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Copyright © 2005 Diplomica Verlag GmbH
ISBN: 9783836631372
http://www.diplom.de/e-book/226906/queer-temporalities
Anja Kümmel
'Queer Temporalities'?
Zusammenhänge zwischen den Motiven 'Arbeit', 'soziales Geschlecht'
und 'Sexualität' in der fiktionalen Ausgestaltung der 'Neuen Frau' auf der
Folie soziokultureller Diskurse der Weimarer Zeit
Diplom.de
MA-Thesis / Master
Anja Kümmel
'Queer Temporalities'?
Zusammenhänge zwischen den Motiven 'Arbeit', 'soziales
Geschlecht' und 'Sexualität' in der fiktionalen Ausgestaltung
der 'Neuen Frau' auf der Folie soziokultureller Diskurse der
Weimarer Zeit
Diplom.de
Anja Kümmel
'Queer Temporalities'?
Zusammenhänge zwischen den Motiven 'Arbeit', 'soziales Geschlecht' und 'Sexualität' in
der fiktionalen Ausgestaltung der 'Neuen Frau' auf der Folie soziokultureller Diskurse der
Weimarer Zeit
ISBN: 978-3-8366-3137-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2009
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Forschungsstand und Forschungsinteresse
1.2. Fragestellungen
1
1
3
2. Begriffsbestimmungen und theoretische Grundlagen
4
3. Die „Neue Frau“ – Konstruktionen und soziale Realitäten
3.1. Die neue Sexualmoral
3.1.1. Triebsublimation durch Arbeit
3.1.2. Befreite Sexualität?
3.2. Erwerbstätigkeit: Chancen und Grenzen
3.2.1. Weibliche Angestellte
3.2.2. Künstlerinnen
3.3. Der Vorwurf der „Vermännlichung“
8
10
10
11
13
16
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20
4. Homosexuelle Frauen im Diskurs der 1920er Jahre
4.1. „Garçonne“ oder „Drittes Geschlecht“?
Zum Selbstverständnis lesbischer Frauen
4.2. „Autonomie“, „Wissen“, „Schöpfen“ – Angelpunkte lesbischer Identität?
4.3. Strange Bedfellows: „Freundinnen“ und „Neue Frauen“
22
24
28
31
5. Frauenliteratur in der Weimarer Republik
5.1. Erkenntnisinteresse und Herangehensweise
5.2. „Arbeit“, „soziales Geschlecht“ und „Sexualität“
in zwei Romanbeispielen
5.2.1. Grete von Urbanitzky: „Sekretärin Vera“ (1930)
5.2.2. Grete von Urbanitzky: „Der wilde Garten“ (1928)
5.3. Vergleichende Romananalyse
5.3.1. Queer spaces: Utopische Entfaltungsräume
5.3.2. Queer times: Der verlorene Patriarch
5.3.3. Queer professions:
Existenzmöglichkeiten jenseits von „Produktion“ und „Reproduktion“
33
35
6. Schlussbetrachtung
65
Literaturliste
70
Anhang I: Inhaltsangabe zu „Sekretärin Vera“
77
Anhang II: Inhaltsangabe zu „Der wilde Garten“
78
37
37
42
49
49
54
58
1
1. Einleitung
Die Weimarer Republik als eine Zeit des radikalen kulturellen, sozialen und politischen Wandels stellt ein für die historische Geschlechterforschung nach wie vor höchst relevantes Feld
dar. Exemplarisch für den strukturellen Wandel der Geschlechterdynamik sei hier der verstärkte Eintritt von Frauen ins Erwerbsleben, das postulierte „neue Selbstbewusstsein“ der
modernen Frau, oder auch die „neue Sexualmoral“ genannt. Gleichzeitig schaffte die relative
Liberalität der 1920er Jahre (zumindest in urbanen Räumen) ein Klima, in dem sich Frauen
zum ersten Mal als „homosexuell“ konstituieren konnten. Vor allem in der Metropole Berlin
blühte eine facettenreiche homosexuelle Subkultur auf; in bestimmten Gesellschaftsschichten
wurde das Spiel mit Geschlechterrollen, Homo- und Bisexualität regelrecht „chic“. Ein neues
Bewusstsein über Geschlecht und Sexualität, über öffentliches Auftreten und weibliche Autonomie bildete sich heraus. Für den sich vollziehenden Strukturwandel waren die Begriffe
„Arbeit“, „soziales Geschlecht“ und „Sexualität“ von zentraler Bedeutung.
Demnach überrascht es nicht, dass sich in der Zeit von 1918-1933 ein Großteil der literarischen Neuerscheinungen mit den im Umbruch begriffenen Geschlechterverhältnissen beschäftigte. So war die „Neue (erwerbstätige) Frau“ ein beliebtes und immer wiederkehrendes
Thema im Roman der Weimarer Republik. Parallel dazu entstand erstmals eine signifikante
Anzahl von Texten, die sich relativ offen mit dem Thema „lesbische Liebe“ auseinandersetzten.
