Erfahrungsbericht SoSe 2016

Erfahrungsbericht
Luis Thomas
Angaben zum Auslandsaufenthalt (Pflicht)
Gastland, -stadt, -universität:
Zeitraum des Aufenthalts:
Chuo Universität, Tokyo, Japan
1 Semester
Aufenthaltstyp (Studium, Praktikum, Forschung):
Studienfächer:
Studium
Rechtswissenschaften, Japanisch
 Mein Erfahrungsbericht wird auf jeden Fall in der „Infothek“ im Referat Internationale Angelegenheiten zugänglich gemacht.
 Ich bin damit einverstanden, dass der Bericht auch online gelesen werden kann: JA
Ich habe das Sommersemester 2016 im Rahmen des Japan-Korea-Partnerschaftsprogramms der
juristischen Fakultät der LMU an der Chuo Universität in Tokio verbracht. Vorab möchte ich sagen, dass
es eine tolle Erfahrung war, insbesondere weil sich Japan kulturell und gesellschaftlich doch enorm von
europäischen Ländern unterscheidet. Ich kann nur jedem empfehlen, der sich ein bisschen für Japan
interessiert und mal über den Tellerrand schauen möchte, dieses Angebot wahrzunehmen.
1. Bewerbung und Visum (erforderliche Unterlagen und deren Beschaffung, Dauer des
Antragsverfahrens, Kosten etc.)
Die Bewerbung ist zwar relativ unkompliziert, aber ein wenig aufwendig. Um sich nicht hetzen zu
müssen, sollte man ca. einen Monat vor dem Abgabetermin anfangen, die Bewerbungsunterlagen zu
sammeln. Man muss einen relativ umfassenden Medizincheck einreichen, der eine Röntgenaufnahme
der Lunge und Bluttest beinhaltet. Dies kann etwas Zeit in Anspruch nehmen. Es ist allerdings nach
eigener Erfahrung auch möglich, wenn man sich nicht früh genug um alles kümmert, die gesamten
Bewerbungsunterlagen innerhalb von einer Woche zusammen zu bekommen. Die
Bewerbungsunterlagen finden sich auf der Seite der Chuo Universität und sind relativ selbsterklärend.
http://global.chuo-u.ac.jp/english/admissions/exchange/semester-or-full-year/
Ich kann jedem ans Herz legen, den Austausch im Sommersemester zu beginnen, da die japanischen
Universitäten im April mit dem akademischen Jahr anfangen. Das hat den großen Vorteil, dass in der
Einführungswoche alle Clubs und Circles der Chuo Universität versuchen, neue Mitglieder anzuwerben.
Diese Vorstellungswoche ist eine gute Möglichkeit, einen Überblick über die verschiedenen Clubs und
Circles zu bekommen und erste Kontakte zu japanischen Studenten zu knüpfen. Außerdem gibt es dann
auch viele japanische Erstsemesterstudenten, die genauso wenig Ahnung vom japanischen Unileben
haben wie die Austauschstudenten.
2. Vor der Anreise
Vor der Anreise gibt es einige Sachen zu tun. Als erstes gibt es die Möglichkeit, für einige Kurse vorab
Plätze zu reservieren. Das sind Kurse, die erfahrungsgemäß immer gut besucht sind, weshalb darum
gebeten wird, einen Platz im Voraus zu reservieren. Da diese Reservierung allerdings noch nicht bindend
ist, gibt es die Möglichkeit, ihn wieder abzuwählen, sollte einem der Kurs nicht zusagen. An der JuraFakultät der Chuo Universität musste ich mich innerhalb der ersten 4 Wochen für meine Kurse
verpflichtend entscheiden. Es bleibt somit genug Zeit, sich die einzelnen Kurse anzusehen und zu
entscheiden, welche Kurse einen interessieren.
Man muss in Japan eine gesetzliche Krankenversicherung abschließen, daran kommt man nicht vorbei.
