22.11.2016, Sponsoring bei der SPD - Die Genossen und das

Manuskript
Beitrag: Sponsoring bei der SPD –
Die Genossen und das Geld
Sendung vom 22. November 2016
von Christian Esser und Birte Meier
Anmoderation:
In einer Demokratie müssen Politiker ein offenes Ohr für jeden
Bürger haben. Keinesfalls dürfen sie bevorzugt denen zuhören,
die Geld haben. Doch dann bekam Frontal 21 einen Tipp: Firmen
und Verbände bezahlen Gespräche mit Spitzenpolitikern von der
SPD. Wie bitte? Ausgerechnet die Genossen plauschen mit
Bossen und Lobbyisten gegen Geld? Damals, als die CDU in
Nordrhein-Westfalen regierte und Gespräche mit ihrem Ministerpräsidenten Rüttgers feilbot, damals hatte Sigmar Gabriel getönt:
„WIR verkaufen keine Amtsträger." Und heute? Ein Jahr lang
haben Christian Esser und Birte Meier nach der Antwort gesucht
in der Grauzone des Parteiensponsorings.
Text:
Berlin, 12. Oktober. Bundesjustizminister Heiko Maas auf dem
Weg zu einem ganz besonderen Mittagessen. Eine Bank hat für
das Treffen viel Geld bezahlt. Können Lobbyisten sich den
Zugang zu einem SPD Minister erkaufen?
Einen Monat später in der Parteizentrale der SPD:
O-Ton Frontal 21:
Herr Minister Maas, ZDF Frontal 21, guten Morgen! Wir haben
noch einige Nachfragen wegen der gekauften Essen.
O-Ton Heiko Maas, SPD, Bundesminister für Justiz und
Verbraucherschutz:
Darf ich meine Jacke noch ausziehen?
O-Ton Frontal 21:
Ja, selbstverständlich.
Was ist passiert?
Unsere Recherche beginnt im Oktober 2015. In einem Berliner
Restaurant behauptet ein Wirtschaftslobbyist Unglaubliches:
Termine mit SPD-Spitzenpolitikern seien gegen Geld zu haben.
Das erinnert uns an die sogenannte Rent-a-Rüttgers-Affäre. 2010
hatte die CDU in Nordrhein-Westfalen Unternehmen Fototermin
und Einzelgespräch mit dem damaligen Ministerpräsidenten
Jürgen Rüttgers angeboten. Für 20.000 Euro, inklusive Miete für
einen besonders großen Stand auf dem Landesparteitag –
ähnlich lief es bei der CDU in Sachsen.
Damals - ein politischer Skandal für den SPD-Vorsitzenden:
O-Ton Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender, am 1. März
2010:
Wenn man wissen will, ob das nah an der Vorteilsnahme ist
oder die Grenze überschritten hat, dann finde ich, muss man
das strafrechtlich überprüfen, denn das ist es. Es ist kein
Kavaliersdelikt, was da stattgefunden hat.
O-Ton Sigmar Gabriel, Landesparteitag, SPD, am 27. Februar
2010:
Jeder Bürger, egal wie viel er verdient und wie es ihm geht,
der kann mit uns reden, und wir verkaufen keine Amtsträger
und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld
haben. Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie.
Starke Worte – damals adressiert an den politischen Gegner. Und
wie ist es heute? Wir gehen der Behauptung unseres Tippgebers
nach.
Unsere erste Station, der Bundesparteitag im Dezember 2015.
Hier werden nicht nur politische Reden gehalten, sondern auch
Kontakte geknüpft. Unternehmen und Verbände haben in einer
eigenen Halle Stände gemietet. Dort präsentieren sich unter
anderem die Tabakwirtschaft, die Pharmabranche, Google und
die deutsche Automatenwirtschaft. Gegenüber Frontal 21 legt die
SPD ihre Sponsoreneinnahmen aus dem Parteitag offen: Knapp
550.000 Euro hat sie kassiert. Wer wie viel gegeben hat, will man
uns „aus vertragsrechtlichen Gründen“ aber nicht sagen.
Sponsoring von Parteiveranstaltungen ist umstritten - aber
gängige Praxis auch bei anderen Parteien.
O-Ton Christina Deckwirth, LobbyControl:
Wir bewegen uns in dem Bereich des Partei-Sponsorings fast
wie in so einem Schattenreich der Parteienfinanzierung. Wir
tappen da im Dunkeln. Wir wissen wenig, was da an Geld
fließt. Das darf nicht so sein. Bürgerinnen und Bürger, die
Öffentlichkeit muss wissen, welche Gelder an Parteien
fließen, um nachvollziehen zu können, ob solchen
Geldflüssen auch politische Entscheidungen folgen.
Auf dem Parteitag entdecken wir einen Kommunikationsberater.
Laut unserem Tippgeber soll er Gesprächstermine bei SPDGrößen gegen Geld anbahnen. Stimmt das?