1.1. Forschungsstand und Forschungsinteresse
Mein Interessenschwerpunkt ist die fiktionale Ausgestaltung der „Neuen Frau“ im Autorinnen-Roman der Weimarer Republik in Bezug auf die identitätsstiftenden Kategorien „Arbeit“,
„Geschlecht“ und „Sexualität“. Bislang wurden diese Teilaspekte des Autonomieverständnisses der „Neuen Frau“ zumeist voneinander isoliert betrachtet. Derartige kategoriale Trennungen tendieren nicht nur dazu, Dichotomien zu reproduzieren, sondern ignorieren überdies die
Vielfalt sowohl literarischer Inszenierungen als auch unterschiedlicher Lebensrealitäten. Anliegen dieser Arbeit ist es, mittels neuer Erkenntnisse aus der gender-/queer theory die komplexe wechselseitige Beeinflussung der genannten Parameter der Fremd- und Selbsteinordnung anhand literarischer Beispiele genauer zu ergründen.
Zum Thema „Neue Frau“ gibt es eine Reihe von Abhandlungen, die teilweise auch auf die
literarische Darstellung weiblicher Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit anderen Aspekten
2
wie Freizeitverhalten, neue Sexualmoral etc. eingehen.1 Meist wird allerdings ein nach wie
vor heteronormativer Blick auf die Protagonistinnen und deren Lebensentwürfe gerichtet.2
Romane, die lesbisches Begehren thematisieren, werden hingegen isoliert und unter anderen
Gesichtspunkten behandelt.3 Hier wird zumeist die Darstellung von Sexualität, Erotik und
Begehren und die Inszenierung von Geschlechterrollen in den Mittelpunkt gestellt.4 Welche
Rolle „Arbeit“ für die Ausbildung einer (lesbischen/queeren) Identität spielen könnte, welches Gewicht der Erwerbstätigkeit beigemessen wird, welche Betätigungsfelder wie inszeniert
werden bzw. warum die soziale Lebensrealität der Protagonistin(nen) eben gerade nicht oder
nur am Rande thematisiert wird, wurde bislang nicht untersucht.
Eine zusammenhängende Studie zum Themenkomplex der Arbeit in der Literatur der Weimarer Republik lieferte erstmals Thorsten Unger.5 Diskussionen über den Typ der „Neuen Frau“
in Relation zu „Arbeit“ sowie Ausführungen zur geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung werden in dieser Untersuchung nur angerissen, ließen sich jedoch nach Ansicht Ungers „ebenfalls
leicht zu einer eigenständigen Studie ausbauen.“6
Mit der vergleichenden Textanalyse und deren Einbettung in die soziokulturellen Diskurse der
1920er Jahre möchte ich neue Erkenntnisse über die Bedeutung von „Arbeit“ für die Fremdund Selbstkonstruktion lesbischer/bisexueller/heterosexueller Frauen gewinnen. Nicht zuletzt
kann und soll diese Untersuchung als Anstoß verstanden werden, die Kategorien „Sexualität“,
„Liebe“ und „Beziehungsformen“ in den Diskurs um „Gender“ und „Arbeit“ – durchaus auch
über historisch-literarische Betrachtungen hinaus – verstärkt mitzudenken.
1
Kerstin Barndt. Sentiment und Sachlichkeit. Der Roman der Neuen Frau in der Weimarer Republik. Köln 2003;
Heide Soltau. Trennungs-Spuren. Frauenliteratur der zwanziger Jahre, Frankfurt/M. 1984; Soltau. Die Anstrengungen des Aufbruchs. Romanautorinnen und ihre Heldinnen in der Weimarer Zeit. In: Gisela Brinker-Gabler
(Hg.) Deutsche Literatur von Frauen, Bd. 2, München 1988, S. 220-235; Livia Z. Wittmann. Liebe oder Selbstverlust. Die fiktionale Neue Frau im ersten Drittel unseres Jahrhunderts. In: Sylvia Wallinger, Monika Jonas
(Hg.) Der Widerspenstigen Zähmung. Studien zur bezwungenen Weiblichkeit in der Literatur vom Mittelalter
bis zur Gegenwart. Innsbruck 1986, S. 259-280; Hilke Veth, Literatur von Frauen. In: Bernhard Weyergraf (Hg.)
Literatur der Weimarer Republik 1918-1933. München 1995, S. 446-482; Vibeke Rützou Petersen. Women and
Modernity in Weimar Germany. Reality and Representation in Popular Fiction. New York, Oxford 2001.
2
Vgl. Rützou Petersen 2001, S. 15.
3
Eine Ausnahme bildet Karin Erkels Artikel „Lösungen von Lebenskrisen im Bannkreis gesellschaftlicher
Grenzen“ Zum Jungmädchen- und Frauenbild in populären Romanen der zwanziger und dreißiger Jahre. In:
Sabina Becker (Hg.) Jahrbuch zur Literatur der Weimarer Republik. Bd.5 1999/2000 „Frauen in der Literatur der
Weimarer Republik“ St.Ingbert 2000. S.115-142, die in ihrer vergleichenden Analyse dreier heute in relative
Vergessenheit geratenen Romane auch Maximiliane Ackers „Freundinnen“ mit aufnimmt.
4
Vgl. Heike Schader. Virile, Vamps und wilde Veilchen. Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften
homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre. Hamburg 2003; Claudia Schoppmann „Der Skorpion“. Frauenliebe in der Weimarer Republik. Hamburg 1985.
5
Thorsten Unger. Diskontinuitäten im Erwerbsleben. Vergleichende Untersuchungen zu Arbeit und Erwerbslosigkeit in der Literatur der Weimarer Republik. Tübingen 2004.
6
Ebd., S. 27.
3