Die Kosten belaufen sich auf ca. 1.000 Yen (8 €) im Monat. Falls es Probleme oder Unklarheiten bzgl. der
Zahlung gibt, kann man einfach zum International Center der Chuo gehen, dessen Mitarbeiter gerne
aushelfen. Ob man darüber hinaus noch eine Auslandskrankenversicherung abschließt, bleibt jedem
selbst überlassen.
Für die Ankunft werden jedem Studenten Informationen zugeschickt, wie man von dem jeweiligen
Flughafen zu seinem Wohnheim kommt. Es gibt außerdem Personal der Chuo an jedem Flughafen, das
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den Studenten zeigt, wie man ein Busticket kauft, und an den Haltestellen der Wohnheime wird man
von einem japanischen Studenten abgeholt.
3. Unterkunft
Außerdem muss man noch eine Unterkunft wählen, bevor es nach Japan gehen kann. Es ist allerdings je
nach Anzahl der Bewerber nicht sicher, dass man seine Wunschunterkunft auch bekommt. Neben der
Seiseki Sakuragaoka-Unterkunft, in der ich war, gibt es noch Tamadaira und College Tama Square.
Ich hatte wenig Kontakt zu Studenten aus Tamadaira und kann somit auch wenig dazu sagen. Die
Zimmer sind angeblich die kleinsten und man teilt sich Bad und Küche ähnlich wie in einer WG.
College Tama Square sind Apartments in einem Wohnkomplex, die den Studenten von der Uni zur
Verfügung gestellt werden. Dieses Wohnheim hat die größten Zimmer mit eigener Kochzeile und Bad.
Für Details empfehle ich, den Bericht meines Vorgängers Albert zu lesen, der in College Tama Square
gewohnt hat. Es gibt keine Beschränkungen bezüglich Besuchs wie in den anderen Wohnheimen.
Allerdings gibt es dafür auch keine gemeinsamen Räumlichkeiten, wie die Gemeinschaftsküche in
Tamadaira und den Communication Room in Seiseki. Außerdem gibt es in Seiseki und Tamadaira
Resident Advisors, also japanische Studenten, die den Austauschstudenten helfen und meistens zum
Semesterstart verschiedene Events organisieren. Ich habe von verschiedenen Freunden in College Tama
gehört, dass es zwar sehr nett und komfortabel ist, aber sie sich doch ein lebhafteres Sozialleben
gewünscht hätten.
Meine Zeit im Seiseki-Wohnheim war genial, deshalb bin ich im Folgenden ein bisschen
voreingenommen, aber ich kann nur jedem empfehlen, dort unterzukommen. Die Zimmer sind meiner
Meinung nach ausreichend groß und verfügen über eine kleine Kochzeile mit einer Herdplatte, ein Bad
mit Dusche, eine Waschmaschine und einen kleinen Balkon. Internetkosten werden wie bei Tamadaira
übernommen. Das Wohnheim befindet sich 5 bis 10 Gehminuten von der Seiseki Sakuragaoka-Station
entfernt. Von dort aus kommt man mit der Bahn in 20 Minuten (inklusive Laufweg) zur Uni und in 25
Minuten nach Shinjuku. Es ist somit das bequemste Wohnheim, wenn man oft in die Stadt fahren
möchte. Außerdem ist es dort sehr einfach, Kontakte zu sowohl ausländischen als auch japanischen
Studenten zu knüpfen. In dem Wohnheim wohnen ca. 30 bis 40 Japaner und 30 bis 40
Austauschstudenten. Einige der japanischen Studenten wird man das ganze Semester nicht zu Gesicht
bekommen, aber viele wohnen in dem Wohnheim, um Kontakte zu Austauschstudenten zu knüpfen. Ich
habe unter dem Semester eigentlich immer abends, wenn ich von der Uni oder meinem BasketballCircle heimgekommen bin, Studenten (japanische und ausländische) in der Lobby zusammensitzen und
sich unterhalten, lernen oder Kartenspiele spielen sehen. Es war ein sehr freundliches Umfeld und es
wurden viele Events organisiert, z. B eine Wilkommensparty, ein BBQ, Karaoke, verschiedene
Geburtstage, und meistens waren dazu auch Studenten aus anderen Wohnheimen da. Der Manager und
die Resident Advisors waren sehr hilfreich und ich konnte mich jederzeit mit Fragen an sie wenden.
