Ausgabe | 45 18. November 2016 powered by Wirtschaft Kommunale Kliniken können nicht mehr investieren Viele Kliniken in Deutschland stehen vor der Pleite – besonders kommunale Häuser in strukturschwachen Regionen V bäudes und der damit verbundenen or wenigen Wochen hat das Unterhaltskosten zu den größten Evangelische Krankenhaus Kostenfressern im Klinikbudget.“ Zweibrücken geschlossen. Grund: Energie, Küche, textile VersorFinanzielle Probleme. „Die Invesgung, Reinigung, Medizintechnik: titionsfähigkeit der rund 2000 Rund ein Viertel der laufenden KosKliniken in Deutschland sinkt draten, die Kliniken zu tragen haben, matisch“, sagt Kai Hafermann, Gemüssen für die Bewirtschaftung der schäftsführer der Ingenieurs- und Immobilie aufgewendet werden. Projektmanagementgesellschaft Der Ruf nach Investitionshilfen Curatis GmbH aus Eschborn bei macht deutlich, wie dramatisch die Frankfurt, die bundesweit seit mehr Situation an vielen Standorten beals 15 Jahren die Kostenstrukturen Viele Kliniken besitzen überteuerte Wartungsverträge für Medireits ist. Marktexperten beziffern den zintechnik. Foto: Flickr/Eelke/CC BY 2.0 von Krankenhäusern und PflegeInvestitionsstau der Krankenhäuser einrichtungen untersucht. „Es sind in Deutschland auf aktuell 27,8 Milzu wenig Eigenmittel vorhanden, um dringend anstehende Sanierungsmaß- tung“ sei kein Grund, Kliniken schließen zu liarden Euro. Da nur jeder zweite Euro für nahmen in den Häusern voranzutreiben. müssen. Die Ursachen für den dramatisch Investitionen aus Fördermitteln stammt Drei von vier Kliniken in Deutschland sind wachsenden Investitionsstau seien vielmehr – die öffentliche Förderquote der Bundesin der betriebswirtschaftlichen Betrachtung länder liegt derzeit bei 2,7 Milliarden Euro nicht ausreichend investitionsfähig.“ Die Ursachen liegen laut Hafermann der „Spezialimmobilie Krankenhaus“ zu pro Jahr –, müssen die Kliniken selbst aktiv werden, um ihre finanziellen Möglichkeiten nicht nur in der stetig rückläufigen öffentli- suchen. Alle haben die Behandlungskosten zu stärken und ihre Defizite abzubauen. chen Förderquote, mit der die Bundesländer Curatis hat in mehr als 500 Projekten den Häusern unter die Arme greifen sollen. auf dem Schirm, aber nur wenige denken Stichwort: duale Finanzierung. Auch die auch an die Betriebskosten“, so Hafermann. die häufigsten Ursachen für Defizite im häufig vorgeschobene „mangelnde Auslas- „Dabei gehört die Bewirtschaftung des Ge- Krankenhausbetrieb analysiert: Analyse Probleme für Flüchtlinge bei ärztlicher Versorgung In Brüssel wurde am 15. November 2016 in einer Pressekonferenz der jährlich erscheinende Bericht von Ärzte der Welt vorgestellt, der den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen am Rande der Gesellschaft, etwa für Menschen ohne Krankenversicherung, in Europa untersucht. Die humanitäre Organisation unterhält in Europa medizinische Anlaufstellen und wertet Daten von Patienten in elf europäischen Ländern sowie in der Türkei aus. Prägend für die Arbeit von Ärzte der Welt in Europa und in Deutschland war 2016 die medizinische Hilfe für Flüchtlinge. 