Wir erfinden eine Geschäftsidee. Mit der wollen wir an die Berater
herantreten. Dabei helfen will uns Hansjörg Meyer. Er war
jahrelang Manager, ist bis heute in der Pharmabranche tätig. Er
erklärt sich bereit, mit unserer Legende aufzutreten. Und die geht
so:
Hansjörg Meyer berät ein fiktives Unternehmen, das eine NanoPille mit dazugehörigem Fitnessarmband produzieren will. Die
Nano-Pille findet kranke Zellen und transportiert diese zum
Fitnessarmband. Das sammelt die Patientendaten und gibt diese
weiter an einen Zentralrechner.
Die Hoffnung: ein potenzielles Milliarden-Geschäft. Problem nur:
Die Kranken geben intime Gesundheitsdaten preis. Und der
amerikanischen Internetfirma – mit der Meyer vorgibt, zu
kooperieren - sind die deutschen Gesetze zu streng.
In einem Fünf-Sterne-Hotel hat sich Hansjörg Meyer mit dem
Kommunikationsberater verabredet, der laut unserem Tippgeber
bei Terminen mit SPD-Politikern behilflich sein soll. Wir drehen
mit versteckter Kamera, sitzen daneben und hören mit, wie unser
Herr Meyer sein Anliegen vorträgt.
O-Ton Hansjörg Meyer, Gedächtnisprotokoll durchgehend
nachgesprochen:
Der sensible Bereich der Datensicherheit ist hier natürlich
ein großes Problem. Deswegen will mein Auftraggeber mit
führenden Politikern aus den entsprechenden Ministerien
Kontakt aufnehmen, dass man da keine Fehler macht.
Können Sie da helfen?
O-Ton Kommunikationsberater:
Naja. Ohne zu wissen, wie Ihr Vorhaben genau aussieht,
kann ich kaum einschätzen, welche Flughöhe man da
ungefähr wählen könnte. Ist es denn so, dass beim
Datenschutz Gesetzesänderungen erforderlich sind?
O-Ton Hansjörg Meyer:
Nein, nein, das nicht. Da wäre der Aufwand auch zu groß.
O-Ton Kommunikationsberater:
Das klingt alles auch sehr nach dem Justizministerium,
nicht?
O-Ton Hansjörg Meyer:
Ja. Das klingt gut.
Kurz danach schickt der Berater ein umfassendes schriftliches
Angebot per Email. In Lobbykreisen heißt so etwas „StakeholderAnalyse“. Darin enthalten die „Identifikation relevanter
Entscheider/Fürsprecher auf allen politischen Ebenen,
Erstellung von Profilen“.
Zusätzlich:
„Lobbying (Anbahnung von gezielten
Hintergrundgesprächen mit politischen Stakeholdern mit
entsprechender Vor- und Nachbereitung)“.
Und er schlägt vor,
„gleich mehrere Politikfelder und damit auch mehrere
Ministerien zu bespielen … (BMWI, BMJV und BMG)“.
Geschätzte Kosten insgesamt: höchstens 30.000 Euro, inklusive
Spesen.
Für bis zu 30.000 Euro will dieser Mann also
Hintergrundgespräche mit Entscheidern aus Wirtschafts-, Justiz-,
und Gesundheitsministerium anbahnen.
Auf Nachfrage von Frontal 21 teilt der Berater später mit,
Zitat:
„Meine Agentur vermittelt keine Gesprächstermine bei
Politikerinnen oder Politikern gegen Geld, weder auf
Entscheider- noch auf Arbeitsebene“.
Wir wollen Herrn Meyer eine Frau zur Seite stellen, die genau
weiß, wie das Geschäft der Lobbyisten funktioniert. Sie
organisierte jahrelang Sponsoring für Christdemokraten auf
Landesebene. Später überwarf sie sich mit ihnen. Sie übernimmt
unseren Auftrag, will aber anonym bleiben, nennen wir sie Frau
B.. Ihre Rolle:
Sie unterstützt Hansjörg Meyers Versuch, mit SPDSpitzenpolitikern in Kontakt zu kommen. Zunächst bei der
traditionellen Spargelfahrt. Die veranstaltet Jahr für Jahr der
Seeheimer Kreis der SPD. Der gilt als wirtschaftsnah. Herr Meyer
soll mit seiner fiktiven Geschäftsidee aufs Schiff:
Dafür trifft sich Frau B. mit einem Mitarbeiter vom Seeheimer
Kreis. Auch hier sitzen wir wieder direkt daneben und hören zu.
O-Ton Mitarbeiter, Seeheimer Kreis, Gedächtnisprotokoll
nachgesprochen:
Mit dem Sponsoring läuft das bei der Spargelfahrt so - es
gibt drei Pakete: Sie können sich mit 3.000, 5.000 oder 15.000
Euro beteiligen. Man kann sich als Gast nicht einfach so
einkaufen. Wir brauchen ja eine Gegenleistung. Bei der
Spargelfahrt wird das Firmenlogo auf der Sponsoren-Wand
und im Bord-Magazin zu sehen sein. Wenn Sie den Gästen
noch irgendwelche „give aways“ mitgeben möchten, geht
das auch - vielleicht Kugelschreiber, Feuerzeuge oder sowas.
