Keine Zukunft für besetzte Häuser im Block 89???

Keine Zukunft für besetzte
Häuser im Block 89???
Durch die Räumung besetzter Häuser haben Senat und Polizei in letzter Zeit die Bezirke Schöne¬
berg und Charlottenburg weitgehend von ’’krimineller Umfeldbelastung” befreit. Jetzt nimmt die
von Lummmer noch für dieses Jahr versprochene Endlösung der Besetzerfrage auch für SO 36
konkrete Formen an.
Neben den räumungsbedrohten Häusern Naunynstr. 58, Regenbogenfabrik Lausitzerstr. 23, Manteuffel 90, zeichnet sich auch für 5 Häuser im Block 89 Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd ein Schei¬
tern der Vertragsverhandlungen und die drohende Räumung ab.
Die Bewohner der Admiralstr. 20 haben als konsequente Nichtverhandler offensichtlich sowieso
kein Recht auf Wohnraum — mit ihrer Räumung ist jederzeit zu rechnen. Die Häuser Fraenkelufer
4 und 8, die Kohlfurterstr. 40 und 46 haben unterschriftsreife Erbbauverträge mit dem Besitzer —
der GSW — ausgehandelt. Diese Verträge liegen seit zwei Monaten beim Bausenat, ohne das es ir¬
gendeine Reaktion gegeben hätte — die Verwaltungsbürokraten geben sich inkompetent bis ora¬
kelnd. Statt einer klaren Aussage dringen vom Bausenat nur verwirrende Gerüchte über ’’Preisstei¬
gerungen“, „grundsätzliche Überlegungen“, „generelle Bedenken“ an die Öffentlichkeit.
Sollte es politisch zu früh sein, mit uns wie mit der Willibald-Alexis zu verfahren? Immerhin ver¬
hielten sich Senat und GSW im Mai noch ganz anders. Da hatten sie nichts eiligeres zu tun, als uns
mitzuteilen, wenn wir den vorgeschlagenen Erbauverträgen nicht bis zum Juni zugestimmt hätten,
würde auch mit uns nach der Berliner Linie verfahren.
Diese Linie kennen wir und wir haben die Schnauze voll davon. Räumung, 140 Obdachlose aus
dem Block in einer neuen Zeltstadt auf dem Mariannenplatz, dazu wird dann Bausenatsdirektor
Krause in der Gemeinde St. Thomas sagen:
„Wir zerreißen keine gewachsenen Gruppenstrukturen.“
Wir müßen mit Räumungen rechnen weil:
1 . Die GSW trotz ausgehandelter Verträge ihre Abrißpläne für die Fränkelufer 4 weiterhin ener¬
gisch betreibt.
2 . Die Durchsuchung der Kohlfurterstr. 40 mangels anderer Gründe als Räumungsvorbereitung zu
werten ist.
3 . Die GSW die letzte vermietete, jetzt freigewordene Wohnung in der Kohlfurterstr. 40 nicht neu
vermieten will — um sie nach der Räumung gleich mit modernisieren zu können.
Wenn die Räumungen nicht verhindert werden können kommt es zum 4. Mal innerhalb der letzten
zweieinhalb Jahre am Fraenkelufer zur Eskalation:
— am 12.12.80 verhinderte die Polizei die Besetzung des Fränkelufers 48 — Folge war der Beginn
der militanten Auseinandersetzungen im Häuserkampf.
— am 24.3.81 wurden Fraenkelufer 46-50 (GSW) geräumt, worauf es tagelang Straßenschlachten
gab. Die GSW hat später allein für die vorher von ihr unterlassene Instandsetzung der 3 Häuser
über 3 Millionen DM abgesahnt.
— am 17.5.82 wurde Fraenkelufer 30 geräumt (Eigentümer: Müllsammler und Sonderling Gertig)
und eine Massenverhaftung von 52 Leuten veranstaltet.
Mensch sieht, die Wohngegend des Fraenkelufers ist der GSW und dem Senat lieb und teuer (uns
allen auch!) Und dafür nehmen sie manches in Kauf. (Jawoll!...)
Noch ist Zeit, die Räumungen abzuwenden. Wir bitten alle Organisationen, Einzelpersonen und
Kreuzberger Bürger, die mit uns eine friedliche Lösung für die Häuser wollen, auf die GSW und
den Senat einzuwirken, daß die Vertäge in der vorliegenden Form gültig werden.
Wir fordern hiermit den Senat auf, unverzüglich den ausgehandelten Verträgen zuzustimmen. Wir
wollen in dieser von uns gewählten Form Zusammenleben und uns nicht in luxusmodernisierte Einzimmerwohnklos abschieben lassen. Nur so läßt sich eine vierte Eskalation am Fraenkelufer ver¬
hindern. Es geht um eine „einvernehmliche Lösung” zwischen uns und dem Senat.
Am Samstag, dem 10. September 1983, machen wir ab 14.00 Uhr ein
Straßenfest
am Fraenkelufer (vom Kottbusser Damm aus). Dieses Fest wird von uns, den besetzten Häusern
und den Mietern des Blocks veranstaltet.
Alle, die uns in unserem Kampf für den Erhalt der Häuser und die Unterzeichnung der Verträge
unterstützen wollen, sind herzlich eingeladen.
V.i.S.d.P.: Blockkombinat 89 e. V.