Gerade bei den ersten Einkäufen, dem Kaufen einer SIM-Karte und der Registrierung beim City Office
hilft es, wenn man direkt einen japanischen Ansprechpartner hat. Im Sommersemester 2016 hat ein
Student namens Daichi angefangen, an der Chuo zu studieren. Er wohnt in Seiseki, spricht fließend
Englisch und lernt Deutsch. Wenn ihr Probleme habt, wendet euch ruhig an ihn. Er ist ein sehr
hilfsbereiter Mensch und freut sich, wenn er deutsche Studenten zum Üben hat.
Als Endnote möchte ich noch warnen, dass die Erfahrung in den Wohnheimen auch maßgeblich von
einem selbst und den anderen Austauschstudenten abhängt. Das Semester, bevor ich da war, war
Seiseki angeblich ziemlich langweilig und Tamadaira war das Wohnheim mit den ganzen Events und
Aktivitäten. Also muss man auch ein bisschen Glück haben.
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4. Die Orientierungswoche + Kurswahl
In der ersten Woche, in der man da ist, finden noch keine Kurse statt. Es gibt eine
Einführungsveranstaltung, bei der die meisten Dinge (Kurswahl, Unterkunft, Versicherung und Pension
usw.) sehr gut erklärt werden. In der ersten Woche muss man unter anderem zum City Office und sich
dort anmelden. Die Universität organisiert das für die Austauschstudenten, man muss sich also nicht
selber darum kümmern.
Außerdem findet in der ersten Woche der Einstufungstest für die Japanisch-Kurse statt. Es gibt 7 Level.
Die ersten 4 Level gehen von A bis D und man hat 8-mal 1,5 Stunden Unterricht. Die 3 fortgeschrittenen
Level KOA, KOB und KOC sind für Studenten, die schon Japanisch sprechen können, und fokussieren sich
auf Text- und Hörverständnis sowie das Schreiben von Texten. Es werden 4 Unterrichtsstunden (jeweils
1,5 Stunden) mit verschiedenen Schwerpunkten angeboten. Soweit ich weiß, muss man nicht alle davon
belegen, sondern kann aussuchen, welche der Schwerpunkte man belegen will.
Wir von der LMU mussten den Sprachkurs belegen und ich muss sagen, er ist sehr anspruchsvoll, aber
dafür macht man sehr schnelle Fortschritte. In den 4 Grundkursen hat man so gut wie jede Woche ein
kleines Kanji- oder Grammatik-Quiz. Dadurch kann man aber auch mit geringen JapanischVorkenntnissen relativ schnell einfache Gespräche führen. Gerade wenn man dann noch mit
japanischen Studenten in seiner Freizeit übt, kann man auch innerhalb eines Semesters sicher
Konversationen führen und eine gute Basis für weitere Studien legen.
Man muss für das Studentenvisum mindestens sieben 90-minütige Vorlesungen belegen. Das heißt,
wenn man in einem der Japanisch-Grundkurse ist, muss man theoretisch gar keine Jura-Kurse belegen.
Allerdings wird das Auslandssemester nur als solches vom Landesjustizprüfungsamt anerkannt, wenn
man ein juristisches Vollzeitstudium absolviert hat (§ 37 II 1 Nr.2a JAPO). Dafür müssen meines
Wissens nach juristische Kurse, die zum Erwerb von mindestens 12 ETCS Punkten führen, belegt
werden. Allerdings sollten Studenten, die sich für ein Auslandssemester interessieren, das selber
nochmal nachprüfen.
