Die Photogrammetrie ist ein Verfahren zur Vermessung von

Grundlagen der Photogrammetrie
„Die Photogrammetrie ist ein Verfahren zur Vermessung von
Objekten nach Lage und Form. Dabei werden die Messungen nicht
direkt am Objekt, sondern indirekt auf Bildern des Objektes
vorgenommen. Die Photogrammetrie ist deshalb ein Verfahren der
Fernerkundung.“ (Konecny, 1984)
Wir werden uns im Folgenden auf den für die Geoinformatik
wichtigen „Luftbildfall“ beschränken. Luftbilder bieten eine Fülle von
Informationen über die Geländeoberfläche. Die Auswertung kann in
zwei Varianten unterteilt werden:
 Qualitativ: Hier geht es um die Inhalte wie z.B. die Landnutzung
 Quantitativ: Hierbei geht es um das Messen von Koordinaten
Letzteres ist Gegenstand der Photogrammetrie und liefert den
Geometrieanteil von Geodaten („wo?“), während die qualitative
Auswertung den Sachanteil („was?“) liefert.
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Zentralperspektive
(x‘, y‘)
Bildkoordinaten
Film bzw. Chip
Kamera
Brennweite
Objektiv
Projektionszentrum
Öffnungswinkel
(x, y, z)
Einführung Geoinformatik
Objektkoordinaten
Wilfried Linder
Geometrisches Prinzip der (Stereo-)Photogrammetrie
Luftbildfall: Die beiden
Projektionszentren sowie
ein Punkt auf dem Objekt
definieren eine sogenannte
Epipolarebene, in der dann
auch die Bildpunkte liegen.
Eine Veränderung der Höhe
im Punkt P bewirkt eine
Verschiebung der Bildpunkte P‘ und P‘‘ entlang
einer Epipolarlinie.
base
P‘
photos
f
C
P‘‘
C
f = focal length
P = object point
P‘ = representation of P
in the left photo
P‘‘ = representation of P
in the right photo
C = projection centre
epipolar
plane
Pxyz
z
terrain surface = object space
y
x
Einführung Geoinformatik
f
projection centres
object (terrain)
co-ordinate system
Wilfried Linder
Die Aufnahmen der Luftbilder erfolgen zumeist bei einer mäanderförmigen
Überfliegung des jeweiligen Gebietes.
Dabei haben benachbarte Bilder („Stereomodell“) eine Überlappung von
ca. 60% oder mehr, benachbarte parallele Streifen ca. 30%.
Jeweils zwei benachbarte
Bilder eines Flugstreifens
können später stereoskopisch ausgewertet
werden. Hierbei macht man
sich unsere Fähigkeit zu
räumlichem Sehen zu Nutze
(vgl. Folie 9).
photos (images) …
... forming a strip
...
flight direction
model formed by image 1 and 2 (overlap area)
next strip
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
„Stereoskopische Auswertung“ beschreibt die Möglichkeit, für jeden in
beiden Bildern vorkommenden Objektpunkt dessen dreidimensionale
Koordinaten (x, y, z) bestimmen zu können. Voraussetzung dazu ist die
Orientierung der Bilder, also die Rekonstruktion der jeweiligen Kameraposition zum Aufnahmezeitpunkt.
Dies kann auf drei Arten geschehen:
• Messen genügend vieler Passpunkte in jedem einzelnen Bild
• Messen von Verknüpfungs- und Passpunkten in allen Bildern mit
anschließender Aerotriangulation / Bündelblockausgleichung
• direkt beim Flug mittels GPS / IMU (inertial measurement unit)
Ermittelt werden dabei die Parameter der äußeren Orientierung:
• Projektionszentrum (x, y, z)
• Rotationswinkel (φ, ω, κ)
(Beispiele hierfür in der Übung)
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass früher zu Zeiten von auf
Film belichtenden Kameras auch die innere Orientierung bestimmt
werden musste – hiermit wurde die geometrische Beziehung zwischen
dem Filmausschnitt und der Kamera hergestellt.
Inzwischen ist auch bei den speziellen metrischen Luftbildkameras der
Übergang zu digitalen Systemen vollzogen, so dass dies heute wegfällt.
Allerdings existieren weltweit Millionen von älteren und alten Luftbildern,
die insbesondere für historische bzw. Zeitreihenuntersuchungen
wertvolle Daten liefern.
Bekannt sein dürfte, dass beispielsweise immer noch Kriegs- und
Nachkriegsbilder für das Aufspüren von Altlasten (Blindgänger usw.)
herangezogen werden.