2015 wurden in 31 Städten in zwölf Ländern 9.601 Patienten befragt. Der Bericht zeigt, dass 43,6 Prozent der schwangeren Frauen keinen Zugang zu Geburtsvorsorge hatten, bevor sie zu einer Praxis von Ärzte der Welt oder eine Partnerklinik kamen. Für die werdenden Mütter und ihre Kinder stellt dies ein hohes Gesundheitsrisiko dar. Erschreckenderweise waren 40 Prozent der Kinder, die in den Ambulanzen von Ärzte der Welt behandelt wurden, nicht gegen Mumps, Masern und Röteln geimpft und ein Drittel (29,8 Prozent) nicht gegen Tetanus. Auch bei anderen Krankheiten wie Hepatitis B lag ein schlechter Impfstatus vor. Von den Befragten hatten 12,8 Prozent eigene Gewalterfahrungen, was Gewalt durch die Polizei oder bewaffnete Kräfte einschließt. 26 Prozent der Menschen berichten von psychischer Gewalt. Von den Menschen, die in Europa interviewt worden waren, kamen 43,2 Prozent aus einem Kriegsgebiet. Über ein Viertel der Befragten (26,7 Prozent) litten an Hunger. Der Bericht bringt die hohen Barrieren zur deutschen Gesundheitsversorgung ans Licht. Hierfür wurden alle Patienten aus den Praxen in München und Hamburg befragt: Von diesen verzichten 35 Prozent auf den Gang zum Arzt, weil sie sich einen Arztbesuch, Medikamente oder eine Krankenversicherung nicht leisten können. Besonders besorgniserregend ist die Situation von Schwangeren und Minderjährigen: In München zum Beispiel erfolgen 26 Prozent der Untersuchungen bei Frauen aufgrund einer Schwangerschaft. 1 powered by Ausgabe | 45/16 18. November 2016 Verschwendung in der Küche Teure Wartungs- und Versorgungsverträge Fehlplanungen bei Um- und Neubauten In jeder zweiten Krankenhausküche agiert der Einkauf unabhängig von der Bettenbelegung. Benötigte Mengen für einen Beköstigungstag (BKT) werden falsch kalkuliert, Speisepläne schlecht geplant; Lebensmittel wandern in den Müll. In fünf von zehn Fällen arbeiten Kliniken in Deutschland nach CURATIS-Analyse mit überteuerten Wartungsverträgen für medizintechnische Geräte. Auch die Verträge mit Energieversorgen sind oft überteuert. Zu wenig Betten auf der Station, zu lange Wege im Haus: Jede fünfte Klinik macht Fehler bei der Planung von Neu- und Umbauten. Lange Wege kosten Zeit (und Personal), Stationen mit weniger als 30 Betten lassen sich kaum wirtschaftlich betreiben. Krankenkassen Krankenversicherungen für deutsche ExPats in den USA Der Ausgang der US-Wahlen wird Auswirkungen auf den Versicherungsschutz deutscher Unternehmen in den USA haben N ach der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA werden erste Punkte seiner politischen Agenda bekannt. Demnach scheint Trump unter anderem sein Versprechen, die unter Obama eingeführte allgemeine Krankenversicherungspflicht („Obamacare“ – offiziell: Patient Protection and Affordable Care Act) abzuschaffen, nur teilweise in die Tat umsetzen zu wollen. So sagte er in seinem ersten Interview nach dem Wahlsieg mit dem „Wall Street Journal“, er habe Obama gegenüber versichert, dass er dessen Vorschläge überdenken werde. Im Wahlkampf hatte Trump immer wieder versprochen, Obamas Gesundheitsreform komplett rückabwickeln zu wollen – und genau so steht es noch auf Trumps Homepage. Für die Abschaffung von „Obamacare“ spricht sich auch der US-Senat aus: So teilte etwa der Mehrheitsführer des US-Senats Mitch McConell in seiner Gratulationsrede an den designierten Präsidenten mit, dass der Senat das Wahlversprechen unterstütze und eine schnelle Rückabwicklung von Obamacare forcieren werde. „Unabhängig davon, welche Teile der gesetzlichen Krankenversicherung tatsächlich bestehen bleiben, die Änderungen werden sehr wahrscheinlich Konsequenzen für deutsche Auswanderer und entsandte Mitarbeiter deutscher Unternehmen in den USA haben“, sagt Claus-Helge Groß, Experte für