Kulis, Feuerzeuge oder die Nennung des Unternehmens auf der
Sponsorenwand – das soll die Zahlung legal machen. Sponsoring
heißt das. Anders als Spender werden Sponsoren in den
Rechenschaftsberichten der Parteien nicht namentlich genannt.
Voraussetzung für dieses Privileg ist, dass der Sponsor
tatsächlich – als Gegenleistung für die Geldzahlung – für sich
wirbt.
Heikel wird es dann, wenn statt Werbung der exklusive Zugang
zur Macht – zum Beispiel Ministern - im Vordergrund steht.
O-Ton Prof. Dr. Frank Saliger, Strafrechtler, LMU München:
Zu wünschen ist, dass Sponsoring ab einer bestimmten
Höhe konkret publik gemacht wird, also der Name des
Sponsors genannt wird, Art und Höhe des Sponsoring
offengelegt werden und dass zweitens bestimmte Formen
des Sponsorings nicht mehr für zulässig erachtet werden,
zum Beispiel Sponsoring, was Regeln des
Parteispendenrechts unterläuft.
Zurück zum Anbahnungsgespräch für die Spargelfahrt.
O-Ton Frau B.:
Kann man da auch Minister kennen lernen?
O-Ton Mitarbeiter, Seeheimer Kreis, Gedächtnisprotokoll
nachgesprochen:
Es werden ungefähr 90 SPD-Funktionäre an Bord sein, ich
kann das dann organisieren, dass Sie mit denen in Kontakt
kommen. Sie werden entsprechend platziert am Tisch. Nach
dem Essen tummelt man sich, Sie können wichtige
Spitzenpolitiker kennen lernen oder ich kann Ihnen die
entsprechenden Minister zuführen: Landes- aber auch
Bundesminister.
O-Ton Frau B.:
Auch Sigmar Gabriel?
O-Ton Mitarbeiter, Seeheimer Kreis, Gedächtnisprotokoll
nachgesprochen:
Das Schöne ist: Man kann ja nicht weglaufen auf so einem
Schiff.
Das klingt vielversprechend. Herr Meyer und Frau B. entscheiden
sich für das kleine Sponsoring-Paket für 3000 Euro inklusive
Mehrwertsteuer. Damit werden sie Teil einer illustren
Gesellschaft.
Der Reichstag. Hier warten an einem sonnigen Juni-Tag ShuttleBusse auf die Gäste der Spargelfahrt: laut Seeheimer Kreis eine
der begehrtesten Veranstaltungen des politischen Berlins.
Abgeordnete, ihre Mitarbeiter, Sponsoren und Journalisten - alle
wollen zum Wannsee.
Am Bootssteg präsentiert sich BMW. Auf dem Schiff ist
versammelt, was in der Sozialdemokratie Rang und Namen hat:
Vizekanzler Sigmar Gabriel, Familienministerin Manuela
Schwesig, Fraktionsführer Thomas Oppermann, verschiedene
Staatssekretäre und Abgeordnete – und Herr Meyer mit Frau B.
Bei Schnitzel, Spargel und deutschem Wein erklärt der
Vorsitzende der deutschen Arbeiterpartei seinen Genossen, wo
das Herz schlägt:
O-Ton Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender, am 7. Juni
2016:
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben auch
immer Bekennermut gebraucht. Nicht wegducken, wenn die
Zeiten schwierig sind. Nicht Angst haben davor. Sondern
stolz zeigen, aus welchem Stall man kommt. Und ich finde,
stolzer als die deutsche Sozialdemokratie gibt´s keine Partei.
Diese Demokratie lebt wegen uns.
Herr Meyer und Frau B. werden gut platziert – an einem Tisch mit
dem heutigen Büroleiter von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
Für rund 3.000 Euro kommt Herr Meyer dem SPDSpitzenpersonal ganz nah.
O-Ton Hansjörg Meyer:
Das ist ja so eine Art Familienfest der SPD und intensive
Kontakte waren auf der Spargelfahrt mit einigen möglich.
Dem Fraktionsvorsitzenden Herrn Oppermann oder auch der
Generalsekretärin Frau Barley, das ist natürlich auf so einem
Schiff, wo die Stimmung ausgelassen ist, durchaus einfach
möglich.
Auf der „Havel Queen“ amüsieren sich einige Hundert Gäste.
Kontaktpflege mit Politikern in exklusivem Ambiente. Die offizielle
Gegenleistung für die Sponsoren: die Firmennamen auf einer
Pappwand – neben großen Konzernen wie EnBW und der
Deutschen Post die kleine Firma von Herrn Meyer.
Aber wie viel haben die Konzerne und Verbände gezahlt? Das
bleibt der Öffentlichkeit verborgen.
Unser Herr Meyer bekommt eine Rechnung. Aussteller ein Verein
namens „Die Seeheimer“: 2975 Euro.
O-Ton Michael Koß, LMU München:
Das simpel als eingetragener Verein auszuweisen, würde
bedeuten, dass jede Partei sich noch ein paar eingetragene
Vereine gründen könnte, mit denen sie dann sozusagen ihre
unliebsamen Einnahmen delegiert in den Bereich des nicht
Sichtbaren. Das halte ich für sehr fragwürdig.
