Gedanken zum SonntagsEvangelium ———————————————————— Christkönigsonntag (LJ C) 20. November 2016 Biblische Texte: 2 Sam 5,1-3 / Kol 1,12-20 Lk 23,35-43 Gegen den Ver-Führer einen wahren König! Irgendwie schon seltsam, dass wir heute das Evangelium hören, das uns mitten in den Karfreitag führt! Oder? Mit einem solchen König, der so kläglich am Kreuz scheitert, mit diesem Jesus Christus machen wir in der Welt keine Punkte. Heute zählt nur, wer gewinnt, wer Punkte macht, wer gut ankommt - selbst wenn er sich seine Sympathie mit Geld erkauft. Für Menschen, die an nichts glauben, zeigt der Tod Jesu am Kreuz daher umso mehr die Schwachstelle unseres Glaubens: Wir glauben an einen gescheiteten Menschen am Kreuz! „Das ist der König der Juden!“ - steht über dem Kreuz auf dem Schild. Was mögen Juden damals gedacht haben? Ein selbsternannter König ihres Volkes hängt am römischen Folterbalken… Was für eine Tragödie! Kein Wunder, dass die Umstehenden sich lustig über ihn machen, ihn verspotten. Allen voran die römischen Soldaten Handlanger eines tyrannischen Systems. Aber selbst einer, der mit ihm gekreuzigt wird, verhöhnt ihn. Obwohl es ihm genau so dreckig geht! Nein, der Christkönigsonntag bringt uns mit dieser Lesung in eine gewisse Schräglage! Dabei hatte das Fest einst eine hoch politische Dimension! Als Protest der kath. Jugend ist es im Dritten Reich gegen die Nazi-Diktator entstanden. Man wollte dem falschen Ver-„Führer“ einen wahren König, Jesus Christus, entgegensetzen. Nach heutigen Maßstäben wäre aber genau dieser Jesus ein Versager! Keinen, den man in ein hohes politisches Amt wählen würde oder den man zum Präsidenten von Amerika küren könnte. Keiner, der genügend Kapital besäße, um eine Wahlkampagne zu seinen Gunsten zu entscheiden! Jesus hatte als sein „Kapital“ nur sein Wort und seine Taten. Dahinter stand die Grundüberzeugung, dass Gott die Menschen liebt, dass Gott dem Menschen verzeiht, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Seite !1 von 2 ! Gedanken zum SonntagsEvangelium ———————————————————— Doch nicht einmal am Kreuz bleibt er verschont vom Spott seiner Gegner und Neider. Er hält es aus, lässt sogar den sauren Essig, den man ihm reicht, über sich ergehen! - Das sind Momente, in denen ich mich frage: Wie würden wir reagieren, wenn wir ohnehin am Boden liegen? Was würden wir tun, würde man uns so in die Enge treiben, so erniedrigen? Wenn Medien über jemanden herfallen, dann wehren wir uns juristisch, drohen mit einer Klage. Wenn Kinder ein anderes Kind auf dem Schulhof sekkieren, dann schreiten Lehrer und unter Umständen auch die Eltern ein. Wenn ein Politiker sich von Landsleuten durch eine Putschversuch bedroht fühlt, beseitigt er Tausende von Menschen, die gegen ihn waren. Jesus hat niemanden, der für ihn Partei ergreift. Jesus droht nicht mit einer juristischen Gegenklage. Jesus lässt keine Büros von Journalisten durch seine Anhänger räumen. Im Gegenteil. Noch am Kreuz ergreift er Partei, stellt sich auf die Seite eines ebenso Gescheiterten! Jesus bleibt sich und seiner Botschaft treu! Jesus bleibt selbst am Kreuz angesichts des unverschuldeten Todes barmherzig! Dort, wo es selbst für einen Verbrecher ausweglos scheint, öffnet er eine Perspektive: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ Damit zeigt sich, dass der Verfasser des Kolosserbriefes in seinem Hymnus Recht hat: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes (…). Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut!“ (Kol 1,15.19). Dieser König ist mehr als nur ein politischer Führer, mehr als ein Bandenchef, mehr als der Vorsitzende der Jesus-Partei. Er ist ein Friedenskönig und damit die Menschwerdung des „Schalom“ Gottes. Die Botschaft von Weihnachten, die wir in ein paar Wochen hören werden - „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden!“ - kommt auf zwei Füßen daher und fordert uns heraus. Ob wir uns von ihm etwas abschauen? Ob wir es schaffen, in seine Fußstapfen zu treten? Es gilt das gesprochene Wort. (c) 2016 P. Jeremias Müller Seite !2 von 2 !
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