Auslandsversicherungen beim BDAE. Erst vor kurzem mussten sich vor allem Firmen intensiv mit dem Thema Krankenversicherung ihrer Mitarbeiter in den USA auseinandersetzen. Der Grund: Ab einer bestimmten Unternehmensgröße ist ein Versicherungsschutz verpflichtend. Foto: Affordable Care Act - Obamacare | © Karen Roach - Fotolia.com Das Gesetz über die Krankenversicherungspflicht gilt seit 1. Januar 2014 auch für deutsche Bürger, die in irgendeiner Form steuerpflichtig in den USA sind. Damit wurden auch die Grundlagen für den Auslandskrankenversicherungsschutz neu definiert. Vor der Einführung von „Obamacare“ konnten Bundesbürger problemlos mit einer deutschen oder ausländischen Auslandskrankenversicherung in den Vereinigten Staaten leben und arbeiten, ohne finanzielle Nachteile zu haben. Derzeit sind jedoch bei weitem nicht alle Auslandskrankenversicherungen sowohl deutscher als auch internationaler Versicherer „Obamacare-konform“, weil sie nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen. Das hat zur Folge, dass die betroffenen Expats und Auswanderer zum einen nicht in den Genuss von Steuervergünstigungen kommen und zum anderen sogar Strafe zahlen müssen, wenn sie keine anerkannte Krankenversicherung vorweisen können. „In einem solchen Fall haben wir Privatpersonen und Unternehmen bislang empfohlen, zusätzlich zur Auslandskrankenversicherung eine günstige lokale, anerkannte Krankenversicherung abzuschließen“, so BDAE-Spezialist Groß weiter. Ob sich die Bedingungen für die Anerkennung deutscher Auslandskrankenversicherer nach einer erneuten Reform der Gesundheitsreform durch die TrumpRegierung wieder verbessern werden, ist zurzeit noch nicht abzusehen. Angesichts der von Trump während des Wahlkampfes angekündigten Protektionismus-Bestrebungen ist aber zu vermuten, dass sich die Bestimmungen vielmehr verschärfen werden. „Noch können wir keine Progno- 2 powered by Ausgabe | 45/16 sen abgeben, allerdings raten wir in den USA aktiven deutschen Unternehmen, die Entwicklungen im Gesundheits- und Versicherungswesen unbedingt im Blick zu halten. Sind Mitarbeiter in den USA betroffen, sollten sich Personaler aufgrund der Komplexität des Themas an lokale Fachleute wenden und weiterhin überprüfen, ob der Versicherungsschutz den gesetzlichen Anforderungen entspricht“, rät Claus-Helge Groß. Seit dem 1. Oktober 2014 sind 12,7 Millionen Amerikaner erstmals krankenversichert. Kern der von Noch-Präsident Barack Obama im Jahr 2010 auf den Weg gebrachten Gesundheitsreform (Patient Protection and Affordable Care Act) ist der bezahlbare Zugang zu einer guten medizi- 18. November 2016 nischen Versorgung. Das als „Obamacare“ bekannt gewordene Programm stellt eine allgemeine Krankenversicherungspflicht dar. So müssen US-Arbeitgeber ab einer Unternehmensgröße von mindestens 50 in Vollzeit angestellten Mitarbeitern einen angemessenen Versicherungsschutz anbieten („Employer Mandate“) – andernfalls drohen Bußgelder. Wirtschaft Pharmafirmen gehen bei Medikamentenpreisen neue Wege Unter der US-Wahl ist der Preiswucher bei Medikamenten in den USA zu einem brisanten Thema angewachsen. D ie US-Präsidentschaftswahlen haben einem Reizthema zu neuer Aktualität verholfen: Preisexzesse bei Medikamenten eigenen sich hervorragend zur Profilierung. Den Kampf gegen den „Wucher“ im Arzneimittelsektor schrieb sich die demokratische Kandidatin Hillary Clinton bereits vor mehr als einem Jahr auf die Fahnen. Auch