Fragwürdiges Sponsoring, denn der Geldfluss bleibt
intransparent. Auf Nachfrage von Frontal 21 antwortet der
Seeheimer Kreis nicht.
Schon mehrfach beschäftigte sich der Bundestag mit Sponsoring.
Spätestens seit dem „Rent-a-Rüttgers“-Skandal von 2010 war
man sich einig:
O-Ton Marco Buschmann, MdB FDP, am 4. März 2010:
Natürlich darf niemand den Eindruck erwecken, als ob man
Repräsentanten unseres Staates oder eines Bundesstaates
kaufen oder mieten könnte. Das ist doch gar keine Frage.
O-Ton Burkhard Lischka, MdB SPD, am 4. März 2010:
Aber mit dem Täuschen und Tricksen, damit muss Schluss
sein, meine Damen und Herren. Gespräche gegen Geld sind
nur der Anfang. Wer Geld zahlt, der erwartet eine
Gegenleistung.
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert fordert schon lange
schärfere gesetzliche Regeln für das Parteisponsoring.
Zitat:
„Die rechtliche Grenze legitimer Einflussnahme würde
unzweifelhaft überschritten, wenn sich Einflussnahme auf
politische Entscheidungen oder Abläufe durch finanziellen
Einsatz erkaufen ließe.“
Doch geschehen ist so gut wie nichts.
O-Ton Prof. Martin Morlok, Universität Düsseldorf, Direktor
des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht
und Parteienforschung:
Alle Parteien haben das Interesse, Zusatzeinnahmen zu
erhalten und diese Quelle verschließt man sich ungern. Das
ist auch deswegen eine ergiebige Quelle, weil der Geldgeber
das, was er an die Partei oder an einen zwischengeschalteten
Mittler zahlt, steuerlich absetzen kann. Der Geldgeber ist
günstiger dran beim Sponsoring als bei der Spende,
deswegen ist Sponsoring attraktiv.
Unsere nächste Station auf der Suche nach einem MinisterTermin: das Wirtschaftsforum der SPD. Hier treffen
Spitzenmanager auf Spitzenpolitiker, seit knapp zwei Jahren.
Mittlerweile sind mehr als 100 Unternehmen und Verbände
Mitglied.
O-Ton Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender:
Eigentlich muss man sich ja fragen, warum wir das nicht
längst gemacht haben.
Gegenüber Frontal 21 legt das SPD-Wirtschaftsforum die Höhe
der Mitgliedsbeiträge offen: allein im Gründungsjahr 2015 waren
es mehr als 330.000 Euro. Dazu kommt die Unterstützung durch
Sponsoren.
Dieser Mann ist mitverantwortlich für die Geschäfte des SPDWirtschaftsforums. Frau B. will von ihm wissen, was das
Wirtschaftsforum für Herrn Meyer und sein fiktives Unternehmen
so alles tun kann. Der Mann gerät ins Schwärmen:
O-Ton Mitarbeiter SPD Wirtschaftsforum,
Gedächtnisprotokoll nachgesprochen:
Es ist für uns leicht, diese Wohlfühlatmosphäre für die
Unternehmen zu schaffen. Natürlich ist das im Moment
einfach mit Gabriel als Wirtschaftsminister. Er hat uns sehr
unterstützt.
Wir sitzen mal wieder an den Nebentischen und hören zu, wie
das Wirtschaftsforum seine Aufgabe versteht.
O-Ton Mitarbeiter SPD Wirtschaftsforum,
Gedächtnisprotokoll nachgesprochen:
Wir machen weniger das Lobbying, das anfängt, wenn der
Referentenentwurf kommt, also wenn man etwas entdeckt,
das einem weh tut. Sondern wir verfolgen wirklich die mittelbis langfristige Sicht, also den langen Gesprächsfaden, den
man braucht, in die Ministerien, in die Regierung. Und wenn
man die Landesregierungen mal durchgeht, dann kommen
wir auf 14, 15 wichtige sozialdemokratische Minister.
O-Ton Christina Deckwirth, LobbyControl:
Es handelt sich hier um einen exklusiven Kreis, bei dem
nicht alle Zugang haben, weil man eben das nötige Geld
haben muss, um sich da überhaupt einkaufen zu können.
Exklusive Zugänge führen dazu, dass bestimmte
gesellschaftliche Gruppen mehr Zugänge haben zu Politik,
damit tendenziell auch eher berücksichtigt werden und das
ist natürlich ein Problem. Politiker müssen offen sein für alle.
Sie müssen Entscheidungen treffen, bei denen sie
verschiedene gesellschaftliche Gruppen im Blick haben
müssen und nicht nur diejenigen, die sich über solche Kreise
einkaufen können und dann eher Gehör finden.
Jetzt will Frau B. von dem Wirtschaftsforums-Mitarbeiter wissen,
wie Herr Meyer zu einem Ministertermin kommt.
