Gesetzliche Änderungen im AÜG: Grundlagen und Praxisfragen

Gesetzliche Änderungen im AÜG:
Grundlagen und Praxisfragen
Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Agenda
1.
2.
3.
Überlassungshöchstdauer
Gleichstellungsgrundsatz
Kennzeichnungs-, Konkretisierungs- und
Informationspflichten
Einsatzverbot bei Streik
Sonstiges
4.
5.
1.
25.11.2016
Stefan Sudmann, Leiter Arbeits- und Tarifrecht
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Entwicklung des Gesetzgebungsvorhabens
 CDU/CSU-SPD-Koalitionsvertrag vom 14.12.2013
 1. Diskussionsentwurf des BMAS vom 16.11.2015
 2. Diskussionsentwurf des BMAS vom 17.02.2016
 Einigung im Koalitionsausschuss vom 10.05.2016
 Gesetzentwurf vom 01.06. 2016
 Inkrafttreten: 01.04.2017
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
1. Überlassungshöchstdauer
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer
Überlassungsdauer
 Höchstens 18 Monate
 Abweichung durch Tarifverträge oder
darauf beruhende
Betriebsvereinbarungen
 Nicht tarifgebundene Unternehmen max.
24 Monate, wenn keine längere
Überlassungsdauer im Tarifvertrag
geregelt
 Tariföffnung nur für die Tarifpartner der
Einsatzbranche
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer - Einzelfragen
 Wie lang sind 18 Monate?
->18 x 30 Tage (§191 BGB)
 Einsatzzeiten durch Überlassung von einem anderen
Dienstleister werden angerechnet
 Addition der Einsatzzeiten, wenn Unterbrechung drei
Monate oder kürzer
 Wie lang sind „mehr als drei Monate“ Unterbrechungszeit?
-> Im Kalender drei Monate weiter (vom 1. Nichteinsatztag
gerechnet) + ein Tag (§§187,188 BGB)
-> Beispiel: 06.07. letzter Einsatztag bei Kunde A, Rückkehr am
08.10., Einsatzzeit beginnt wieder bei Null
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer - Einzelfragen
 kein Konzernbezug
 Betriebsbezug?
 Unternehmensbezug (derzeitige Empfehlung)
 Überlassungszeiten zählen erst ab dem 1.4.2017!
-> 18 Monate sind also frühestens am 22.09.2018 erfüllt.
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Einsatz- und Unterbrechungszeiten hinsichtlich der
Überlassungshöchstdauer
Welche Zeiten zählen mit?
 richtet sich nach formalen und tatsächlichen Kriterien
-> Arbeitnehmerüberlassungsvertrag allein dürfte nicht ausreichen
(AÜV muss auch durchgeführt/gelebt werden)
-> tatsächlicher Einsatz ohne AÜV dürfte andererseits reichen
-> Urlaub/Krankheit/Feiertage innerhalb eines Einsatzes
-> planmäßige „Unterbrechungen“ (Wochenenden, Freischichten,
planmäßig freie Tage bei Teilzeitkräften)
-> zählen Zeiten bei anderen Kunden (parallele Einsätze bei mehreren
Kunden) mit?

Was unterbricht den Einsatz?
 Kündigung des AÜ-Vertrages
 „Abmeldung“ des Mitarbeiters (Dokumentation!)
 keine automatische Unterbrechung durch Urlaub, Krankheit,
Feiertage
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Abweichende Überlassungshöchstdauer
 Abweichung durch sämtliche Arten von Tarifverträgen
-> Flächen-, Firmengruppen-, Haustarifverträge
 Muss der TV eine absolute Höchstgrenze für alle
Einsatzfälle enthalten oder sind sachgrundbezogene offene
Einsatzzeiten (z.B. bei Projekten) zulässig
 Gesetzeswortlaut spricht für absolute Höchstgrenze
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer – Abweichungsmöglichkeiten
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer – Abweichungsmöglichkeiten
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Überlassungshöchstdauer - Sanktionen
Entzug der AÜ-Erlaubnis möglich
gesetzliches Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zum
Einsatzunternehmen
Aber: „Widerspruchsrecht“ (Festhaltenserklärung) des Arbeitnehmers bis
zu einem Monat nach Überschreiten der Überlassungshöchstdauer
 Frühestens ab Überschreiten der Überlassungshöchstdauer
 Erklärung muss der BA vorgelegt werden; Abgabe der Erklärung
gegenüber Arbeitgeber oder Kunde
 Rechtsfolgen:
 Arbeitsverhältnis zum Zeitarbeitsunternehmen bleibt bestehen.
Bußgeld bis zu 30.000 Euro für Zeitarbeitsunternehmen
 Keine (weitere) Überschreitung der Überlassungshöchstdauer
zulässig; Widerspruch heilt nicht die Rechtswidrigkeit des Verstoßes
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
2. Gleichstellungsgrundsatz (Equal Pay,
Equal Treatment)
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Vergleich gesetzliches und tarifliches Equal
Pay
Gesetzliches Equal Pay
Tarifliches Equal Pay
Ab dem 10. Monat des Einsatzes beim
selben Kundenunternehmen
Spätestens nach 15 Monaten des
Einsatzes beim selben
Kundenunternehmen
-
Stufenweise Heranführung an das
Vergleichsentgelt, 1. Stufe spätestens
nach 6 Wochen
-
„Modell Branchenzuschlagstarifvertrag“;
Anpassung erforderlich
Umfang: alles, was aus Anlass eines
Arbeitsverhältnisses gezahlt wird
(sämtliche Zahlungen in Geld und
Sachleistungen) , darunter also auch
vermögenswirksame Leistungen,
Aktienoptionen, Dienstwagen etc.
Festlegung als gleichwertig mit dem
tarifvertraglichen Arbeitsentgelt,
vergleichbarer Arbeitnehmer in der
Einsatzbranche