ihr republikanischer Gegenspieler Donald Trump griff das Thema auf. Die Branche muss nun umdenken und sucht bei der Preisgestaltung neue Ansätze. „Der alte Weg, die Preise unserer Medikamente auf Basis von Ampullen oder Milligramm festzulegen, ist im aktuellen Umfeld wirklich nicht mehr passend. Wir brauchen flexiblere Lösungen“, sagt etwa Jens Grüger, Head of Global Pricing & Market Access beim Schweizer Pharmariesen Roche. Bislang sind den Pharmakonzernen bei dem, was sie für ihre Medikamente verlangen, in den USA kaum Grenzen gesetzt. Das führte zum Teil zu astronomisch hohen Preisen und regelrechten Eklats – etwa als bekannt wurde, mit welchem Aufschlag das Medikament EpiPen zur Behandlung allergischer Schocks von Mylan verkauft wurde, oder das Mittel Daraprim gegen Toxoplasmose von Turing Pharmaceuticals. Schuldengeplagte Regierungen, Krankenkassen und Patienten hinterfragen die Preispraxis Pharmakonzerne schon länger. Die Gesundheitssysteme stoßen an ihre Grenzen, auch weil die Therapien immer komplexer werden. Vor allem in der ohnehin schon teuren Krebsbehandlung kommen oft zwei oder mehr Medikamente gleichzeitig zum Einsatz. Mit Donald Trump als neuem Präsi- denten wir der Pharmabranche bei der Preisgestaltung künftig mehr auf die Finger geschaut werden. Schärfere Regeln dürften die Erlöse der Branche aber weniger üppig sprudeln lassen. Die USA ist der mit Abstand betrifft nicht nur das Produkt. Innovation ist auch, wie wir unser Geschäftsmodell konzipieren, insbesondere die Preisgestaltung“, erläutert Roche-Manager Grüger. Als einen Weg beschreibt er die Idee der wertbasierten Bisher konnte die Pharmabranche ungehindert die Preise bestimmen. wichtigste Markt für die eine Billionen Dollar schwere Industrie – sie erzielt dort 40 Prozent ihrer Umsätze. Und die Konzerne verdienen gut, im operativen Geschäft bleiben schnell einmal 30 Prozent oder mehr vom Umsatz übrig. Das verträgt sich nur schwer mit dem Argument, hohe Preise seien nötig, um die teure Forschung zu finanzieren und Reserven für Fehlschläge vorzuhalten. Die Pharmabranche muss sich also umstellen, neue Konzepte zur Preisfindung und -rechtfertigung entwickeln. „Innovation Foto:Flickr/oliver.dodd/CC BY 2.0 Preisfestlegung: „Grundsätzlich bedeutet das: Wenn sie keinen zusätzlichen Vorteil für den Patienten nachweisen können, sollten sie keinen Aufpreis für das Medikament verlangen.“ Der Chef des Pharmariesen Novartis, Joseph Jimenez, sieht darin auch Chancen: „Ich glaube, dass die Preisgestaltung in den USA schwieriger wird“, sagte er jüngst. „Ich glaube aber auch, dass die USA ein Ort sind, an dem Innovation belohnt wird.“ Anbieter erstklassiger Arzneien würden gut zurechtkommen. Allen anderen drohe, dass sie 3 powered by Ausgabe | 45/16 in den kommenden drei bis fünf Jahren abgestraft würden wie nie zuvor. Jimenez erwartet daher, dass es in der Branche zu einem Umdenken kommt und die Forschung stärker darauf ausgerichtet wird, Therapiedurchbrüche zu erzielen statt Medikamente schrittweise zu verbessern. Gefragt sind also Arzneien, die das Leben der Patienten merklich verlängern, ihnen eine bessere Lebensqualität, ein normales Leben oder eine schnellere Rückkehr in den Alltag versprechen. Das führt rasch zur Frage des Wirkungsnachweises. Gute klinische Daten alleine werden in Zukunft wohl kein Garant mehr dafür sein, dass für Medikamente viel Geld verlangt werden kann. Viel mehr werden handfeste Belege