O-Ton Geschäftsführer SPD Wirtschaftsforum,
Gedächtnisprotokoll nachgesprochen:
Was wir nicht machen, ist so was wie Terminvermittlung und
wir sind auch keine Door-Opener. Dafür gibt es Agenturen,
die das aus dem eff eff beherrschen. So wie die Agentur
NWMD. Die machen eigentlich eher klassische WahlkampfKommunikation, auch für die SPD. Die haben aber
Möglichkeiten, Türen zu öffnen, die machen diese OpenDoor-Geschichten.
Die Wahlkampf-Agentur NWMD? Wer ist das? Sie ist eine
hundertprozentige Tochter des Vorwärts-Verlags. Der wiederum
gehört zu 100% der Deutschen Drucks- und Verlagsgesellschaft
ddvg, und die wiederum ist eine treuhänderisch geführte Tochter
der SPD. Verkauft hier also eine SPD-Tochterfirma Termine bei
SPD-Ministern?
Frau B. verabredet sich mit einem Mitarbeiter der SPD-Agentur.
Wir sind wieder mit dabei, hören mit.
O-Ton Mitarbeiter NWMD, Gesprächsprotokoll
nachgesprochen:
Da haben wir zunächst einmal das traditionelle Sommerfest
des Vorwärts-Verlages mit 2000 Gästen. Wenn sie wollen,
können Sie hier einen Stand haben. Die Parteispitze macht
dann einen Rundgang und kommt zu Ihnen an den Stand.
O-Ton Frau B.:
Wer ist das dann so? Auch Sigmar Gabriel?
O-Ton Mitarbeiter NWMD, Gesprächsprotokoll
nachgesprochen:
Ja, der auch. Da können Sie dann auch Fotos mit ihm
machen.
Uns erreicht das schriftliche Angebot der Agentur für das
Vorwärts-Sommerfest. Die Stände für die Unternehmen kosten
10 000, 14 000 oder 20 000 Euro – zuzüglich Mehrwertsteuer. Wir
lehnen ab, das ist uns bzw. Herrn Meyer zu teuer – anderen
Firmen offenbar nicht.
Anfang September. Das Vorwärts-Sommerfest. Sigmar Gabriel
kommt nicht. Dafür aber anderes SPD-Spitzenpersonal. Zum
Beispiel: Generalsekretärin Katharina Barley. Und wirklich: Sie
lässt sich zu den einzelnen Sponsoren zum Fototermin führen.
Fotos gibt es heute für den europäischen Plastikverband, den
Pharmariesen Abbott und die Post.
Rainer Wend, heute Chef-Lobbyist der Post, war früher
wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Man
kennt sich, scherzt über anrüchige Nähe.
O-Ton Katarina Barley, SPD Generalsekretärin:
Ein böser Lobbyist
Ein Cheflobbyist.
Ein Cheflobbyist
Gut, dann lobbyier mich mal!
O-Ton Rainer Wend, Chef-Lobbyist Deutsche Post AG:
Ich überlege gerade, mit welchen meiner vielen Themen ich
Dich behelligen soll. Am besten heute mit gar keinem.
O-Ton Katarina Barley:
Du, ich bin heute sehr aufnahmefähig.
Auf Nachfrage von Frontal 21 teilt ein Sprecher des SPD
Parteivorstandes später mit,
Zitat:
„Zu den Aufgaben von Frau Barley als Herausgeberin des
Vorwärts gehört auch ein öffentlicher Rundgang über das
vorwärts-Sommerfest.“
Yasmin Fahimi, verbeamtete Staatssekretärin im
Bundesarbeitsministerium, auch sie macht eine Sponsorenrunde.
Beim Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen –
und ebenso bei BMW - zum Fototermin.
O-Ton Yasmin Fahimi, SPD, Staatssekretärin im
Bundesarbeitsministerium:
Auto-Termine könnt Ihr immer machen.
OTon Agentur-Frau:
Das habe ich mir gedacht!
OT Michael Koß, LMU München:
Grundsätzlich würde ich da wieder sagen, dass die Politiker
auf ihren eigenen Veranstaltungen rumgehen und mit jedem
ins Gespräch kommen, das gehört letztlich zu ihrer
Arbeitsplatzbeschreibung. Dass aber vorab damit geworben
wird, dass genau das passiert, im Sinne von „du kannst mit
dieser Person reden und dann gibst du uns deswegen das
Geld“. Dieser kausale Zusammenhang, der wird ja zumindest
unterstellt. Das ist wieder der fragwürdige Teil des Ganzen.
Auf Nachfrage von Frontal 21 lässt die Staatssekretärin später
mitteilen: Frau Fahimi habe sich bei den Unternehmen über deren
Angebote informieren wollen.
Zitat:
„Sie wurde dafür jedoch nicht gebucht.“
Insgesamt gaben Sponsoren 185.000 Euro für das VorwärtsSommerfest. Davon fließe nichts an die SPD, teilt die Agentur auf
Nachfrage von Frontal 21 später mit.
Zurück zu Frau B. und ihrem Gesprächspartner von der SPDAgentur NWMD. Er wird konkret.
