mobilen Endgeräten erledigten, ansteige. Hier scheint, neben der Verfügbarkeit von Management Dashboards, insbesondere das Recruiting zunehmend eine Rolle zu spielen. Mittlerweile laufen bei einigen Teilnehmern, so bei sovanta, vereinzelt Projekte, das komplette Recruiting auf mobilen Endgeräten umzusetzen. Bei Jägers Frage, ob es bei den Teilnehmern im Recruiting bereits Anfragen gegeben habe, anstelle der bisher üblichen Online-Kommunikation zwischen Unternehmen und Bewerber Whatsapp zu nutzen, reagieren die Diskussionsteilnehmer eher zurückhaltend. Bei internationalen Kunden, besonders in China, so Markus Reidenbach, sei dies schon Realität, allerdings mit „Wechat“. So liefen bei Bosch in China bereits über 70 Prozent der Bewerberkommunikation darüber. „In Deutschland ist dies wiederum gar nicht der Fall“, so Promerit-Experte Reidenbach. „Allerdings kommen erste Anfrage zu technischen Integrationsszenarien.“ Michael Kleine-Beckel meint, dass Unternehmen möglicherweise eher ein Problem mit Whatsapp im Bewerbungsprozess haben könnten als der Bewerber selbst. Marianne Gause hält in diesem Zusammenhang am Beispiel der Umset12 Sonderheft 11 | 2016 www.personalwirtschaft.de zung einer Azubi-Verwaltung für einen Kunden dagegen, dass die papierne Bewerbung immer noch einen sehr hohen Anteil habe. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass Schülern nach wie vor beigebracht wird, sich konventionell zu bewerben. Lernen im virtuellen Raum Jäger fragt in die Runde, inwiefern Lernen im Unternehmen mittlerweile auf mobilen Endgeräten stattfinde. Für Stefan Schüßler ist auch hier die Digitalisierung einer der Haupttreiber. Dabei handle es sich, meint er, gar nicht mal unbedingt um konventionelles Lernen, sondern beispielsweise um das situative Lernen im industriellen Umfeld. Zum Beispiel wenn ein Techniker an einer Maschine eine Reparatur durchführen will, dann scanne dieser den an der Maschine angebrachten QR-Code, um die aktuellste Bedienungs- oder Reparaturanleitung direkt auf seinem Tablet zur Verfügung zu haben. Zögerlich findet in diesem Umfeld auch Augmented Reality ihre Einsatzgebiete. Beispielsweise wenn im Servicebereich jemand sein Tablet vor eine Abdeckplatte einer Maschine hält, um dann im Display das Innenleben hinter der Abdeckplatte eingeblendet zu bekommen. Ähnlich ist das mit Datenbrillen, für die einige der Teilnehmer ebenfalls künftig ein großes Einsatzspektrum sehen. „Im Zweifel rechnet sich eine Augmented-RealityAnwendung noch nicht im HR-Umfeld“, erklärt Michael Kleine-Beckel. „HR ist in diesem vergleichsweise neuen Technologiebereich, der sich für das Lernen eignen würde, auch nicht Vorreiter.“ Er fügt hinzu: „Die Themen Augmented und Virtual Reality brauchen noch Zeit. Die Brillen müssen sich erst einmal in anderen Anwendungen, beispielsweise in Videospielen, bewähren. Das haben wir auch bereits bei Anwendungen für Smartphones gesehen“, führt er weiter aus, „auch diese Technologie hat sich zunächst im Alltag bewährt und ist jetzt bei HR angekommen.“ Michael Kleine-Beckel ist über- zeugt, dass sich das System Weiterbildung ändern werde, weil sich die Technik massiv ändere und deshalb viel mehr möglich sein werde als heute. Für Egger indessen steht fest: „Mobilität ist der Hebel zu dezentralisiertem Lernen.“ An die Spitze der Digitalisierung stellen Zum Abschluss der Runde sollen die Teilnehmer den Blick ins kommende Jahr werfen und darüber nachdenken, was für sie 2017 wichtig wäre. Dabei geht es ihnen nicht nur um die Aufrechterhaltung ihrer guten Auftragslage. So beispielsweise plädiert Michael Egger für individuell anpassbarere Benutzeroberflächen der Cloud-Systeme. Denn für ihn ist klar, dass hierzulande nicht jeder Konzern auf Dauer einen Standardprozess von A bis Z akzeptieren werde. Deutsche Systemhäuser und -anbieter sollten sich, fügt sein Kollege Konstantin Schäfer hinzu, künftig bei der Umsetzung von Projekten Impulse bei ihren skandinavischen Kollegen holen. Seiner Ansicht nach praktiziere man dort häufig sehr gute und nachahmenswerte Ansätze im Projektmanagement. Bisher zeige ihm die Erfahrung allerdings, dass, sobald deutsche Kollegen in internationale Projekte eingebunden würden, diese häufig dazu tendierten, den Kunden die deutsche Sichtweise aufzudrängen. Schäfer ruft deshalb auf, „von anderen zu lernen – und damit eigene Horizonte zu erweitern“. Abschließend fordert KWP-HR-Experte Kleine-Beckel Personaler auf, sich an die Spitze der Digitalisierung zu stellen. Denn ohne Personaler sei der Wechsel der Einstellung, die beim Mitarbeiter vor allem auch zu den Themen Weiterbildung und Lernen generiert werden müsse, nicht zu schaffen. Dafür müssten Personaler verstärkt sensibilisiert werden. Ulli Pesch, freier Journalist, Wallersheim
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