Tarifliches Vergleichsentgelt, kein
übertarifliches

Spielraum für die Definition von
Equal Pay („festgelegt“)
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Gleichstellungsgrundsatz und
Abweichungsmöglichkeiten (§ 8 AÜG-E)
ab 1.
Tag
ab 16.
Monat
ab 10.
Monat
Gleichstellungsgrundsatz
Gesetzlicher
Gleichstellungsgrundsatz.
Abweichung durch
Grundlagentarifvertrag
(iGZ-DGB-Tarifwerk) + evtl.
Anwendung TV BZ
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Gesetzliches Equal
Pay, wenn kein
einschlägiger TV BZ
angewendet wird.
Abweichung vom
gesetzlichen Equal
Pay bei
Anwendung von
Grundlagen-TV +
qualifizierten TV
gem. § 11 Abs. 4
Satz 2 AÜG (TV
BZ)
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Spätestens nach
15 Monaten
tarifliches Equal
Pay auf Grundlage
der TV BZ
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Equal Pay – Bemessung der Überlassungszeiten
 Es gelten die gleichen Regeln wie bei der
Überlassungshöchstdauer




Addition der Einsatzzeiten, wenn Unterbrechung nicht länger als
drei Monate
Einsatzzeiten durch Überlassung von einem anderen
Dienstleister werden angerechnet
Betriebsbezug?
Überlassungszeiten zählen erst ab dem 1.4.2017!
-> 9 Monate sind also frühestens am 26.12.2017 erfüllt.
 Frage zukünftig an Entleiher/Mitarbeiter: Bereits bisher
innerhalb der letzten drei Monate bei diesem Entleiher
eingesetzt?
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
3. Kennzeichnungs-, Konkretisierungs- und
Informationspflichten
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Neue Kennzeichnungs-, Konkretisierungs- und
Informationspflichten (§ 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG)
 Kennzeichnung im Verhältnis zum Kunden

Arbeitnehmerüberlassung muss als solche im Vertrag bezeichnet
werden

Person des Arbeitnehmers muss unter Bezugnahme auf diesen
Vertrag konkretisiert werden

und zwar vor Beginn der Überlassung
 Information im Verhältnis zu Arbeitnehmer (§ 11 Abs. 2 AÜG):

Einsatz als „Leiharbeitnehmer“
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Kennzeichnungspflicht – Sanktionen
Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses mit Zeitarbeitsunternehmen und
gesetzliches Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zum
Einsatzunternehmen
Aber: „Widerspruchsrecht“ (Festhaltenserklärung) des Zeitarbeitnehmers
bis zum Ablauf eines Monats nach dem vorgesehenen Beginn der
verdeckten Überlassung


Frühestens ab Beginn der verdeckten Überlassung
Erklärung muss der BA vorgelegt werden; Abgabe der Erklärung
gegenüber Arbeitgeber oder Kunde
 Rechtsfolge: Arbeitsverhältnis zum Zeitarbeitsunternehmen bleibt
bestehen, aber kein Fortführen der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung
zulässig; Widerspruch heilt nicht die Rechtswidrigkeit des
Gesetzesverstoßes
 Bußgeld bis zu 30.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG-E) für
Zeitarbeitsunternehmen und Einsatzunternehmen
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
4. Einsatzverbot bei Streik
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Einsatzverbot bei Streik
 Bei Streiks von DGB-Gewerkschaften gilt weiterhin die Klausel
im iGZ-TV (§ 12 MTV)
 Für Streiks von Nicht-DGB-Gewerkschaften gilt künftig:

Unmittelbare Betroffenheit des Einsatzbetriebes

Verbot gilt nur für „Streikbrechertätigkeiten“, ZAN dürfen keine
Tätigkeiten von Streikenden übernehmen und keine Tätigkeiten
von Stammmitarbeitern, die ihrerseits Arbeit von Streikenden
übernehmen

Notdiensteinsätze sind wohl zulässig

Sanktion: Bußgeld bis zu 500.000 Euro für Einsatzunternehmen,
nicht für Zeitarbeitsunternehmen
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
5. Sonstiges
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz
 Klarstellung des Informationsrechts bei der Personalplanung
auch in Bezug auf den Einsatz von Zeitarbeitskräften, Werkund Dienstarbeitnehmern (§ 92 BetrVG)
 Klarstellung/Konkretisierung der Informationsrechte beim
Einsatz von Fremdpersonal (§ 80 Abs. 2 BetrVG)

Einbeziehung insbesondere des zeitlichen Umfangs des
Einsatzes, des Einsatzortes und der Arbeitsaufgaben dieser
Personen

Auch Vorlage der AÜ-Verträge (komplett?)
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Sonstige AÜG-Änderungen
 Definition Arbeitnehmerüberlassung (entspricht der bisher
herrschenden Rechtsauffassung)
 Verbot des Kettenverleihs: lediglich gesetzliche Klarstellung
einer langjährigen Auffassung der BA
 Berücksichtigung der regelmäßig eingesetzten Zeitarbeitskräfte
bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten (§ 14
Abs. 2 Satz 4 AÜG-E): es wird teilweise die geltende
höchstrichterliche Rechtsprechung nachvollzogen
 Inkrafttreten 1.4.2017
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Gesetzesvorhaben zur Änderung des AÜG
Danke
für Ihre
Aufmerksamkeit!
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