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Auswirkung der
Zentralperspektive:
Radialsymmetrischer
Versatz, abhängig
u.a. von der Objekthöhe und dem
Öffnungswinkel
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Reales Beispiel: Ausschnitte aus zwei benachbarten Luftbildern
(Stadtgebiet Rio de Janeiro)
Der radial-symmetrische Versatz erlaubt eine stereoskopische
(räumliche) Betrachtung der Bilder, ein Beispiel zeigt die nächste
Folie:
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Stereomodell (Ausschnitt): Linkes und rechtes Bild sind passgenau
überlagert. Bei Betrachtung durch eine Rot-Cyan-Brille entsteht ein
räumlicher Eindruck („Anaglyphenverfahren“).
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Wenn die Parameter der äußeren Orientierung bekannt sind, können die
Bildkoordinaten mittels der sogenannten Kollinearitätsgleichungen
ermittelt werden:
a11(x-x0)+a21(y-y0)+a31(z-z0)
x’ = f * --------------------------------------a13(x-x0)+a23(y-y0)+a33(z-z0)
a12(x-x0)+a22(y-y0)+a32(z-z0)
y’ = f * -------------------------------------a13(x-x0)+a23(y-y0)+a33(z-z0)
mit (x, y, z) Objektkoordinaten (Weltkoordinaten), (x0, y0, z0) Projektionszentrum, f Brennweite und aij die Koeffizienten der Rotationsmatrix. Man
spricht hierbei auch vom „räumlichen Rückwärtsschnitt“.
Die Zuordnung Objektkoordinaten  Bildkoordinaten ist für jedes Bild
eindeutig (R3  R2), der umgekehrte Weg geht nur über mindestens zwei
Bilder (Stereomodell).
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Um maximale Genauigkeiten zu erreichen, erfolgt zunächst eine
Kalibrierung der Kamera. Mit anderen Worten: Man ermittelt die
Abbildungsfehler, modelliert diese und berücksichtigt sie bei allen
nachfolgenden Schritten. Im Einzelnen werden u.a. folgende Effekte
untersucht:
 Radialsymmetrische Verzeichnung
 Lage des Bildhauptpunktes
 Tatsächliche Brennweite
Je nach Qualität der Kamera und der geforderten Genauigkeit
können weitere Effekte wie radial-asymmetrische und tangentiale
Verzeichnung hinzukommen.
Nachstehend einige Abbildungen zur radialsymmetrischen
Verzeichnung und deren Korrektur:
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Kalibriermuster
Fehlervektoren, Hauptpunkt
Einführung Geoinformatik
Foto
Korrekturpolynom
Wilfried Linder
Stereoskopische Auswertung
Nach den vorbereitenden Schritten können jetzt Stereomodelle
verarbeitet werden. Kern ist in jedem Fall die Bestimmung dreidimensionaler Objektkoordinaten (Gelände-, Weltkoord.). Dies ist
grundsätzlich für jeden Punkt im Gelände möglich, der in beiden
Bildern des Modells sichtbar ist.
Die Koordinaten (x, y, z) kann man natürlich speichern. Man kann
einzelne Punkte oder Punkte entlang einer Linie aufnehmen. Mit
anderen Worten: Die Messungen in einem Stereomodell liefern
Vektordaten.
Wenn man einen Punkt messen kann, kann man auch „ganz viele“
Punkte messen – beispielsweise für ein digitales Geländemodell. Mit
speziellen Verfahren der digitalen Bildverarbeitung könnte man doch
versuchen, dies zu automatisieren… das führt uns zu einem
interessanten Thema.
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Stereomodell, Ausschnitt. Jeder in beiden Bildern eindeutig erkennbare
Punkt kann gemessen werden. Das Auffinden solcher Punktpaare
(„homologe Punkte“) kann automatisiert werden, falls die Bilder
hinreichend guten Kontrast aufweisen. Das Prinzip ist oben angedeutet.
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Automatische Bildzuordnung / „image matching“
Ansatz: Man betrachtet jeweils gleichgroße Ausschnitte (Fenster)
vom linken und rechten Bild und berechnet den Korrelationskoeffizienten – dessen Maximum bezeichnet übereinstimmende
Positionen (vgl. folie_5).
In der Praxis sind einige „Tricks“ anzuwenden, damit das Verfahren
nicht unnötig langsam ist. Außerdem können verschiedene Probleme
auftreten, u.a. in Gebieten mit geringem Kontrast. Auch hierzu
werden wir uns einiges in der Übung ansehen.
Zur Motivation nachstehend schon mal ein Beispiel:
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder
Mosaik aus automatisch
generierten DGMs, hier
nur die per Korrelation
gefundenen Punkte. Der
Rest wird üblicherweise
anschließend mittels
Interpolation ergänzt.
Die Höhen (16 Bit)
wurden zur besseren
Sichtbarkeit farbcodiert.
Einführung Geoinformatik
Wilfried Linder