O-Ton Mitarbeiter NWMD, Gesprächsprotokoll
nachgesprochen:
Mit zwei, drei Monaten Vorlauf organisieren wir für sie ein
Vorwärts-Gespräch. Früher hießen die „Kamingespräche“,
aber das muss seit „Rent-a-Rüttgers“ alles ein wenig
offizieller klingen, also Vorwärts-Gespräch. Dann haben wir
auch kein Compliance-Problem. Das geht so: Sie sind ein so
genannter Unterstützer und zahlen 7000 Euro für ein
gesetztes Essen. Sie entscheiden dann, wer daran
teilnehmen soll und wir organisieren ihnen den Minister, den
Fraktionsvorsitzenden oder den Staatssekretär, also einfach
den, den sie haben möchten.
O-Ton Professor Sophie Schönberger, Staats- und
Verwaltungsrechtlerin Universität Konstanz:
Das ist eine sehr intelligente, aber meiner Meinung nach im
Endeffekt trotzdem rechtswidrige Umgehung der
Parteienfinanzierung. Es kann nicht sein, dass allein durch
die Zwischenschaltung einer GmbH legal wird, was sonst
illegal wäre. Wenn die Partei selber für 7000€ ein Gespräch
mit dem Minister anbieten würde, wäre das offensichtlich ein
Verstoß gegen das Parteienfinanzierungsrecht. Am Ergebnis
kann sich nichts ändern, dadurch dass ich eine GmbH
dazwischenschalte.
Die SPD-Tochterfirma NWMD sieht keinen Verstoß gegen
geltendes Recht. Auf Nachfrage von Frontal21 teilt sie später mit,
Zitat:
„Weder der Vorwärts noch NWMD „verkaufen“
Gesprächstermine mit Entscheidern gegen Geld. NWMD
versucht, Partner zu finden, die jene Kosten tragen, die mit
einer solchen Veranstaltung verbunden sind.“
In den Geschäftsräumen der Agentur verrät der Mitarbeiter, wie
die Vorwärts-Gespräche in der Praxis organisiert werden.
O-Ton Mitarbeiter NWMD, Gesprächsprotokoll
nachgesprochen:
Welcher Bereich interessiert Sie denn?
O-Ton Hansjörg Meyer:
Wirtschaft, Arbeit und Soziales, Justiz.
O-Ton Mitarbeiter NWMD,
Gesprächsprotokoll nachgesprochen:
Maas geht. Der ist flexibel. Nahles würde auch gehen. Gabriel
ist schwierig, der macht da nicht mit. Staatssekretär Machnig
ginge aber oder der Abgeordnete Hubertus Heil – die sind
ganz eng mit Gabriel.
O-Ton Hansjörg Meyer:
Nein, wir wollen den Minister. Das ist unsere erste Wahl. Wir
wollen wissen, wie man die gesetzlichen Fettnäpfchen
umgeht, dass man das Produkt einführen kann, ohne dass
gleich einer schreit: Oh weh!
O-Ton Mitarbeiter NWMD,
Gesprächsprotokoll nachgesprochen:
Wir kennen die Probleme der Firmen, aber auch, dass man
Probleme durch Gespräche aus dem Weg räumt – innerhalb
der Gesetze, damit man nirgendwo aneckt. Ich kenne das
zum Beispiel von Energie-Firmen, die haben auch Probleme
mit der Gesetzgebung, da bin ich gerade dran.
Der Agentur-Vertreter verspricht, ein konkretes Angebot für einen
Minister zu unterbreiten.
Als er mit Frau B. telefoniert, stellen wir auf Laut – erklären, ein
Mitarbeiter von Frau B. höre mit.
Minister Maas sei leider schon ausgebucht, heißt es. Aber es
gebe auch eine gute Nachricht. Sein parlamentarischer
Staatssekretär Ulrich Kelber sei noch zu haben. Der sei zuständig
für den Datenschutz. Der NWMD-Mitarbeiter erklärt uns, wie das
Treffen mit dem Staatssekretär ablaufen soll:
O-Ton Mitarbeiter NWMD,
Gesprächsprotokoll nachgesprochen:
Für den Einladungsverteiler können sie ihre Vorschläge
angeben, danach wird die Gästeliste vom Ministerium
freigegeben und wir können die Details und das genaue
Thema festlegen. Auch das stimmen wir mit dem Ministerium
und dem Staatssekretär ab. Was der Impuls von Herrn Kelber
beinhalten sollte, dass würde ich mit ihnen koppeln - dann
wissen Sie ganz genau, was der Herr Staatssekretär dort
sagen wird.
Das Angebot kommt per Email, die Betreff-Zeile:
„Anfrage StS Kelber“
Für die
„Organisation des Gespräches (Projekt- und
Einladungsmanagement, Locationauswahl und Catering
sowie die Organisation vor Ort)
und die „Nennung als Unterstützer des Gesprächs“
Berechnet die SPD-Tochter-Agentur „7000 Euro zuzüglich
Mehrwertsteuer“.
