Predigt 33.So iJK 2016_13112016

Gedanken zum SonntagsEvangelium
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Christkönigsonntag (LJ C)
20. November 2016
Biblische Texte:
2 Sam 5,1-3 / Kol 1,12-20
Lk 23,35-43
Gegen den Ver-Führer einen wahren König!
Irgendwie schon seltsam, dass wir heute das Evangelium hören, das uns
mitten in den Karfreitag führt! Oder? Mit einem solchen König, der so
kläglich am Kreuz scheitert, mit diesem Jesus Christus machen wir in der
Welt keine Punkte. Heute zählt nur, wer gewinnt, wer Punkte macht, wer gut
ankommt - selbst wenn er sich seine Sympathie mit Geld erkauft. Für
Menschen, die an nichts glauben, zeigt der Tod Jesu am Kreuz daher umso
mehr die Schwachstelle unseres Glaubens: Wir glauben an einen
gescheiteten Menschen am Kreuz! „Das ist der König der Juden!“ - steht
über dem Kreuz auf dem Schild. Was mögen Juden damals gedacht haben?
Ein selbsternannter König ihres Volkes hängt am römischen Folterbalken…
Was für eine Tragödie! Kein Wunder, dass die Umstehenden sich lustig über
ihn machen, ihn verspotten. Allen voran die römischen Soldaten Handlanger eines tyrannischen Systems. Aber selbst einer, der mit ihm
gekreuzigt wird, verhöhnt ihn. Obwohl es ihm genau so dreckig geht!
Nein, der Christkönigsonntag bringt uns mit dieser Lesung in eine gewisse
Schräglage! Dabei hatte das Fest einst eine hoch politische Dimension! Als
Protest der kath. Jugend ist es im Dritten Reich gegen die Nazi-Diktator
entstanden. Man wollte dem falschen Ver-„Führer“ einen wahren König,
Jesus Christus, entgegensetzen.
Nach heutigen Maßstäben wäre aber genau dieser Jesus ein Versager!
Keinen, den man in ein hohes politisches Amt wählen würde oder den man
zum Präsidenten von Amerika küren könnte. Keiner, der genügend Kapital
besäße, um eine Wahlkampagne zu seinen Gunsten zu entscheiden!
Jesus hatte als sein „Kapital“ nur sein Wort und seine Taten. Dahinter stand
die Grundüberzeugung, dass Gott die Menschen liebt, dass Gott dem
Menschen verzeiht, dass vor Gott alle Menschen gleich sind.
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Gedanken zum SonntagsEvangelium
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Doch nicht einmal am Kreuz bleibt er verschont vom Spott seiner Gegner
und Neider. Er hält es aus, lässt sogar den sauren Essig, den man ihm reicht,
über sich ergehen! - Das sind Momente, in denen ich mich frage: Wie
würden wir reagieren, wenn wir ohnehin am Boden liegen? Was würden wir
tun, würde man uns so in die Enge treiben, so erniedrigen? Wenn Medien
über jemanden herfallen, dann wehren wir uns juristisch, drohen mit einer
Klage. Wenn Kinder ein anderes Kind auf dem Schulhof sekkieren, dann
schreiten Lehrer und unter Umständen auch die Eltern ein. Wenn ein Politiker
sich von Landsleuten durch eine Putschversuch bedroht fühlt, beseitigt er
Tausende von Menschen, die gegen ihn waren.
Jesus hat niemanden, der für ihn Partei ergreift. Jesus droht nicht mit einer
juristischen Gegenklage. Jesus lässt keine Büros von Journalisten durch seine
Anhänger räumen. Im Gegenteil. Noch am Kreuz ergreift er Partei, stellt sich
auf die Seite eines ebenso Gescheiterten! Jesus bleibt sich und seiner
Botschaft treu! Jesus bleibt selbst am Kreuz angesichts des unverschuldeten
Todes barmherzig! Dort, wo es selbst für einen Verbrecher ausweglos
scheint, öffnet er eine Perspektive: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies
sein!“
Damit zeigt sich, dass der Verfasser des Kolosserbriefes in seinem Hymnus
Recht hat: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes (…). Gott wollte mit
seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im
Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat
am Kreuz durch sein Blut!“ (Kol 1,15.19). Dieser König ist mehr als nur ein
politischer Führer, mehr als ein Bandenchef, mehr als der Vorsitzende der
Jesus-Partei. Er ist ein Friedenskönig und damit die Menschwerdung des
„Schalom“ Gottes. Die Botschaft von Weihnachten, die wir in ein paar
Wochen hören werden - „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den
Menschen auf Erden!“ - kommt auf zwei Füßen daher und fordert uns heraus.
Ob wir uns von ihm etwas abschauen? Ob wir es schaffen, in seine
Fußstapfen zu treten?
Es gilt das gesprochene Wort.
(c) 2016 P. Jeremias Müller
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