Es gibt an der Chuo einige juristische Kurse auf Englisch, die für die Austauschstudenten angeboten
werden. Um mehr als nur einen sehr oberflächlichen Überblick über das japanische Recht zu
bekommen, muss man allerdings die normalen Kurse auf Japanisch belegen. Ich habe nur englische
Kurse beleget und bei diesen handelte es sich größtenteils um Rechtsphilosophische und
rechtssoziologische Kurse, in denen allgemeine und aktuelle Fragen des Rechts diskutiert wurden. Es
waren sehr interessante Kurse, um zu sehen, wie Studenten aus aller Welt über verschiedene Fragen
denken, einen großen Einblick in das japanische Recht habe ich allerdings nicht bekommen.
5. Campusleben und Freizeit
Der Tama-Campus der Chuo ist sehr groß, aber mithilfe der Campustour in der Orientierungswoche
findet man sich relativ schnell zurecht. Es gibt zwei Sportanlagen mit Hallen und Outdoor-Feldern, eine
große Bibliothek mitten im Campus (die Fakultätsgebäude haben meistens auch eine kleine spezifische
Bibliothek) sowie ein kleines Fitnesscenter im Untergeschoss von Gebäude 3 (C Square).
In Gebäude 3, das auch C Square genannt wird, haben viele der universitären Clubs einen Raum. Um sich
die verschiedenen Clubs und Circles anzusehen, ist es am besten, einfach in der ersten Woche des
Sommersemesters über den Campus zu spazieren, da sich dort alle vorstellen. Wenn man das verpasst
oder es nicht möglich ist, weil man im Wintersemester in Japan ist, kann man das Clubindex-Buch im C
Square durchschauen oder, wenn man weiß, was man machen möchte, beim International Center
nachfragen, ob die vermitteln können. Es gibt für so ziemlich alles einen Circle an der Chuo und ich kann
nur jedem empfehlen, einem Circle beizutreten, der einen interessiert. Es ist die beste Möglichkeit,
japanische Studenten kennenzulernen und Freunde zu finden.
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Die Chuo Universität ist außerdem berühmt für ihre Kantine, das Hilltop. Es kommen sogar Studenten
von anderen angrenzenden Universitäten zum Mittagessen extra ins Hilltop. Es ist ein 4-stöckiges
Gebäude mit vielen verschiedenen Restaurants. Einfach mal jedes Stockwerk durchprobieren und sehen,
was einen selbst anspricht. Es gibt eine wirklich vielfältige Auswahl, sodass man auch ein bisschen
abwechslungsreicher Essen kann als in normalen Kantinen. Im zweiten Stock befindet sich zudem der
Global Square, auch G Square genannt. Dort gibt es eine Leinwand, auf der verschiedene
Nachrichtenkanäle aus aller Welt laufen. Der G Square ist auf den Austausch zwischen japanischen und
ausländischen Studenten ausgelegt. Es werden regelmäßig Language Labs veranstaltet, in denen ein
Austauschstudent anderen Studenten seine Sprache beibringt und etwas über sein Heimatland erzählt.
Nach meiner Erfahrung treffen sich die meisten englischsprachigen Austauschstudenten im G Square,
um zusammen zu essen und zu lernen.
6. Persönliches Fazit
Ich habe im vergangenen Semester sehr viel gelernt, nicht nur habe ich mein Japanisch verbessert und
mich mit Jura-Studenten aus aller Welt austauschen können, sondern ich habe auch viele neue Freunde
gefunden und die Erfahrung gemacht, wie es ist, in einem so fremden Land wie Japan zu leben. Und wie
ich als Einleitung zu meinem Bericht schon geschrieben habe, kann ich nur jedem, der darüber
nachdenkt, dieses Angebot anzunehmen, empfehlen, sich zu überwinden und es zu machen.