dafür erforderlich sein, was die Mittel den Patienten im Alltag wirklich bringen. Ab- hängig davon, werden sie dann mehr oder weniger kosten. Beispiele für erfolgsbasierte Preismodelle gibt es bereits. In Italien etwa zahlen die Kassen für das Roche-Mittel Avastin unterschiedlich, abhängig davon, gegen welche Krebsart das Präparat eingesetzt wird und wie gut es wirkt. Novartis hat mit mehreren Krankenversicherungen in den USA eine Vereinbarung für sein neues Herzmedikament Entresto abgeschlossen, die die Höhe der Zahlung daran knüpft, wie viele Patienten wegen Herzversagen ins Spital müssen. „Die Latte für diesen Nachweis ist in den letzten Jahren höher gelegt worden“, sagte Roche-Experte Grüger. Derzeit stoßen diese Ansätze aber noch rasch an Grenzen. Oft sind die für eine Bewertung nötigen Daten nicht ver- 18. November 2016 fügbar oder nur schwer zugänglich. Doch die Firmen rüsten in dieser Hinsicht auf. Roche ist Anfang dieses Jahres bei Flatiron Health eingestiegen, einer in New York ansässigen Firma, die auf die elektronische Dokumentation von Krebsdaten in den USA spezialisiert ist. „Big Data kann Einblick bringen, wenn das effektiv genutzt wird“, sagt Hilary Thomas, Chief Medical Advisor beim Beratungsunternehmen KPMG. „Die Branche muss diese Daten erfassen, um die Wirkung ihrer Medikamente in der echten Welt zu belegen.“ Die Pharmariesen vertrauen allerdings nicht alleine auf gute Wirkung und innovative Preismodelle, um ihre gewinnbringenden Medikamente zu schützen. In den letzten zehn Jahren gab die Branche 2,3 Milliarden Dollar für Lobbyarbeit im US-Kongress aus. Wirtschaft Deutsche Apotheken sind wegen Online-Versand nicht bedroht Ganz im Gegensatz zur geläufigen Meinung kommen Versandapotheken gut an – besonders im ländlichen Raum. Versandapotheken ersetzen mancherorts die fehlende Infrastruktur. D ie wohnortnahe Versorgung mit Medikamenten bleibt in Deutschland abgesichert, auch wenn derzeit von manchen Akteuren das Massensterben von Apotheken prophezeit wird. Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ergänzt die guten Leistungen der niedergelassenen Apotheken. Denn schon heute ist die Präsenzapotheke in ländlichen Gebieten nicht immer wohnortnah vertreten, weil Foto: ©BVDVA Ärzte fehlen. „Besonders im ländlichen Raum, für chronisch kranke, alte und mobil eingeschränkte Menschen ist der Online-Versandhandel der einfachste Weg zur Arzteimittelversorgung. Die Menschen wollen möglichst lange autonom zu Hause leben und gleichzeitig gut versorgt sein“, sagt Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom. Eine repräsentative Umfrage der Bitkom zeigt, dass das Angebot der Versandapotheken gut angenommen wird: Bereits über 55 Prozent der Internetnutzer kaufen Medikamente im Netz. Besonders ältere Menschen nutzen die Online-Apotheken: Von den über 65-Jährigen sind es knapp zwei Drittel (62 Prozent). Auch als vor über 12 Jahren die ersten Apotheken eine Versandhandelserlaubnis bekamen, riefen viele: Die Apotheken vor Ort werden untergehen! Das ist bis heute nicht geschehen. Doch geht die Zahl der niedergelassenen Apotheken strukturbedingt zurück: 2005 gab es 21.476 Apotheken, davon 1.228 Filialen, 2015 waren es 20.249 Apotheken, davon 4.281 Filialen. Entsprechend nahm die Zahl der Apothekenleiter ab und man beklagt den fehlenden Nachwuchs: So seien heute ein Drittel der Apotheker zwischen 50 und 60, ein weiteres Drittel noch älter und nur ein Drittel unter 50 Jahre alt. „Versandapotheken stützen die Versorgung mit Arzneien und tragen mit ihren Leistungen zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Es gilt nun, das gute Zusammenspiel aller Apotheken zu sichern“, sagt Christian Buse, Vorstand des Bundesverbands deutscher Versandapotheken (BVDVA). Dazu haben die Versandapotheken bereits viele Arbeitsplätze geschaffen und stützen in strukturschwachen Regionen die Wirtschaftskraft. 