Auf Nachfrage von Frontal 21 schreibt das Büro von
Staatssekretär Kelber: Ihm sei bekannt, dass die Agentur sich um
Sponsoren bemühe. Er sei aber nicht über die Höhe des
Sponsorings informiert worden.
Und dann unterbreitet die Agentur ein ganz besonderes Angebot,
ein parlamentarischer Abend. Die NWMD schickt dafür einen
Kostenvoranschlag. Teilnehmer:
„Entscheider“ und „Führungspersonen“ aus dem Bereich
„Datenschutz/Datenregulierung/Verbraucherschutz“.
„Das sind Mitglieder des Bundestages und deren
BüroleiterInnen, Abteilungs- und ReferatsleiterInnen in den
Ministerien (Bundeswirtschaftsministerium,
Bundesjustizministerium, Bundesgesundheitsministerium,
Bundesarbeitsministerium),…“.
Weiter heißt es:
„Ziel des Abends ist es, einen … möglichst
informationshaltigen Abend zu veranstalten, in dem nicht nur
der Wissensaustausch im Vordergrund steht, sondern auch
die Intensivierung des bestehenden Netzwerkes.“
Kostenpunkt rund 35.000 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer.
O-Ton Michael Koß, LMU München:
Verwaltungspersonen, Referatsleiter werden da beworben,
die ja politisch per se mit allen Regierungsparteien
kompatibel sein müssen und wer die natürlich direkt
beeinflussen kann, der spart sich eine Menge Mühe, weil die
schreiben am Ende das Gesetz und dass die sich Interessen
anhören, dagegen ist auch überhaupt nichts zu sagen, aber
dass dafür dann Geld bezahlt wird, Geld, das vielleicht
andere Interessen nicht haben. Das ist natürlich sehr
fragwürdig.
Auf Nachfrage von Frontal 21 teilt die Agentur später mit, dass –
Zitat
„…derartige Veranstaltungen trotz entsprechender Anfragen
von Unternehmen nicht stattgefunden haben.“
Doch unser Herr Meyer bekommt schließlich doch noch, was er
wollte. Die Einladung zum Gespräch mit einem Minister. Die
Bestätigung kommt per Email:
„Zum kommenden vorwärts-Gespräch mit Heiko Maas,
Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, laden
wir Sie herzlich ein. Das Gespräch findet statt am Mittwoch,
den 12. Oktober um 13.00 Uhr…. Bei diesem nichtöffentlichen Gespräch haben Sie die Möglichkeit, mit Heiko
Maas über das Thema Datenschutz in der Digitalen Welt zu
diskutieren.“
In diesem Berliner Restaurant soll das Gespräch zum Thema
Datenschutz stattfinden. Herr Meyer macht sich auf den Weg.
Und tatsächlich, der Minister erscheint. Anderthalb Stunden lang
wird er sich bei einem Dreigänge-Menü mit Wein hier mit
Industrievertretern unterhalten.
Die niederländische Internet-Bank ING-DiBa sponsert das
Mittagessen, Herr Meyer darf als Gast dabei sein. Am Tisch
neben Minister Maas der Vorstandsvorsitzende der Bank. Zweck
des Treffens sei ein Kennenlernen gewesen, teilt die ING-DiBa
auf Nachfrage mit, eine Gegenleistung des Ministers erwarte man
nicht.
Auch andere sind beim Essen zugegen, zum Beispiel:
Der Deutschen Zigaretten-Verband, der Computer-Konzern
Hewlett Packard, Google, Audi.
O-Ton Hansjörg Meyer:
Hier war der Eindruck von den teilnehmenden Firmen, dass
der Verbraucherschutz eine zu große Bedeutung hat und
letztlich auch den Fortschritt in Deutschland sehr behindert
und - Herr Maas war sehr offen, hat sich das alles angehört,
sagte auch, einige Verbesserungen im Datenschutz in
Richtung der Firmen seien auch schon auf dem Weg. Aber er
sieht eben auch den Riesen-Abstimmungsbedarf zwischen
den verschiedenen Ministerien.
Herr Meyer bittet die Agentur noch um eine Teilnehmerliste des
Ministeressens. Doch die lehnt ab.
„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir für dieses Format
keine Gäste-/Teilnehmerlisten herausgeben.“
O-Ton Michael Koß, LMU München:
Das Essen findet dezidiert unter Ausschluss der
Öffentlichkeit statt, selbst über den Kreis der Teilnehmer
existiert keine Liste. Man kommt miteinander ins Gespräch,
aber das Ganze ist letztlich nicht dokumentiert. Und da kann
man einfach nicht mehr davon sprechen, dass es sich um
simples Sponsoring handelt. Das ist wirklich das Gegenteil,
das ist Zugang zu Mandatsträgern, Amtsinhabern und der
muss in einer Demokratie letztlich frei sein.
Auf Nachfrage von Frontal 21 erklärt die NWMD später, der
Vorwärtsverlag biete verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen
Gesprächsrunden zum Meinungsaustausch an.
