Digitale Bildungsoffensive!

KOLUMNE
Digitale
Bildungsoffensive!
Von IHK-Vizepräsident David Zimmer
Schnell einmal die Theaterkarten reservieren, das Hotel buchen oder nach einer Telefonnummer suchen – alles Dinge, die wir
heute wie selbstverständlich online abwickeln. Oft sogar vom Mobiltelefon von unterwegs. Die Digitalisierung weiter Lebensbereiche ist in vollem Gange und die Wirtschaft stellt sich den daraus resultierenden
Herausforderungen in zunehmendem Maße.
Der Weg zur Industrie 4.0 wird mit großen
Schritten begangen. Prozesse werden digital und autonom, Produktions- und Lieferketten werden in Zukunft von Algorithmen
gesteuert und sinnvoll ausgewertete Daten
lassen einen optimalen Mittel- und Arbeitseinsatz zu.
Alles Zukunftsmusik? Nein, sondern immer
deutlicher werdende Realität in allen Unter-
nehmen – vom kleinen Händler an der Ecke,
der mit seinem speziellen Angebot tatsächlich überregional erfolgreich sein kann bis
hin zum Konzern, der seine kompletten Prozesse digitalisiert. Bis hin zum Kunden. So
werden in Zukunft Sensoren beim Kunden
die Produktion von Ersatzteilen anstoßen,
wenn ein definierter Abnutzungsgrad erreicht ist. Amazon Dash bietet einen Vorgeschmack auf das, was möglich ist und uns
in Zukunft selbstverständlich vorkommen
wird. Früher oder später wird auch die Verwaltung das Thema Digitalisierung forcieren müssen‚ um die internen Prozesse zu
optimieren ebenso wie für eine effiziente
Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen. Hier ist zurzeit
ein akuter Nachholbedarf auszumachen.
Der IT-Gipfel im November in Saarbrücken
wird sich mit einem Thema befassen, das
zentral ist, um diese Digitalisierung dauerhaft positiv zu gestalten: Der Bildung. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka und
Kultusminister Ulrich Commerçon haben in
den letzten Wochen begrüßenswerte Vorstöße in diesem Bereich unternommen. Doch
es darf kein Zögern geben. Wenn wir junge
Menschen auf die Veränderungen vorbereiten wollen, ist es jetzt bereits 5 vor 12. Es
reicht nicht aus, die neueste App herunterzuladen und am Mobiltelefon spielen zu können. Digitale Bildung integriert Technik,
Computer und onlinebasiertes Lernen in
den schulischen Alltag. Die Basis ist eine
moderne und leistungsfähige Infrastruktur.
Dazu zählt etwa der schnelle Internetanschluss, das WLan-Netz und die Ausstattung mit PCs und Tablets – Institutionen
wie das Center for Learning Technologie an
der Universität des Saarlandes haben gerade
im Bereich des elektronischen Lernens die
Grundlagen geschaffen, um langfristig diese Bildungsaufgabe bewältigen zu können.
Bleibt allerdings ein Faktor, den es zu beachten gilt: Noch immer gibt es Lehrerinnen
und Lehrer, die digitale Bildung in Konkurrenz zu einer klassischen Ausbildung der
Kinder und Jugendliche sehen. Dass sich
traditionelles Lernen im Klassenverbund, in
Projektteams und die digitale Bildung ergänzen und heute sogar gegenseitig bedingen, muss in der Lehrerausbildung verstärkt
berücksichtigt werden. Bereits in der
Grundschule sollte es zum Standard gehören, dass Tablets lernunterstützend eingesetzt werden. Der Vorstoß des saarländischen Bildungsministeriums weist dabei in
die richtige Richtung: Die Investition für die
Calliope Computer ist gekoppelt an die Qualifizierung der Lehrkräfte. Aber warum ist
diese nicht verbindlich vorgegeben? Und
warum beschränkt sich das Angebot auf die
Klassenstufe 3 der Grundschulen?
Die Zeit drängt. Wirtschaftlich gesehen ist
die Digitalisierung in vollem Gange. Bis
2018 wird Deutschland in weiten Teilen das
erste Ziel der Breitbandstrategie erreichen
und es werden flächendeckend Bandbreiten
von 50 Mbit/s verfügbar sein. Eine gute
Grundlage für die Digitalisierungsstrategie
der Unternehmen. Der logische und wichtige nächste Schritt ist bereits definiert: Bis
2025 sind Verbindungen im Gigabit-Bereich
erforderlich. Auf dieser Infrastruktur bieten
sich dann ganz neue Perspektiven. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen diese
Möglichkeiten erkennen und nutzen können.
Digitale Bildung ist der Schlüssel dazu und
bedarf unser aller Engagement. Jetzt, und
nicht erst in zehn Jahren.
SaarWi rtschaft
11/2016
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