4 powered by Ausgabe | 45/16 18. November 2016 Innovation Kurkumin wirkt wie Kortison entzündungshemmend Forscher der Saar-Uni haben herausgefunden, dass der Inhaltsstoff des Gewürzes Kurkuma entzündungshemmend wirkt. D ieses Ergebnis der Grundlagenforschung könnte in Zukunft dazu betragen, neue, nebenwirkungsarme Medikamente gegen Krankheiten wie Morbus Crohn zu entwickeln. Ihr Ergebnis veröffentlichen die Forscherinnen der SaarUniversität in der Fachzeitschrift Journal of Biological Chemistry: DOI: 10.1074/jbc. M116.733253 Kurkuma, auch bekannt unter den Namen Gelber Ingwer, Safranwurz oder Gelbwurz, ist Hauptbestandteil in jedem Currypulver. Schon seit langem werden dieser beliebten Gewürzmischung, die nach unterschiedlichsten Rezepturen aus einer Vielzahl von Zutaten hergestellt wird, auch heilende Kräfte nachgesagt. Insbesondere für den Kurkuma-Inhaltsstoff Kurkumin, der verantwortlich ist für die typisch gelbe Curry-Farbe, belegen verschiedene Studien eine heilsame Wirkung. „Wir konnten nachweisen, dass Kurkumin nicht nur unspezifisch wirkt, sondern ganz gezielt antientzündliche Wirkung entfaltet. Anhand von Versuchsreihen an Zellmodellen können wir belegen, dass das Gewürz wie Kortison gezielt das Protein ´Gilz` beeinflusst. Gilz steht für Glucocor- ticoid-induzierter Leuzin Zipper“, erklärt Alexandra K. Kiemer, Professorin für Pharmazeutische Biologie an der Universität des Saarlandes. Ihre Arbeitsgruppe befasst sich gemeinsam mit Forschern der Universitäten Frankfurt am Main und Perugia (Italien) in mehreren Studien mit diesem Protein. Gilz spielt für das Immunsystem des Menschen und insbesondere auch bei Entzündungsprozessen eine zentrale Rolle. Das Protein unterbindet normalerweise Entzündungsreaktionen. „Kommt es im Körper zu einer Entzündung, verschwindet dieses Protein jedoch“, erläutert Professor Kiemer. Gilz geht, die Entzündung kommt: So kann man das Phänomen auf den Punkt bringen. „Bei einer Entzündung bauen die Immunzellen das Molekül ab“, erklärt Dr. Jessica Hoppstädter, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Professor Kiemer und Erstautorin der aktuellen Studie. KortisonPräparate wirken unter anderem dadurch, dass sie das Protein Gilz „induzieren“, also veranlassen, dass dieses vermehrt produziert wird. Sie führen jedoch in vieler Hinsicht zu Veränderungen in der Zelle und haben nicht unerhebliche Nebenwirkungen. Die Saarbrücker Forscherinnen konnten Kurkuma ist die grundlegende Zutat jedes gelben Currys. belegen, dass Kurkumin eine dem Kortison ähnliche Wirkung hervorruft, jedoch ohne Zellprozesse zu beeinflussen, die typischerweise mit Kortison-Nebenwirkungen verbunden sind. „Kurkumin führt ebenfalls dazu, dass speziell Gilz induziert wird, jedoch mit einem ganz anderen Mechanismus als Kortison“, fasst Jessica Hoppstädter zusammen. In Zellkulturen brachten die Pharmazeutinnen hierzu Kurkumin zusammen mit einem Stimulus unter anderem auf Zellen auf, in denen das Protein Gilz genetisch ausgeschaltet