Zitat:
„Viele vorwärts-Gespräche werden komplett von der
vorwärts-gruppe finanziert. Für andere können Sponsoren
gewonnen werden.“
Es handele sich im Wesentlichen um Beträge „(…)zwischen
3000 und 7000 Euro netto.“
Und weiter: „Einen Gewinn erzielt die Vorwärtsgruppe (…)
damit nicht.“
In den vergangenen zwei Jahren hat Bundesjustizminister Maas
an zwei vorwärts-Essen teilgenommen. Dass dafür Geld
geflossen ist - davon will er nichts gewusst haben.
O-Ton Frontal 21:
Guten Morgen! Danke, dass Sie Zeit haben. Vielen Dank. Wir
fragen uns, wie kann es sein, dass sie nicht mitbekommen
haben, dass diese zwei Essen, an denen Sie teilgenommen
haben, von Sponsoren gekauft waren, zuletzt im Oktober von
der ING-DiBa?
O-Ton Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und
Verbraucherschutz:
Was heißt, gekauft waren?
O-Ton Frontal 21:
Die Termine. Die Sponsoren haben Geld dafür gezahlt, den
Termin mit dem Mittagessen mit Ihnen zu bekommen.
O-Ton Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und
Verbraucherschutz:
Also, ich hab schon mal auf so einer Veranstaltung
gesprochen, da sind Vertreter von Unternehmen, von
sonstigen Organisationen. Die Frage, wie eine solche
Veranstaltung zustande kommt, wer teilnimmt, wer sie
organisiert und wer sie finanziert, ist jetzt nicht das Thema
für mich.
Erstaunlich. Die SPD-Agentur hatte auf Nachfrage mitgeteilt,
wenn ein Essen gesponsert werde, würden,
Zitat:
„sämtliche Teilnehmer hierüber informiert.“
O-Ton Frontal 21:
Sie wussten nicht, dass das ein gesponsertes Essen ist?
O-Ton Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und
Verbraucherschutz:
Also, wer das finanziert hat, wie sich die Finanzierung
zusammengesetzt hat, ist kein Thema mit dem wir uns vorher
auseinandergesetzt haben.
Die NWMD verrät nicht, wie viele Gespräche sie genau
organisiert hat. Nur so viel: In den vergangenen fünf Jahren seien
es im Schnitt weniger als zehn im Jahr gewesen.
Angeboten wurden oder teilgenommen haben beispielsweise
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks,
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig,
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin
Katarina Barley, Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann,
Wirtschaftsstaatsekretär Mathias Machnig, und
Bundestagsabgeordneter Hubertus Heil.
Alle legen Wert auf die Feststellung, dass sie persönlich kein
Geld erhalten haben.
O-Ton Prof. Sophie Schönberger, Staats- und
Verwaltungsrechtlerin, Universität Konstanz:
Die Bundestagsverwaltung müsste hier ganz dringend
prüfen. Das verstößt zum einen gegen die
Transparenzpflichten des Grundgesetzes. Die Parteien
müssen ihre Finanzen offenlegen und transparent machen.
Das tun sie nicht, wenn alles was in den GmbHs passiert,
letztlich geheim ist und auch vom Bundestagspräsidenten
nicht geprüft wird. Zum anderen haben wir ein Problem mit
der Chancengleichheit der Partei, wenn auf diese Art und
Weise die Minister aus ihrer Amtsstellung heraus den
Parteien finanzielle Vorteile verschaffen können.
O-Ton Prof. Dr. Frank Saliger, Strafrechtler, LMU München:
Insbesondere bei den Hintergrundgesprächen, bei den nicht
öffentlichen Hintergrundgesprächen, liegt der
Anfangsverdacht vor, dass hier gegen das Parteienrecht
verstoßen worden ist. Die Fantasie in dem Sponsoring hat
zugenommen. Es geht nicht mehr nur um die Finanzierung
von Ständen bei Parteiveranstaltungen, sondern jetzt auch
noch um ein viel breiteres Spektrum. Und die Aufgabe von
Herrn Lammert ist es, diesen Sumpf trockenzulegen.
Und der SPD-Vorsitzende? Was hatte der 2010 noch
versprochen?
O-Ton Sigmar Gabriel, Landesparteitag, SPD, 27. Februar
2010:
Jeder Bürger, egal wie viel er verdient und wie es ihm geht,
der kann mit uns reden und wir verkaufen keine Amtsträger
und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld
haben. Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie.
Gilt das noch heute? Der SPD-Vorsitzende lässt Frontal 21
wissen: Ja.
Von den gesponserten Essen, an denen führende
Sozialdemokraten teilnahmen, habe er nichts gewusst.
Abmoderation:
Lobbyisten bestellen SPD-Spitzenpolitiker zum Mittagessen und
bekommen sogar Minister serviert. Unappetitliche Geldgeschäfte,
nicht nur ein Problem für die SPD. Denn wenn die Politik es
weiterhin unterlässt, das Sponsoring zu regeln, befördert sie
Verdrossenheit und bestätigt jene Menschen, die zunehmend an
den Parteien zweifeln. Und noch ein Nachtrag: Wir haben die
Angebote an unseren Herrn Meyer und die Rechnung nicht
bezahlt und warten jetzt mal auf die Mahnung.
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