war. Ohne Gilz verschwand die entzündungshemmende Wirkung von Kurkumin fast vollständig. Das Forschungsergebnis bedeutet jedoch nicht, dass einfaches Currypulver Entzündungen heilen kann. „Solche Konzentrationen an Kurkumin kann man durch Verzehr nicht erreichen“, klärt Jessica Hoppstädter auf. Hinzu kommt, dass Kurkumin schlecht wasserlöslich ist und schlecht vom Körper aufgenommen werden kann. „Es handelt sich hier um Grundlagenforschung, aber diese könnte die Basis dafür sein, künftig Medikamente zu entwickeln, die keine oder weniger Nebenwirkungen als Kortison haben“, erklärt Professor Kiemer. Foto: Flickr/sara marlowe/CC BY 2.0 5 powered by Ausgabe | 45/16 18. November 2016 Gesundheit Smartphones sind Nährboden für Keime und Bakterien Besonders in der Erkältungszeit sollte Hygiene beachtet werden. Gerade auf den Smartphones tummeln sich die Erreger. Das Smartphone wirkt als regelrechte Keimschleuder. B is zu zehn Mal mehr Bakterien als auf öffentlichen Toiletten oder Türklinken befinden sich auf unseren Smartphones. Kein Wunder, die meisten nehmen ihr Gerät überall mit hin – zur Arbeit, ins Restaurant und sogar auf die Toilette. Der mobile Begleiter wird damit zum perfekten Nährboden für Keime und Bakterien. Hinzu kommt, dass sich gerade in der Erkältungszeit viele nach dem Niesen oder Naseputzen nicht die Hände waschen, bevor sie das Smartphone wieder in die Hand nehmen. assona, ein Anbieter von Elektronikversicherungen aus Berlin, verrät, wie das Smartphone nicht zur Keimschleuder wird und was es bei der Reinigung zu beachten gibt, damit das Gerät nicht kaputt geht. 1. Display reinigen: So geht‘s richtig Wie häufig das Display des Smartphones gereinigt werden sollte, hängt vom Ver- Foto: obs/assona GmbH/South_agency schmutzungsgrad ab. Als Richtwert kann man einmal täglich zum Reinigungstuch greifen. Das Beste fürs Display ist ein Mikrofasertuch, mit dem sich mit kreisenden Bewegungen dem Schmutz ganz einfach zu Leibe rücken lässt. Hartnäckigen Dreck bekommt man mit ein bisschen Feuchtigkeit ab – zum Beispiel mit einem feuchten Brillenputztuch. Wichtig ist, dass die Tücher sauber sind, damit keine Kratzer auf dem Display entstehen. Komplett keimfrei wird es so allerdings nicht. Hierfür gibt es Desinfektionssprays und antibakterielle Reiniger speziell für Touchscreens. 2. Finger weg von aggressiven Mitteln Glasreiniger oder Spülmittel zur Reinigung des Displays sind absolut tabu. Sie enthalten aggressive Seifenlaugen, die die fettabweisende Schicht des Touchscreens zerstören. Das kann das Gerät langfristig unbrauchbar machen. Auch zu viel Nässe ist tödlich für das Smartphone, denn Wasser und flüssige Sprays gelangen schnell durch Ritzen und Spalten ins Gehäuse. Solche Wasserschäden sind oft irreparabel. 3. Bakterien und Keime vermeiden Damit das Smartphone nicht zur Keimschleuder wird, sollte man es gar nicht erst in die Nähe von gefährlichen Bakterien lassen. So ist es ratsam, das Gerät nicht mit auf die Toilette zu nehmen oder beim Essen zu verwenden. Essenreste können sich auf dem Smartphone festsetzen und bilden so einen Nährboden für Bakterien und Co. Grundsätzlich gilt: Wer seine Hände regelmäßig wäscht, überträgt weniger Keime. In der Erkältungszeit ist besondere Sorgfalt geboten: nach dem Niesen, Husten und Naseputzen immer gründlich Hände waschen. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de 6
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